Hilfe, die Bär(inn)en sind allgegenwärtig!

Wo wir gerade so schön gemütlich bei Invasions-Phantasien sind: Ich wette, Euch ist der folgende Umstand noch nicht aufgefallen. Bären sind nämlich drauf und dran, die Macht in Politik und Gesellschaft zu übernehmen. Nicht im Handstreich, sondern heimlich. Begonnen hat es vielleicht vor langer Zeit mit „Teddy“ Roosevelt in den USA. Heute kann man es schon längst nicht mehr verkennen.

Sie sehen so harmlos aus. Jedoch... (Foto: BB)

Sie sehen so harmlos aus. Jedoch… (Foto: BB)

Ihr wollt Indizien? Kein Problem. Wir haben sie sogar mit magischer Jahreszahl auf Lager.

Wie heißt jetzt die neue Parteichefin der Grünen? Exakt. Annalena Baerbock, die seit 2013 (!) im Bundestag sitzt.

Auch die CSU hat ihre mittlerweile bundesweit bekannte bekannte Bärin, nämlich Dorothee Bär, die 2013 (!) erstmals zur Staatssekretärin (im Verkehrsministerium) wurde, nun im selben Rang dem Landwirtschaftsministerium angehört und in die erste Reihe ihrer Partei aufgerückt ist.

Und wer ist seit 2013 (!) FDP-Generalsekretärin? Richtig: Nicola Beer. Das heißt: eigentlich nicht so ganz richtig. Denn durch ihre Schreibweise schert sie aus der Bärinnen-Phalanx aus. Und wisst ihr was? Das dürfte der eigentliche Grund sein, warum die FDP aus den Jamaika-Sondierungen ausgestiegen ist. Tja!

Christian Lindner musste halt einsehen, dass es besser ist, gar keine Bärin in die Koalition zu holen, als eine falsche Bärin. Mit anderen Worten: Grüne und CSU haben das Bären-Defizit der FDP vergleichsweise überdeutlich werden lassen. Haben sie der Republik einen Bärendienst erwiesen?

Habt ihr übrigens schon einmal über den vielsagenden Anklang der Worte Koalition und Koala sinniert? Nein? Dann wird’s aber höchste Zeit.

Jedenfalls gilt neuerdings: kaum eine Talkshow ohne Bär oder orthographisch artverwandte Wesen. Und was binden sie uns dort auf? Eben. Quasi sich selbst. Bären!

Doch damit nicht genug: Unter welchem Zeichen tritt Putin in Moskau an? Unter dem eines russischen Bären, der mühelos Tiger zureitet. Welches Wappentier hat die deutsche Hauptstadt Berlin? Genau! Und welches Tier steppt auf der dortigen Szene? Ebenfalls der Bär! Wer steht vor den Börsen der Welt und bedeutet böse Baissen? Nun, der Stier ist es nicht, sondern… Im Kölner „Tatort“ tritt derweil seit vielen Jahren der Dortmunder Dietmar Bär auf. Sie sind eben überall. Ebenso wie all die bärtigen Männer.

Schon unsere Kleinen werden indoktriniert und an die angeblich niedlichen, im Grunde aber ziemlich gefährlichen Tiere gewöhnt. Denkt an die Abermillionen Teddybären, denkt an literarische Figuren wie „Pu“, den Bär, an schier endlose TV-Serien wie „Mascha und der Bär“. In jedem zweiten oder dritten Kinderbuch taucht mindestens ein Bär auf. Und immer wollen sie Honig.

Von wegen „Nich‘ am Bär packen!“ Mit solchen Sprüchen lassen wir uns nicht mehr abspeisen. Das Bären-Desaster liegt so offen zutage, dass es sich nicht mehr um eine Verschwörungstheorie handeln kann. Wir reden hier von echten Zusammenhängen, von glasklaren Ursachen und Wirkungen, die tief in die Struktur unserer Wirklichkeit eingesenkt sind.

Und Psssst! Mich würde es nicht wundern, wenn auch das Merkel ein Bär ist.




Jagdszenen in Deutschland? Zum Abend der Bundestagswahl

Schon kurz nach 18 Uhr, die erste Prognose war gerade öffentlich geworden, fiel bereits ein erschreckender, entscheidender Satz dieses Wahlabends. Wie immer die neue Bundesregierung sich zusammensetzen werde, verkündete AfD-Spitzenkandidat Gauland, man werde sie „jagen“. Und nochmals: „jagen“. Man werde sich, so Gauland weiter, „unser Land und unser Volk zurückholen“.

Prost Mahlzeit! Nicht nur ziehen erstmals Rechtsaußen dieser Sorte in Fraktionsstärke in den Bundestags ein, sondern es dröhnt auch ein neuer Ton. Die Rede von der Jagd auf die künftige Regierung kündet von einer Aggression, die Andersdenkenden offensichtlich an den Kragen will. Jagdszenen in Berlin und anderswo?

Es steht also zu befürchten, dass wir in der nächsten Legislaturperiode Parlamentsdebatten von bislang ungeahnter Schärfe und Infamie erleben werden. Es ist eine Zäsur. Und es ist eine gefährliche Zäsur. Da darf man sich nichts vormachen. Wachsam sein. Dagegen halten, wo es nötig ist. Na klar. Und was noch? Bloß nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren… Übrigens: Die Erfahrung, dass es im Gefolge einer Großen Koalition zur Radikalisierung kommt, ist ja nicht ganz neu.

Mit über 13 Prozent der Wählerstimmen ziehen die „Rechtspopulisten“ in den Reichstag ein – mit deutlich mehr als 80 Abgeordneten, die vermutlich alle parlamentarischen Vergünstigungen ausnutzen und zugleich aushöhlen werden.

Zur rechten Kohorte werden sicherlich einige höchst zweifelhafte Gestalten gehören. Zwischenzeitlich war von Protagonisten der Partei schon die kaum verhohlene Drohung zu vernehmen, man werde im Parlament „ausmisten“. Es verdiente historisch näher untersucht zu werden, woher solche Wendungen wohl kommen.

Was das jetzt alles mit „Kultur“ zu tun hat? Nun ja, erst einmal nur indirekt, den gesellschaftlichen Umgang betreffend. Doch wir werden außerdem hören, wie sich die AfD auch zu kulturpolitischen Fragen positioniert; sicherlich auch gemäß ihrer Ideologie, dass alles Deutsche Vorrang haben müsse. Da gruselt’s einen schon jetzt.

Union und SPD haben heftig verloren, die SPD zieht die wahrscheinlich richtige Konsequenz, den Weg in die Opposition zu gehen. Diskussionswürdiger schon die Entscheidung, den deutlich an seinen Ansprüchen gescheiterten 20-Prozent-Kandidaten Martin Schulz im Amt als Parteichef zu belassen. Kann er’s denn noch richten?

Immerhin: Ganz anders als jüngst noch beim „TV-Duell“ mit Merkel, klang Schulz mal wieder oppositionell, wenn auch noch ziemlich kraus. Es ist, als sei in dieser Hinsicht eine Last von ihm abgefallen. Jedenfalls gibt er Merkel und ihrer „Politik-Verweigerung“ die Schuld fürs Erstarken der AfD.

„Jamaika“, also eine schwarz-gelb-grüne Koalition, dürfte es werden, wobei die beiden kleineren Parten (FDP / Grüne) sich erst einmal zusammenraufen müssen. In den nächsten Tagen werden sie gewiss versuchen, den Preis für ihre Teilnehme hochzuschrauben. Das gehört zum politischen Geschäft. Und wenn die Posten locken, wird’s schon klappen.

Wie unbedarft waren jene CDU-Anhänger, die zum besinnungslosen Wahljubel (übers zweitschlechteste Ergebnis aller Zeiten) schwarzrotgoldene Schildchen mit dem Sprüchlein „Voll muttiviert“ schwenkten. Es wollte so gar nicht zum Kerngeschehen dieses Wahltags passen.

„Ein tiefer Schnitt ins Fleisch der CDU“, „tektonische Verschiebungen“ und „politisches Erdbeben“ waren die häufigsten medialen Formeln des Wahlabends. Im Fernsehen, das wurde auch diesmal wieder deutlich, kann man sich über derlei Ereignisse nur ad hoc und en passant informieren. Die Vertiefung muss auf anderem Wege erfolgen.

Vom Internet wollen wir einstweilen schweigen. Wir wissen nicht, wie sich die „sozialen Netzwerke“ auf diese Wahl ausgewirkt haben. Es kann nicht nur wohltuend gewesen sein.




Ein knappe Skizze zur NRW-„Wahlarena“

Das politische Spiel (WDR-Fernsehen, 20.15 bis 21.45 Uhr) in der „Wahlarena“, übertragen aus Mönchengladbach, hat 90 Minuten gedauert. Und was ist da rund gewesen?

Das Publikum ist von infratest/dimap nach repräsentativen Gesichtspunkten ausgewählt worden. Immer wieder werden Befragungsergebnisse eingeblendet. Volkes Stimme. Pflichtschuldigst zelebriert und rasch abgehakt.

Einstiegsfrage nach dem Umgang mit den Benzinpreisen.

„Wir müssen weg vom Öl“, sagt Sylvia Löhrmann (Grüne). Ein schöner Satz. Sagt sich schnell.

Arena = Gladiatoren? Ach was! Es bleibt so zahm.

Mal wieder ein grausliches Studiodesign. Und eine wahrhaft fahrige Kameraführung. Bloß nirgendwo verweilen.

Norbert Röttgen (CDU): „Unsere Antwort heißt Elektro-Mobilität.“ Folgt eine kleine Fensterrede gegen die Ölkonzerne. Den kleinen Pendler dürfe man nicht – na? na? – „im Regen stehen lassen“.

Hannelore Kraft (SPD): „Ölkonzerne in den Griff bekommen.“ Auch das sagt sich flott. Wie denn überhaupt in dieser Sechserrunde (Arena) noch ungleich holzschnittartiger argumentiert wird als bei einem Duell. Doch früher hat es noch mehr gestanzte Sätze und betonierte Meinungen gegeben.

Joachim Paul (Piraten): Zur Pendlerpauschale wird eine Position „noch entwickelt…“ – „Wir Piraten kopieren gerne“ (z. B. Ideen aus anderen Ländern). Ein wohlfeiler Lacher.

Mehr oder weniger sprechen sich alle für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs aus, die Piraten wollen auf Fahrscheine verzichten. Und wer bezahlt’s?

Freie Farbenwahl (Foto: Bernd Berke)

Freie Farbenwahl (Foto: Bernd Berke)

Thema Haushalt/Schulden

Christian Lindner (FDP): „Der Staat soll bescheiden sein.“ Die Wirtschaft muss schneller wachsen als der Staat. Ach, es gibt sie noch, die alte Tante FDP.

Kraft: Nicht zu Lasten der Kommunen sparen. Nicht zu Lasten der Kinder sparen. Und bloß nicht sagen, auf wessen Kosten man sparen will (gilt für alle).

Hier reden, so könnte man meinen, wandelnde Wahlplakate. Talking Heads.

Röttgen (CDU): Sparen mit uns ginge weitgehend schmerzlos. 2 Prozent der Subventionen einsparen, das täte nicht weh. Rotgrün geht euphorisch mit Steuereinnahmen um = verprasst das Geld. Vier Ausnahmen beim sparen: Familie, Schule, Kultur… (juchhu! Es hat einer Kultur erwähnt). Da vergisst man glatt die vierte Option. Röttgens traditionelle Suggestion: Sozis können mit Geld nicht umgehen.

Schwabedissen (Linke): Privaten Reichtum abschöpfen. Keine Kürzungsorgien im Haushalt.

Paul (Piraten): Bedingungsloses Grundeinkommen prüfen (auch fahrscheinfreies Fahren sollte just „mal ausprobiert“ werden). „Es gibt Überlegungen in Richtung Vermögenssteuer“… Aha. Und wohin führen die wohl eines fernen Tages?

Lindner: Rotgrüne Verschuldungspolitik wird zur Staatsphilosophie erklärt. „Legende der guten Schulden“ beenden…

Thema Arbeit/Löhne

Lindner (FDP): Bloß keinen Überbietungswettbewerb in Sachen Mindestlohn, etwa zwischen Gabriel und Gysi. Das führt nur zur höheren Arbeitslosigkeit.

Löhrmann (Grüne): Unterste Linie 8,50 Euro pro Stunde.

Kraft (SPD): „Auch da gilt es, klare Kante zu zeigen.“ (SPD-Wahlplakat „Klare Kante Kraft“)

Röttgen (CDU): Tarifparteien haben Vorrang.

Schwabedissen (Linke): 10 Euro Mindestlohn. Gewonnen! Ihr Lieblingswort: „absurd“.

Paul (Piraten): Für bedingungsloses Grundeinkommen. Kostet den Staat keinen Euro mehr = Nullsummenspiel. Es sollte wenigstens „mal untersucht“ werden. Dann übt mal schön.

Kraft (SPD): Arbeit ist wichtig für die Würde des Menschen. Wer könnte da widersprechen?

Der unvermeidliche Moderator Jörg Schönenborn würgt die laufende Debatte nach Minutenschema ab.

Thema Bildung/Kinder

Löhrmann (Grüne): Für Ausbau der Kitas und Verbesserung der Kitas. Das unsägliche „Betreuungsgeld“ einsparen und in Kitas stecken. Gegen aufgezwungene Kita-Pflicht. Doch wenn die Kitas gut sind, wären die Eltern schlecht beraten, wollten sie ihre Kinder nicht hinschicken. Statements wie aus dem Wahlomaten.

Lindner (FDP): Gegen Betreuungsgeld (hat aber im Bundestag dafür gestimmt).

Schwabedissen (Linke, zweifache Mutter): Für 150 Euro „Herdprämie“ lässt sich kein Kind erziehen. Kita sollte generell gebührenfrei sein. Auch für Millionäre?

Röttgen: 60-70% der Eltern lassen ihre Kinder in den ersten zwei Jahren ohnehin zu Hause. Die sollten gefördert werden – bei völliger Wahlfreiheit zwischen den Lebensmodellen. Ansonsten ist alles „in der Diskussion“ (hört sich in der faserigen Offenheit fast nach Piraten an).

Kraft (SPD): Wer Betreuungsgeld zahlt, glaubt wohl, er müsse keine weiteren Kita-Plätze schaffen…

Lindner (FDP): Erhalten Leute, die nicht in die Oper gehen, dann auch einen Scheck? (Juchhu, noch einer hat Kultur erwähnt – wie grinsbereit auch immer)

Paul (Piraten): Wir müssen erst mal kompetente Menschen befragen… Wir haben nicht auf alles eine Antwort, stellen aber die richtigen Fragen.

Lindner: Rotgrün trocknet Gymnasien in punkto Ganztagsbetreuung und Klassengrößen aus.

Löhrmann, Kraft & Röttgen (!) widersprechen gemeinsam. Oh, einsame FDP.

Schwabedissen (Linke): „Eine Schule für alle“ statt dieser chaotischen Schullandschaft.

Paul (Piraten): „Wir sind keine Linke mit Internet-Anschluss.“ Ein bis zwei Dutzend Schulen sollen neue Modelle erproben… Verwaltungskräfte einstellen, um Lehrer zu entlasten. Alle Lerninhalte digital vorhalten.

Schlussrunde/Koalitionsaussagen

Lindner (FDP): Wahrscheinlich ist eine große Koalition. Wir sind dann Opposition. Prinzip Hoffnung.

Kraft (SPD): Es wird wohl für Rotgrün reichen. Kann trotz vieler Nachfragen die Piraten nicht so recht einschätzen.

Paul (Piraten): Wir würden gern auf der Oppositionsbank lernen. Darüber hinaus jetzt keine Aussage.

Röttgen (CDU): Dies ist kein Lagerwahlkampf. Auch überraschende Koalitionen sind denkbar. Die Demokratie wird bunter.

Löhrmann (Grüne): Rotgrün bevorzugt.

Schwabedissen: Wer will, dass die SPD sozialdemokratisch ist und die Grünen ökologisch sind, muss die Linke wählen. Gut auswendig gelernt.

Und das Fazit? Diffus. Um das Mindeste zu sagen. Röttgen und Lindner rhetorisch gar nicht mal übel, aber mit ihren Positionen z. T. auf verlorenem Posten. Auch die Vertreterin der Linken gewandter als so manche ihrer NRW-Kollegen. Piraten bitte ein paar Jahre lang hinten anstellen und erst mal Positionen klären. Themen, bei denen die Grünen gern volkserzieherisch werden (Ökologie, Rauchverbot etc.), kamen kaum zur Sprache. Ich persönlich weiß immer noch nicht recht, was und wen ich am 13. Mai wählen soll. Zwischenzeitlich hatte ich schon erwogen, dem Wahllokal erstmals gänzlich fernzubleiben. Aber das darf ja wohl nicht wahr sein.