Warum lag der Sportkatalog für den früheren Bochumer Intendanten in meinem Briefkasten?

Also, das wird mir jetzt wohl niemand erklären können. Ich selbst bin auch ziemlich ratlos.

Ein durchaus rätselhafter Adressaufkleber (Foto: Bernd Berke)

Der Reihe nach: Jetzt traf der höchst umfangreiche Verkaufskatalog einer Hagener Sportartikel-Firma bei mir ein. Bleischwer lag er im Briefkasten. Mit zahllosen Angeboten für Vereine und Schulen. Utensilien für alle denkbaren Sportarten. Medizinbälle, Sprossenwände, Trampoline, Rugby-Ausrüstungen, Schwimmhilfen, Billardtische, Tischtennisplatten, Laufhürden, Torgestänge. All das und noch tausendfach mehr. Krasse Sachen dabei.

So weit, so halbwegs normal. Nur: Diese Firma hat mir vorher noch nie etwas geschickt. Auch hatte ich dort noch gar nichts bestellt und habe das auch nicht vor. Wahrscheinlich hat einer dieser ruchlosen Adressenhändler meine Daten weiterverkauft. Möge ihn die Pestilenz…

Doch nein. Offenbar war ich persönlich gar nicht gemeint. Der namentlich Angeschriebene zählt vielmehr zur Theater-Prominenz. Der Katalog war – unter meiner Anschrift – an Elmar Goerden adressiert, den ehemaligen Bochumer Schauspiel-Intendanten (im Amt 2005-2010). Nun gut, ich habe ihn, zusammen mit einem Kollegen, im Jahr 2005 einmal interviewt und später ein paar seiner Inszenierungen besprochen. Seine damalige Theaterarbeit habe ich in recht guter Erinnerung behalten. Auf welche wundersame Weise er aber mit meiner Adresse verknüpft und unter dem Label Revierpassagen angeschrieben worden ist, erscheint mir völlig schleierhaft. Als Goerden in Bochum tätig war, hat es die Revierpassagen noch gar nicht gegeben.

Mal kurz die Suchmaschine angeworfen: Was hat Elmar Goerden in den letzten Jahren so gemacht? Nun, hauptsächlich hat er offenbar als Gastregisseur an verschiedenen Bühnen in Wien inszeniert – weitab vom Ruhrgebiet. Auch kein Ansatzpunkt.

Wenn ich mich recht entsinne, hat Goerden einmal kurz vor einer Laufbahn als Profi-Fußballer gestanden und ist dann doch ans Theater gegangen. Immerhin eine vage Verbindung zum Sport. Oder sollte er etwa Trainingsgeräte für „seine“ Schauspieler*innen benötigen? Zählte nicht mal Fechten zur Schauspielausbildung? Fragen über Fragen. Absurde Vermutungen, die in semantischen Sackgassen enden. Ein postalischer Irrläufer, fürwahr.

Und jetzt? Bin ich mal gespannt, wessen Post mich demnächst ereilt. Die für Leander Haußmann? Für Frank-Patrick Steckel? Für Matthias Hartmann? Wetten werden noch angenommen.




Detmold: Georg Heckel wird neuer Intendant des Landestheaters

Georg Heckel. Foto: Theater Augsburg

Georg Heckel. (Foto: Theater Augsburg)

Das Intendanten-Karussell in Nordrhein-Westfalen dreht sich eine neue Runde: Jetzt wurde Georg Heckel zum Nachfolger von Kay Metzger zum Intendanten des Landestheaters Detmold gewählt. Metzger geht zur Spielzeit 2018/19 als Intendant an das Theater in Ulm. Detmold ist nach der Oper Dortmund (Heribert Germeshausen) und dem Theater Hagen (Francis Hüsers) das dritte Haus in NRW, das 2017 einen neuen Leiter bekommt.

Georg Heckel ist seit Januar 2014 Operndirektor und stellvertretender Intendant am Theater Augsburg. Der gebürtige Saarbrücker, der in Aachen aufwuchs, hat seine Theaterlaufbahn als Sänger begonnen. Noch während der Schulzeit wurde er als Jungstudent für Gesang bei Claudio Nicolai an der Musikhochschule Köln aufgenommen und studierte anschließend Musikwissenschaft und Germanistik an der Universität Köln. Parallel dazu erhielt er im Zuge der Mitwirkung an Produktionen der Oper Köln prägende Impulse durch Willy Decker, Jean-Pierre Ponnelle und Harry Kupfer. Schließlich studierte er Gesang in Freiburg und Karlsruhe und schloss seine Ausbildung an der Musikhochschule Köln ab. Es folgten Festengagements als Sänger am Landestheater Coburg sowie an der Oper Köln, außerdem Gastengagements u.a. in Erfurt, Freiburg, Basel, Leipzig, Saarbrücken und Palermo.

2006 wurde Heckel als Chefdisponent an das Staatstheater Darmstadt engagiert, 2008 erfolgte der Wechsel in die Position des Künstlerischen Betriebsdirektors, ab Beginn der Spielezeit 2010/11 bekleidete er zusätzlich die Position des Operndirektors. Einblicke und Erfahrungen in der Theaterleitung erhielt er an der Kammeroper Rheinsberg, dem Theater Nordhausen sowie dem Staatstheater Kassel. Parallel zu seiner Bühnentätigkeit absolvierte er ein Studium im Fach Kulturmanagement an der Fernuniversität Hagen.

Kay Metzger war seit 2005 Intendant des Landestheaters Detmold. Zuvor hat der gebürtige Kieler als Regieassistent mit August Everding gearbeitet, war von 1984 bis 1988 Regieassistent an der Oper in Essen, danach in Halberstadt und Coburg Oberspielleiter des Musiktheaters und von 1999 bis 2005 Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters. In Essen hat er 1987 Achternbuschs „Ella“ inszeniert; in Detmold haben ihn vor allem seine Wagner-Inszenierungen bekannt gemacht (Ring, Meistersinger, Tristan, Parsifal), aber auch Arbeiten wie die Uraufführung von „Chlestakows Wiederkehr“ von Giselher Klebe oder „Written on Skin“ von George Benjamin.

www.landestheater-detmold.de




Neuer Intendant für das Theater Hagen: Was treibt Francis Hüsers dazu, diesen Posten anzustreben?

Gestern Abend war es am Rand eines Konzerts in Hagen zu erfahren: Der neue Intendant des Theaters steht fest. Francis Hüsers, bis 2015 Operndirektor und Stellvertretender Intendant der Staatsoper Hamburg, sei einstimmig gekürt worden, hieß es.

Francis Hüsers (Foto: Jörn Kipping)

Francis Hüsers (Foto: Jörn Kipping)

Kurze Zeit später hatte auch die Westfalenpost eine Meldung auf ihrer Webseite. Die Entscheidung des Rats am 18. Mai dürfte Formsache sein: Niemand wird die Qual der Wahl fortsetzen wollen, die sich in der finanziell schwer gebeutelten Stadt nun schon seit Mitte 2015 hinzieht.

Imposanter Lebenslauf

Der 57-jährige Francis Hüsers, aufgewachsen in Krefeld und Mönchengladbach, hat auf seiner Webseite einen imposanten Lebenslauf aufzuweisen: Dramaturg zwischen Hamburg und Berlin, Zusammenarbeit mit profilierten Regisseuren wie David Alden, Johannes Erath oder Jochen Biganzoli, von 1995 bis 2005 Referent und Künstlerischer Produktionsleiter an der Hamburgischen Staatsoper, dann Leitender Dramaturg und Künstlerischer Produktionsleiter an der Staatsoper Unter den Linden Berlin.

2010 holte ihn Simone Young zurück nach Hamburg und machte ihn zu ihrem Stellvertreter. Derzeit arbeitet Hüsers frei als „Autor, Dozent und Dramaturg für Oper und Musiktheater sowie als Fachberater für Kulturschaffende“. Seine letzten Projekte als Dramaturg: „Tosca“ in Halle in einer – ziemlich missglückten – Regie von Jochen Biganzoli, „Lohengrin“ in Sankt Gallen mit Vincent Boussard, dem Regisseur der von der Kritik nicht eben günstig aufgenommenen Inszenierung von Meyerbeers „Le Prophète“ in Essen, zuvor Korngolds „Die tote Stadt“ an der Oper Graz mit Johannes Erath, ausgezeichnet mit dem Österreichischen Musiktheaterpreis.

Langwieriges Berufungsverfahren

Stellt sich die Frage, was den 1960 geborenen studierten Soziologen, Germanisten und Sozialpädagogen daran reizt, ausgerechnet nach Hagen zu gehen. Denn nicht nur das turbulente Berufungsverfahren stellt der Stadt kein gutes Zeugnis aus: Im April 2016 endete die erste Runde ohne einen geeigneten Kandidaten, nachdem sich das Verfahren seit August 2015 hingeschleppt hatte.

Das Theater Hagen, aufgenommen 2014. Foto: Werner Häußner

Das Theater Hagen, aufgenommen 2014. Foto: Werner Häußner

Der aussichtsreichste Bewerber, Ex-Marketingleiter Jürgen Pottebaum, verzichtete, nachdem ihm offenbar klar geworden war, dass die vorgesehenen Kürzungen des Theaterzuschusses der Stadt von 15 auf 13,5 Millionen Euro ab 2018 nicht zu realisieren seien. Im September 2016 kam Dominique Caron, Leiterin der Eutiner Festspiele in Schleswig-Holstein, als neue Intendantin ins Gespräch. Die Wahl schien perfekt. Aber nach harscher Kritik, unter anderem an ihrem Führungsstil, zog Caron ihre Bewerbung im November 2016 zurück.

Ein Mann für Kürzungen und Einsparungen?

Francis Hüsers wirkt nicht wie ein Theatermann ohne künstlerischen Ehrgeiz. Er wirkt auch nicht wie einer der eiskalt-glatten Kulturmanager oder wie einer jener eilfertigen Liebediener der Politik, die noch jedem versprechen, mit der Hälfte des Geldes des Vorgängers doppelt so gutes Theater zu machen. Seine Hamburger Bilanz liest sich eindrucksvoll, wenn man auch über den künstlerischen Ertrag in einigen Fällen geteilter Meinung sein kann. Sie zeigt Offenheit für neue Werke und für das an den Rand gedrängte Repertoire – eben das, was das Theater Hagen schon vor der Zeit des verdienstvollen scheidenden Intendanten Norbert Hilchenbach über die Region hinaus bekannt gemacht hat.

Umso rätselhafter ist Hüsers Interesse an einem Theater, das bisher schon auf dem Level eines kleineren Stadttheaters arbeiten musste, mit der Absenkung des Zuschusses aber nach jeder seriösen Prognose unter die Deadline eines noch einigermaßen funktionsfähigen Mehrspartenhauses fällt. Hat er’s wirklich so nötig? Oder treibt ihn unstillbarer Ehrgeiz auf den Schleudersitz eines Intendanten, der gezwungen ist, vor allem durch Kürzungen und Einsparungen aufzufallen? Der Mann muss ein Geheimnis haben.

Und so darf man, um die abgestandene Formulierung jedes ratlosen Journalisten zu bemühen, gespannt sein, was er an Lösungen für die Hagener Malaise mitbringt. Glück muss man ihm auf jeden Fall wünschen!




In der Dauer liegt die Kraft – Dortmunds neuer Konzerthaus-Chef Benedikt Stampa ab heute im Amt

Von Bernd Berke

Dortmund. Heute ist sein offizieller Dienstantritt: Benedikt Stampa (39) bestimmt ab sofort die Geschicke des Dortmunder Konzerthauses. Und er stellt sich auf eine langfristige Arbeit in Westfalen ein: „Ich bin kein Job-Hopper“, versicherte er gestern.

In Hamburg, wo er bislang Chef der altehrwürdigen Laeisz-Musikhalle gewesen ist, habe er ein gewachsenes, stabiles Musikleben vorgefunden.Das im Herbst 2002 eröffnete Dortmunder Konzerthaus sei hingegen noch relativ jung, spiele aber national schon in der ersten Liga mit. Die Akustik sei jedenfalls besser als in Hamburg.

Benedikt Stampa, der vorerst einen Fünfjahresvertrag hat und seit zwei Monaten in der Dortmunder Gartenstadt („sehr urban“) wohnt: „Hier ist das Konzertpublikum so neugierig und aufgeschlossen, wie ich es noch nirgendwo sonst erlebt habe.“ Überhaupt befinde sich „diese vitalisierte Stadt“ spürbar im Aufbruch zu neuen Ufern.

Stampa, der sich „mit Geduld und Visionen“ für seine neue Aufgabe rüstet, möchte ein beständiges, musikfreundliches Milieu rund um das Konzerthaus schaffen. Mögliches Motto: In der Dauer liegt die Kraft. Zudem will der neue Intendant besonders mittelständische Unternehmen aus der Region als Sponsoren gewinnen. „So kann man die Einrichtung am besten in der Stadt verankern.“

Jetzt in die Szene der Stadt eintauchen

Das Konzerthaus-Programm der laufenden Saison hat noch der Interims-Intendant Albrecht Döderlein geplant. Stampa gefällt’s: „Um den Auftritt von Anna Netrebko beneiden uns viele.“

Was er selbst anders und womöglich besser machen will? „Abwarten! Es ist noch zu früh, um darüber zu reden.“ Immerhin lässt er durchblicken, dass es bei ihm keine „Residenz-Künstler“ mehr geben wird, die (nur) für je eine Saison ans Haus gebunden werden. Er strebt größere Kontinuität an und dürfte dabei auch experimentelle Neue Musik einbeziehen.

Dortmunds Kulturdezernent Jörg Stüdemann betonte, es gebe von der Stadt keine „Quoten-Vorgabe“ in Sachen Platzauslastung. Doch das erhöhte Jahresbudget (4,9 Millionen Euro inklusive Zinslasten – Stampa dankbar: „Ein Luxus“) müsse eingehalten werden. Fast 600.000 Euro kommen übrigens von Sponsoren.

Ganz ohne Fußball geht die Chose nicht

In die Dortmunder Kulturszene, die er noch nicht so genau kennt, will Benedikt Stampa jetzt „eintauchen“. Am Samstag steht ein Besuch der „Räuber“-Premiere im Schauspielhaus an. Dass es in der Stadt ein reges Jazzleben gibt, ist ihm schon aufgefallen. Vielleicht auch ein Ansatzpunkt für künftige Konzerthaus-Veranstaltungen?

Angst vor dem Wettbewerb mit anderen Konzertstätten hat Stampa nicht. Selbst wenn in Bochum und Münster neue Häuser entstehen sollten, gilt die Losung: „Konkurrenz wirkt belebend.“

Dem sportlichen Wesenskern der Stadt zollt auch der (in Emsdetten aufgewachsene) neue Konzerthaus-Chef Tribut. Stampa ekannt sich als Anhänger von Borussia Dortmund und war (beim 2:1Sieg gegen Köln) auch schon im Westfalenstadion.

Dezernent Stüdemann überreichte Stampa denn auch zum Einstand zwei schwarzgelbe BVB-Trikots mit der Nummer 1 – für den 2,03 Meter großen Intendanten (Stampa: „Ungefähr wie Jan Koller“) und für seinen vierjährigen Sohn. Mal schauen, wie druckvoll Stampa jetzt seine Chancen nutzt.




Günstige Umstände – Dortmunds neuer Konzerthaus-Intendant Benedikt Stampa

Wenn nicht alles täuscht, hat Dortmund seinen neuen Konzerthaus-Intendanten gefunden: Benedikt Stampa aus Hamburg ist ein Mann, der sich besonders mit Marketing-Strategien und der Pflege von Sponsoren auskennt. Das . kann dem gebeutelten Konzerthaus wohl nur zugute kommen. Allerdings: Es gibt in Westfalen leider kein so breites und spendables Bürgertum wie an der Elbe. Aber vielleicht kann Stampa auch jene Finanzhelfer „bekehren“, die schon abspringen wollten.

In Dortmund gilt der noch recht junge Kulturmanager als Wunschkandidat. Freilich verantwortet er in der Hamburger Laeisz-Musikhalle ein anders gelagertes Programm – mit vielen „eingekauften“ Gastspielen von der Klassik bis zu Peter Maffay. Er wird sich in Dortmund umstellen müssen, denn für Pop-Konzerte taugt Westfalens Philharmonie nur sehr bedingt.

Der „Neue“ für Dortmund hat in Hamburg gleichwohl Profil gewonnen. Skeptische (oder missgünstige?) Hanseaten sagen dem beredsamen Stampa gar „Profilsucht“ nach. Vielleicht ist ihm die Entscheidung für Dortmund leichter gefallen, weil man ihm in Hamburg bedeutet hat, dass er nicht die geplante „Elbphilharmonie“ leiten soll.

Jedenfalls findet er nun in Dortmund relativ günstige Bedingungen vor. Das Haus wird schuldenfrei gestellt und bekommt einen deutlich höheren Programm-Etat. Außerdem dürfte Benedikt Stampas Vergütung in Dortmund spürbar über der seines Vorgängers Ulrich Andreas Vogt liegen. Die Umstände des Wechsels mag man noch immer bedauern. Doch nun sollte man dem neuen Chef eine glückliche Hand wünschen.

                                                                                                            Bernd Berke

 




Ungewisse Zukunft – Dortmunds Konzerthaus-Intendant Vogt kündigt

Kommentar

Die Nachricht kam wahrhaftig überraschend: Dortmunds Konzerthaus-Intendant Ulrich Andreas Vogt hat gestern seinen Vertrag zum 31. Juli 2005 gekündigt.

War es eine Art Kurzschlusshandlung, war er schlichtweg von Debatten um seine Arbeit; genervt? Oder hat Vogt etwa andere Pläne, über die er noch nicht öffentlich sprechen mag? Sind es nur Gerüchte, dass es ihn zu den Salzburger Festspielen ziehe?

Gewiss: In der Stadt hatte es mancherlei Kritik gegeben – nicht einmal so sehr an Vogts engagierter Amtsführung, sondern am zählbaren Resultat. Mit nur rund 70 Prozent Platzausnutzung geriet die „Westfälische Philharmonie“ finanziell ins Schlingern und meldete erhöhten Zuschussbedarf an. Bis Ende dieses Monats sollte Vogt ein neues, tragfähiges Konzept zur Steigerung der Einnahmen vorlegen. Was daraus wird, ist jetzt fraglich.

Nachfolger-Suche braucht Zeit

Stehen wir nun schon vor den ersten Trümmern des kulturellen „Leuchtturms“? Nein, so weit ist es denn doch noch nicht! Letzten Endes ist wohl jeder „ersetzbar“, auch ein so sachkundiger Seiteneinsteiger wie Vogt, der ja noch eine große Reinigungsfirma betreibt. Doch man möchte am liebsten gar nicht darüber nachdenken, was nun geschehen wird. Bis ein kompetenter Nachfolger gefunden ist, dürfte einige Zeit ins Westfalenland gehen. Bis sich der oder die „Neue“ auch noch eingearbeitet und mit den regionalen Verhältnissen vertraut gemacht hat, wird es noch etwas länger dauern.

Ein politischer Kern des Konflikts

Man sollte sorgsam darauf achten, dass Vogt in seiner verbleibenden Amtszeit die Bedingungen für einen halbwegs gleitenden Übergang schafft. Innig zu hoffen bleibt, dass das musikalische Programm nicht unter den Turbulenzen leidet.

Es müssen schon gewichtige Gründe gewesen sein, die Vogt zu seinem Schritt bewogen haben. Gerade in den letzten Tagen und Wochen hatte sich eine politische Bereitschaft bei SPD und CDU abgezeichnet, das Konzerthaus höher zu bezuschussen. Freilich sitzt seit kurzem an der Spitze des Aufsichtsgremiums eine umtriebige Politikerin der Grünen, die das ganze Projekt stets skeptisch bis ablehnend betrachtet hat. Gut möglich, dass in dieser Personalie ein Kern des Konflikts liegt.

                                                                                                                 Bernd Berke

 




Bruchloser Wechsel an Bochums Bühne – Matthias Hartmann übergibt an Elmar Goerden

Von Bernd Berke

Bochum. Es herrscht Harmonie in der Bochumer Theaterweit: Elmar Goerden (40), designierter Intendant des Schauspielhauses ab 2005, stellte sich gestern glücklich strahlend im Rathaus der Revierstadt vor: „Es ist eine Freude, hier zu sein.“ Am liebsten, so Goerden, würde er nun jeden Mauerstein des Theaters mit eigenen Händen berühren.

Offenbar ist er ein Mann des sinnlichen Zugangs. Und seine guten Erinnerungen an Bochum reichen weit zurück. Als Jugendlicher, so der gebürtige Viersener, sei er vom Niederrhein an die Ruhr gepilgert, um Peymanns Inszenierung der Kleistschen „Hermannsschlacht“ zu sehen. Seither habe er gewusst: „Ich will zum Theater“.

Gesegnete Verhältnisse

Sodann pries er die „gesegneten“ Verhältnisse, die er in Bochum vorfinde. Unter Matthias Hartmann, so Goerden, stehe das traditionsreiche Haus „wie eine Eins da“. Es sei verwurzelt in der Region, das Publikum ströme zahlreich herbei und sei bestens gemischt. Elmar Goerden will daher für einen behutsam akzentuierten, bruchlosen Übergang sorgen und „das Rad nicht neu erfinden“.

Exakte Dramaturgie: Kaum hatte Goerden die lobenden Sätze gesprochen eilte der jetzige Amtsinhaber Hartmann in den Saal. Die beiden sind befreundet. Also kam’s zur herzlichen Umarmung, in die dann auch Bochums Kulturdezernent Hans-Georg Küppers einbezogen wurde.

Küppers rechnet fest mit der Zustimmung des Stadtrats im Januar. Er habe vor der Entscheidung „manche schlaflose Nacht verbracht“, denn die Messlatte für den Hartmann-Nachfolger habe hoch gelegen. Mit Goerden komme ein Intendant, der selbst Regie führe und daher interne Feinstrukturen viel genauer kennen werde als ein bloßer Verwalter.

Bisher am Münchner Residenztheater

Welche Schauspieler und weiteren Regisseure er ans Bochumer Schauspiel holen wird, mochte Goerden noch nicht verraten. Er habe bereits genaue Vorstellungen, müsse aber noch Gespräche führen. Vager Richtungsweiser: Am Münchner Residenztheater, wo Goerden derzeit als Oberspielleiter (Intendant: Dieter Dorn) wirkt, hat er zuletzt mit Darstellern wie Lambert Hamel, Oliver Nägele und Rudolf Wessely gearbeitet; beispielsweise in Stücken von Shakespeare, Lessing, Handke und Schimmelpfennig.

Jedenfalls gilt Elmar Goerden als Regisseur, der eine gewisse Texttreue wahrt und Stücke nicht nach Gutdünken „zertrümmert“. Mit seinen Worten: „Der Text ist für mich ein ernst zu nehmendes Gegenüber.“ Es sei ihm daran gelegen, in jeder Saison mindestens einen großen Klassiker^zeitgemäß zu befragen.

Das Bochumer Theater, so der bodenständig wirkende Goerden, könne man nur „mit einer besonderen Passion“ leiten. Dabei wolle er das hohe Gut des Ensemble-Gedankens besonders pflegen. Erkennt den Teamgeist übrigens aus anderer Warte: Goerden war bei Borussia Mönchengladbach mal auf gutem Wege zum Profifußball. Erst eine Verletzung stoppte seine Kicker-Ambitionen.




Plötzlicher Sinneswandel: Wuppertals Intendant Fabritius gibt auf

Von Bernd Berke

Wuppertal. Kehrtwende um 180 Grad: Während noch bei der Spielplan-Pressekonferenz am Mittwoch beim Wuppertaler Theater alles in schönster und stabilster Ordnung zu sein schien (WR berichtete), brach gestern unverhofftes Chaos aus. Generalintendant Jürgen Fabrilius, der am Mittwoch noch in „voller Gewißheit“ (Fabritius) seine Bereitschaft zur Vertragsverlängerung um fünf Jahre angekündigt hatte, warf wenige Stunden später das Handtuch.

In einem gestern bekannt gewordenen Brief an den Kulturdezernenten Heinz Theo Jüchter schrieb Fabritius: „Ich möchte Ihnen mitteilen, daß ich für eine weitere Abstimmung über meine Vertragsverlängerung nicht mehr zur Verfügung stehe.“ Er sehe keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit, weil der Kulturausschuß eine bereits empfohlene Vertragsverlängerung abgelehnt habe.

Anlaß für den urplötzlichen Sinneswandel war eine offenbar turbulente Sitzung des Wuppertaler Kulturausschusses am Mittwoch abend, bei der harte Kritik an Fabritius laut wurde. Die Schelte bezog sich auf die Qualität einzelner Schauspiel-Inszenierungen (vor allem: „Dreigroschenoper“), auf die Stagnation der Besucherzahlen im Schauspiel und auch schon auf den frisch veröffentlichten Spielplan ’87/’88. Der Ausschuß mochte dem Rat nicht empfehlen, Fabritius‘ Vertrag über 1988 hinaus zu verlängern.

Als er von dieser Stimmungslage erfuhr, schrieb der konsternierte (seit 1983 in Wuppertal tätige) Generalintendant des Dreispartentheaters  seine zitierte Absage. Kulturdezernent Jüchter, dem das Schreiben gestern-zuging, trocken: „Ich nehme den Brief zur Kenntnis“. Man werde nicht versuchen, Fabritius zu halten.

Meinungsumschwung im Kulturausschuß „auf kaltem Wege“?

Während Jüchter betont, die Kritik an Fabritius sei quer durch alle Fraktionen (SPD, CDU, FDP, „Grüne“) gegangen, wittert man am Theater das Schlimmste. Fabritius zur WR: Der „erdrutschartige Meinungsumbruch“ im Kulturausschuß müsse „auf kaltem Wege“ zustande gekommen sein. Das Ensemble sei „maßlos überrascht und brüskiert“.

Bühnen-Pressesprecher Hanns-Peter Keßler vermutet gar einen „politischen Deal“, der erst in den letzten Tagen hinter den Kulissen stattgefunden haben könne und die bisherige Mehrheit im Kulturausschuß gekippt habe. Danach hätten nur noch die „Grünen“ hinter Fabritius gestanden.

In der Tat hatte es bis Mittwoch den Anschein gehabt, als sei alles „in trockenen Tüchern“. Die Bühnenkommission hatte dem Intendanten noch im Juli 1986 die Vertragsverlängerung nachdrücklich angetragen. Der hatte sich, um Verhandlungen über den Bühnenetat abzuwarten, Bedenkzeit erbeten. Als sich nun eine Etat-Steigerung abzeichnete, war Fabritius zur Annahme bereit und ging mit dieser Mitteilung am Mittwochmorgen auch an die Öffentlichkeit.

Allerdings: Schien er auch relativ sicher im Sattel zu sitzen, sowar Fabritius doch – wie auch Pressesprecher Keßler einräumen muß – ein durchaus umstrittener Intendant.

Fest steht, daß sich die Wuppertaler eilig auf Intendantesuche begeben. Kulturdezernent Jüchter: „Im Sommer ’87 wollen wir den ,Neuen‘ verpflichten.“ Fabritius schwant Böses: Hoffentlich, so der Noch-Intendant, werde man seinem Nachfolger keine Etat-Verschlankung oder eine Sparteneinschränkung aufnötigen.