Geld sucht Kunst: Moderne in Monaco

Foto: Sidney Guillemin/Villa Paloma

Foto: Sidney Guillemin/Villa Paloma

Kunst und Geld gehen ja oft fruchtbare Verbindungen ein; zumindest, wenn man die bildende Kunst betrachtet und über Rekordpreise für Richters, Koons und Hirsts staunt. Und wo könnte diese Beziehung augenfälliger als im Fürstentum Monaco?

Auf diesem ehemaligen Piratenfelsen, der im 20. Jahrhundert zum Steuerparadies der Reichen und Schönen aufstieg, ist zeitgenössische Kunst angesagt: In der Villa Paloma, die mit der Villa Sauber gemeinsam das Noveau Musée National de Monaco bildet, ist bis zum 2. November 2014 eine Werkschau von Gilbert&George aus einer umfangreichen Familiensammlung zu sehen – der Familienname wird allerdings nicht genannt.

Von der Terrasse der aufwändig renovierten weißen Villa blickt man aufs Meer. Innen sind die Kunstfreunde an diesem Vormittag rar, so dass einem der Kurator selbst eine Art Privatführung anbietet. „Wir haben unser Programm nicht bei Kreuzfahrtschiffen publik gemacht“, erklärt Cristiano Raimondi, „denn für solche Gruppen sind unsere Räumlichkeiten zu klein.“ Nun ja, vielleicht möchte man auch ein fachkundigeres Publikum anziehen?

Im Erdgeschoss sind die neuesten, buntesten und großformatigen Arbeiten des britischen Künstlerduos zu sehen, die Stockwerke darüber zeichnen chronologisch die künstlerische Entwicklung von Gilbert&George nach: Von ihren Anfängen im Swinging London der 60er Jahre, als sie (noch) zeichneten und Ihre ersten Performances fotografisch festhielten über ihre kritische Auseinandersetzung mit religiösen Symbolen bis hin zur Stilmarke der Popkultur. Tatsächlich sprach Gilbert sogar deutsch, denn er stammt aus Südtirol; den Briten George traf er dann 1967 an der St. Martin’s School of Art in London – seit nun fast 50 Jahren stehen sie für ein gemeinsames Werk.

Tourist vor Installation am Grimaldi-Forum. Foto: E.S.

Tourist vor Installation am Grimaldi-Forum. Kein Hirst, sondern ein Vorgänger-Modell von Subodh Gupta. Foto: E.S.

Vom botanischen Garten nahe der Villa Paloma hoch über der Stadt geht es mit einem „ascenseur public“ (öffentlicher Fahrstuhl) hinunter ins Hafenviertel. Dieses typisch monegassische Verkehrsmittel hilft auf angenehme Weise ein paar Höhenmeter zu überwinden und ist kostenlos, frisch geputzt und für alle da.

Unten im Grimaldi Forum zeigt ein weiterer reicher Sammler, der mit Luxusmarken sein Geld verdient, seinen Kunstbesitz: Die Pinault Collection beansprucht 4000 Quadratmeter und hier sind sie versammelt, die Jeff Koons und die Damien Hirsts, Werke von Paul McCarthy oder Takashi Murakami. „Artlovers“ heißt die Schau, die noch bis zum 7. September zu sehen ist und die ein knallrotes, glänzendes Riesenherz von Koons zum Emblem hat.

Eine Menge junges Volk ist unterwegs und schiebt die Sonnenbrillen in die Haare. Gleich am Eingang überdimensional große Skulpturen, die antike Statuen nachahmen – doch sie sind aus Kerzenwachs und auf ihren Köpfen brennen kleine Flammen; einer ist allerdings schon heruntergefallen und liegt zerschmolzen am Boden. Skurril auch das Werk „Dancing Nazis“ von Piotr Uklanski: Eine Wand voll Fotos von Schauspielern, die in Filmen Nazis spielten, dazu 80er Jahre Popmusik und Lichtorgel.

Kinder vor Koons. Foto: Artlovers/Grimaldi-Forum

Kinder vor Koons. Foto: Artlovers/Grimaldi-Forum

Kaum überquert man die Grenze nach Frankreich Richtung Menton, geht es auch kunstmäßig gleich gediegener zu: Das Musée Jean Cocteau zeigt bis 3. November 2014 „Cocteau, Matisse, Picasso“ und huldigt damit den drei „Säulenheiligen“ der Côte d’azur. Kommt doch hier kaum eine Ausstellung ohne leuchtende Farben von Matisse, Picassos Stiere oder Cocteaus Kirchenfenster aus.

Im Musée de Photographie im kleinen Bergdorf Mougins hängen schon wieder Fotos von Picasso im Streifenpulli an der Wand. Dabei wollten wir eigentlich die schwebenden Quallen auf den Fotos von Erwan Morere sehen. Das tun wir dann auch – und machen zum Schluss einen Kopfsprung ins Mittelmeer.




Künstlers Erdenwallen zwischen Porno und Designer-Droge – Mülheimer Stücketage begannen mit Rainald Goetz‘ „Jeff Koons“

Von Bernd Berke

Mülheim. Auf der Bühne zappeln „Adam und Eva“ unter lautem Lustgestöhne. „Sie poppen, sie ficken, sie tun es“, kommentiert einer ungerührt übers Mikrofon. Und dann, vollends gelangweilt: „Mein Gott, ist das geil“.

Drastischer Auftakt zum Mülheimer Dramatikerwettbewerb „stücke 2000″: Mit Adam und Eva sind hier Jeff Koons und Ilona Staller („La Cicciolina“) gemeint. Wir erinnern uns: Der US-Trivialkünstler wurde grell berüchtigt, als er seine Orgasmen mit Italiens Porno-Queen zu grässlichen Kitsch-Skulpturen gefrieren ließ. Auch sonst hat er alle Untiefen, der Banalität durchwatet. Inzwischen ist er ziemlich „out“…

Der Dramatiker Rainald Goetz hat sich freilich noch einmal vehement auf den Mythos gestürzt und ihn – in seinem Stück „Jeff Koons“ – unter Wortkaskaden pompös beigesetzt. Goetz (Jahrgang 1954 / knackig betitelte „Werke: „Krieg“, „Irre“, „Hirn“), der auf seine älteren Tage der Techno- und Rave-Szene huldigt, sieht in Koons (geboren 1955) eine Ikone der neueren Künste, sozusagen Andy Warhols Stellvertreter auf Erden.

Immerhin: Das im eigentlichen Sinne „Obszöne“, weil gänzlich Marktgeile einer solchen Kunstkarriere hat auch Goetz leicht angewidert registriert. Ein Überdruss am „Betrieb“ wird spürbar. Künstlers Erdenwallen ist nicht nur feierlich.

Ratternde Textcollage

Lauter Warhols mit unverkennbarem Weißhaar sind es denn auch, die zu Beginn in einer Absteige hocken, immer mal wieder „einen nehmen“ (Dosenbier, Designer-Drogen) und versuchen, der Goetzschen Textfluten Herr zu werden. Da wird gereimt bis zum Irrsinn und rhythmisiert, dass es knattert. Es wechseln Stakkato und Plätschern, Sperrfeuer-Sprache und drangvoll „deutsche“ Innigkeiten. Insgesamt bleibt es diffus. Mögliche Motti bei der Themen- und Satzwahl: „Alles geht“ oder „Einer geht noch ‚rein“.

Es ist, als wolle Goetz sich gleichzeitig in allen Geschossen aufhalten, in Keller und Parterre wie auf dem Dachboden. Er will Wahrnehmungen mitteilen, zudem den Untergrund aufwühlen und auch die höhere, die Meta-Ebene gleich mitliefern. So kommt’s zum ort- und gestaltlosen Hin und Her. Wir tippen mal auf „chemische Beihilfe“ zum Schreiben. Da gäb’s eine hehre Tradition.

In Mülheim war Stefan Bachmanns Inszenierung vom Deutschen Schauspielhaus Hamburg zu sehen. Da Goetz seine Textflächen nicht durch Figuren-Zuordnung eingrenzt und die Szenen-Partikel willkürlich vor- und rückwärts nummeriert, bleiben der Regie manche Freiheiten.

Die kleine Tierschau

Da treten beispielsweise prügelnde und fixende Stadtstreicher in barocken Kostümen samt Perücken auf. Und gegen Schluss lachen wir ratlos über „Rainalds kleine Tierschau“: Von Koons einst auf den Kunstsockel gehobene Comic-Figuren wie der rosarote Panther und allerlei Bärchen versammeln sich hier leibhaftig zur Vernissage, schwätzen erzdummes Tiefsinns-Zeug über Kunst und erzeugen ein abstraktes „Bild“ mit ihren diversen Körperausscheidungen.

Auch die Euphorien und Schaffenskrisen des Künstlers Koons alias „Adam“ (Oliver Mallison) geraten zur Groteske; der Mann will sich die Ideen aus dem Kopf graben und muss sie sich dann im Doppelsinne aus dem Kopf schlagen. Josef Ostendorf, der Darsteller, der die Aufführung dominiert, nimmt als Kommentator dem Geschehen gottlob jene Weihe, die im Text noch wabert.

Das unbändige Johlen beim Schlussbeifall kam wohl von jenen, die das Schrille geil finden und das Geile krass – oder so ähnlich. Bis zum 24. Juni folgen noch sechs Stücke im Wettbewerb. Es bleibt also Hoffnung.