Louis Klamroth und das hitzige Klima beim WDR

Louis Klamroth, seit 9. Januar 2023 Moderator bei „hart aber fair“. (Foto: © WDR/Thomas Kierok)

Dies vorangeschickt: Ich bin froh, dass es im Westen den WDR gibt und wir nicht nur von privaten Dudelsendern beschallt oder beflimmert werden. Jedoch war ich mit dieser Präferenz früher deutlich mehr im Reinen als jetzt, hat sich der Westdeutsche Rundfunk doch vielfach mit seinem Niveau abwärts anbequemt.

So bangt man denn auch zusehends (nicht nur) mit diesem öffentlich-rechtlichen Sender, dass er sich mit seinem Gebaren bitte nicht noch angreifbarer mache und damit allerlei Populisten auf den Plan rufe, die ihm am liebsten gleich den Geldhahn zudrehen wollen.

Der neueste Vorfall in dieser unguten Richtung dreht sich um die montägliche TV-Sendung „hart aber fair“, genauer: um Louis Klamroth (33), der die Talkrunde kürzlich als Nachfolger des langjährigen Moderators Frank Plasberg übernommen hat und (nebenbei bemerkt) bei seiner Premiere recht handzahm zu Werke gegangen ist.

Liiert mit der „Aktivistin“ Luisa Neubauer

Na und? Ist nicht dennoch alles in bester Ordnung? Nicht ganz. Klamroth hat offenbar in der Einstellungsphase verschwiegen, was wohl nur Insidern bekannt gewesen sein dürfte: Er ist mit der Klima-„Aktivistin“ Luisa Neubauer liiert. Da mag der Verdacht keimen, dass er – zumindest bei bestimmten Themen – in Interessenkonflikte gerät. Gut möglich, dass ihm das auch selbst bewusst gewesen ist, sonst hätte er ja rechtzeitig aktiv darauf hinweisen können. So aber hat er die öffentliche Bekanntgabe seiner beruflichen Veränderung erst einmal abgewartet und erst danach verraten, was eventuell gegen die Regeln des Senders verstößt.

Gewiss: Louis ist nicht Luisa, er hat seinen eigenen Kopf und sein eigenes journalistisches Ethos. Dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl: Warum hat er nicht zeitig für Transparenz gesorgt? Er hätte damit etwaigen Widersachern den Wind aus den Segeln nehmen können. Oder er hätte den lukrativen Job vielleicht gar nicht erst bekommen…

Das Ganze schlägt jetzt hohe Wellen, wenn man einem Bericht der springerschen „Welt“ glauben darf. Der Rundfunkrat des Senders scheint demnach bereit zu sein, in seiner nächsten Sitzung am Dienstag (31. Januar) die WDR-Chefetage (Intendant Tom Buhrow, Programmdirektor Jörg Schönenborn) frontal zu attackieren. Ein Teil, wenn nicht eine Mehrheit des Aufsichtsgremiums moniert nicht nur die verspätete Bekanntgabe der Beziehung Klamroth/Neubauer, sondern auch und vor allem die Tatsache, dass Buhrow und Schönenborn trotz allem unverdrossen (oder auch stur) an Klamroth festhalten.

Wann die Regeln gelten – und wann nicht

Die Einlassung der WDR-Spitze mutet grotesk und rabulistisch an. Laut „Welt“ machen die Bosse geltend: „Klamroth sei schließlich erst nach seiner Vertragsunterzeichnung Mitarbeiter des WDR geworden – vorher hätten die Regeln für ihn nicht gegolten.“ Aber vielleicht just m i t der Vertragsunterzeichnung? Welch schönes Thema für juristische Debatten!

Ungeschickt auch der Umgang des WDR mit einer weiteren Entgleisung, die der Rundfunkrat ebenfalls als Thema aufrufen will. Dabei geht es laut „Welt“ um den Fall eines anderen WDR-Moderators, der in seinem Instagram-Kanal ein Video mit der Titelzeile „Die CDU ist unser Feind“ eingestellt hat. Dazu der WDR an die Adresse der „Welt“: Der Sender übernehme „keinerlei Verantwortung für die privaten Äußerungen von wem auch immer.“ Da lässt sich nur noch mit Loriot antworten: „Ach was“.

Bliebe noch zu klären, welches Thema Louis Klamroth jetzt in „hart aber fair“ aufgreifen möchte. Doch nicht etwa…? Oh doch! Für den morgigen Montag (21 Uhr) angekündigt: „Letzte Abfahrt: Wie verändert die Klimakrise Alltag und Leben?“ *

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  • Auf der Gästeliste des Klima-Talks am Montag, 30. Januar 2023 (ARD, 21 Uhr):
  • Gitta Connemann, CDU-Bundestagsabgeordnete; Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT)
  • Sven Plöger, Meteorologe und ARD-Wetterexperte
  • Konstantin Kuhle, FDP, stellv. Fraktionsvorsitzender
  • Aimée van Baalen, „Aktivistin“ und Sprecherin der „Letzten Generation“

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Kurzer Nachtrag am Ende der Sendung:

Der Wahrheit die Ehre: Louis Klamroth hat sich keine Blöße gegeben und beim Klima-Thema die Neutralität – so gut es ging – gewahrt. Die „Aktivistin“ Aimée van Baalen musste es sich unter seiner Leitung gefallen lassen, dass sich die Mehrheit der Diskussionsrunde entschieden gegen sie und ihre kruden Ideen von einem „Gesellschaftsrat“ stellte. Ein solcher Rat aus Experten und „normalen Bürger*innen“ soll nach ihrer Auffassung in Klimafragen entscheidend sein – an allen gewählten parlamentarischen Gremien vorbei. Wer soll denn eigentlich die Zusammensetzung eines derartigen „Gesellschaftsrates“ bestimmen?

Noch’n Nachtrag

Nun wird eine etwas andere Version aus dem Hut gezaubert. Klamroth habe den WDR Ende August 2022 „über seine Beziehung informiert, deutlich vor Abschluss des Vertrages.“ (Zitat aus dem „Focus“)  Der WDR hatte freilich schon Mitte August seine Entscheidung für Klamroth veröffentlicht, jedoch seien die Vertragsgespräche erst zum Ende des Jahres abgeschlossen worden, heißt es vom Sender. So ähnlich muss es sich wohl anhören, wenn jemand rumeiert.

 




Der Wahlabend im Fernsehen: Diese gut geölte Maschinerie könnte ewig laufen

Ganz ehrlich: Ich mag jetzt erst einmal keine Balken-, Torten- und sonstigen Diagramme mehr sehen. Wer sich gleichfalls ab 17 Uhr den ganzen Abend mit der Wahlberichterstattung im Fernsehen um die Ohren geschlagen hat, der weiß, wovon ich rede.

Es waren schon prägnante Nachrichten, die dabei herauskamen: CDU/CSU bundesweit zumindest in Reichweite der absoluten Mehrheit, die FDP erstmals seit 1949 nicht mehr im Bundestag. Doch ob und wie es zu Koalitionen kommt, ist sowohl im Bund als auch in Hessen (die Landtagswahl ging im Trubel beinahe unter) einstweilen unklar. Wird es Schwarz-Grün, gibt es eine Große Koalition? Wir werden es erleben.

In der Obhut von ARD und ZDF

An solchen Tagen bin und bleibe ich in der Wahl der TV-Programme konservativ und begebe mich – wie seit jeher – vor allem in die Obhut von ARD und ZDF. Von etwaigen Sympathien oder Abneigungen mal ganz abgesehen, haben die einfach die meisten Leute im Einsatz (was freilich nicht unbedingt in Qualität umschlagen muss).

Für die ARD im Einsatz: Ulrich Deppendorf und Caren Miosga (Archivbild: © ARD-Hauptstadtstudio/Axel Berger)

Für die ARD im Einsatz: Ulrich Deppendorf und Caren Miosga (Archivbild: © ARD-Hauptstadtstudio/Axel Berger)

Tatsächlich machten die Teams unter Leitung von Caren Miosga, Ulrich Deppendorf und Zahlenjongleur Jörg Schönenborn (ARD) sowie Bettina Schausten und Theo Koll (ZDF) ihre Sache nach den üblichen Maßstäben recht ordentlich. Größere Pannen waren nicht zu verzeichnen. Ironie hin, Sarkasmus her – da sind schon routinierte Profis am Werk. Im akuten Stress eines solchen Wahlabends muss man erst einmal dermaßen die Übersicht behalten.

Die Grenzen der Vergnügungssucht

Übrigens wirkte auch Peter Kloeppel (RTL) diesmal, anders als kürzlich beim Merkel-Steinbrück-Duell, ziemlich souverän und locker. Freilich schaltete sich sein Sender später ins Geschehen ein und verließ die Wa(h)lstatt auch deutlich früher. Schon bald verlegte man sich zudem aufs leicht schrill angehauchte „Menscheln“. Das Zappen zu Phoenix, N-TV und N24 habe ich mir denn doch erspart. So vergnügungssüchtig war ich nun auch wieder nicht.

Allerdings ist die Routine auch allseits das Problem. Man absolviert die immergleichen Rituale. Ein paar neue Formen täten sicherlich gut. Außerdem zeigten sich auch bei den Öffentlich-Rechtlichen wieder die ebenfalls üblichen, ziemlich grundsätzlichen Schwächen: Immerzu lockt die Versuchung, das politische Geschehen gnadenlos zu personalisieren und auf ziemlich simple Begriffe herunterzudimmen. Bei ARD und ZDF war man sich immerhin bewusst, dass man es mit griffigen Formeln wie „Stinkefinger“, „Raute“, Halskette und „Veggie Day“ zuletzt etwas übertrieben hat. Doch man kann nicht ganz davon lassen.

Als die Hochrechnungen sich erst einmal stabilisiert hatten, schnurrte bei den großen Anstalten die volle Routine der gut geölten Maschinerien ab. Das Ganze geriet in einen Selbst- und phasenweise auch Leerlauf, als hätte es (selbst noch nach „Elefantenrunde“ und Jauch-Talk) schier endlos so weitergehen sollen.

„Erst einmal in Ruhe analysieren“

Auch die Politiker sagen halt das, was sie bei solcher Gelegenheit immer sagen: Erst einmal Dank an alle Helfer und Wähler. Erst einmal das Endergebnis abwarten. Erst einmal mit den Gremien sprechen. Erst einmal in Ruhe analysieren. In den nächsten Tagen werden wir mehr wissen. Gottlob wird die eigentliche Politik nicht im Fernsehen gemacht.

Derweil gieren die Fernseh-Journalisten (nicht minder eitel als manche Politiker) stets nach neuen Personalien und hätten am liebsten schon heute verkündet, dass ab morgen Jürgen Trittin als Vizekanzler antritt oder Christian Lindner neuer FDP-Chef wird. Doch auch diese Herrschaften lassen sich natürlich nicht aus der Reserve locken. Warum auch?

(Der Beitrag ist zuerst bei www.seniorbook.de erschienen).