Ein kleines Museum mit Küchen und mehr als 700 Kochbüchern

Draußen sieht und riecht man den Frühling – Zeit für den Garten oder für einen Ausflug. Schöne Ziele gibt es im Ruhrgebiet, zum Beispiel das kleine Henriette-Davidis-Museum in Wetters Ortsteil Wengern – dort, wo die berühmte Köchin am 1. März 1801 geboren wurde. Gestorben ist sie übrigens am 14. April 1876 in Dortmund, und auf dem dortigen Ostfriedhof findet man auch noch ihr Grab.

Kochbücher sind auch in Zeiten von chefkoch.de noch sehr nützlich. (Foto Pöpsel)

Davidis war eine Pfarrerstochter, die im Elternhaus in Wengern und in verschiedenen fremden Haushalten das Kochen gelernt hatte und ihr Wissen in Buchform weitergeben wollte. Es gab zwar in der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits neben privaten, mit der Hand geschriebenen Koch-Tagebüchern auch gedruckte Kochbücher, doch keines  war im deutschsprachigen Raum so folgenreich wie Davidis‘ „Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“. Insgesamt kam es auf 21 Auflagen, es wurde in vielen Familien über Generationen hinweg weitergegeben, und der von Davidis geprägte Satzanfang „Man nehme…“ ist auch heutigen Köchen noch geläufig. Manche Rezepte allerdings kann man heute kaum noch benutzen, zum Beispiel die Anleitung, wie man einen Kapaun zubereitet.

Neben diesem Kochbuch schrieb Henriette auch ein Buch für die kleine Puppenköchin sowie Anleitungen zur Erziehung junger Mädchen. In einem kleinen Fachwerkhaus in Wengern, dem ehemaligen Mühlenhäuschen, gibt es seit 1994 das Henriette Davidis gewidmete Museum. Es geht zurück auf und wird heute noch geleitet von dem evangelischen Pfarrer Walter Methler.

Neben Küchen- und Haushaltsgeräten findet man in dem Haus auch etwa 700 verschiedene Ausgaben und Auflagen der Davidis-Werke, unter anderem eine in den USA erschienene Fassung, die für die dortigen deutschsprachigen Einwanderer gedruckt worden war.

Henriette-Davidis-Museum, Elbescheweg 1 in 58300 Wetter, Tel. 02335-61116. Geöffnet jeweils am 1. Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr. Führungen zu anderer Zeit nach Absprache.

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Das Wirken von Henriette Davidis stand bzw. steht auch im Mittelpunkt des Deutschen Kochbuchmuseums in Dortmund, das allerdings zur Zeit wegen Umzugs und Erarbeitung eines neuen Konzepts geschlossen ist.




„Mörderische Mandelhörnchen“ – Krimi-Spürnase Maria Grappa stillt den Hunger

Schön gemütlich eingemuckelt auf der Couch liegen. Ein gutes Buch in den Händen halten. Klammheimlich denken: Och ja, jetzt watt zu schnuckern, datt wär et doch. Sie kennen das.

Besonders perfide ist dieses latent unterschwellig vorhandene Hüngerchen, wenn ein Krimi die Säfte so richtig fein in Wallung bringt. Was gäbe man da nicht um ein bißchen Nervennahrung. Noch perfider kann das Gabriella Wollenhaupt. Ihre Hauptfigur, die patente Polizeireporterin und Nebenbei-Kriminalistin Maria Grappa, ist den leiblichen Genüssen zugeneigt, gerne und oft geht es in den Grappa-Krimis ums Essen. Mal wird im Bierstädter Freundeskreis lecker gekocht, mal holen die Kollegen sich was Nettes vonne Bude, mal wird ein Liebhaber verwöhnt, mal hat ein Verdächtiger ein Sterne-Restaurant und muss natürlich vor Ort observiert werden.

Mörderische Mandelhörnchen Mal abgesehen von dem kleinen Hunger, der einen dann überfällt, machten die von Frau Grappa verschnabulierten Speisen immer schon auch neugierig. Rezept wäre schön, denkt man da so bei sich, die hungrigen Mäuler, die man so zu stopfen hat, wären einem dekadenten Mandelkuchen gewiss auch nicht abgeneigt. Doch weder hilft die Suchmaschine der Wahl noch der Chefkoch im Internet, wenn man wissen will, wie man sie fabriziert: die Artischocken mit Alibi oder den Mettfuß im Stöckelschuh.

Doch nun ist Abhilfe geschaffen worden. Drei raffinierte Damen, der kriminellen Energie unverdächtig, haben sich aus Anlass des 25. Grappa-Krimis zusammen getan und ein Kochbuch der etwas anderen Art kreiert. „Mörderische Mandelhörnchen“ präsentiert 25 Rezepte aus der Grappa-Küche, zu jedem bisher gelösten Fall eines.

Die Abschnitte beginnen mit einem kurzen Text aus den jeweiligen Krimis, welcher als Appetizer dient. Nicole Schreiber, Food-Coach und Grappa Fan, hat sich die gewiss leckere Mühe gemacht, die zugehörigen Rezepte aufzuschreiben, auszuprobieren und vorzustellen. Garniert wird das Ganze durch liebevoll und witzig gestaltete Illustrationen von Rita Rose. Die Dritte im Bunde der Damen ist natürlich Gabriella Wollenhaupt selbst.

Wer will, kann nun Ziegenbraten so servieren, wie er auch der Mafia mundet. Wer es bodenständiger mag, versucht sich an den polizeilichen Möhren-Reibeplätzchen und wer noch genauer hnter die Kulissen schauen möchte, der wird auch bedient: Immer gut zu wissen, wie Hamburger klassifiziert werden. Nicht, dass man einem Betrüger auf den Leim geht: 150 Gramm Hamburger sind gut, 180 Gramm sättigend, aber erst 200 Gramm sind lecker. Wäre das auch geklärt.

Falls man beim Burger-Essen was zu reklamieren hat, kann man sich sicher auf diese amtliche Feststellung berufen. Zum Runterkühlen gibt es dann das Eis Madonna Grappa und wer dann wieder Lust auf Abenteuer hat, der nimmt sich einen Gorilla als Beilage zur Currywurst.

Nun gut. Kochbücher gibt es wie Sand am Meer, Sidestep-Merchandising auch, aber dieses Buch ist wirklich liebevoll gemacht, die Rezepte sind verständlich und auch durchschnittlich Kochbegabte sind fähig, diese nachzukochen (von einer durchschnittlich begabten Hausfrau für Sie getestet).

Und wer gerne mit Frau Grappa auf Abenteuerjagd geht, stellt sich sicher auch gerne mit ihr an den Herd. Warum nicht? Ich jedenfalls habe schon für die Praxis wesentlich weniger geeignete Kochbücher gesehen und werde die „Mörderischen Mandelhörnchen“ dahin legen, wo sie hingehören: in den Küchenschrank zu den wenigen anderen Kochbüchern, die Gnade vor meinen Augen gefunden haben. Also dann: Maaahlzeit.

„Mörderische Mandelhörnchen – Kulinarisches aus der Grappa-Küche“. 156 Seiten, Grafit Verlag, Dortmund, 10 €.




Das Fischstäbchen und die Küchen dieser Welt

Von Bernd Berke

Das glaubt einem erst mal niemand. „Ein Fischstäbchen-Kochbuch? Gibt’s doch gar nicht!“ Gibt’s wohl! Von wegen: Packung auf, unaufgetaut rein in die Pfanne, goldgelb braten und rasch verzehren. Diese freudlosen Zeiten sind vorbei. Jetzt können die Freunde des Fischstäbchens in Vielfalt schwelgen.

Obwohl: Eigentlich sind „Fischstäbchen pur“ ja auch nicht zu verachten. Die meisten Kinder mögen sie – ähnlich wie Pommes – sowieso furchtbar gerne. Auch mancher Erwachsene würde sich wohl zur Kabeljau-haltigen Stapelware bekennen, gäbe es nicht diese selbsternannten Gourmets und Lifestyle-Meinungsführer, die uns weismachen wollen, man könne alles nur noch in unendlichen Verfeinerungen genießen. Sie kochen und essen nicht mehr Spinat mit Kartoffelbrei, sondern Spinat „an“ Kartoffelbrei.

Garniert mit allerlei Früchten

„Die besten Rezepte aus aller Welt“ verspricht „Das Fischstäbchenbuch“ (Lappan Verlag, 64 Seiten, 19,80 DM). Das Ganze ist nicht tierisch ernst gemeint. Davon zeugen schon die Cartoon-Illustrationen. Kalauerndes Beispiel: Statt eines Taktstockes schwingt der Maestro ein Fischstäbchen. Unterzeile: „Herbert von Kabeljau dirigiert das Forellenquintett“. Nun ja.

Nun aber zum Kern der Sache, der sich gleichsam unter der bröselnden Panade verbirgt: Wir finden Rezepte, die das gute alte Fischstäbchen mit den Küchen der Welt verquicken: China, Venezuela, Japan, Frankreich, Italien, Indien, Deutschland…

Fakirs Beschwörungen…

Für die chinesische Variante wird den Stäbchen eine süßsaure Sauce bereitet, japanisch sollen sie mit frittiertem Gemüse schmecken. Zur französischen Fassung gehören Crêpes, den Rest muss man sich wortwörtlich auf der Zunge zergehen lassen: „Crêpes mit der Porreefüllung bestreichen. Ein bis zwei Fischstäbchen dazugeben, Briescheiben darauflegen (…) Dazu passt ein leichter Weißwein oder ein Gläschen Pernod.“ Voilà!

Poetisch klingen zuweilen die Namen: Das norwegische Gericht heißt beispielsweise „Edvard Griegs Wintertraum“, das Resultat der indischen Küche wird „Fakirs Beschwörungen“ getauft und bringt die Fischquader in kulinarische Berührung mit Passionsfrüchten, Bananen, Lauch, Maracujasaft, Ingwer und Joghurt.

Auf Küchenkrepp abtropfen lassen

Für die italienischen Momente im Leben werden die Fischstäbchen auf ein „Tomaten-Mozzarella-Basilikum-Gratin“ gebettet, der Schweizer kombiniert sie angeblich am liebsten mit Raclette, der Deutsche wahlweise mit Nordsee-Krabben, Pellkartoffeln, Bohnen oder Speck. Unterdessen zaubert der Grieche einen Auflauf mit Brokkoli, und der Amerikaner kommt auch hier nicht ohne Ketchup aus. Das Grundrezept lautet eben: Stäbchen plus jeweiliges Klischee der Länderküche.

Ein Satz kehrt hartnäckig in allen Anleitungen wieder: „Fischstäbchen im Öl knusprig braten und auf Küchenkrepp abtropfen lassen“. Hoffentlich kriegen wir das hin! Der Selbstversorger, der sich nicht mundgerecht von Käpt’n Iglo oder anderen Tiefkühlfirmen beliefern lassen mag, erhält obendrein das Rezept für „Leckere Fischstäbchen aus eigener Produktion“. Schwere Aufgabe: „Kabeljau in Fischstäbchen entsprechende Blöcke schneiden.“ Das Standardmaß lautet übrigens: 89 mal 27 mal 18 Millimeter. Wir üben schon mal.