Das Geld ist knapp, die Chefin kündigt: Wie sehr kriselt es im Hammer Museum?

Keine sonderlich guten Nachrichten kommen derzeit aus dem Gustav-Lübcke-Museum: Von Verlusten und mangelndem Besucheraufkommen ist in Hamm die Rede. Inzwischen hat Museumsleiterin Dr. Friederike Daugelat (40) gekündigt. Doch was verbirgt sich dahinter? Und hat beides miteinander zu tun?

Einen solch krisenhaften Zusammenhang bestreitet die bis Jahresende amtierende Museumschefin entschieden. Den Revierpassagen sagte sie heute: „Meine Kündigung hat ausschließlich persönliche Gründe.“ Tatsächlich wechselt sie in einen neuen Job, in dem ihre Verantwortung eher noch wächst: Friederike Daugelat, die Anfang 2013 nach Hamm gekommen war, wird ab Januar 2017 Referatsleiterin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und ist dort für mehrere LWL-Museen zuständig, vor allem auf dem Feld der Beratung und strategischen Planung.

Das Gustav-Lübcke-Museum in Hamm. (Foto: Bernd Berke)

Das Gustav-Lübcke-Museum in Hamm. (Foto: Bernd Berke)

Hamms Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann forderte unterdessen im WDR-Hörfunk (Landesstudio Dortmund), was der OB einer finanziell klammen Kommune von der lokalen Kultur halt so verlangt: „Wir müssen die Besucherakzeptanz, die Bevölkerungsakzeptanz noch einmal deutlich verstärken.“ Er und andere Kommunalpolitiker wollen bewirken, dass das Museum kein Eigenbetrieb mehr ist, sondern wieder in städtische Regie überführt wird.

Gespräche über eine solche Neuorganisation laufen laut Friederike Daugelat schon seit längerer Zeit. Die Führung als Eigenbetrieb habe bislang abrechnungstechnische Gründe gehabt, die wegen geänderter Bestimmungen künftig entfallen. Somit sei es wohl vernünftig, das Museum wieder an die Stadt anzugliedern. Auf diese Weise ließen sich einige Kostenblöcke (z. B. für Wirtschaftsprüfer) einsparen.

Unterdessen war in einem Bericht des „Westfälischen Anzeigers“ (Presse-Platzhirsch in Hamm) von 156.000 Euro Verlusten die Rede, die das Museum 2015 angehäuft habe. Auch dies erklärt Daugelat mit Besonderheiten der Buchhaltung. 2014, gegen Ende der zweijährigen Umbauzeit des Museums, seien Kosten angefallen, die erst 2015 belastend zu Buche gestanden hätten. Dem stünden positive Abschlüsse aus anderen Jahren gegenüber, so dass die Bilanz auch politisch abgesegnet worden sei.

Und wie verhält es sich mit dem Zuspruch des Publikums? Eine Ausstellung mit finnischer Malerei zog 12.000 Besucher ins abseits der großen Kulturströme gelegene Hamm. Eine speziell für Kinder konzipierte Mitmach-Schau über die technischen Fähigkeiten der Alten Römer hat vor wenigen Tagen die Besuchermarke von 10.000 überschritten und dauert noch – über die Herbstferien hinweg – bis Ende Oktober. Für ein Museum in der kulturellen und touristischen Diaspora sind das keine schlechten Zahlen.

Zudem war das (tendenziell unterfinanzierte) Haus erst ab März 2015 nach langer Umbaupause wieder eröffnet worden, und zwar sukzessive, eine Abteilung nach der anderen, mit deutlichen Zeitabständen. Also haben sich auch die Besucherzahlen nur zögerlich entwickeln können.

Nach städtischen Vorgaben, so Friederike Daugelat, soll das Museum jährlich mindestens 36.000 Besucher anziehen. Diese Zahl werde 2016 auf jeden Fall erreicht und überschritten. Es sei realistisch, die Marke von 40.000 Besuchern anzupeilen.

Ach so, ja, Kunst wird es im Gustav-Lübcke-Museum auch noch geben: Die nächste, noch von Daugelat kuratierte Sonderausstellung beginnt am 18. Dezember und heißt „Lieblingsorte – Künstlerkolonien. Von Worpswede bis Hiddensee“.




Frauen an die Macht – zumindest im EN-Kreis

Wenn am Abend des 13. September in Nordrhein-Westfalen die Stimmen der Wahlen der Bürgermeister und Landräte ausgezählt sind, dann ist dieser Abend auch ein Gewinn für den Vormarsch der Frauen in der Politik – zumindest im Ennepe-Ruhr-Kreis. Darauf deuten jedenfalls die Kandidaturen hin.

Gut 320.000 Einwohner hat der Kreis im Süden von Dortmund und Bochum, und diese Einwohner verteilen sich auf neun Städte. In Ennepetal kandidieren für den Bürgermeister-Posten die beiden Frauen Anita Schöneberg (SPD) und Imke Heymann (CDU / Grüne / FDP / Freie Wähler) gegeneinander – das Amt wird also auf jeden Fall weiblich besetzt werden.

In Breckerfeld bewirbt sich unter anderem die ehemalige WR-Redakteurin Dr. Petra Kappe (SPD) um die Nachfolge des Amtsinhabers Klaus Baumann, allerdings wird sie es in der bisher CDU-geführten Kleinstadt nicht leicht haben.

In den Städten Gevelsberg, Wetter und Sprockhövel wurden die Bürgermeister bereits zusammen mit den Gemeinderäten gewählt, dort errangen allerdings jeweils Männer die begehrten Positionen.

In Herdecke bewirbt sich die parteilose Amtsinhaberin Katja Strauss-Köster erneut und mit guten Chancen als Bürgermeisterin, in Hattingen hat der Journalist Dirk Glaser ebenfalls die Unterstützung mehrerer Parteien, und in der größten Stadt des Kreises, in Witten, will Bürgermeisterin Sonja Leidemann wiedergewählt werden – allerdings gegen den Willen ihrer SPD, die einen eigenen Kandidaten aufgestellt hat und die nun der Bürgermeisterin mit einem Partei-Ordnungsverfahren droht.

Auch um den Posten des Landrates beziehungsweise der Landräten des Ennepe-Ruhr-Kreises bewirbt sich mit Dr. Babett Bolle (CDU) eine Frau. Der bisherige Landrat und Sozialdemokrat Dr. Armin Brux tritt nicht mehr an, für ihn möchte sein Parteifreund Olaf Schade aus Hattingen, bisher Referent der Landtagspräsidentin in Düsseldorf, gewählt werden. Dazu müsste Schade aber Frau Dr. Bolle in den Wahlkabinen übertrumpfen.




Kultur und Infrastruktur

Wer es besser weiß, der möge mich ohne jede Hemmung korrigieren – das gilt übrigens stets und ständig, wer ist denn schon von Irrtümern verschont? Aber hat irgendwer einmal davon gelesen, dass ernst zu nehmende Menschen aus dem noch ernster zu nehmenden Bereich der Betriebs- oder Volkswirtschaft einen Straßenbau angezweifelt hätten, weil dieser sich womöglich nicht rechnen könnte – oder gar ein Minus gebären könnte?

Ich weiß, niemand käme auf solch eine ungeheuerliche Idee. Hingegen geht so etwas pfeilschnell, wenn Theater oder Orchester oder Museen nicht das einspielen, was der ernst zu nehmende Betriebs- oder Volkswirt errechnet hat. Oder wenig ernst zu nehmende Politiker.

Im kulturell noch immer beseelten Hagen war vor gar nicht allzu langer Zeit das Theater (wie vielerorts) flink zur Disposition gestellt, wenige Hände hoben sich für Bestandspläne, wenige Stimmen waren so vorlaut, Schließungsgedanken ins Reich der Absurdität zu debattieren.

Im wesentlich kleineren Unna entspinnen sich Auseinandersetzungen um die Finanzausstattung des internationalen Lichtkunstzentrums, deren Niveau an provinzieller Qualität schneller zulegt als „The Biggest Loser“ im Mob-TV abnehmen könnte.

Beispiele gibt es noch reichlich, Städte mit ergänzungsbedürftiger Fernsicht ebenfalls. Sie haben alle eines gemeinsam, dass sie nämlich um den Erhalt von gesellschaftlicher Infrastruktur streiten. Nichts anderes sind Theater, Museen, kulturelle Einrichtungen insgesamt, aber auch (man möge mir vergeben, dass ich dergleichen Alltägliches in Augenhöhe erwähne) Schwimmbäder oder Sportplätze und Turnhallen. Sie sind ebenso wie Straßen, wie Autobahnen oder Schienenstränge lebensnotwendige Infrastruktur.

Ich komme noch einmal auf die besagten Straßen zurück. Während sich furchtbar gern und ultra populistisch darüber gestritten wird, ob x-tausende Euro besser für Kindergärten oder Schulen angelegt sind als für ein Kultur-Objekt, werden Straßenbaupläne durchgewunken und abgenickt in einer stets silberpfeiligen Geschwindigkeit. Allenfalls zwisten Grüne bei diesem Thema, sie sind aber mit ausreichend begleitenden Radfahrgelegenheiten (selbstverständlich asphaltiert) zu sedieren.

Hingegen ist die „Hinterfragebereitschaft“ bei kulturellen Angeboten wesentlich ausgeprägter.

Ich kenne das nur aus den Lagerfeuer-Erzählungen noch erfahrenerer Menschen. Nach dem Krieg, Straßen und Schienenstränge, viele Autobahnen und Städte waren zerschlissen und zerstört – da sorgten zwei Männer namens Alfred Gleisner und Hubert Biernat im Kreis Unna dafür, dass die Keimzelle für ein Landesorchester gelegt wurde. Es existiert heute noch unter dem Namen Neue Philharmonie Westfalen. Hatten die denn keine anderen Sorgen?

Gute Frage – noch bessere Antwort: Die hatten erkannt, dass Straßen und Schienenstränge wieder aufgebaut werden können, dass aber, wenn man den Wiederaufbau der Menschen vernachlässigt, man irreparable Schäden hinterlässt.

Noch einmal zurück nach Hagen. „Sieben Sagen“ titelte das 3. Familienkonzert des Philharmonischen Orchesters Hagen. Wolfram Buchenberg hatte diese Musik für die Ruhr und ihre sagenumwobene Geschichte komponiert. Und wer miterlebte, wie begeistert Schulkinder sich als Teil des Orchesters einbrachten, sich vom Dirigenten Florian Ludwig lenken ließen, als hätten sie nie etwas anderes getan, wie sie nahtlos zum Teil eines Kultur-Betriebes wurden, der verschwendete keinen Gedanken daran, die roten Zahlen den Kindergärten und Schulen gegenzurechnen. Auch Infrastruktur, wie ich meine, die man nicht antasten würde, so lange es ausreichend junge Menschen gibt.