Vorbildhafte Entdeckerfreude: Drei Einakter von Ernst Krenek an der Oper Frankfurt

Der Diktator (Davide Damiani) vor der stummen Prozession der Opfer des von ihm entfesselten Krieges. Foto: Barbara Aumüller

Der Diktator (Davide Damiani) vor der stummen Prozession der Opfer des von ihm entfesselten Krieges. (Foto: Barbara Aumüller)

Drei kurze Opern, die zunächst einmal nichts miteinander zu tun haben, zusammengespannt zu einem Abend: Ernst Krenek schrieb unmittelbar nach seinem Welterfolg „Jonny spielt auf“ ein Triptychon und gab es nach Wiesbaden zur Uraufführung (1928). Die Gegenwart ist solchen Experimenten nicht geneigt; Kurzopern sind unbeliebt und außer Puccinis „Il Trittico“ und ein paar Ausnahmen wie Mascagnis „Cavalleria rusticana“ oder Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“ hat sich kaum eine im Repertoire gehalten. Auch Kreneks drei Einakter werden kaum einmal einzeln, aber noch seltener als Einheit aufgeführt. Frankfurt hat es nun gewagt und den Abend sogar ins Große Haus gelegt.

Dabei bietet Ernst Krenek zwischen Symbolismus und Satire genug Stoff für Reflexion. David Hermanns Regie nutzt das Potenzial, ohne es lehrhaft zu überzeichnen oder szenisch allzu eindeutig auszuführen. Den „Diktator“, auch im letzten Jahr beim Kurt Weill Fest in Dessau zu sehen, nennt Krenek eine „tragische Oper“ – eine Tragik allerdings, die sich erst auf den zweiten Blick erschließt und weniger mit der Frau zwischen zwei Männern als mit politischer Psychologie zu tun hat. Eine Frau, deren Mann in einer Schlacht durch Giftgas erblindet ist, beschließt, den Diktator als den Urheber des Kriegs zu töten. Sie erliegt aber dem Charisma des mächtigen Mannes und wird von der Kugel getroffen, die seine Geliebte aus Eifersucht auf ihn feuert.

Wie kommen Menschen dazu, Machthaber zu verehren?

Was im Libretto Kreneks psychologisch ziemlich schwach motiviert erscheint, kann als Parabel gelesen werden, erdacht von einem politisch wachen Kopf, der sich fragt, wie Menschen dazu kommen, Machthaber zu verehren und sich für sie zu opfern, die eigentlich Ursache ihres Leidens am Leben sind. Auch dabei spielt „Unwahrscheinliches“ eine Rolle, Rätsel, die sich nicht ohne weiteres erklären lassen.

Szene aus "Das geheime Königreich" von Ernst Krenek an der Oper Frankfurt. Foto: Barbara Aumüller

Szene aus „Das geheime Königreich“ von Ernst Krenek an der Oper Frankfurt. (Foto: Barbara Aumüller)

Die Psyche des Menschen als unergründliches Terrain also. Das sehen wir in „Das geheime Königreich“ wieder, das in seiner Märchendiktion das Thema der Macht ins Romantische erweitert – und damit ein typisch deutsches Phänomen thematisiert, eine politisch mittelbar brisante Innerlichkeit und Weltflucht. „Die Schönheit des ewigen Lebens“ werde sein Königreich sein, sagt der an sich selbst zweifelnde Herrscher, und entdeckt „das Wesentliche“ im Auge eines Tieres. Ein Narr, der an Shakespeare erinnert, ein gebrochener, ratloser König, eine machtgierige Königin, ein entflammter Rebell und singende Revolutionäre: das ist das Personal in diesem erotisch durchwebten Kampf um die Krone.

Zwischen Max Schmeling und Sigmund Freud

"Schwergewicht oder Die Ehre der Nation": Simon Bailey als Boxer Adam Ochsenschwanz. Foto: Barbara Aumüller

„Schwergewicht oder Die Ehre der Nation“: Simon Bailey als Boxer Adam Ochsenschwanz. (Foto: Barbara Aumüller)

Das dritte Stück, eine heitere Burleske, steht nicht wie ursprünglich konzipiert, am Ende, sondern in der Mitte des Abends: „Schwergewicht oder Die Ehre der Nation“ greift satirisch Zeitströmungen auf wie die Vergötterung des Sports oder den Glauben an die Psychoanalyse. Zwischen Max Schmeling und Sigmund Freud lässt Krenek den einfach strukturierten Kraftprotz auf eine hochverstiegene Medizinstudentin („Mein Unterbewusstsein ist zu stark“) treffen, die sich willig als Punching-Puppe niederschlagen lässt – um dem gesellschaftlichen Skandal zu entgehen oder einen sexuell antörnenden Masochismus zu genießen? Schon die Namen „Adam Ochsenschwanz“ und „Anna Maria Himmelhuber“ verraten genug.

Jo Schramm hat für David Herrmann eine flexibel veränderbare Bühne gebaut, deren klarer, steriler Raum für den „Diktator“ dem Willen der Regie entgegenkommt, Realismus zu brechen und ins Parabelhafte mit absurden Zügen zu driften. Der blinde Mann ist nur einer unter vielen, die im ergrauten Hintergrund steif vorbeidefilieren – eine beklemmende Prozession, die den Diktator stumm anklagt. Wenn Maria, die Frau des Versehrten, drei Mal auf den Machthaber schießt, zeigt sich rotes Blut auf weißer Weste, aber er fällt nicht. Er reißt sich die Hemdbrust vom Leib: Der Diktator ist eine Figur, die nicht durch Schüsse umzubringen ist, ein immer wiederkehrendes Phänomen der Geschichte.

Wundervolles Bild für ein inneres Reich

Für das „Schwergewicht“ öffnet sich der Raum zu einem sinistren Varieté irgendwo zwischen „Cabaret“ und Hermann Hesses „Steppenwolf“. Die Kostüme Katharina Taschs werden grell und bunt. Die Welt, der die „Ehre der Nation“ zugesprochen wird, ist kreischend kitschig. Ein phantastischer Bild-Einfall kennzeichnet „Das geheime Königreich“: In einem immateriell wirkenden, spiegelnden Hintergrund verfließen die Formen, lösen sich die individuellen Gestalten auf, verschwimmt die Eindeutigkeit der Welt in einem Ozean aus Licht (Olaf Winter) und weich changierende Farben. Ein wundervolles Bild für das uneindeutige, sich jeder Definition entziehende „innere Reich“, in das sich der König zurückzieht.

Ernst Krenek im Jahr 1927 - damals schon ein gemachter Mann. Foto: Kurt Weill FestErnst Krenek im Jahr 1927 - damals schon ein gemachter Mann. Foto: Kurt Weill Fest

Ernst Krenek im Jahr 1927 – damals schon ein gemachter Mann. (Foto: Kurt Weill Fest)

Kreneks Musik wurde oft vorgeworfen, eklektisch zu sein, keinen eigenen Stil, zu wenig persönliche Farbe zu entwickeln. Genau das ist ihre Stärke und ihre Modernität: Krenek ahmt im „Diktator“ ungeniert die Melodiebögen Puccinis nach, greift vorbehaltlos auf die Diktion des Verismo zurück, aber schafft alles andere als eine bloße Stilkopie, sondern eher ein raffiniertes Amalgam aus Vorbildern in kalkulierter, individueller Prägung. „Schwergewicht oder Die Ehre der Nation“ dreht und swingt sich durch die reizenden Plattitüden der Tänze der Zwanziger, ob Pasodoble oder Tango, entzückt mit federleichter Instrumentierung und leiser Ironie.

Form und Rausch, Sinnlichkeit und Technik

„Das geheime Königreich“, die komplexeste der Partituren, geht harmonisch in die Tiefe, schreitet die Tonalität weit aus, verbindet Strauss und Schreker, Zemlinsky und Wagner zu einem Neuen, in dem sich Form und Rausch, Sinnlichkeit und Technik nicht ausschließen. Lothar Zagrosek setzt mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester den Zauber der Musik in Klang: die verführerisch sinnlichen Qualitäten, die in sich hineinlächelnden Stil- und Motivzitate, den spritzigen Rhythmus und die polyphonen Verästelungen. Krenek erweist sich wiederum als einer, der im vielstimmigen Konzert der unglaublich vielfältigen Zwanziger Jahre eine gewichtige Stimme beizutragen hat.

Wie stets, überzeugt das Frankfurter Sänger-Ensemble. Man mag mit dem einen oder anderen Detail nicht glücklich sein – Sara Jakubiak singt die schwellenden Bögen am Anfang nicht frei, Juanita Lascarro bleibt als Frau des Diktators eine Dulderin mit gedeckelt-mattem Ton –, aber die glänzend aufeinander eingestellten Darsteller lassen die drei Stücke musikalisch aus einem Guss erscheinen: Davide Damiani als Diktator und König der Mann der Macht, Barbara Zechmeister als quicke Evelyne, die Frau des Boxers, Simon Bailey als angemessen grobschlächtiger Athlet, Ambur Braid als koloratursprühend überdrehte Königin und Sebastian Geyer als weiser Narr. Dazu kommen Ludwig Mittelhammer, der in seinem kurzen Auftritt als Professor Himmelhuber eine angenehm gefärbte, frei geführte Stimme zeigt, und Nina Tarandek als seine psychoanalytisch vorgebildete Tochter.

Eine vorbildhafte Spielplan-Politik führt zu einer Entdeckung, für die sich der Weg nach Frankfurt gelohnt hat. Leider war das Triptychon nur kurz im Programm – auf eine Wiederaufnahme ist zu hoffen.

Am Mittwoch, 21. Juni, 20 Uhr befasst sich unter dem Titel „Happy New Ears“ ein Werkstatt-Konzert im Opernhaus Frankfurt mit dem Ensemble Modern mit dem Komponisten Ernst Krenek.

www.oper-frankfurt.de




Reise ins Innere: Detlev Glanerts „Solaris“ nach Stanislaw Lem an der Oper Köln

Detlev Glanerts "Solaris" im atmosphärisch dichten Bühnenbild von Darko Petrovic. Foto: Bernd Uhlig

Detlev Glanerts „Solaris“ im atmosphärisch dichten Bühnenbild von Darko Petrovic. Foto: Bernd Uhlig

Spannende Zeiten in Köln. Während etwa in Düsseldorf an der Deutschen Oper am Rhein eine sichere Nummer nach der anderen abgearbeitet wird, zeigt der Opern-Herbst in der Domstadt, wie erfindungsreich Repertoirepolitik sein kann.

Auf Johann Adolph Hasses in Schwetzingen wieder ausgegrabene Oper „Leucippo“ folgte nun die deutsche Erstaufführung von „Solaris“, mittlerweile die dritte in Köln gespielte Oper Detlev Glanerts. Bleibt Intendantin Brigit Meyer bei diesem Kurs, wird einem um die künftige Vielfalt nicht bange.

„Solaris“ nach einem erfolgreichen Roman des polnischen Autors Stanislaw Lem wurde 2012 in Bregenz uraufgeführt. Die Inszenierung von Moshe Leiser und Patrice Caurier sollte an die Komische Oper Berlin übernommen werden, was – laut Glanerts Aussage in einem Interview – ohne Nennung von Gründen unterblieb. Man kann sich vorstellen, dass die illustrative, an Raumschiff-Enterprise-Ästhetik gemahnende Bilderfindung des Duos bei Barrie Kosky keine Gegenliebe entzündete: Er kündigte für 2015/16 eine eigene Neuinszenierung an.

Nun hat Köln zugegriffen und sich die deutsche Erstaufführung gesichert. Mit Patrick Kinmonth (Gesamtkonzept und Regie), Darico Petrovic (Bühne), Annina von Pfuel (Kostüme) und Andreas Grüter (Licht) wurde ein Team verpflichtet, das mit starken, differenziert ausgeleuchteten Bildern den Blick von der Science-Fiction-Oper weglenkt. Das entspricht der These, nach der Lems „Solaris“ weniger eine Reise in die unendlichen Weiten des Alls beabsichtigt, sondern tief ins Innere des Menschen mit seinen uneingestandenen Wünschen und seinen einsamen Verletzungen führt.

Aoife Miskelly als Harey in Glanerts "Solaris" in Köln. Foto: Bernd Uhlig

Aoife Miskelly als Harey in Glanerts „Solaris“ in Köln. Foto: Bernd Uhlig

Die Raumstation über dem Forschungsobjekt, einem planetenumspannenden, rätselhaften Plasma-Ozean, steht auf stählernen Gitterträgern und zeigt mit zerbröselnd rostigem Stahlbeton das Stadium finalen Zerfalls. Ähnlich ruinös sind die Verhältnisse an Bord: Der Wissenschaftler Gibarian hat sich selbst getötet, sein Kollege Sartorius verschanzt sich in seinem Labor, der dritte, Snaut, irrt scheinbar halb wahnsinnig durch die Station.

Das Solaris-Plasmawesen liest die traumatischen, „abgekapselten“ Erinnerungen der Forscher aus den Gehirnen heraus und lässt sie materialisiert als menschliche Wesen auf der Station erscheinen. Das Entsetzliche ist, dass diese „Gäste“ aus den verborgensten Winkeln der Psyche stammen: „….unsere eigene monströse Hässlichkeit, unsere Albernheit und unsere Schande“, wie der Forscher Snaut formuliert. Dem neu eingetroffenen Psychologen Kris Kelvin begegnet seine junge Frau Harey. Sie beging Jahre vorher Selbstmord – an dem sich Kelvin mitschuldig fühlt.

Metapher absoluter Fremdheit

Lem und mit ihm Glanerts anfangs des Jahres verstorbener Librettist Reinhard Palm setzen den einsamen Ozean als Metapher absoluter Fremdheit ein. Es wird nicht einmal klar, ob die Plasma-Manifestationen, gebildet nach den Traumata der Forscher, Versuche der Kommunikation einer Intelligenz, spielerische Ausformungen eines kindlichen Wesens oder Schöpfungsversuche eines unvollkommenen Gottes sind. Aber am Beispiel von Kelvins Frau Harey erweist sich, dass sich die Wesen aus dem Plasma nach und nach von den Gedanken-Matrizen ihrer Verursacher emanzipieren, selbständig werden, eine eigene Persönlichkeit entwickeln.

Ein anderer, wichtigerer Aspekt von „Solaris“ ist der einer Selbsterkenntnis: „Menschen suchen wir, niemanden sonst. Wir brauchen keine anderen Welten, wir brauchen Spiegel“, resümiert Kelvin. So wird die Reise zu den Sternen zu einer Reise zu sich selbst. Dass Kelvin am Ende den Ozean aufsucht, spricht freilich dafür, dass der auf sich selbst zurückgeworfene Mensch trotz allem das große „Andere“ sucht: Ohne Hoffnung, aber in Erwartung, und mit einem Glauben. Solaris als großes Gegenüber, das dem einsamen Einzelnen in der absoluten Verschiedenheit sich selbst offenbart. Vielleicht der „Gott“, den der Mensch – so meint Glanert – in aller Erforschung des Jenseitigen und des Weltraums sucht?

Der Inszenierung Kinmonths fehlen bei aller szenischen Sorgfalt, bei aller Intensität, mit der er die Personen führt und charakterisiert, der Aspekt der Fremdheit und das Element der Überraschung. Die „Gäste“ schleichen sich unspektakulär ein, ohne dass ihre verstörende Präsenz spürbar wird. Der Chor, der den Ozean repräsentiert, agiert sichtbar in Alltagskleidern auf der wasserbedeckten Bühne, bewegt sich in fließenden, ritualartigen Choreografien: das Fremde bleibt gleichwohl unausgedeutet. Den Reiz des Geheimnisvollen, Uneindeutigen will Kinmonth allein mit der Interaktion der Personen gewinnen. Doch die Verweigerung der Metaphysik führt ins Alltägliche, Lems Kritik an einem platten Empirismus bleibt stumpf.

Vordringen in die Tiefenschichten der Partitur

Umso faszinierender dringt Lothar Zagrosek in die Tiefenschichten von Glanerts Partitur vor. Mit dem erfahrenen Dirigenten am Pult vollbringt das Gürzenich-Orchester Wunder klanglicher Differenzierungen. Optimal auf die akustischen Verhältnisse des Opernzelts am Dom eingerichtet, werden die atmosphärischen Qualitäten von Glanerts Musik ausgeschöpft: das Spiel mit minimalen klanglichen Verschiebungen wie bei Ligeti, der Mut zum expressiven gesanglichen Bogen wie in der zeitgenössischen amerikanischen Oper, aber auch die Schärfe der Kontraste wie bei Glanerts Lehrer Henze.

Die Disziplin der Musiker ist beispielhaft, die Klangentwicklung in jedem Moment beherrscht. Glanert bezieht sich auf musikalische Traditionen – etwa auf Wagners „Rheingold“ in dem emblematischen Viertonmotiv des Beginns und in seinen raunenden liegenden Akkorden –, verwendet vertraute Formen etwa in Final-Ensembles. Das wirkt in keinem Moment imitierend oder epigonal, sondern ist kreativ ins Heute transferiert.

Gesungen wird in Köln mit hohem Einsatz und ausgefeilter Charakterisierungskunst: Nikolay Borchev gestaltet einen Kris Kelvin zwischen Schock und Zärtlichkeit, Martin Koch gibt Snaut die Züge eines weisen Hysterikers, Bjarni Thor Kristinssons Bass versucht in klangüppiger Deklamation, die Reste seiner Wissenschaftler-Fassade zu sichern. Unter den „Gästen“ singt Qiulin Zhang mit strömendem Alt eine fast zu schöne, dann aber auch abgründig düstere Baboon – ein rätselhaftes Wesen, halb Frau, halb Äffin. Der Mutter Snauts, mit der er offenbar ein inzestuös fäkalophiles Verhältnis pflegte, gibt Dalia Schaechter schneidend-schmeichelnde Kommandotöne. Hanna Herfurtner fegt mit obszönen Sätzen als „Zwerg“ über die Szene – das Gespenst, das Sartorius peinigt. Und die tragende Rolle der Harey wird von Aoife Miskelly sehr zart, glaubwürdig und sensibel gestaltet – auch wenn das kopfige Stimmchen schon beim Orchester-Mezzoforte keine Chance mehr hat.

Szene aus Hasses "Leucippo" mit Regina Richter als Dafne und Valer Sabadus als Leucippo. Foto: Paul Leclaire

Szene aus Hasses „Leucippo“ mit Regina Richter als Dafne und Valer Sabadus als Leucippo. Foto: Paul Leclaire

Glanerts Oper bietet noch einiges an Deutungspotenzial; die Vorfreude auf die Berliner Produktion – und vielleicht weitere an anderen Häusern – konnte die beachtliche Kölner Inszenierung auf jeden Fall fördern.

Bei Hasses „Leucippo“ bleibt der Wunsch nach einem Wiedersehen auf der Bühne verhaltener. Auch wenn Tatjana Gürbaca den Mythos aus dem Arkadien des Daphne-Apoll-Mythenzyklus intelligent als eine Geschichte unter der Gegenwart nahe gerückten Teenagern erzählt, auch wenn die Zerstörung einer kindlich ungebrochenen Welt durch das verstörende Aufbrechen sexuellen Begehrens kein Thema von Gestern ist, auch wenn Gianluca Capuano mit den feurigen Musikern des Concerto Köln die prächtige, manchmal aber auch einförmige Musik Hasses aufregend zum Klingen bringt: Rettung verheißt dem langatmigen Stück auch dieser ambitionierte Versuch nicht. Immerhin: Mit Valer Sabadus als Leucippo stand einer der Counter-Stars der Gegenwart auf der Bühne; von Clara Ek als Climene war kluge, technisch versierte Stilistik zu hören. Und die Momente, in denen aufblitzt, was Hasses Musik auch heute noch wertvoll macht, waren den Besuch im Palladium allemal wert.