Schulz ist aufgestanden – Wow!

Du meine Güte! Was für ein Gerödel und Gemöhre um so gut wie nichts!

Hä? Worum geht’s? Na, um den Mega-Aufreger bei Anne Will. SPD-Mann Martin Schulz ist doch wirklich und wahrhaftig für etwa eine Minute (???) aufgestanden und dann plötzlich durchs Bild gelaufen, um sich wieder hinzusetzen. Wow! Muss nun die Zeitgeschichte umgeschrieben werden? Müssen alle Rückblicke auf 2018 neu geschnitten werden?

Schulz‘ einigermaßen müßige und wohlfeile Klage just in besagter Sendung, es werde (medial) viel zu viel über Personen und nicht genug über Sachfragen geredet, wurde postwendend bestätigt, nachdem er sich kurz erhob und seinen Platz verließ.

Aufgeregt stoppten einige Medien anhand der Aufzeichnung mit, wie lange Schulz abwesend war (Sendeminute 49:30 bis 51:05). Auch spekulierten sie, was ihn wohl zu diesem ungeheuren Schritt veranlasst haben möge… Manche wussten dann auch schon Bescheid. Hinter dem Horizont (sprich: der Bezahlschranke) ging’s weiter: „Lesen Sie mit BILDplus, warum Schulz die Sendung kurzzeitig verlassen musste…“

Soll ich Euch was sagen? Mir ist es schnurz. Ob nun sein Smartphone zur Unzeit vibriert hat, ob er halt mal austreten oder sich schnäuzen musste, ob sein Mikro oder sonstwas locker war, ist absolut nicht der Rede wert.

Ansonsten frage ich mich ohnehin, warum ich mir den Talk mal wieder angetan habe. Mit allem Komfort: mit einer höchlich empörten AKK, die den Ruf ihres Saarlandes mit Klauen und Zähnen gegen Anwürfe des Wirtschaftsjournalisten Gabor Steingart verteidigte; mit einem FDP-Kubicki, der zu allem nur feixte; mit einer Anne Will, die genüsslich verkündete, die Zeit der „alten weißen Männer“ (*gähn*) sei auch in den einstigen Volksparteien vorüber. Ach!

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P. S.: Um die schier unerträgliche Spannung aufzulösen, gebe ich nachträglich das investigative Recherche-Ergebnis des Portals web.de weiter. Sie haben im Büro Schulz nachgefragt, wo es hieß, der Chef sei nur kurz auf Toilette gewesen. Irre, nicht wahr? Um nicht von Pieselgate zu reden…




Heute vor fünf Jahren: das Ende der „Rundschau“

Das frühere "Rundschauhaus" wird zur Zeit umgebaut. (Foto: Bernd Berke)

Das frühere „Rundschauhaus“ wird zur Zeit umgebaut. (Foto: Bernd Berke)

Keine Angst, dies wird kein langer Text. Nicht mehr. Heute vor genau fünf Jahren wurde die gesamte Redaktion der Westfälischen Rundschau (WR) durch die Führung der WAZ-Gruppe (heute: Funke Gruppe) mit einem Federstrich entlassen. Damit endete praktisch die Geschichte der Zeitung, die nur noch als fremdbefülltes Phantomprodukt erscheint.

Wie man dem beigegebenen Foto entnehmen kann, wird derzeit das Gebäude der einstigen Zentralredaktion, das frühere „Rundschauhaus“ am Dortmunder Brüderweg 9, für andere Zwecke umgebaut – mutmaßlich für die üblichen Arztpraxen, Anwaltskanzleien und dergleichen. Wenn man dies sieht, spürt man immer noch einen gewissen Phantomschmerz, sofern einem die traditionsreiche Zeitung etwas bedeutet hat.

Schräg gegenüber hat sich am Brüderweg die Dortmunder SPD niedergelassen. Bemerkenswerter Zufall: Just heute Abend will Parteichef Martin Schulz nach Dortmund kommen, um im immer noch bundesweit bedeutsamen Unterbezirk für die GroKo zu werben. Vielleicht sollte er zwischendurch eine klitzekleine Gedenkminute für die Rundschau und alle seinerzeit (und teilweise bis heute) betroffenen WR-Kolleg(inn)en einlegen? Schließlich war die SPD-Medienholding Mitbesitzerin des Blattes; wenn auch mit einer Minderheitsbeteiligung.

Doch Schulz hat bestimmt Wichtigeres zu tun.

 




Beide waren heute nicht in der Kirche, hatten aber ihre spirituellen Momente – das „TV-Duell“ Merkel vs. Schulz

Längere Zeit habe ich mit mir gerungen, dann habe ich es doch getan: Ja, ich bekenne, ich habe das so genannte „TV-Duell“ zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem SPD-Herausforderer Martin Schulz gesehen. Zur Gänze. Zum Schluss war ich doch ziemlich erschöpft. Obwohl es jetzt intellektuell nicht gar zu anstrengend gewesen ist.

Artikes Shake-Hands zwischen Angela Merkel und Martin Schulz zum TV-Duell in Berlin-Adlershof. (Foto © WDR/Herby Sachs)

Artiges Shake-Hands zwischen Angela Merkel und Martin Schulz zum TV-Duell in Berlin-Adlershof. (Foto © WDR/Herby Sachs)

In den meisten Fragen waren die beiden Probanden ähnlicher oder gar der gleichen Auffassung. Schulz hatte gelegentlich seine liebe Mühe und Not im steten Bemühen, Unterschiede zwischen den Positionen herauszukitzeln.

Locker den Amtsbonus ausgespielt

Merkel hatte das gar nicht nötig, sie konnte die (zumeist ziemlich zahnlosen) Attacken des Widersachers getrost abwarten und gelassen kontern. Hie und da spielte sie, ganz nonchalant und wie nebenbei aus dem Handgelenk, ihren Amtsbonus aus, wenn sie etwa ankündigte, in den nächsten Tagen mal eben mit den USA, Japan und China zu reden…

Ungemein lange hielt man sich anfangs mit der Flüchtlings- und Integrationspolitik auf. Etwa die Hälfte der Sendezeit (insgesamt nur um 120 Sekunden überzogen: 97 statt 95 Minuten, jede halbgare Show darf mehr über die Stränge schlagen) ging dafür ins Land. Auch hierbei unterschieden sich die Kandidaten allenfalls in Nuancen.

Klare Kante gegen Erdogan

Lediglich in der Haltung zur Türkei des „Autokraten“ (man könnte gewiss auch noch kantigere Worte finden) Erdogan gab sich Schulz eine Spur kämpferischer. Als Kanzler, so betonte er mehrfach, wolle er dafür sorgen, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara sofort abgebrochen werden.

Apropos Kanzlerschaft: Schulz‘ in den Vormonaten zwischenzeitlich zur Schau getragene Selbstgewissheit (nach dem Motto: „Ich als Kanzler werde…“) scheint übrigens dahin zu sein. Mehrfach hieß es jetzt aus seinem Munde, f a l l s er das Mandat der wahlberechtigten Bürger erhalte, werde er… Das klingt doch schon weitaus bescheidener.

Was erlauben Strunz?

Die Fragesteller der vier übertragenden TV-Anstalten (warum musste es eigentlich gleich ein Quartett sein?) ARD, ZDF, RTL und SAT1 agierten – wie üblich – im Modus der bedeutsam geschwollenen medialen Wichtigtuer.

Die Damen Maybrit Illner (ZDF) und Sandra Maischberger (ARD), die für die öffentlich-rechtlichen Anstalten antraten, waren noch einigermaßen erträglich – im Vergleich zu den zwei Privatsender-Gockeln Peter Kloeppel (RTL) und vor allem Claus Strunz (SAT1), der schon mal gern quasi-populistische Töne anschlägt. Am liebsten hätte er es wohl gehabt, wenn Merkel und Schulz ihm auf den Leim gegangen wären und noch entschiedener versucht hätten, die eine oder andere AfD-Stimme abzufischen. Um mal eine berühmte Fußballfloskel zu zitieren: Was erlauben Strunz?

Soziale Wohltaten angekündigt

Sowohl Merkel als auch Schulz gerieten hie und da ins Stocken oder Stammeln. Wir wollen das mal als menschlichen Faktor verbuchen und nicht gleich als politische Unsicherheit. Und überhaupt: In diesen Zeiten möchte man nicht unbedingt mit ihnen tauschen…

Nach den vergleichsweise geradezu epischen Auslassungen zur „Flüchtlingsfrage“ und zur Türkei ging es hernach zunehmend hopplahopp. Die katastrophale Gemengelage zwischen Kim und Trump wurde ebenso hastig abgehakt wie die Themenkomplexe „Soziale Gerechtigkeit“, Maut und Diesel sowie Steuern. Natürlich gelobten beide, die Bürger spürbar zu entlasten, Schulz legte sich – inklusive Wegfall der Kita-Beiträge – auf rund 200 bis 250 Euro für eine vierköpfige Familie mit 3500 Euro Monatseinkommen fest, Merkel warf Gesamt-Wohltaten von rund 15 Milliarden Euro in die Manege.

Hektische Runde zum Schluss

Da man sich ein wenig verplaudert hatte (und halt kein weiteres „Duell“ ansteht), sah man sich schließlich zur irrwitzigen Hektik einer Ja-Nein-Fragerunde genötigt. Ehe für alle, Fußball-WM-in Katar, Gerhard Schröders Russland-Jobs, Wahlrecht für 16-Jährige, Terrorabwehr und Polizei-Ausstattung wurden nur noch atemlos durchgehechelt.

Vorher haben wir übrigens noch staunend erfahren, dass weder Merkel noch Schulz heute in der Kirche die Messe begangen haben. Beide beeilten sich allerdings zu sagen, dass sie dennoch spirituelle Momente an Gräbern und in Kapellen gehabt haben.

Nahezu grotesk das allerletzte Statement von Martin Schulz. Zu einer kurzen Schlussaussage aufgefordert, fragte er: „Wieviel Zeit habe ich?“ Nach der Information „60 Sekunden“ (die ihm gewiss vorab bekannt war) kamen ihm sogleich „spontan“ über die Lippen: die  so unterschiedlichen Verdienste einer Krankenschwester und eines Managers in just 60 Sekunden. Auch diese wohlfeile Schläue wird ihm nicht entscheidend genutzt haben.

Ich lege mich – ebenfalls wohlfeil – fest: Wenn nichts Weltumstürzendes geschieht, wird, in welcher Parteien-Konstellation auch immer, die nächste Kanzlerin wiederum Angela Merkel heißen. Welcher Hasardeur würde dagegen wetten wollen?




Martin Schulz, der BVB und die „Geißböcke“ – ein Fan-Fake oder nur ein Ausrutscher?

So, da hätten wir den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz also ertappt. Wobei? Ihr werdet es gleich sehen.

SPD-Spitzenmann Martin Schulz, hier beim Bundesparteitag am 19. März 2017 in Berlin. (Foto: Olaf Kosinsky / konsinsky.eu / Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)

SPD-Spitzenmann Martin Schulz, hier beim Bundesparteitag am 19. März 2017 in Berlin. (Foto: Olaf Kosinsky / konsinsky.eu / Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)

Ein widerspenstiger Freund, seines Zeichens Fan des 1. FC Köln, wollte mich gestern ein bisschen ärgern und hat deshalb bei Facebook hämisch auf ein Foto von Schulz hingewiesen, das den Politiker mit einem BVB-Schal um den Hals zeigt. Nicht nur subkutane, sondern laut verkündete Botschaft: Bei BVB-Anhängern klappt’s auch nicht mit Wahlerfolgen. Und wenn man dann noch die schwarzgelben Borussen-Farben mit einer möglichen schwarzgelben Koalition in NRW zusammendenkt…

Halt! Erstens ist das natürlich reiner Unsinn und bloßes Wunschdenken eines notorischen Geißbocks. Zweitens muss man nicht einmal näher hinsehen, um zu erkennen, dass Martin Schulz mit dem BVB-Schal alles andere als froh ist. Er schaut dermaßen miesepetrig drein, als stünde der Abstieg (wessen Abstieg auch immer) unmittelbar bevor. Aus urheberrechtlichen Gründen kann ich das Bild hier nicht einfach hinsetzen, aber schaut doch bitte mal auf diesen Link.

Damit nicht genug. Drittens kommt Schulz, der in jungen Jahren eine Karriere als Fußballprofi angestrebt hat, bekanntlich aus Würselen bei Aachen. Drum stünde zu vermuten, dass sein Herz eher an dortigen Vereinen hängt. An Alemannia Aachen beispielsweise. Oder halt am 1. FC Köln. Es wabert also der vage Verdacht eines Fan-Fakes im Raum, wenn Schulz sich auf BVB-Farben einlässt.

Und siehe da! Die Suchmaschine spuckt tatsächlich sofort aus, dass Martin Schulz immer schon den Kölnern die Daumen drückt. Dabei wird er in dem entsprechenden Beitrag des Deutschlandfunks mehrmals als Vereins-„authentisch“ bezeichnet, wohingegen Altkanzler Gerhard Schröder, der in derlei Clubfragen treulose Gesell‘, nach leutseliger Lust und Laune mal den oder jenen Schal umgelegt hat.

Warum also hat Schulz sich (offenbar widerwillig) mit BVB-Schal ablichten lassen, warum hat er sich den offensichtlichen Tort angetan? Um hier noch ein paar ruhrige, westfälische und sonstige Stimmen abzufischen? Sollten bei hartnäckiger Suche etwa auch noch Schulz-Bilder mit Fanklamotten von Werder Bremen, Hertha BSC, dem VfB Stuttgart oder gar von Schalke auftauchen? Der Wahrheit die Ehre: Dergleichen habe ich einstweilen nicht gefunden. War also der BVB nur ein „Ausrutscher“?

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Hier noch ein paar hübsche Fundstücke:

Martin Schulz mit Schal von Holstein Kiel
Martin Schulz mit Trikot des 1. FC Köln
Martin Schulz mit Trikot von Rhenania Würselen

Wer findet mehr?