Bonner „Hommage an Michelangelo“ untersucht seine Wirkung auf andere Künstler

Werkstatt von Frans de Vriendt, genannt Floris: Brustbild des Michelangelo, um 1550. Foto: Kunsthistorisches Museum Wien

Werkstatt von Frans de Vriendt, genannt Floris: Brustbild des Michelangelo, um 1550. Foto: Kunsthistorisches Museum Wien

Schon zu Lebzeiten galt er als Legende. Seine Wirkung auf die europäische Kunst war und ist auch 450 Jahre nach seinem Tod enorm: Michelangelo Buonarroti (1475-1564) hat sich als herausragender Künstler der europäischen Renaissance vor allem durch seine virtuose Darstellung des menschlichen Körpers unsterblichen Ruhm erworben. Die Bundeskunsthalle Bonn widmet seinem jahrhundertelangen Einfluss auf die europäische Kunst eine Ausstellung. Die Schau ist bis 25. Mai zu sehen.

Der ideale menschliche Körper: Raffael zeichnete 1505/08 Michelangelos David vor dem Palazzo Vecchio in Florenz. Foto: The British Museum, London

Der ideale menschliche Körper: Raffael zeichnete 1505/08 Michelangelos David vor dem Palazzo Vecchio in Florenz. Foto: The British Museum, London

Die „Hommage an Michelangelo“ stellt nicht dessen eigenen Werke in den Mittelpunkt, sondern fragt nach der Inspiration, die andere Künstler in der Auseinandersetzung mit seinem Werk erfahren haben. Gezeigt werden Gemälde, Drucke, Zeichnungen und Skulpturen von Künstlern wie Raffael, Caravaggio, Rubens, Tintoretto, Füssli, Delacroix, Rodin, Cézanne und Moore – bis hin zur Moderne mit Arbeiten von Robert Mapplethorpe, Markus Lüpertz oder Thomas Struth.

Seine innovative Rhetorik des Körpers begründet den über Jahrhunderte andauernden Einfluss Michelangelos. Er schuf ein Repertoire an Ausdrucksformen für menschliche Bewegungen, Haltungen und Affekte, die eine geradezu archetypische Kraft erwiesen haben. Die Interpretationen seiner Kunst reichen von Nachahmung und Hommage bis zu konzeptioneller Auseinandersetzung und kritischer Distanzierung.

Die Kuratoren Georg Satzinger und Sebastian Schütze stellen in der thematisch gegliederten Ausstellung die beispielgebende Wirkung der legendär gewordenen Arbeiten Michelangelos in den Mittelpunkt: der florentinische David oder der Auferstandene aus Rom etwa stehen für die Aktstatue, das Marmorrelief der Kentaurenschlacht oder das Jüngste Gericht für die großen, vielfigurigen Werke.

Beleuchtet wird auch die Wirkung bedeutender Werkkomplexe wie der Sixtinischen Decke oder der Figuren der Medici-Kapelle. Die Ausstellung zeigt zugleich die Medien, in denen sich das Studium der Werke Michelangelos vollzog und ihre Kenntnis festgehalten wurde: Abgüsse und Gemälde, kleinplastische Kopien, Nachzeichnungen, Drucke und Fotos.

Auswirkungen bis in die Moderne: 1938 schuf Henry Moore diese "Liegende Figur". © The Henry Moore Foundation. Foto: Michael Furze. All rights reserved/VG Bild-Kunst, Bonn 2015.

Auswirkungen bis in die Moderne: 1938 schuf Henry Moore diese „Liegende Figur“. © The Henry Moore Foundation. Foto: Michael Furze. All rights reserved/VG Bild-Kunst, Bonn 2015.

  • Zur Ausstellung ist im Hirmer-Verlag München ein Katalog erschienen: „Der Göttliche. Hommage an Michelangelo“, herausgegeben von der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland. Er umfasst 288 Seiten und etwa 400 Abbildungen in Farbe und kostet vor Ort 29 Euro.

Konstruktivistische Nacktheit: Aus der "Thomas"-Serie von Robert Mapplethorpe (1987). © Robert Mapplethorpe Foundation New York.

Konstruktivistische Nacktheit: Aus der „Thomas“-Serie von Robert Mapplethorpe (1987). © Robert Mapplethorpe Foundation New York.

  • Von 29. bis 30. April beleuchtet eine internationale Fachtagung in etwa 20 Beiträgen die umfassende und bis heute andauernde Wirkung Michelangelos in den Bildkünsten. Am 20. Mai, 19 Uhr, liest Markus Lüpertz eigene Gedichte und Sonette Michelangelos. Und am 21. Mai geht es in einer Abendveranstaltung unter dem Titel „Von Michelangelo bis Lagerfeld“ darum, ob der Künstler- und Starkult ein Phänomen oder eine kalkulierte Strategie ist.
  • Die Bundeskunsthalle Bonn ist Dienstag und Mittwoch von 10 bis 21 Uhr, Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet pro Ausstellung 10, ermäßigt 6,50 Euro; die Familienkarte 16 Euro. Das Kombi-Ticket für alle Ausstellungen ist für 15 bzw. 10 Euro und für Familien für 24 Euro zu haben. Im Online-Vorverkauf (Ticket plus Fahrausweis) gelten erhöhte Preise.



Die Suchmaschine bringt es an den Tag: Durch ein paar Mausklicks kulturelle Streitfragen klären

Von Bernd Berke

Ganz entspannt im Hier und Jetzt wollen wir mal ein paar uralte Kultur-Streitfragen klären. Internet-Suchmaschinen wie etwa Google machen’s möglich. Man gibt den Namen in die Suchmaske ein, und schon weiß man, wie oft er im Netz vorkommt.

Frage eins, von ergrauten Rockfans seit Jahrzehnten diskutiert: Wer ist bedeutender, die Beatles oder die Stones? Also, bitte sehr, kein Problem, das haben wir gleich: Die „Fab Four“ sind mit imponierenden 10,1 Millionen Internet-Fundstellen verzeichnet, die Rolling Stones gerade mal mit der Hälfte: 5,12 Millionen. Und das, obwohl die englische Wort-Kombination für „rollende Steine“ auch anderweitig vorkommen könnte, so vielleicht auf alpinistischen Seiten. Egal. Die Entscheidung ist gefallen.

Zusätzliche Labsal für Beatles-Anhänger: In der Einzelwertung liegt John Lennon (2,1 Mio.) auch noch deutlich vor Mick Jagger (535 000). Yeah, yeah, yeah!

Mozart liegt nur knapp vor Beethoven

Erheblich knapper wird es schon im Bereich der klassischen Musik. Mozart ist in den Weiten und Tiefen des Netzes 6,83 Millionen Mal zu finden, Beethoven kommt auf 5,68 Millionen. Pech. Da hat ihm – bei allem Respekt – auch sein „Ta-ta-ta-taaa“ nichts genützt.

Beim Klicken wachsen (je nach Neigung) das sportliche Vergnügen oder die Lust an der Lotterie (obwohl es hier keinen Jackpot gibt). Also schnell weiter mit zwei Malern: Rembrandt (2,05 Mio.) triumphiert über Michelangelo (1,88 Mio.). Ha! Picasso haben wir übrigens bewusst ausgelassen, denn da kriegen wir alle einschlägigen Parfümsorten oder Automodelle mit auf die Rechnung.

Und wie sieht es bei den großen Dichtern aus? Nun, hier heißt der Champion zweifellos Shakespeare: Schier unglaubliche 12,6 Millionen Nennungen entfallen auf seinen wahrlich berühmten Nachnamen. Dante (5,31 Millionen) und Goethe (3,81Mio.) wirken damit verglichen wie Newcomer.

Apropos neu, und hier wird’s erstaunlich: Bei den deutschen Schauspielern ist der Jungspund Daniel Brühl (236 000) dem Haudegen Götz George (246 000) bereits ganz dicht auf den Fernsen. Wie das wohl zustande kommt? Vielleicht hat die gar nicht so unfehlbare Suchmaschine ja den Stadtnamen Brühl (bei Köln) gelegentlich mitgezählt.mitgezählt, wenn denn auch irgend ein Herr namens Daniel auf der jeweiligen Homepage erscheint.

Wenn Thomas Mann gegen Brecht antritt

Auch kulturhistorische Konfrontationen lassen sich auf diese rabiate Weise nachbereiten. Bert Brecht und Thomas Mann mochten einander bekanntlich nie leiden. Den Ziffernsieg über den Edel-Proletarier trägt nun der großbürgerliche Mann davon: 4,82 Millionen (wobei vielleicht einige Zeitgenossen denselben, wohl nicht gar so seltenen Namen tragen).

Bertolt Brecht kommt unterdessen auf schlappe 640 000. Selbst wenn man die Lesart Bert Brecht (119 000) und die (oft verwendete, aber falsche!) Schreibweise Bertold Brecht (141 000) mitzählt, reicht es hinten und vorne nicht.

Muss man wirklich eigens betonen, dass dieses Verfahren völlig kulturfern, ja geradezu barbarisch ist? Und dass die genannten Zahlen schon heute nicht mehr genau stimmen, weil das Internet sich als höchst veränderlicher „Organismus“ erweist? Muss man nicht, oder? Schließlich entscheidet in kulturellen Fragen nicht allein die „Quote“.

Aber Spaß hat’s eben doch gemacht. Und nun schauen wir uns mal eben die 12,6 Millionen Shakespeare-Fundstellen genauer an. Tschüs denn, bis in ungefähr 500 Jahren…