And the Oscar goes to… – eine ganz persönliche Favoritenschau in letzter Minute

Weil ich ja so gern in Filme einziehe (ebenso gern wie in Bücher), hätte mich diese Oscar-Saison beinahe in die Obdachlosigkeit getrieben, wären da nicht doch noch zwei Außenseiter um die Ecke gekommen. Nach einigen Wochen extreme-movie-watching wurde ich quasi last minute noch fündig. Ein Glück!

Ich werde hier nur die wichtigsten Kategorien erwähnen, der Rest kommt bei mir so unter ferner liefen. Hauptsächlich weil so zeitaufwändig.

Zwei nominierte Filme beziehungsweise Darsteller, für die mein Herz dann Sonntagnacht ein paar Schläge mehr leisten muss, sind die, die ich zuletzt gesehen hatte.

„Philomena“ nominiert für „Best Motion Picture“ und „Best Leading Actress“ – Judi Dench
Eine schöne Geschichte, ein wenig traurig, ein wenig heiter. Bewegend. Vergangenheitsbewältigung einer alten Frau, die sich auf die Suche nach Anworten macht. Trotz ausgeprägt negativer Erlebnisse im Namen der Kirche verliert sie erstaunlicherweise ihren Glauben nicht.
Von mir Oscars für „Bester Film“ und „Beste Hauptdarstellerin“.

„Blue Jasmine“ bekam zwei Nominierungen:
für „Best Actress“ und „Best Supporting Actress“
Woody Allens „Blue Jasmine“ beschreibt den neuen Lebensabschnitt von Jasmine, die inzwischen völlig verarmt ist. Nicht zuletzt, weil der Ehemann vorher seinem betrügerischen Leben ein Ende gesetzt hatte. Jasmine kriecht bei ihrer Schwester unter, die aber ihre eigenen Probleme hat. Jasmine bewegt sich rasant in einer Abwärtsspirale zwischen Traum und Wirklichkeit.
Hier bin ich hin- und hergerissen zwischen Cate Blanchett und Judi Dench. Eigentlich ist meine erste Wahl doch Cate. Noch vor Judi.
Ach, ich würd mich für beide gleich freuen.

Nun mal zu meinen Vermutungen, wie die anderen Nominierten so abschneiden werden:

Kategorie „Best Motion Picture“
„American Hustle“

Ein Schelmenstück. Wer zieht wen geschickter über den Tisch, wer fliegt auf und warum. Witzig und turbulent erzählt und gespielt. Für mich allerdings kein Oscar-Kandidat.
„Captain Philips“
Ein amerikanischer Kapitän zur See fällt vor der Küste Ostafrikas in die Hände von skrupellosen Seeräubern. Durchgehend ziemlich spannend. Schlussszene mit Hanks schon oscarwürdig, aber ein Schluss allein kann doch nicht ausschlaggebend sein.
„Dallas Buyers Club“
Das Thema Aids, mit einigem Humor und genügend ernsten Untertönen erzählt. Unterm Strich eine Bad-Boy-Geschichte, deren Held, ein Rodeo-Cowboy, kriminell wird, um anderen helfen zu können. Mit seiner Southern-Boy-Schlitzohrigkeit sich selbst natürlich auch. Und weil ihn die Politik, das System, im Stich lässt. Mit einem Oscar für „Best Motion Picture“ könnte ich leben, aber muss nicht.
„Gravitiy“
Taumeln im Weltall. Abenteuer und Nervenkitzel. Wenn man bedenkt, dass bisher alle, die ohne Kapsel auf (filmischen) Missionen im Weltraum unterwegs waren, nicht zurück kamen, dann ist das schon ganz großes Abenteuer. Ziemlich früh werden die Hauptpersonen von zwei auf eine reduziert, die dann ganz allein und lost in space im dusteren All rumschwebt. Mit 90 Minuten Spielzeit durchaus Standard, aber gefühlte drei Stunden Spannung. Trotzdem war das Ende vorhersehbar. Wer in Hollywood lässt schon eine Sandra Bullock so im All verknuspern? Aber toll fotografiert. Excellent special effects, dafür allein müsste ein Oscar drin sein (Beste Kamera). Nix von mir.
„Her“
Science Fiction. Muss man mögen. Ich bin nur in ganz besonderen Fällen dafür zu haben. Dieser hier hat mich von Anfang an nicht erreicht. Bestimmt mein Fehler. Aber ich bin hier der Verteiler von Oscars, deshalb nix von mir. Also nix für whatever.
„Nebraska“
Vater und Sohn-Geschichte mit einem Hauch Road Movie, in „back tot he roots“ schwarz/weiß. Berührend, aber auch nicht ohne Witz und Charme. Wunderbare Vorstellung vom alten Bruce Dern. Best Motion Picture hab ich da nicht unbedingt gesehen, aber originelle Story. „Best Director“ allerdings, da wär ich für.
„12 Years a Slave“
Vergangenheitsbewältigungsfilme braucht jedes Land. Und viele haben sich schon getraut. Auch Amerika hat durchaus einiges zu bewältigen in seiner 238jährigen Geschichte. Viel Böses, Ungerechtes und Unschönes ist da passiert, das ja immer noch nicht wirklich bewältigt ist. So ist das überall auf der Welt und für jeden von uns. Es gibt immer was zu bewältigen, und das kann man immer in Filmen thematisieren. Das geht witzig (Inglourious Basterds, Django Unchained) aber es geht auch staatstragend. Das meine ich nicht abwertend, aber es nimmt jeder Geschichte die Leichtigkeit. Nun ist Sklavenhandel und –haltung nichts, das mit Leichtigkeit und Tralala verkitscht werden sollte. So gesehen, hat man sich in diesem Film des Themas würdig angenommen. Gute Darsteller, gute Geschichte, sehr viel Realismus. Und Epos nicht zu vergessen. Unglaublich brutal. Hollywood schwelgt derzeit in diesem Genre. Deshalb glaube ich, dass das der Abstauber des Abends werden könnte.
„The Wolf of Wall Street“
The American Dream. Sehr schnell sehr reich werden. Im schlimmsten Fall pflastern ein paar Leichen den Weg dahin. Bildlich gesprochen. Man braucht eine Idee, einen smarten Kopf und Chutzpe. All das hat der Wolf, der sein Glück an der Wall Street, dem Geldzentrum der westlichen Welt, sucht und findet. DiCaprio kann diese schmierigen Fieslinge gut (tendiert aber bisweilen zur Bräsigkeit). Egal, wie gut die Geschichte erzählt wird, ich kann diesen Storys über Abzocker, die sich ohne jegliche Skrupel über den Rest der Gemeinschaft (der sie nicht angehören wollen und können) erheben und sie um ihre Existenz bringt, einfach nichts abgewinnen. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um wirkliche Ereignisse handelt. (Wie übrigens einige andere der Wettbewerbsfilme auch.)

Kategorie „Beste Regie“
David O. Russell „American Hustle“

Nun ja, netter Film, lustig und gut besetzt. Durchweg straff inszeniert (ein Gag jagt den nächsten). Aber Trophäen-Material? Nicht für mich..
Alexander Payne „Nebraska“
Schön erzählt, ruhig und tongue-in-cheek: Eine 800-Meilen-Reise des alten Mannes (von Billings, Monatana, nach Lincoln, Nebraska), der sein Gewinner-Los bei den Sweepstakes einlösen will. Kauzige Darsteller, (wunderbar Bruce Dern), flotte Handlung. Paynes Film „The Descendants“ hatte mich nicht so beeindruckt, aber „About Schmidt“ – unvergessen. Einen Oscar von mir für „Best Director“ – yeah!
Martin Scorcese „The Wolf of Wallstreet“
Ja, der Marty, hier war ich erst mal hin- und hergerissen. Bombast und satte Bilder. Sprachgewalt und Spielfreude. Thematisch nix für mich. Wenn sich die Motion Picture Jury auf ihn eingeschworen haben sollte, dann kriegt er ihn. Aber die können sich ja auch nicht vierteilen. Von mir nüscht.
Steve McQueen „12Years a Slave
Im Rahmen der land slide Nominierungen könnte er gute Chancen haben. Hollywood, I hear you knocking. Wird das echt der Abräumer? Schon wieder nix von mir.
Alfonso Cuarón „Gravity“
Nö. Obwohl ja toll fotografiert, tolle Technik, eindrucksvolle Bilder und all das. Aber NÖ.

Bester Hauptdarsteller
Christian Bale „American Hustle“

Siehe oben. Guter Schauspieler, durchaus. Aber nicht in diesem Film. Vielleicht wusste ich seine Leistung auch nicht richtig zu schätzen, weil ich den Film nicht so mochte? Egal. Nix (ich kann ja auch nur einen Preis pro Kategorie vergeben).
Bruce Dern „Nebraska“

Jaaa, jaaaa, jaaaaa. Bruce Baby. Herrliche Szene gegen Ende, als er am Steuer des (fast) neuen Pick-up Trucks durchs Heimatdorf schleicht und seinen Sohn anweist: „Duck dich, duck dich“. Den Oscar würd ich ihm am liebsten persönlich in die Hand drücken.
Leonardo DiCaprio „The Wolf of Wall Street“
Der hatte ein paar richtig gute Rollen in den letzten Jahren. Er verkörpert den gierigen Schmierlapp sehr lebensecht. Aber er ist mir so unsympatisch, dieser Film und seine Protagonisten. Nix von mir.
Matthew McConnaughy „Dallas Buyers Club“
Ja, damit könnt ich leben. McConaughey wird immer mehr zum Charakterdarsteller. Als Ron Woodroof, Elektriker und in seiner Freizeit Rodeo-Cowboy, der für ein paar Dollar auf wilden Stieren rumreitet, hat er mich überzeugt. Als Aidskranker auch. Er war so besessen von der Rolle, dass er 20kg Gewicht verlor, um den immer kränker werdenden Ron so realistisch wie möglich darstellen zu können. Wenn Dern den goldenen Knaben nicht bekommt, dann sollte McConnaughy ihn haben.
Chiwetel Ejiofor „12Years a Slave“
Siehe oben. Hollywood Choice. Verdient hätte er es bestimmt. Aber… aber…

Beste Hauptdarstellerin
Amy Adams „American Hustle“

Uh-uuh – no no.
Cate Blanchett „Blue Jasmine“
Die isses. Für mich jedenfalls (siehe ganz oben).
Judi Dench „Philomena“
Ja, ja, ja! Am schönsten fänd ich, wenn sie und Cate Blanchett einen bekommen könnten. Aber wenn Blanchett leer ausgeht, dann bitte, bitte Judi Dench.
Sandra Bullock „Gravity“
Die Mimik von Frau Bullock durchläuft geschätzte drei Phasen. Wenn man vergisst, dass es den schönen George (Clooney) schon ziemlich am Anfang zerdengelt, ruht die ganze schauspielerische Anforderung auf Sandra Bullock, die auch eine Art „happy end“ mimen darf. Warum sie für „Best Actress“ nominiert ist, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.
Meryl Streep „August: Osage County“
NEE! Absolut nicht. Selten hab ich Streep so schrecklich gefunden. Eigentlich noch nie. Da häng ich ganz schnell mein Mäntelchen des gnädigen Vergessens drüber.

Bester Nebendarsteller
Barkhad Abdi „Captain Philips“

Nojo! Aber nö.
Bradley Cooper „American Hustle“
Nee, auch nicht.
Michael Fassbender „12 Years a Slave“
Im Rahmen der Anhäufungen von Nomis für gefühlt alle Sparten des Films. Und Fassbender ist ja ein guter Schauspieler, verdient hätte er einen Oscar allemal. Meinetwegen gerne.
Jonah Hill „The Wolf of Wall Street“
Wär ne Möglichkeit, aber lieber Fassbender. Am liebsten aber:
Jared Letho „Dallas Buyers Club“
Gerne den. Ein Gutes Team, er und McConnaughey.

Beste Nebendarstellerin
Sally Hawkins „Blue Jasmine“

Wär eigentlich okay, jedenfalls nicht so abwegig. Sie hat mir gut gefallen als die arme Schwester von Jasmine.
Julia Roberts „August: Osage County“
Um Himmels Willen, nein. Also wirklich!!!
June Squibb „Nebraska“
Leider weiß ich schon gar nicht mehr, welche Rolle die hatte. Offenbar hat sie mich nicht beeindruckt. Vielleicht war sie großartig, ’schullijung.
Jennifer Lawrence „American Hustle“
Ja! Mit Fug und Recht.
Lupita Nyongo’o „12 Years a Slave“
Könnte so ausgehen. Angesichts der Nominierungsschwemme durchaus möglich. Am besten 99 Oscars für alle, die maßgeblich an dem Werk beteiligt waren.
Auch für die Kabelträger.

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Die Oscar-Verleihung wird heute (Nacht vom 2. auf den 3. März deutscher Zeit) ab 1.30 Uhr bis 5.50 Uhr bei Pro Sieben übertragen)




Wer steckt eigentlich hinter dem „Oscar“?

Seit ich alljährlich meine persönlichen Gedanken zu den Oscar-Nominierungen niederschreibe, frage ich mich heute mal: „Who da fuck is Oscar“, obwohl das richtig heißen müsste, „Who da fuck is…“ diese ominöse „Academy of Motion Pictures“? Wer steckt dahinter? Kennt man die Leute? Sind das hoch dekorierte Aktricen und Akteure, Regisseure, Dekorateure, Requisiteure, Komponeure, Friseure, Couturiers, Make-up-Artisten, Drehbuchschreiber, Autoren, Kameraleute, Editoren, Cutter, Kabelträger, Besetzungsbüros, und andere Filmschaffende?

Oder gar Multimillionäre, Banker, Wheeler/Dealer, Money Traders, die Mafia vielleicht (an alle strenggläubigen Frauenrechtspersonen jeglichen Geschlechts: all diese Berufe auch für –innen, versteht sich von selbst)?

Ich hatte nie drüber nachgedacht.

Seit nun aber schon wieder so ein Mogelpaket mit Namen ADAC geplatzt ist und auch seit wir ja jetzt mit Gewissheit erkennen durften, dass dieser früher von vielen belächelte „Big Brother“ unser Leben nicht nur vollelektronisch überwacht, sondern auch steuert, hab ich mal ein bisschen recherchiert. Bei Wikipedia und Co. Da weiß man ja auch nicht immer, woher die Informationen kommen, ob sie komplett sind, und ob sie stimmen. Aber ich bin gutgläubig und nehm das jetzt alles mal als ziemlich wahr hin.

Ehrenamtlich und gemeinnützig

Ich wollte also wissen, wer genau die Bestimmer von Qualität und Leistung in der Illusionsfabrik Hollywood sind.

Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) wurde 1927 als eine ehrenamtliche und gemeinnützige Organisation gegründet. Das heißt soviel wie: Die kriegen keine Knete für ihr Schaffen. Die Gründungsmitglieder kommen tatsächlich aus den von mir vermuteten Bereichen und noch ein paar mehr. Aber mafiöse Verbindungen sind nicht dokumentiert (die werden sich hüten, so was an die Öffentlichkeit dringen zu lassen). Obwohl, da ging ja mal die Frankie „Old Blue Eyes“ Sinatra-Geschichte einer Mafia-Connection durch die bunten Blätter. Alles nur Gerüchte?

Die Mitglieder also arbeiten (immer noch) ehrenamtlich. Das ist vielleicht für einige der Weltstars ein Opfer, wo ich doch immer wieder lese, dass man in den Kreisen gern schon für einen kleinen Händeschüttler bezahlt werden möchte. Aber schließlich, was zählt, ist doch zuerst die Ehre, dann das Amtliche.

Angeschwollen auf über 6000 Akademie-Mitglieder

Aus den anfänglichen 36 Mitgliedern wurden dann in 86 Jahren über 6.000, darunter manche, deren Namen nur begrenzt bekannt waren und wurden. Mitglied wird man nur auf Einladung der AMPAS. Wer über die Jahre des Filmschaffens einen oder gar mehrere Oscars einsammelt, darf fest damit rechnen, in den erlauchten Kreis eingeladen zu werden.

Damit da nun nicht alles kreuz und quer und chaotisch durcheinander läuft, gibt’s natürlich eine Organisation wie im richtigen Leben mit Präsident(in), 1. bis 3. Vize-Präsidenten, Schatzmeister, Sekretariat und CEO, dessen oder deren Aufgabe sich mir nicht ganz erschließt. Aber auch in Lala-Land ist ein Verein ohne Geschäftsleitung nichts. Auch eine Non-profit-Gesellschaft braucht eine Sekretärin, und die bekommt hoffentlich trotz aller Ehrenamtlichkeit ein Gehalt.

Titel wie Vice President und CEO machen sich immer gut auf einer Visitenkarte bei einer Party oder bei einem Telefonat, auch wenn das eine finanzielle Luftnummer ist. Da hat man halt was Eigenes, wie ein Diplom oder einen Ehrendoktor, mit dem man Eindruck schinden kann. Namentlich in Erscheinung treten diese Herrschaften äußerst selten.

Es gibt unheimlich viel zu gucken

Nun also sitzen jährlich Tausende von ebendiesen Filmschaffenden zuhause rum und gucken Filme ohne Ende. Nebenbei werden sie ja auch noch selber mal hier und da ’ne Rolle übernehmen. Je nach Autor, Story und Regisseur kann das auch ne wochen-, monate- oder jahrelange Sache werden. Ob die sich dann nach einem anstrengenden Dreh abends noch in ihre Wohnwagen schleppen, um das Material für den nächsten Preisverleih zu sichten? Das ist nicht überliefert. Aber falls sie es tun, dann gab’s für die diesjährige Veranstaltung viel, viel zu gucken, denn einige der nominierten Werke sind tatsächlich 180 Minuten lang.

That’s a lot of viewing! Und sie bekommen dafür ja höchstens diese Beutelchen mit hochwertigen Sächelchen drin, die „Goody Bags“ (und die Ehre natürlich). Da ist Kram drin, die keiner der Hollywoodies braucht, aber nett zum verschenken an Freunde, Verwandte und Fans. Oder verscherbeln sie es bei Ebay? Eine Gucci-Sonnenbrille, die Uma Thurman mal angefasst hat, das bringt bestimmt was ein.

Mein Fazit also, da sie es alle nur für Krishnas (beliebig ersetzbar durch andere Gottfiguren) Lohn tun, hoffe ich auch, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen jurieren. Ganz sicher bin ich da ja nie.
Vielleicht sagt sich da auch mal die Eine oder der Andere: „Hach nee, die/den kann ich nicht ab, keine Stimme von mir, egal wie göttlich die/der da war“. Oder solche, die grad nen brandheißen Film zu verhökern haben, antichambrieren und verführen Stimmberechtigte mit Champagner in Jacuzzis, gefüllt mit lauwarmer Eselsmilch – und reichen dazu frittierte Elefantenhoden.

In 86 Jahren präsidierten nur drei Frauen

Erstaunlich finde ich, dass in den ganzen 86 Jahren nur drei Frauen Präsidentin der Akademie waren. Die erste war Bette Davis 1941. Nach zwei Monaten schmiss sie der Academy ihr Amt vor die Füße, da war sie 33. Offizieller Grund: zu viel Filmarbeit, um diesen Job ausfüllen zu können. Hinter vorgehaltener Hand entwichen allerdings die wahren Gründe, nämlich, dass sie stinksauer war, weil sie vermutete, dass sie nur als Pappkameradin, Quotenfrau quasi, ausgewählt worden war.

Dann folgten erst mal wieder Männer, von denen nur Gregory Peck zu Weltruhm kam. Fay Kanin musste bis 1979 warten, ihre Präsidentschaft dauerte vier Jahre. Wie im wirklichen amerikanischen Leben. Über Frau Kanin, die in Hollywood und der Filmbranche weltberühmt war, habe ich nicht viel erfahren können. Sie war nur einmal, mit Herrn Kanin, verheiratet und wurde 96 Jahre alt. Sie starb voriges Jahr.

Nun folgen ganz viele Männer, der bekannteste war Karl Malden. Erst voriges Jahr im Juli übernahm dann Cheryl Boone Isaacs. Sie ist African American und war bisher im Film-Marketing tätig. Sie hat die Marketing Kampagnen für „Forrest Gump“ geleitet, der ja dann einen Oscar für „Best Picture“ gewann. Wenn das keine Empfehlung für die Präsidentschaft ist! Wir werden sie dieses Jahr zur Eröffnung der Feierlichkeiten kennenlernen.

Auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, dass AMPAS eigentlich nur um sich selbst rotiert, stimmt das nicht. Sie unterstützen und fördern verschiedene Akademien rund um das Filmgeschäft. Sie vergeben Stipendien und gut dotierte Preise an Studenten und Schulen. Woher diese finanziellen Mittel kommen, konnte ich noch nicht rausfinden, wo doch alle Mitglieder ehrenamtlich arbeiten. Vielleicht fließt da Geld von den oben erwähnten Gönnern, Million-Dollar-Unternehmen und anderen Mäzenen.

Ein wenig eigener Senf muss sein

Noch in diesem Monat und vor der Übertragung der Oscar-Zeremonie (2. März) werde ich mich hier über einige Filme fürs diesjährige Event auslassen. Wie immer eine total subjektive Beurteilung, und ich ahne jetzt schon, dass Aufschreie durch die Reihen meiner Leser gehen werden.

Fünfeinhalb der neun nominierten Filme hab ich schon gesehen (manche davon durchlitten, besonders den halben). Da es meistens sehr lange Filme sind, muss ich sehen, dass ich mich kurz genug fasse, um alle wenigstens andeutungsweise zu würdigen. Und das dauert ja auch. Also, gedulden wir uns.

Leider bin ich ja nicht Mitglied in dieser ehrenwerten Organisation (das wär mein Traumjob, würd‘ ich glatt ohne Lohn, nur gegen Kost und Logis, machen), deshalb kann ich jetzt schon und ohne zweckorientierte Begleiterscheinungen meinen (bis jetzt) Lieblingsfilm für dieses Jahr nennen, der zwar nicht nominiert ist, dafür aber die leading (Cate Blanchett) und die supporting (Sally Hawkins) Lady: „Blue Jasmine“ von Woody Allen.

Noch diese Woche fange ich an, meinen Senf über diesen oder jenen nominierten Film zu breiten. Bis dahin: Hasta la vista, Baby.




Zeitgeist-Zeugen: Warum „Zero Dark Thirty“ beim Oscar nur einen Trostpreis erhalten hat

Populäres Kino ist, wenn es gut gemacht ist, stets ein Seismograph für den Zeitgeist. Mit manchmal erschreckend ausschlagenden Zacken wie „Zero Dark Thirty“ der Amerikanerin Kathryn Bigelow. Dass dieser Film über die Jagd auf Osama Bin Laden keinen der Oscar-Blumentöpfe gewinnen würde, war von vornherein klar: Er ist heiß umstritten, einige Republikaner im US-Kongress verlangten sogar eine Untersuchung.

Das Schockierende an dem Thriller ist aber nicht, dass er (angeblich) geheime politisch Informationen verwendet, sondern dass er kompromisslos die dunkle Seite entfesselter Brutalität unserer Zivilisation zeigt: In „Zero Dark Thirty“ taugt jedes Mittel, um ans Ziel zu kommen. Und der Film verschwendet weder in seinem Plot noch in seinen Personen auch nur einen Gedanken an eine Kritik dieses brutalen Utilitarismus. Erlaubt ist, was nützt.

Dunkelzone der Gesellschaft

Dass Kathryn Bigelow mit diesem erbarmungslosen Blick auf die ethikfreie Dunkelzone unserer moralisierenden Gesellschaften schon in der Vorauswahl nicht landen konnte, hat wohl wenig mit der Qualität ihrer Arbeit zu tun. „Zero Dark Thirty“ hat lediglich einen – wie es ein Magazin heute nennt – „Trostpreis“ erhalten: Paul N.J. Ottosson muss sich einen Oscar für den Tonschnitt  mit Per Hallberg und Karen Baker Landers für „Skyfall“ teilen. Auch die viel gerühmte und bereits mit dem „Golden Globe 2013“ und dem „Broadcast Film Critics Association Award“ ausgezeichnete Hauptdarstellerin Jessica Chastain ging leer aus: Ihr wurde die 22jährige Jennifer Lawrence („Silver Linings“) vorgezogen.

Bigelow hat sich mit ihrem schonungslosen Streifen zwischen alle Stühle gesetzt: Den Linken gilt er als Verherrlichung von Folter, die Rechten witterten gleich Verrat und Beweihräucherung Obamas, nur weil der am TV im Film irgendwelche geänderten Zeiten ankündigt. Das beziehen die CIA-Folterer auf sich und raten sich gegenseitig zur Vorsicht. Ihre Methoden könnten auf einmal political incorrect werden. Doch der Film bringt nichts, was sich nicht aus Medienberichten rund um Guantanamo und Abu Ghreib erschließen und mit ein wenig Fantasie fürs Perverse ergänzen ließe.

Die Szenen sprechen für sich

Aber ist „Zero Dark Thirty“ eine „Verherrlichung“ der Folter? Muss ein menschlich zutiefst abschreckendes Verhalten in einem Film noch durch beschwichtigende oder kritische Kommentare bewertet werden, um in eine moralisch einwandfreie Position eingeordnet zu werden? Das ist zumindest im Falle von Bigelows Film nicht nötig. Die Szenen sprechen für sich: Wenn dem hilflos an Kabeln hängenden Häftling Ammar zu Beginn die verschissenen Hosen heruntergerissen werden, damit vor den Augen der Agentin Maya – das ist Jessica Chastain – sein „Gehänge“ bloßliegt, dann spricht diese entwürdigende Szene eine deutliche Sprache, die auch ohne Kommentar abschreckend genug ist.

Brutale Szenen gehören heute zum Filmgeschäft, und in vielen B-Movies wird Ekelhafteres gezeigt als in „Zero Dark Thirty“. Was das Verstörende ist: Bigelow lässt die Täter keine Sekunde an ihrem Handeln zweifeln. Sie gehören nicht einmal so sehr zum Typ der „aufrechten“ Patrioten, die für ihre Nation alles, aber auch alles erledigen würden. Sie sind vielmehr perfekte Angestellte, völlig reibungsfrei funktionierende Rädchen des furchtbaren Getriebes, die sich höchstens mal interne Karrierekämpfe liefern oder bei der erfolgsarmen Fahndung nach Al-Qaida-Tätern ihr Gesicht nicht verlieren wollen.

Das Grauen beschleicht den Zuschauer, wenn er diese Menschen verfolgt: Ihre zwangshafte Fixierung auf den Erfolg, ihr eiskalter Umgang mit ihren Mitmenschen, ihre private und emotionale Verelendung. Wenn Maya endlich Osama erwischt hat und im Flugzeug ganz alleine nach Hause reist, laufen ihr Tränen über das Gesicht. Es sind nicht einmal Tränen, die vom Abfallen der jahrelangen Anspannung zeugen. Maya vergießt sie, weil ihr das einzige und ausschließliche Lebensziel, das sie über Jahre beherrscht hat, nun genommen ist. Eindrücklicher lässt sich die Enthumanisierung dieser Anti-Terror-Roboter nicht einfangen als in dieser simplen Abschluss-Sequenz.

Entlarvung der „erweiterten Verhörmethoden“

Der Film tritt nicht – wie unterstellt – für die „erweiterten Verhörmethoden“ ein, die er zeigt. Sondern er entlarvt ihre ganze Sinnlosigkeit und Inhumanität, indem er sie lapidar und unverbrämt darstellt. Damit tritt er nicht für die Rechtfertigung der Täter oder für das fragwürdige Ethos der Bush-Regierung und ihrer Apologeten ein, wie die Historikerin Karen Greenberg behauptet. „Zero Dark Thirty“ ist eine Studie darüber, wie der totale Kampf gegen den Terror seine Protagonisten entmenschlicht. Und er wirft ein unverbrämt grelles Licht auf die Nischen unserer Gesellschaften, in denen das Abgründige gedeiht und sich mit dem Mäntelchen einer Legitimität umgeben kann, die von den Tätern bürokratisch korrekt verwaltet wird und daher in ihren Augen als gerechtfertigt gilt. Und er stützt damit eine ethische Position, die – trotz aller bekannten Problematik – der Folter Null Toleranz entgegenbringt.

Dass der Oscar-Segen des besten Films stattdessen an „Argo“ ging, spricht eine deutliche Sprache: Ben Affleck mag seinen Thriller fulminant inszeniert haben, die politische Botschaft bleibt im Rahmen: Amerikaner werden vor Islamisten gerettet und eine auch nur indirekte Kritik an herrschenden Konstellationen ist nicht ersichtlich. Auch ein Zeitgeist-Zeugnis.




Der Weg zu den Oscars – eine ganz subjektive Betrachtung

Januar und Februar, aus mehrerlei Gründen nicht meine beliebtesten Monate, bescheren mir alljährlich zwei Höhepunkte: die „Golden Globes“ und die „Oscars“. Ich versuche ja immer, mich so gut wie möglich vorzubereiten und die wichtigsten Filme alle vorher zu sehen. Manchmal klappt das mit der Hilfe meines Freundes, der in Hollywood lebt und „in da bizzness“ ist. Meine Einladung hab ich auch schon, aber ich bin noch nicht ganz sicher, ob ich hinfliege.

Beim Filmschauen konzentriere ich mich nur auf sechs Kategorien, in denen einige Filme günstiger Weise mehrfach auftauchen.
Von den neun „Best Picture“-Nominierungen habe ich sieben gesehen. Gute Basis. Einen von den neun, „War Horse“, will ich nicht sehen. Absolut nicht mein Thema. Möglicherweise ist der fantastisch und künstlerisch und überhaupt, aber… nein.
Bis vor Kurzem hatte „Midnight in Paris“ auf meiner persönlichen Richterskala noch einen eindeutigen Vorsprung vor „The Help“, aber seit ich „The Artist“ gesehen habe, sind „Midnight…“ und „Help…“ eine Leitersprosse tiefer gerutscht.
Über „The Artist“ habe ich schon ausgiebig enthusiasmiert, und meine Rangfolge steht unumstößlich fest. Und wenn der alle 10 Oscars bekommt, für die er nominiert ist, dann ist es mir auch sehr recht.
„Hugo“ war so eine Mischung aus Fantasy und Puppentheater. Ich weiß nicht genau, was diesen Film so außergewöhnlich machen soll. Vielleicht, dass er starke autobiografische Züge des Regisseurs, Martin Scorsese, trägt? Das ist mir bisher immer ziemlich egal gewesen, ob etwas wirklich passiert oder nur erfunden war. Wenn eine Geschichte gut erzählt und gut umgesetzt wurde, kann sie meinetwegen auch von einem kleinen grünen Männchen mit Migrationshintergrund stammen.

„The Descendants“ ist auch so eine Geschichte mit viel Gummigehalt. Ausgeleiert. Interessant war die Konstellation um das Thema „Stecker ziehen“, das war auch der stärkste Moment des Films. Ist eine Szene Grund genug, um einen Film in die Reihe der besten neun zu hieven? Und vorhersehbar war er auch. Manchmal ist „vorhersehbar“ schön, weil es mit Vorfreude verbunden ist, aber manchmal bedeutet es nur „Langweile“.
„Moneyball“ : hier fehlte mir das Durchhaltevermögen und der Durchblick. Baseball ist nicht mein Gemüse. Ich bin froh, dass ich weiß, wie Football funktioniert. Soweit ich dem Handlungsstrang folgen konnte, ging es darum, mi geringen Mitteln eine Baseball Mannschaft zusammenzustellen. Und das hauptsächlich auf der Basis von elektronisch dargestellten Statistiken. Dieser Schalter in meinem Hirn wurde nie umgelegt, und Zahlenwerke sind so ziemlich das einzige Gebiet, dem ich mich starrsinnig verweigere. Aus diesem Grund war der Film für mich schlicht langweilig.
„Tree of Life“ mochte ich. Darüber hab ich hier berichtet. Auch wenn ich meine, dass er in den Kreis der besten neun (warum eigentlich nicht 10?) des Jahres 2011 gehört, dann doch erst auf Platz vier. Einem guten Platz vier.
„War Horse“ siehe oben.

Irgendwann werden die Filme auch lexikalisch. (Foto: Bernd Berke)

Irgendwann werden die Filme auch lexikalisch. (Foto: Bernd Berke)

In der Kategorie „Best Actor“ kenne ich nur Demian Bichir und seinen Film „A better Life“ noch nicht.
Brad Pitt (Moneyball) war in „The Tree of Life“ besser, allerdings legt er so langsam das „hübscher Bubi“-Image ab, und den reiferen Pitt weiß ich eher zu schätzen. Das geht mir mit Leo di Caprio ebenso.
Gary Oldman (Tinker Tailor Soldier Spy) hervorragend, ebenso wie John Hurt. Den hätte ich auch gern auf der Liste gesehen. Der Film allerdings hat mich nicht mitgerissen.
George Clooney (The Descendants), wer weiß, vielleicht wird aus ihm noch mal ein richtiger Charakterdarsteller. Auch einer, der mit zunehmendem Alter besser wird. Goes to show you: a pretty face isn’t everything.
Jean Dujardin (The Artist). Muss ich dazu überhaupt noch etwas sagen? Er ist zwar fast einen Tacken zu schön, aber idealissimo für diese Rolle. And the Oscar goes to….

Jetzt zu „Best Actress“.
Hier sieht es bisher noch mau aus. Nur drei von fünf Filmen hab ich gesehen. Da werde ich aber noch meinen Senf zu nachreichen – und vielleicht meine Meinung noch ändern.
Viola Davis (The Help) ist eindeutig besser als Rooney Mara (The Girl with the Dragon Tattoo), die zwar auch nicht schlecht ist, aber in meinem Hirn geistert noch die hervorragende Noomi Rapace aus der vierteiligen schwedischen Version herum, und zwar so sehr, dass Rooney Mara es schwer haben wird bei mir.
Glenn Close (Albert Nobbs), darf man die schon „große alte Dame“ nennen (obwohl sie erst 65 ist, und die großen alten Damen des Films immer etwas betagter sind)? Sie hat schon fünf Oscar-Nominierungen auf ihrem Zettel, und ich wünsche ihr, dass sie endlich mal gewinnt, bevor man wieder zum Todes-Oscar „Life Time Award“ greifen muss. Hier spielt die Dame einen Mann. Sowas ist nicht neu. Es ist allerdings nicht eine dieser fröhlichen Verwechslungsgeschichten, sondern die traurige Geschichte einer Frau, die ihr Leben als Mann lebt, weil die damalige Gesellschaft verbot, sich ihren Traum von einem kleinen Tabakladen zu erfüllen. Ihr Gesicht gibt den unscheinbaren Butler durchaus her. Der Film ist etwas blass, spielt in einem alteingesessenen Hotel in Dublin, in englisch-matten Tönen. Farbe und Sprache. Nominiert ist er für nichts.
Close hat allerdings schon drei Tonys, drei Emmys, zwei Golden Globes und einen SAG Award, also ist sie ja nicht gänzlich leer ausgegangen in ihrer Karriere.

Best Supporting Actor.
Christopher Plummer (Beginners) bekommt von mir ein dreifaches JA mit Sternchen.
Jonah Hill (Moneyball) rollt eher bergab.
Die anderen drei Filme: „Warrior“, Extremely Loud & Incredibly close“ und „My Week with Marilyn“ habe ich noch nicht gesehen. Vielleicht ändert sich noch was in meiner Bewertung, aber möglicherweise auch nicht.

Best Supporting Actress.
Bérénice Bejo (The Artist), ja, sehr gerne.
Janet McTeer (Albert Nobbs), nun ja, auch eine Frau, die einen Mann spielt. Hauptsächlich eine Leistung der Maske. Nicht schlecht gespielt, aber Oscar hätt ich jetzt nicht spontan gerufen.
Jessica Chastain (The Help), ja, gerne. Hier bin ich noch unentschlossen, ob ich für Chastain nicht doch etwas gerner votiere. Schwierig. Bejo war großartig. Aber Chastain auch. Auf jeden Fall werde ich zufrieden sein mit der einen oder der anderen. Vermutlich stehen die Sterne für Bejo besser.
Melissa McCarthy (Bridesmaids). Oscar? Warum? Nominierung? Doppelwarum.
Octavia Spencer (The Help). Die Nominierung geht für mich in Ordnung, aber gegen Bejo und Chastain sind die Chancen gering. Allerdings ist Chastain bei den Globes auch leer ausgegangen.

Best Director
Hier fällt mir die Wahl leicht. Ich kenne alle fünf nominierten Filme:
Woody Allen „Midnight in Paris“
Terence Malick „The Tree of Life“
Michel Hazanavicius „The Artist“
Alexander Payne „The Descendants“
Martin Scorsese „Hugo“.
Nun ratet mal!
Ich melde mich wieder, wenn ich die anderen Filme auch gesehen habe. Oder am 26. Februar bei den „Oscars“. See ya.