Rundschauhaus und Krügerhaus – zwei Dortmunder Gebäude gaukeln Tradition vor

Das Dortmunder Rundschauhaus, in dem sich keine Rundschau mehr befindet. (Foto: Bernd Berke)

Sterile Anmutung: das Dortmunder Rundschauhaus, in dem sich keine Westfälische Rundschau mehr befindet… (Foto: Bernd Berke)

Dies fiel mir kürzlich bei einem Gang durch die Dortmunder Innenstadt auf:

Es gibt seit Anfang 2013 keine Westfälische Rundschau mehr, jedenfalls keine mehr mit eigener Redaktion. Es gibt auch keine Buchhandlung Krüger mehr. Es gibt aber immer noch ein Rundschauhaus (am Brüderweg) – und es gibt ein Krügerhaus (am Westenhellweg). So ganz kommen die Nachfolger ohne die lokalen Traditionen doch nicht aus. Einstweilen.

Während der Schriftzug des Krügerhauses noch einigermaßen authentisch anmutet, ist derjenige des Rundschauhauses nur noch eine vage Reminiszenz ans Original. Er wirkt steril und blutleer.

Diverse Branchen haben sich in den beiden anderweitig angestammten Bauten niedergelassen – von Anwaltskanzleien bis zum Modehändler. Im Sinne einer Wiedererkennbarkeit haben sie sich jedoch kollektiv für die althergebrachten Namen entschieden. Sie segeln also sozusagen unter fremder, wenn nicht gar unter falscher Flagge. Nun gut, von Markenpiraterie wollen wir lieber nicht reden, sonst wird’s am Ende noch justiziabel… Dass hier etwas vorgegaukelt wird, lässt sich freilich behaupten.

Übrigens hingen die Buchhandlung Krüger und die Westfälische Rundschau historisch zusammen, es gab zumindest einige Berührungspunkte. Aber das ist eine andere Geschichte, die hier nicht erzählt werden soll.

Das Dortmunder Krügerhaus, in dem sich keine Buchhandlung Krüger mehr befindet. (Foto: Bernd Berke)

…und das Dortmunder Krügerhaus mitsamt Passage, in der sich keine Buchhandlung Krüger mehr befindet. (Foto: Bernd Berke)




Heute vor fünf Jahren: das Ende der „Rundschau“

Das frühere "Rundschauhaus" wird zur Zeit umgebaut. (Foto: Bernd Berke)

Das frühere „Rundschauhaus“ wird zur Zeit umgebaut. (Foto: Bernd Berke)

Keine Angst, dies wird kein langer Text. Nicht mehr. Heute vor genau fünf Jahren wurde die gesamte Redaktion der Westfälischen Rundschau (WR) durch die Führung der WAZ-Gruppe (heute: Funke Gruppe) mit einem Federstrich entlassen. Damit endete praktisch die Geschichte der Zeitung, die nur noch als fremdbefülltes Phantomprodukt erscheint.

Wie man dem beigegebenen Foto entnehmen kann, wird derzeit das Gebäude der einstigen Zentralredaktion, das frühere „Rundschauhaus“ am Dortmunder Brüderweg 9, für andere Zwecke umgebaut – mutmaßlich für die üblichen Arztpraxen, Anwaltskanzleien und dergleichen. Wenn man dies sieht, spürt man immer noch einen gewissen Phantomschmerz, sofern einem die traditionsreiche Zeitung etwas bedeutet hat.

Schräg gegenüber hat sich am Brüderweg die Dortmunder SPD niedergelassen. Bemerkenswerter Zufall: Just heute Abend will Parteichef Martin Schulz nach Dortmund kommen, um im immer noch bundesweit bedeutsamen Unterbezirk für die GroKo zu werben. Vielleicht sollte er zwischendurch eine klitzekleine Gedenkminute für die Rundschau und alle seinerzeit (und teilweise bis heute) betroffenen WR-Kolleg(inn)en einlegen? Schließlich war die SPD-Medienholding Mitbesitzerin des Blattes; wenn auch mit einer Minderheitsbeteiligung.

Doch Schulz hat bestimmt Wichtigeres zu tun.

 




„Strukturwandel auch für die Kultur nutzen“ – Dortmunds Schauspielchef Guido Huonder im Rundschauhaus

Dortmunds Schauspielchef Guido Huonder (4. von links) im Kreise von Rundschau-Redakteuren. (WR-Bild: Franz Luthe)

Eigener Bericht

Dortmund. (bke) Der Strukturwandel im Revier habe auch ein Bewußtsein für die Wichtigkeit von Kultur geweckt: „Dieses neuerwachte Bewußtsein müssen wir nutzen, um den Politikern klarzumachen, daß Kultur kein freiwilliger Geschenkartikel, sondern eine Pflichtaufgabe ist.“ Das sagte Dortmunds Schauspielchef Guido Huonder bei einem Redaktionsbesuch im Dortmunder Rundschauhaus.

Huonder, dessen Ensemble bundesweit gefragt ist und bei mehreren renommierten Festivals die Stadt repräsentiert (heute, Samstag, 20 Uhr, gibt’s im Dritten TV-Programm die Dortmunder Fassung von Taboris „Mein Kampf“ beim NRW-Theatertreffen), erklärte sich im Kampf gegen Etatkürzungen „total solidarisch mit den anderen Revier-Theatern“, denn „im Ruhrgebiet gibt es kein einziges Theater zuviel“. Der gebürtige Schweizer ist da fürs: „Kantönlidenken“: „In der Schweiz ist jede Stadt stolz, daß sie alles hat.“

Früher 45 Ensemblemitglieder, heute nur noch 25

In Dortmund, so Huonder, habe man zuerst die bittere Erfahrung gemacht, die nun z. B. auf Essen zukomme. Die in Dortmund vor Jahren veranlaßten Einschnitte „werden jetzt erst eigentlich spürbar“. 1975 habe das DO-Ensemble noch aus rund 45 Schauspielern bestanden, heute seien es 25. Folge: So gerne man auf Festivals für die Stadt werbe, so schmerzlich sei es, daß man an den betreffenden Tagen daheim nicht mehr spielen könne. Die Personaldecke sei einfach zu kurz. Huonder: „Ich kann meine Leute nicht auswringen.“ Ohnehin müsse man „am Rande der Ausbeutung“ arbeiten: „Unsere Erfolge sind ein Ding von Arbeit und Maloche“.

Die oft als Spar-Chance erwogenen Kooperationen mit anderen Bühnen brächten erfahrungsgemäß gar keine Einsparungen, sondern sogar Mehraufwand. Eine zentralisierte Werkstatt für mehrere Revier-Theater könne hingegen sinnvoll sein. Weitere Konsequenz der Festival-Verpflichtungen sei ein höherer Erwartungsdruck. Es sei aber eine Qualitätsgrenze erreicht, die mit den jetzigen Mitteln nicht überschritten werden könnc.

Gerne mal einen Widerhall aus Politikermund hören

Der gute überregionale Ruf ist hochwillkommen, aber: „Ich bleibe gern auf dem Teppich“. Allerdings, so Huonder, würde er gerne öfter mal einen Widerhall der Erfolge aus Politikermund hören. „Das würde etwas in der Öffentlichkeit bewirken“. Viele Politiker hätten aber immer noch nicht gemerkt, daß „Kultur eine feste Größe ist, die man eigentlich gar nicht anrühren darf.“

Man müsse eben endlich weg von der Diskussion, ob Kultur nötig sei, und lieber darüber reden, welche Kultur man wolle. Denn: „Kultur ist der Humus einer Stadt“. In einer der reichsten Nationen der Welt müsse doch einfach das Geld dafür vorhanden sein. Vorsicht sei jedenfalls beim Anzapfen mäzenatischer Geldquellen geboten. Im Erfolgsfall könnten Politiker versucht sein, die Kulturschaffenden vollends auf private Geldgeber zu verweisen.

Theatermann vermißt ein übergreifendes Konzept

Huonders rhetorische, bislang noch zu verneinende Frage: „Gab’s einmal ein kulturpolitisches Konzept in Dortmund?“ Der Theatermann träumt jedenfalls von einem solchen Konzept, das – gleichsam eine große Inszenierung auf der „Bühne Stadt“ – die gesamte örtliche Kultur einbezieht und bündelt, aber dennoch das Einzelne, Individuelle „zum Blühen bringt“.

Auch zum Bochumer Musical-Unternehmen „Starlight Express“ äußerte sich Huonder. Er glaubt – „wenn wir gutes Theater machen“ – nicht an Besucherschwund in Dortmund, fürchtet aber eine „Amerikanisierung“, die als Vorbild in Politiker-Köpfen spuken könnte. „Starlight“ das sei bloße Importware ohne rechte Ecken und Kanten – „und ohne Revier-Power“.