Familienfreuden I: Schwangerschaft ist kein Ponyhof!

Manchmal wundere ich mich sehr über die Welt. Und über die Menschen. Und über ihre Planungswut. Vielleicht wundern sich andere Menschen wiederum darüber, dass letzteres so wenig bei mir ausgeprägt ist – vor allem in den letzten Monaten. Sicher, eine Schwangerschaft ist natürlich auch eine besondere Zeit. Und als ich die Bestätigung hatte, ein Kind zu bekommen, habe ich mich tierisch gefreut.

Es gibt aber Frauen, die es nicht bei dieser Freude belassen – sondern sofort Taten folgen lassen. Möglich, dass sie, kaum dass sich der Teststreifen in der erwünschten Weise gefärbt hat, zum Telefon greifen, noch kurz die Liebsten informieren – und dann gnadenlos loslegen: Hebamme, Krankenhaus, Schwangerschaftsgymnastik…

Schwangerschaft ist kein Ponyhof!

Vielleicht bin ich ja auch ein bisschen neidisch. Denn immer, wenn mir in den letzten Monaten einfiel, mich um eines dieser Dinge zu kümmern, war die Hebamme schon mit zu vielen Geburten versorgt, der Gymnastikkurs ausgebucht oder die Wahl des Krankenhauses so schwierig, dass es schon drohte, knapp zu werden mit der Zeit. „Sie sind aber spät dran“ war der Spruch, der mich wie ein Mantra verfolgte. Yoga drei Monate vor der Geburt? „Sie sind aber spät dran!“ „Hypnose gegen die Geburtsangst? „Wir können ihnen im September einen Platz anbieten.“ Uff.

Sogar der simple Kauf eines Kinderwagens spielte sich jenseits der sonst üblichen Gesetze der freien Marktwirtschaft ab. Freunde hatten mich schon gewarnt, dass man so einen Babyporsche nicht mal eben kaufen kann, sondern Wartezeiten einkalkulieren muss. Aber als wir zehn Wochen vor dem Geburtstermin in einem Babyladen aufkreuzten und auch die Verkäuferin wieder sagte „Sie sind aber spät dran“, wähnte ich die ehemalige DDR mitsamt ihrer Trabi-Bestellpolitik wieder instanziert. Hatten wir doch die Leichtsinnigkeit an den Tag gelegt, die Betriebsferien der einschlägigen Marken außer Acht zu lassen, die eine Lieferung mal eben auf 16 bis 18 Wochen hochkatapultierte – wenn man den Service eines Ladens vor Ort wünscht.

Die Lösung für all das? Ich habe Schwangerschafts-Yoga zu Hause mit einer DVD absolviert, mir durch Lektüre einigermaßen die Angst genommen und einen Wagen aus dem Vorrat im Laden erstanden. Und unsere Tochter hat es auch so auf die Welt geschafft – ganz ohne spät dran zu sein.




Bilder einer Schwangerschaft – Großformatige Serie von Norbert Tadeusz in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Manchmal ist es schon erstaunlich, wie Künstler über ihre Arbeit sprechen: „Das Malen finde ich nicht so wichtig. Dieses ganze Hin- und Herschieben von Farbe interessiert mich nicht. Ich bin kein ,Malschwein‘. Mir geht es um Bilder.“ Wie meint Norbert Tadeusz das bloß?

Nun, am liebsten umginge er den Prozeß der Herstellung, weil der vielleicht schrundige Spuren auf der Bildfläche hinterläßt. Statt dessen möchte er Werke schaffen, die wirken „wie aus einem Guß, aber noch nicht erkaltet“; als seien sie nicht mühsam geschaffen, sondern gleich fertig vorhanden. Dabei tüftelt er doch an einem Bild oft mehrere Monate lang.

20 großformatige Gemälde des gebürtigen Dortmunders (Jahrgang 1940), der das Handwerk zunächst in seiner Heimatstadt bei Gustav Deppe und dann in Düsseldorf bei Joseph Beuys erlernte, sind jetzt in Wuppertal zu sehen. Die Bilder der 1994 entstandenen Serie behandeln dasselbe Thema und zeigen dasselbe Modell: eine italienische Tänzerin und Choreographin namens Olimpia, die auch während ihrer Schwangerschaft offenkundig voller Bewegungsdrang steckte und fast wie ein Schmetterling durch Tadeusz‘ Atelier geflattert sein muß.

Kopfstand neben dem Konzertflügel

Die werdende Mutter posierte stets nackt, in immer neu schattierten Ansichten, oft wie schwerelos schwebend auf die Rundungen eines Konzertflügels hingegossen, sich bei subtil wechselnden Lichtverhältnissen im Atelier aalend. Einmal verharrte sie gar im Kopfstand, der aus der gleichen bizarren Vogelperspektive beäugt wird, wie das anschließende Abrollen des Körpers. Es mag Menschen geben, die so etwas anstößig finden.

Doch der Leib der Schwangeren ist künstlerisch überhöht, er wirkt wie eine immer wieder von anderen Seiten beleuchtete Skulptur. Vor allem aber kommt in der selbstbewußten Körperlichkeit eine Freude der Frau am entstehenden Leben zum Ausdruck, die jede Prüderie zum Verstummen bringen müßte. Die frohe Erwartung übertrug sich als seelischer und schöpferischer Impuls auch auf Tadeusz. Gern hätte er sein Motiv noch länger behalten, aber: „Sie war eben nur neun Monate schwanger.“ So setzt die Natur auch der Kunst ihre Grenzen.

Norbert Tadeusz: „Olimpia“. Von der Heydt-Museum, Wuppertal (Elberfeld), Turmhof 8. Bis 14. Juli, Di-So 1017,Do 10-21 Uhr. Katalog 25 DM.