Familienfreuden II: Zur Selbstfürsorge ins Schwimmbad – oder doch nicht?

Wasserglas

Die Welt im Wasser(glas). Foto: Nadine Albach

Ob ein schlechtes Gewissen dann und wann wohl dazugehört zum Elternsein? Täglich genehmigen sich bohrende Fragen eine lustige Karussellfahrt durch mein Gedankenzentrum und die übergewichtigste von ihnen ist die nach dem „Genug oder zu wenig?“ Zumal bei all der Zuneigung dem Nachwuchs gegenüber auch ab und zu mal ein wenig Selbstfürsorge wichtig ist.

Also: Ich wollte schwimmen. Mit jeder Faser meines Seins stellte ich mir den Sprung ins kühle Nass vor. Und meine Schwiegermutter war gern bereit, mir dieses Rendezvous durch einen Spaziergang mit unserer Tochter zu ermöglichen. „Nimm doch mein Fahrrad“ war ihr zwitschernder, wie sich herausstellte verhängnisvoller Vorschlag.

Ein Rad mit Rücktritt war ich spätestens seit meinem zwölften Lebensjahr nicht mehr gefahren. Als ich vor dem Schwimmbad ankam und nur noch in Pudding trat, glaubte ich an einen Bedienungsfehler. Stattdessen hatte sich die Kette verabschiedet. Zwei patente Fensterputzer eilten zur Hilfe – und scheiterten nach einer Viertelstunde mit schmierigen Fingern und traurigen Blicken. Als ich schließlich zwischen den Werkzeugen der Radstation am Hauptbahnhof stand und der Werkstattleiter von einem wieder neu aufzuhängenden Hinterrad erzählte, wusste ich, dass sich die ölverschmierte Kette eifersüchtig zwischen das Wasser und mich geschoben hatte. Ich seufzte innerlich ein leises Ade.

Abends allerdings bekam ich eine zweite Chance. Mein Mann passte auf, ich brauste – diesmal mit meinem Rad – zum Schwimmbad, voll sprudelnder Gedanken, mit schnellem Trittt

– bis ich ein kleines Schild am Eingang im Wind flattern sah. „Das Schwimmbad ist aus technischen Gründen geschlossen.“

Ach! Duschen, dachte ich, duschen ist ja fast wie schwimmen…




Oberhausen: Schwimmbad soll Kulturzentrum mit Theater und Kino werden – Privater Verein treibt einmaliges Projekt voran

Von Bernd Berke

Oberhausen. Fast 400 Zuschauer sitzen im Schwimmbecken und schauen gespannt aufwärts. Droben, im Bereich der Startblöcke, wird nämlich Theater gespielt.

So oder ähnlich könnte es bald aussehen, wenn es nach einem privaten Verein geht, der in Oberhausen etwas Einmaliges vorantreiben will: Das stillgelegte Ebertbad (Baujahr 1896) soll zum Kulturpalast mit festen Spielstätten furs Theater (TIP) und Stadtkino sowie Zentrum für zahlreiche weitere Aktivitäten werden.

Die Kultur soll also keinesfalls „baden gehen“ – im Gegenteil. Und: Das Riesenprojekt soll die finanzschwache Stadt keinen Pfennig kosten. Durch Teilverkauf des Grundstücks bei Erhalt des Schwimmbads käme die Kommune gar zu Geld.

Der Verein, erst im Dezember ’85 gegründet, hat bereits ein vorläufiges Nutzungskonzept entworfen. Man will unbedingt verhindern, daß kommerzielle Interessenten das Schwimmbad erwerben und dann eventuell sogar abreißen. Beim „Verein Ebertbad e. V.“ rechnet man sich gute Chancen aus, sitzen doch (u. a. neben renommierten Architekten) Angehörige aller Ratsfraktionen (SPD, CDU, „Bunte Liste“) in seinen Reihen. Vereinsvorsitzender Michael Groschek, Mitglied der SPD-Ratsfraktion, nennt drei Möglichkeiten:

• Die optimale Lösung würde voraussetzen, daß für den theatertauglichen Umbau des Schwimmbades Mittel aus dem NRW-Städtebauministerium (Minister: Christoph Zöpel) fließen. Mindestbedarf: 120 000 DM. In der Tat existiert ein 40-Millionen-Topf „für beispielhafte Umnutzungen“ im Kultur- und Freizeitbereich. Heute sollen erste Vorgespräche mit einem Zöpel-Referenten beginnen.

• Die Normal-Lösung sieht vor, daß sich das TIP (Theater im Pott) mit seinem eigenen Etat sowie der Gastronomie- und Saunabereich mit ihren Erlösen jeweils selbst „tragen“, so daß auch keine Folgekosten auf die Stadt zukämen. Neueste Variante: Eine große Mülheimer Tanzschule bekundet ernsthaftes Interesse, einen Trakt zu kaufen.

• Bei einer „Notlösung“ (an eine „Null-Lösung“ mag man gar nicht denken) würde man zähneknirschend mit kommerziellen Nutzern kooperieren müssen.

Bis zum 15. Februar will jedenfalls der Verein der Oberhausener Stadtverwaltung ein ausgefeiltes Konzept samt Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen. Vorüberlegun— gen lassen ein wahrhaft buntes Treiben erwarten. Prof. Roland Günther („Bunte-Liste“) vom Vereinsvorstand glaubt, daß man zahlreiche Kulturformen „durcheinanderwirbeln“ müsse, um dem Kulturgetto zu entrinnen. Neben Kino, Theater und Tanz schweben ihm und seinen Mitstreitem u. a. vor: eine „Traumgrotten“-Landschaft im Gewölbe unter dem Schwimmbecken, ein Miniatur-Theatermuseum (in den früheren Umkleidekabinen!), eine Theaterschule, eine Buchhandlung, Studios für lokalen Rundfunk (Voraussetzung: Neues Landesmediengesetz) und für Sprühfans sogar eine „Sprayer“-Wand im Hof. Kurz: Oberhausen soll eine „Theater-Vision“ (Günther) selten gekannten Ausmaßes erleben.

Was das Projekt für eine Revierstadt außerdem bedeuten könnte, erläutert Michael Groschek: Da Arbeitslosigkeit oft soziale Isolation und somit kulturelle Verarmung nach sich ziehe, könne hier ein Gegenzeichen gesetzt werden, auf daß „die ökonomische Krise nicht noch auf weitere Bereiche übergreift“. Drängt Roland Günther: „Im April sollten wir anfangen.“