Wolfgang Clement – er da oben, wir da unten

Mit dem heute verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten von NRW und Bundes-„Superminister“ Wolfgang Clement habe ich anno 1981 (noch als blutiger Redaktions-Anfänger) bei der Westfälischen Rundschau (WR) gelegentlich am Konferenztisch gesessen. Ich sage nicht: sitzen dürfen. Er nahm ja schon damals ganz oben vor Kopf Platz, ich am anderen Ende – bei den „Einsteigern“…

Schon bald entschwand er unseren staunenden Blicken, immer höher und höher hinauf. Wie hatte er, sozusagen mit hochfahrender Bescheidenheit, zum Abschied von der WR gesagt: „Ich will noch etwas aus mir machen.“ Hat er ja dann auch vermocht.

Allen tatsächlichen und etwaigen Verdiensten Wolfgang Clements ums Staatswesen zum Trotze: Nein, ich bin nicht stolz auf das kurzzeitige Zusammentreffen; einesteils, weil es ohnehin albern wäre. Überdies schon gar nicht darauf, dass der studierte Jurist später Hartz-IV-Empfänger oft und gern als potenzielle Schmarotzer verdächtigte und so mancherlei weiteres unsoziales Gerede vom Stapel ließ. Er trieb es schließlich so weit, dass die SPD ihn rauswerfen wollte. Dann ging er selbst und warb für die FDP.

Er möge gleichwohl in Frieden ruhen.




Ein paar unmaßgebliche Stichworte zur GroKo-Entscheidung

Aus meinem Notizblock und Zettelkasten: nur ein paar unmaßgebliche Stichworte zur GroKo-Vorentscheidung der SPD.

Welch eine Woche! Erst "Friederike" (siehe Bild) - und nun der GroKo-Vorentscheid... (Foto: Bernd Berke)

Welch eine Woche! Erst der heftige Januar-Sturm „Friederike“ (siehe Bild) – und nun der GroKo-Vorentscheid… (Foto: Bernd Berke)

  • Zunächst 100 Wortmeldungen à 3 Minuten beim Sonderparteitag, dann tatsächlich rund 50 kontroverse Redebeiträge – ist das nicht ein gutes Zeichen für innerparteiliche Demokratie? Selbst FDP-Chef Lindner, der uns das ganze Gezerre eingebrockt hat, zollte Respekt wegen der offenen Debatte. Man nimmt es amüsiert zur Kenntnis.
  • Das 56,4-Prozent-Ergebnis pro GroKo kommentiert ein Freund auf Facebook so: „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“.
  • Mir selbst kam in den Sinn: „Wer hat sich verraten? Sozialdemokraten.“
  • Sonntags in Bonn: Ortssymbolik des ehemaligen Regierungssitzes, die „gute alte Zeit“ der BRD, als man z. B. noch aus voller Brust „Willy wählen“ sagen konnte; als Herbert Wehner und Helmut Schmidt noch leibten und lebten. Obwohl dieses Trio auch nur sehr bedingt miteinander konnte.
  • Ziemlich wenig Beifall für Martin Schulz‘ Rede, sein Anteil am Pro-Entscheid dürfte gering zu veranschlagen sein, wenn er nicht gar seinem „Anliegen“ (welches wäre das genau?) geschadet hat. Womöglich haben auf die letzte Minute Stellungnahmen der Altvorderen (Hans-Jochen Vogel, Erhard Eppler) den Ausschlag pro GroKo gegeben. Es wird wohl bald ohne Schulz gehen müssen.
  • Man könnte ganze Leitartikel darüber schreiben, ob die Zwergenmützen auch für eine Tendenz zur Selbstverzwergung der SPD stehen könnten. Man kann’s aber auch lassen. Jedenfalls ein hübsch-hässliches Detail für die bildgierigen Fernsehleute.
  • Folgen jetzt noch zähe Nachverhandlungen, bei denen niemand sein Gesicht (falls vorhanden) verlieren will? Oder geht alles ganz schnell in Richtung „Weiter so“?
  • „Bätschi“-Nahles hat mal wieder volle Kanne geredet: Man werde „nachverhandeln, bis es quietscht…“ Mit Verlaub: Die Frau hat eine unangenehm wuchtige Aufdringlichkeit.
  • Frohlockt jetzt das nicht-populistische Europa? Kriegen wir ein kleines Lob vom großen Macron?
  • Käme es wirklich zur GroKo, wäre die AfD – wenn auch knapp – zahlenmäßig stärkste Oppositionspartei. Die freuen sich schon auf ihre ungeahnten Profilierungs-Chancen.
  • Wenn man bedenkt, wie Schulz nach den Bundestagswahlen jede SPD-Beteiligung an einer Regierung ausgeschlossen hat – darf man seine SPD nun „Umfaller-Partei“ nennen? Den Titel hatte früher einmal die FDP exklusiv für sich.
  • Juso-Chef Kevin Kühnert ist quasi über Nacht zu einem der prominentesten Sozis geworden. Wird er bald am Kanzleramtstor rütteln und rufen „Ich will hier ‚rein?“ Aber wie denn, wenn die Partei nur noch 17 Prozent der Wählerstimmen bekommt? Falls es gut läuft.
  • Die GroKo-Befürworter sollten sich nicht zu früh freuen. Das alles war ja heute nur eine Vorentscheidung, nach den Sondierungen nun auch in Koalitionsverhandlungen einzutreten. Etwa 440.000 SPD-Mitglieder (schaut mal nach, wie viele es früher mal waren) werden am Schluss über das Resultat dieser Koalitionsverhandlungen abstimmen. Das wird kein leichter Gang.
  • Erste Idee für einen Schlager im Stil der 1920er Jahre: „Gab’s im Rokoko / denn eine NoGroKo?“

 




Heute vor fünf Jahren: das Ende der „Rundschau“

Das frühere "Rundschauhaus" wird zur Zeit umgebaut. (Foto: Bernd Berke)

Das frühere „Rundschauhaus“ wird zur Zeit umgebaut. (Foto: Bernd Berke)

Keine Angst, dies wird kein langer Text. Nicht mehr. Heute vor genau fünf Jahren wurde die gesamte Redaktion der Westfälischen Rundschau (WR) durch die Führung der WAZ-Gruppe (heute: Funke Gruppe) mit einem Federstrich entlassen. Damit endete praktisch die Geschichte der Zeitung, die nur noch als fremdbefülltes Phantomprodukt erscheint.

Wie man dem beigegebenen Foto entnehmen kann, wird derzeit das Gebäude der einstigen Zentralredaktion, das frühere „Rundschauhaus“ am Dortmunder Brüderweg 9, für andere Zwecke umgebaut – mutmaßlich für die üblichen Arztpraxen, Anwaltskanzleien und dergleichen. Wenn man dies sieht, spürt man immer noch einen gewissen Phantomschmerz, sofern einem die traditionsreiche Zeitung etwas bedeutet hat.

Schräg gegenüber hat sich am Brüderweg die Dortmunder SPD niedergelassen. Bemerkenswerter Zufall: Just heute Abend will Parteichef Martin Schulz nach Dortmund kommen, um im immer noch bundesweit bedeutsamen Unterbezirk für die GroKo zu werben. Vielleicht sollte er zwischendurch eine klitzekleine Gedenkminute für die Rundschau und alle seinerzeit (und teilweise bis heute) betroffenen WR-Kolleg(inn)en einlegen? Schließlich war die SPD-Medienholding Mitbesitzerin des Blattes; wenn auch mit einer Minderheitsbeteiligung.

Doch Schulz hat bestimmt Wichtigeres zu tun.

 




Jagdszenen in Deutschland? Zum Abend der Bundestagswahl

Schon kurz nach 18 Uhr, die erste Prognose war gerade öffentlich geworden, fiel bereits ein erschreckender, entscheidender Satz dieses Wahlabends. Wie immer die neue Bundesregierung sich zusammensetzen werde, verkündete AfD-Spitzenkandidat Gauland, man werde sie „jagen“. Und nochmals: „jagen“. Man werde sich, so Gauland weiter, „unser Land und unser Volk zurückholen“.

Prost Mahlzeit! Nicht nur ziehen erstmals Rechtsaußen dieser Sorte in Fraktionsstärke in den Bundestags ein, sondern es dröhnt auch ein neuer Ton. Die Rede von der Jagd auf die künftige Regierung kündet von einer Aggression, die Andersdenkenden offensichtlich an den Kragen will. Jagdszenen in Berlin und anderswo?

Es steht also zu befürchten, dass wir in der nächsten Legislaturperiode Parlamentsdebatten von bislang ungeahnter Schärfe und Infamie erleben werden. Es ist eine Zäsur. Und es ist eine gefährliche Zäsur. Da darf man sich nichts vormachen. Wachsam sein. Dagegen halten, wo es nötig ist. Na klar. Und was noch? Bloß nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren… Übrigens: Die Erfahrung, dass es im Gefolge einer Großen Koalition zur Radikalisierung kommt, ist ja nicht ganz neu.

Mit über 13 Prozent der Wählerstimmen ziehen die „Rechtspopulisten“ in den Reichstag ein – mit deutlich mehr als 80 Abgeordneten, die vermutlich alle parlamentarischen Vergünstigungen ausnutzen und zugleich aushöhlen werden.

Zur rechten Kohorte werden sicherlich einige höchst zweifelhafte Gestalten gehören. Zwischenzeitlich war von Protagonisten der Partei schon die kaum verhohlene Drohung zu vernehmen, man werde im Parlament „ausmisten“. Es verdiente historisch näher untersucht zu werden, woher solche Wendungen wohl kommen.

Was das jetzt alles mit „Kultur“ zu tun hat? Nun ja, erst einmal nur indirekt, den gesellschaftlichen Umgang betreffend. Doch wir werden außerdem hören, wie sich die AfD auch zu kulturpolitischen Fragen positioniert; sicherlich auch gemäß ihrer Ideologie, dass alles Deutsche Vorrang haben müsse. Da gruselt’s einen schon jetzt.

Union und SPD haben heftig verloren, die SPD zieht die wahrscheinlich richtige Konsequenz, den Weg in die Opposition zu gehen. Diskussionswürdiger schon die Entscheidung, den deutlich an seinen Ansprüchen gescheiterten 20-Prozent-Kandidaten Martin Schulz im Amt als Parteichef zu belassen. Kann er’s denn noch richten?

Immerhin: Ganz anders als jüngst noch beim „TV-Duell“ mit Merkel, klang Schulz mal wieder oppositionell, wenn auch noch ziemlich kraus. Es ist, als sei in dieser Hinsicht eine Last von ihm abgefallen. Jedenfalls gibt er Merkel und ihrer „Politik-Verweigerung“ die Schuld fürs Erstarken der AfD.

„Jamaika“, also eine schwarz-gelb-grüne Koalition, dürfte es werden, wobei die beiden kleineren Parten (FDP / Grüne) sich erst einmal zusammenraufen müssen. In den nächsten Tagen werden sie gewiss versuchen, den Preis für ihre Teilnehme hochzuschrauben. Das gehört zum politischen Geschäft. Und wenn die Posten locken, wird’s schon klappen.

Wie unbedarft waren jene CDU-Anhänger, die zum besinnungslosen Wahljubel (übers zweitschlechteste Ergebnis aller Zeiten) schwarzrotgoldene Schildchen mit dem Sprüchlein „Voll muttiviert“ schwenkten. Es wollte so gar nicht zum Kerngeschehen dieses Wahltags passen.

„Ein tiefer Schnitt ins Fleisch der CDU“, „tektonische Verschiebungen“ und „politisches Erdbeben“ waren die häufigsten medialen Formeln des Wahlabends. Im Fernsehen, das wurde auch diesmal wieder deutlich, kann man sich über derlei Ereignisse nur ad hoc und en passant informieren. Die Vertiefung muss auf anderem Wege erfolgen.

Vom Internet wollen wir einstweilen schweigen. Wir wissen nicht, wie sich die „sozialen Netzwerke“ auf diese Wahl ausgewirkt haben. Es kann nicht nur wohltuend gewesen sein.




Beide waren heute nicht in der Kirche, hatten aber ihre spirituellen Momente – das „TV-Duell“ Merkel vs. Schulz

Längere Zeit habe ich mit mir gerungen, dann habe ich es doch getan: Ja, ich bekenne, ich habe das so genannte „TV-Duell“ zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem SPD-Herausforderer Martin Schulz gesehen. Zur Gänze. Zum Schluss war ich doch ziemlich erschöpft. Obwohl es jetzt intellektuell nicht gar zu anstrengend gewesen ist.

Artikes Shake-Hands zwischen Angela Merkel und Martin Schulz zum TV-Duell in Berlin-Adlershof. (Foto © WDR/Herby Sachs)

Artiges Shake-Hands zwischen Angela Merkel und Martin Schulz zum TV-Duell in Berlin-Adlershof. (Foto © WDR/Herby Sachs)

In den meisten Fragen waren die beiden Probanden ähnlicher oder gar der gleichen Auffassung. Schulz hatte gelegentlich seine liebe Mühe und Not im steten Bemühen, Unterschiede zwischen den Positionen herauszukitzeln.

Locker den Amtsbonus ausgespielt

Merkel hatte das gar nicht nötig, sie konnte die (zumeist ziemlich zahnlosen) Attacken des Widersachers getrost abwarten und gelassen kontern. Hie und da spielte sie, ganz nonchalant und wie nebenbei aus dem Handgelenk, ihren Amtsbonus aus, wenn sie etwa ankündigte, in den nächsten Tagen mal eben mit den USA, Japan und China zu reden…

Ungemein lange hielt man sich anfangs mit der Flüchtlings- und Integrationspolitik auf. Etwa die Hälfte der Sendezeit (insgesamt nur um 120 Sekunden überzogen: 97 statt 95 Minuten, jede halbgare Show darf mehr über die Stränge schlagen) ging dafür ins Land. Auch hierbei unterschieden sich die Kandidaten allenfalls in Nuancen.

Klare Kante gegen Erdogan

Lediglich in der Haltung zur Türkei des „Autokraten“ (man könnte gewiss auch noch kantigere Worte finden) Erdogan gab sich Schulz eine Spur kämpferischer. Als Kanzler, so betonte er mehrfach, wolle er dafür sorgen, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara sofort abgebrochen werden.

Apropos Kanzlerschaft: Schulz‘ in den Vormonaten zwischenzeitlich zur Schau getragene Selbstgewissheit (nach dem Motto: „Ich als Kanzler werde…“) scheint übrigens dahin zu sein. Mehrfach hieß es jetzt aus seinem Munde, f a l l s er das Mandat der wahlberechtigten Bürger erhalte, werde er… Das klingt doch schon weitaus bescheidener.

Was erlauben Strunz?

Die Fragesteller der vier übertragenden TV-Anstalten (warum musste es eigentlich gleich ein Quartett sein?) ARD, ZDF, RTL und SAT1 agierten – wie üblich – im Modus der bedeutsam geschwollenen medialen Wichtigtuer.

Die Damen Maybrit Illner (ZDF) und Sandra Maischberger (ARD), die für die öffentlich-rechtlichen Anstalten antraten, waren noch einigermaßen erträglich – im Vergleich zu den zwei Privatsender-Gockeln Peter Kloeppel (RTL) und vor allem Claus Strunz (SAT1), der schon mal gern quasi-populistische Töne anschlägt. Am liebsten hätte er es wohl gehabt, wenn Merkel und Schulz ihm auf den Leim gegangen wären und noch entschiedener versucht hätten, die eine oder andere AfD-Stimme abzufischen. Um mal eine berühmte Fußballfloskel zu zitieren: Was erlauben Strunz?

Soziale Wohltaten angekündigt

Sowohl Merkel als auch Schulz gerieten hie und da ins Stocken oder Stammeln. Wir wollen das mal als menschlichen Faktor verbuchen und nicht gleich als politische Unsicherheit. Und überhaupt: In diesen Zeiten möchte man nicht unbedingt mit ihnen tauschen…

Nach den vergleichsweise geradezu epischen Auslassungen zur „Flüchtlingsfrage“ und zur Türkei ging es hernach zunehmend hopplahopp. Die katastrophale Gemengelage zwischen Kim und Trump wurde ebenso hastig abgehakt wie die Themenkomplexe „Soziale Gerechtigkeit“, Maut und Diesel sowie Steuern. Natürlich gelobten beide, die Bürger spürbar zu entlasten, Schulz legte sich – inklusive Wegfall der Kita-Beiträge – auf rund 200 bis 250 Euro für eine vierköpfige Familie mit 3500 Euro Monatseinkommen fest, Merkel warf Gesamt-Wohltaten von rund 15 Milliarden Euro in die Manege.

Hektische Runde zum Schluss

Da man sich ein wenig verplaudert hatte (und halt kein weiteres „Duell“ ansteht), sah man sich schließlich zur irrwitzigen Hektik einer Ja-Nein-Fragerunde genötigt. Ehe für alle, Fußball-WM-in Katar, Gerhard Schröders Russland-Jobs, Wahlrecht für 16-Jährige, Terrorabwehr und Polizei-Ausstattung wurden nur noch atemlos durchgehechelt.

Vorher haben wir übrigens noch staunend erfahren, dass weder Merkel noch Schulz heute in der Kirche die Messe begangen haben. Beide beeilten sich allerdings zu sagen, dass sie dennoch spirituelle Momente an Gräbern und in Kapellen gehabt haben.

Nahezu grotesk das allerletzte Statement von Martin Schulz. Zu einer kurzen Schlussaussage aufgefordert, fragte er: „Wieviel Zeit habe ich?“ Nach der Information „60 Sekunden“ (die ihm gewiss vorab bekannt war) kamen ihm sogleich „spontan“ über die Lippen: die  so unterschiedlichen Verdienste einer Krankenschwester und eines Managers in just 60 Sekunden. Auch diese wohlfeile Schläue wird ihm nicht entscheidend genutzt haben.

Ich lege mich – ebenfalls wohlfeil – fest: Wenn nichts Weltumstürzendes geschieht, wird, in welcher Parteien-Konstellation auch immer, die nächste Kanzlerin wiederum Angela Merkel heißen. Welcher Hasardeur würde dagegen wetten wollen?




Die NRW-Wahl: krachend, krachend, krachend

Krachend, lachend: Wahlsieger Armin Laschet (CDU), heute vom ARD-Bildschirm abgeknipst.

Krachend, lachend: Wahlsieger Armin Laschet (CDU), heute vom ARD-Bildschirm abgeknipst.

Armin Laschet (CDU) dürfte nach allem Ermessen neuer Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden, womöglich als Chef einer schwarzgelben Koalition. Das ist schon eine gewichtige Nachricht mit bundespolitischen Auswirkungen. Doch ich werde den Teufel tun und das heutige NRW-Wahlergebnis politisch kommentieren. Ich möchte lieber mein Wahlgeheimnis wahren. Was aber auffällt, sind ein paar Details der medialen Vermittlung. Nur mal so, als fixe Skizze:

Schon im Lauf des frühen Abends hat man sich offenbar allseits darauf geeinigt, von einer „krachenden“ Niederlage für die rot-grüne Koalition zu sprechen. Kaum jemand verwendete die ausgelutschte Vokabel vom „Erdrutsch“, freilich war einmal von einem „Erdbeben“ die Rede. Aber man hätte auch schlichtweg von einer schlimmen oder bestürzenden Niederlage reden oder etliche weitere Bezeichnungen anbringen können.

Warum also immer wieder „krachend“? Wie trägt sich so etwas zu? Hat man sich das schon vorher für den Fall der Fälle zurechtgelegt? Oder gibt einer spontan das Stichwort vor – und schon ist es als Parole in der flimmernden Welt?

Gewisse Worte werden dann die ganze Zeit über verwendet, als seien sie fest eingerastet. Manche Sprachregelungen schleifen sich an einem solchen Abend wie von selbst ein. Das ist zum nicht geringen Teil parteitaktischen Erwägungen geschuldet. Das daraus entspringende, nur allzu vertraute Ritual der Journalistenfragen und Politikerantworten ist arg redundant und auf längere Distanz nicht leicht zu ertragen. Ich habe irgendwann nicht mehr mitgezählt, wie oft Armin Laschet gesagt hat, man habe „Kurs gehalten“ und sei dafür belohnt worden.

Anfänglich und zwischenzeitlich herrschte schon mal hektisches, wildes Geschalte. Kaum hatte ein Politiker zwei bis drei Sätze geäußert, so wurde das Wort schon wieder anderweitig vergeben – je nach Hierarchie. Da muss mancher Politiker ganz handfest erfahren, dass er (oder sie) denn doch nicht so wichtig ist wie der Kollege XYZ, jedenfalls nicht in diesem Moment. Und das vor einem Millionenpublikum. Da musst du ganz stark sein.

Die Wichtigsten von allen aber sind zweifellos Fernsehleute wie die ARD-Männer Frank Plasberg und Jörg Schönenborn. Geradezu rührend war übrigens Plasbergs Sorge um das Befinden von Christian Lindner (FDP), der auf den Wahlplakaten nicht so gesund ausgesehen habe wie nun im TV-Studio. Gewiss hat Lindner die Stimmengewinne wegen seines hippen Dreitagebarts verzeichnet, oder? Lassen wir das. Es ist albern.

Man kann schon ahnen, welche Schlagworte und Momente morgen in den Zeitungen hervorgehoben werden. Beispielsweise das Diktum des sichtlich schockierten Martin Schulz, er sei „kein Zauberer“. Hannelore Krafts ausgesprochen rascher Rücktritt von ihren Parteiämtern in Bund und Land, mit dem sie Schulz auch – so gut es eben ging – ein wenig aus der „Schusslinie“ zu nehmen suchte. Die Frage, wie sehr landespolitische Themen (Bildungspolitik usw.) wahlentscheidend gewesen sein mögen. Der Druck, der nunmehr auf Schulz lastet, Leerformeln wie „Gerechtigkeit“ mit konkreten Inhalten zu füllen. Was aber bleibet, stiftet der Prantl (mutmaßlich morgen in der „Süddeutschen“).

Aber Schluss jetzt. Sonst kommentiere ich doch noch. Statt dessen schnell die Zauber(!)formel der Ausflüchte in derlei Fällen benutzt, die Parteimenschen jeder Couleur seit jeher im Repertoire haben: „Wir werden das alles ab morgen in Ruhe analysieren.“

 

 

 




Dreifacher Besuch mit roten Rosen

Es klingelt.
Ich mach auf. (Nein, das ist nicht selbstverständlich.)

Besuch mit roten Rosen

Besuch mit roten Rosen (Zeichnung: Thomas Scherl)

Vor der Tür drei Typen, zwei davon im schwarzen Anzug, der dritte, n Dicker, mit schwarzer Hose, dunkelblauer Windjacke und getönter Sonnenbrille, jeder mit nem Strauß roter Rosen.

Sie haben sich versetzt – nach hinten in den Gang gestaffelt – aufgestellt, als letztes der Dicke, in zwei Meter Abstand, links und rechts neben ihm noch 30 Zentimeter Platz, er hat die Arme vor der Brust verschränkt, aus seiner Faust ragen die Rosen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich »WTF?« gedacht oder gesagt hab und spiele im Bruchteil einer Sekunde die Möglichkeiten durch: Polizei? Mafia? Die apokalyptischen Reiter (einer bindet unten grad noch seinen Gaul fest)? Jehovas? Ist der Tod doch nicht nur einer, sondern holt mich in Dreigestalt – einer für Körperseelegeist und zweie für die Kunst in mir? Finanzamt? GEZ? KSK? Rumänen-Inkasso? Fahrkartenkontrolle?
(Kurz denke ich noch »Deutscher Galeristenverband« und »Lottogewinn«, was ich aber beides sofort wieder verwerfe.)

Der eine, der ganz vorne steht, dicht an der Wand, so daß er halb vom Türrahmen verdeckt ist, beugt sich ein bißchen vor, grinst und ich denk: Na? Was kommt jetzt?

»Guten Tag, wir sind von der SPD…«
Und er will auch gleich zum wohl memorierten Vortrag ausholen.
Ich bin so perplex, daß ich sag »Nee, danke, ich wähl die Kommunisten.« Und Klapp, Tür zu.

Vielleicht sollt ich mich bei der Entenhausener SPD als Berater fürs Direktmarketing bewerben.




Wie man im Ruhrgebiet spart – und kassiert

Dortmund ist ziemlich arm dran. In fast allen Statistiken, die Gutes besagen, liegt die westfälische Großstadt hinten (neuerdings sogar in der Bundesliga-Tabelle); wenn’s hingegen prekär wird, mischt die arg verschuldete Kommune zumeist in der Spitze mit. Doch es gibt hier auch einige, die ausgesorgt haben.

Beispielsweise Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke (DSW21). Der Mann wird auch im bundesweiten Vergleich überaus ordentlich bezahlt. Laut „Ruhr Nachrichten“ (RN) vom 3. Dezember 2014 liegen bei ihm derzeit jährlich 442 389,77 Euro an – mit allen Zusatzleistungen. Pehlkes Kollegen in Düsseldorf, Hamburg oder Stuttgart liegen weit unterhalb seiner Einkünfte. Nun soll, wie die RN weiter berichten, sein Vertrag auch noch in Windeseile vorzeitig verlängert werden, was wiederum mit weiteren Vergünstigungen verbunden wäre.

Wenn's nach einigen politischen Platzhirschen geht, wird das Damwildgehege im Dortmund Süggelwald geschlossen. Esparnis: gerade mal 4500 Euro im Jahr. (Foto: Bernd Berke)

Wenn’s nach einigen politischen Platzhirschen geht, wird das Damwildgehege im Dortmunder Süggelwald geschlossen. Esparnis: gerade mal 4500 Euro im Jahr. (Foto: Bernd Berke)

Pehlke gehört als einstiger SPD-Schatzmeister im Unterbezirk Dortmund und als früherer Stadtkämmerer zu den Parteigenossen, die in Dortmund (und überhaupt im Ruhrgebiet) immer mal wieder an die Spitze kommunaler Unternehmen geraten.

Ob Energieversorger, Entsorgungsbetriebe, (stark defizitärer) Flughafen, Stadtsparkasse oder Messe/Westfalenhallen – stets steigen die Chancen auf lukrative Dortmunder Chefposten mit SPD-Parteibuch erheblich. Gewiss, andernorts gibt es Filz und Klüngel im Zeichen der CDU. Doch das Revier ist eben vorwiegend ein Selbstbedienungsladen für manche Sozialdemokraten. Ein Jammer für die vormals stolze Partei.

Das TV-Magazin „Monitor“ hat kürzlich (Ausgabe vom 20. November 2014) recherchiert, dass ausgerechnet die Ruhrgebietsstädte national meist weit vorn liegen, wenn es um kommunale Chefgehälter geht. Als Boss der Entsorgungsbetriebe kann man in Essen oder Dortmund deutlich mehr kassieren als etwa in Berlin oder Hamburg.

Bei der Dortmunder Entsorgungsgesellschaft EDG verdienen laut „Monitor“ drei (!) Chefs je etwa 266000 Euro, für ähnlich gelagerte Aufgaben reicht in Stuttgart ein Geschäftsführer, dessen Tätigkeit mit vergleichsweise bescheidenen 125000 Euro vergütet wird. Weitere verblüffende Einzelheiten sind auf der Monitor-Homepage nachzulesen.

Unterdessen muss die durch immense Sozialkosten gebeutelte Stadt ihre sonstigen Leistungen stetig reduzieren. Ein besonders groteskes Beispiel, wenn man mal vom schleichenden (und bald galoppierenden?) Kulturabbau absieht: Gerade mal 4500 Euro will Dortmunds Stadtkämmerer Jörg Stüdemann durch Schließung eines Damwildgeheges im Süggelwald (Stadtteil Eving) einsparen. Auch auf der Homepage der Stadt wird das Gehege bis heute als Möglichkeit für ansonsten vielfach benachteiligte Kinder der Nordstadt beworben, quasi in ihrer Nachbarschaft Tiere im naturnahen Raum zu erleben.

Egal. Der Posten soll gestrichen werden. Und was wird aus den Tieren? Da könnte man die polemische Frage stellen, ob anschließend noch der Wildbraten auf dem Tisch kommunaler Honoratioren kredenzt wird. Vielleicht gar beim nächsten Empfang des SPD-Oberbürgermeisters Ullrich Sierau?

Aber mal im Ernst: Drängt sich denn nicht die Idee auf, mit den Sparmaßnahmen auch bei den besagten kommunalen Spitzengehältern anzusetzen? Schon allein, um mal ein Signal zu setzen.

Unterdessen sehen sich die Städte des Ruhrgebiets gezwungen, auch noch Menschen abzuschrecken, die vielleicht trotz alledem hierher ziehen wollen – mit exorbitant steigenden Hebesätzen für die Grundsteuer B. Wie die WAZ heute berichtet, könnten ohnehin schon weniger attraktive Orte wie Duisburg und Witten, die eh schon Einwohner verlieren, auf diesem Gebiet demnächst Spitzenpositionen einnehmen. Duisburg hätte dann einen fast doppelt so hohen Hebesatz wie das benachbarte Düsseldorf, Witten könnte gar bundesweiter Spitzenreiter werden und selbst Berlin überflügeln. So gut wie alle Revierbürer sind betroffen. Per Umlage wirkt sich die Grundsteuer auch mietsteigernd aus.

Vor der Zukunft einer Region, in der just morgen das allerletzte Opel-Fahrzeug vom Bochumer Band laufen wird, kann einem gelegentlich angst und bange werden.




Denkmal der Deutschen, die Demokratie wagen: Willy Brandt wäre 100 Jahre alt geworden

Wir lauschten in einen Bildschirm, auf dem nur eine Person und deren markantes Gesicht zu sehen war, eine Person, die sich anschickte einer der historischen Bundeskanzler dieser Republik zu werden.

Wir, das waren Christine Markhoff, Malte Markhoff, Klaus Mendel und Rosel Linner und ich (das war so ziemlich der Kernbestand der damaligen Schwerter Ruhrnachrichten). Politisch waren wir aus unterschiedlichen Ecken, doch eines einte uns: Wir waren ziemlich gefesselt von dem, was dieser Willy Brandt 1969 als persönliche Botschaft ins Land schickte: „Mehr Demokratie wagen!“

Der damalige Bundeskanzler Willy Brandt beim Besuch der Dortmunder Zeche Minister Stein am 1. März 1974. (Bild: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Ulrich Wienke)

Der damalige Bundeskanzler Willy Brandt beim Besuch der Dortmunder Zeche Minister Stein am 1. März 1974. (Bild: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Ulrich Wienke)

Am 18. Dezember wäre Willy Brandt 100 Jahre alt geworden. Er ist bereits vor seinem Tode am 8. Oktober 1992 sein eigenes Denkmal gewesen, er ist dieses bis heute für seine Partei, die SPD. Im Foyer des nach ihm benannten Hauses der SPD-Zentrale in Berlin steht er als solches, überlebensgroß, in Bronze gegossen, geformt vom Bildhauer Rainer Fetting. Furchig, die personifizierte Weisheit, eine erklärende, mahnende Körpersprache, aber keinen Widerspruch duldend: Willy Brandt eben, der wesentlich härter sein konnte, als sein Weggefährte Herbert Wehner („Der Herr duscht gern lau“) ihm zutraute, der ungeduldiger sein konnte, als seine ruhige Redner-Sprache verriet, der unleidlicher werden konnte, wenn es nicht so ablief, dass es seinen Vorstellungen entsprach.

Ja, ich weiß, dass er als Herbert Ernst Karl Frahm zur Welt kam. Meine Eltern sagten es mir so häufig und meist so abfällig, dass ich eine Zeitlang glaubte, meine Bewunderung gelte einem Menschen, der dem gesunden deutschen Wiederaufbau destruktiv entgegenarbeite. Aber selbst deren, aus Willy Brandts subversiver Nazi-Widerstandsarbeit gespeiste Abneigung wurde im Laufe der Jahre durch dessen (mindestens in der SPD) unerreichtes Charisma weg gehobelt. Die Abfälligkeit ersetzten sie durch einen distanzierten Respekt.

Willy Brandt begleitet mich in Lebensphasen, die für mich einschneidend und entscheidend waren. Ich sah ihn nach dem Mauerbau, als Regierender Bürgermeister war er damals ebenso wehrlos wie unerschrocken empört (ähnlich wie einst sein Vorgänger Ernst Reuter, als der die „Völker dieser Welt“ aufrief, auf Berlin und die Blockade zu schauen). Ich sah ihn, als er US-Präsident John F. Kennedy zuhörte, dessen „Ich bin ein Berliner“ sich in die Erinnerung erschütterten Republik grub. Ich sah und hörte ihn, als er begann, für sein Konzept der Aussöhnung mit Osteuropa zu werben und zu streiten. Ich sehe das legendäre Bild des Kniefalls von Warschau und höre die „Willy, Willy“-Rufe von Erfurt, als die DDR-Bürger pfiffig den Vornamen von Willi Stoph skandierten und keine Konsequenzen fürchten mussten.

Und ist sehe auch heute noch sein bewegtes Gesicht, als die Mauer fiel und „zusammenwachsen sollte, was zusammen gehört“.

Willy Brandt war aus der Ferne ein Wegbegleiter, ein Vorbild, ein Magnet, der mir den Eintritt in eine Partei erleichterte und die Auswahl, welche Partei es sein sollte, beinahe zwingend auf eine fokussierte. Er hat ganz sicher jede Menge Fehler gemacht, er hatte ganz sicher auch persönlich jede Menge davon, aber er hatte für diese Republik einen ganz besonderen Wert. Er konnte Menschen jeden Alters und beinahe jeder politischen Herkunft für eine große und gute Idee begeistern: die Demokratie und ihre Freiheiten, für die es lohnt zu streiten und zu kämpfen.

Ich habe ihm einmal, als ich ganz und gar nicht einverstanden mit seinem Handeln war, einen Brief geschrieben. Das war im Frühjahr 1987, als er die parteilose Margarita Mathiopoulos zur zukünftigen Parteisprecherin küren wollte. Heute sehe ich das so: Wir hatten beide recht. Er, weil er seiner SPD neue Wege erschließen wollte, ich, weil Margarita Mathiopoulos sich später bei einer wirtschaftsliberalen FDP und Herrn Westerwelle besser aufgehoben fühlte. Willy Brandt antwortete natürlich nie, was ich ihm auch nicht übel nahm.

Ich schreibe auch an dieser Stelle nicht, was ich ihm wirklich stets nachtragen werde, was ich insgeheim an meinem Idol ernsthaft zu mäkeln habe. Das wäre in meinen Augen auch klein (von mir) und seiner historischen Bedeutung unangemessen.

Michail Gorbatschow wollte ihn wenige Tage vor seinem Tod unangemeldet besuchen. Willy Brandts Frau öffnete nicht, weil sich Gorbatschow über die Gegensprechanlage mit seinem Namen meldete, und sie das Ganze für einen schlechten Scherz hielt. So kamen die beiden Männer, deren Wege im jeweiligen Heimatland ähnliche Schleifen gehen mussten und Willys politische Vorarbeit Teile des Weges von Michail Gorbatschow pflasterten, nicht mehr zusammen.

Willy Brandt wurde neben Ernst Reuter auf dem Berliner Waldfriedhof Zehlendorf beigesetzt. Zwei große Männer, die für Berlin, die Bundesrepublik und das freie, demokratische Deutschland unbeirrt ihren Traum verfolgten.

Am 18. Dezember 2013 wäre der Mann, für den wir damals „Willy wählen!“ an jede sich bietende Häuserwand pappten, 100 Jahre alt geworden. Und noch immer begleitet er alle die, die noch immer „mehr Demokratie wagen“ wollen, durch den beschwerlichen Alltag.




Was Willy Brandt und Erich Ollenhauer gemeinsam haben

Weil Willy Brandt an diesem 18. Dezember 100 Jahre alt geworden wäre, werden allerorten sein Wirken und seine Persönlichkeit gewürdigt – auch in diesem Blog natürlich. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat in diesen Tagen aber auch noch eines anderen großen Streiters zu gedenken: Erich Ollenhauer. Er starb am 14. Dezember vor 50 Jahren.

Die beiden sozialdemokratischen Politiker haben außer diesen beiden Daten im Dezember aber noch einiges mehr an Gemeinsamkeiten: Beide arbeiteten zeitweise als Journalisten und begannen ihre politische Arbeit für die SPD in der Weimarer Republik – Ollenhauer nach seiner Buchdruckerlehre in seiner Geburtsstadt Magdeburg seit 1919 als Redakteur der „Magdeburger Volksstimme“, Willy Brandt ab 1927 als Autor ebenfalls in seiner Geburtsstadt für den „Lübecker Volksboten“, allerdings unter dem Klarnamen Herbert Frahm. Den Decknamen Willy Brandt nahm er sich erst 1934.

Beide Politiker waren selbstverständlich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv. Erich Ollenhauer gehörte 1933 bereits dem Parteivorstand der SPD an und ging mit diesem ins Exil, zunächst nach Prag, ab 1938 nach Paris und 1940 nach London. Willy Brandt arbeitete ab 1933 von Oslo aus für den Untergrund, er war damals noch in der SAPD, einer Abspaltung von der SPD.

Erich Ollenhauer wurde 1946 Stellvertreter des SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher, und als dieser 1952 verstarb, wählte ihn die Partei am 27. September 1952 zum Vorsitzenden. Für den Deutschen Bundestag kandidierte der gebürtige Magdeburger übrigens im Ruhrgebiet, in einem Wahlkreis in Bochum.

Auch Erich Ollenhauer starb während seiner Amtszeit, eben an jenem 14. Dezember 1963, gestern vor fünf Jahrzehnten. Sein Nachfolger im Amt wurde am 16. Februar 1964 Willy Brandt, der damals Regierender Bürgermeister in Berlin war und der zwei Jahre später die Sozialdemokraten in die Große Koalition mit der CDU/CSU führte und der dann zwischen 1969 und 1974 der vierte Kanzler der Bundesrepublik Deutschland war.

In diesen Tagen geht es wieder um eine „GroKo“, und weil die entscheidende Phase des SPD-Mitgliedervotums und der Regierungsbildung auf den gestrigen 14. Dezember 2013 fiel, ging die Erinnerung an den 50. Todestag Erich Ollenhauers wohl etwas unter. Die SPD-Zentrale in Bonn hieß zwar im Volksmund „die Baracke“, aber offiziell trug sie den Namen Ollenhauers. Erst nach dem Mauerfall und dem Umzug der SPD-Führung nach Berlin ging auch dieses Gedenken verloren: Das neue Parteihaus in der Hauptstadt heißt „Willy-Brandt-Haus“.

Hat er doch auch verdient, der unvergessliche Willy.




Politiker mit Widersprüchen: Buch lenkt den Blick auf die menschliche Seite von Willy Brandt

Die Willy-Welle schwappt durch das Land, unter anderem Spiegel, Stern und Zeit haben ihm ausführliche Rückblenden gewidmet. Der 100. Geburtstag von Willy Brandt am 18. Dezember ist auch der Anlass für die Neuauflage der Biographie von Gregor Schöllgen.

„Eine Annäherung“ wäre für das Buch des renommierten Professors für Neuere Geschichte an der Uni Erlangen wohl der treffende Untertitel, schaut der Autor doch vor allem auf den Menschen Willy Brandt mit allen seinen Widersprüchen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Schöllgen, der den Nachlass des Friedensnobelpreisträgers von 1971 mitherausgegeben hat, legt hier keine Homestory vor. Er zeichnet vielmehr den Lebensweg des langjährigen SPD-Politikers nach, einen Weg, auf dem Siege und Niederlagen, Höhen und Tiefen meist ganz nah beieinander lagen.

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Dabei war es wohl, wenn man den Ausführungen Schöllgens folgt, die menschliche Seite Brandts (der durchaus das Leben zu genießen wusste), die zu seiner Popularität maßgeblich beitrug. Aber es war auch die Achillesferse. Sehr deutlich arbeitet der Geschichtswissenschaftler heraus, dass Brandts Rücktritt 1974 keine zwingende Konsequenz aus der Guillaume-Affäre darstellte, sondern der Kanzler politisch müde, gesundheitlich angeschlagen und von Gegnern bedrängt das Amt aufgab.

Intimfeind Herbert Wehner

So sehr der Intimfeind, SPD-Fraktionschef Herbert Wehner, an Brandts Sturz mitgewirkt haben mag, so kann man aber auch nicht übersehen, wie massiv den Sozialdemokraten die Strapazen, die die Aufgaben als Regierungschef mit sich brachten, und die ständigen Quengeleien in Fraktion und Koalition ihm zugesetzt hatten. Schöllgens Schilderungen lassen das Bild vom allzu schnell verglühten Stern am Polithimmel aufkommen, der mit dem zweiten Wahlsieg 1972 eigentlich schon seinen Zenit überschritten hatte.

Ein neuer Stil, weltoffen, modern und diskussionsfreudig, hatte mit ihm und seiner Frau Rut Einzug gehalten in das politische Bonn Ende der 60er Jahre. Trotz des positiven Echos, das dem Paar gegönnt war, ist Brandt selbst aber nie wirklich in Bonn heimisch geworden.

Sehnsucht nach Berlin

Mit Wehmut dachte er häufig an die Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin zurück, wo er sich eins fühlte mit der Bevölkerung und diese ihn hochachtete. In der geteilten Stadt gründete sich eine Popularität nicht zuletzt auf sein Verhalten beim Mauerbau. Er stand zu den Berlinern, als diese sich von Kanzler Adenauer und den Westmächten im Stich gelassen fühlten. Neue Pfade hatte Brandt aber auch in Berlin beschritten. Er setzte auf eine vorwärtsgewandte SPD, die sich zum einen mit den Realitäten des geteilten Deutschlands abfinden und zum anderen nicht mehr nur als Arbeiterpartei verstehen sollte. Seine Wahlkämpfe waren von Anleihen in der amerikanischen Politik geprägt, gezielt wusste er sein Familienleben in Szene zu setzen und für seine Zwecke zu nutzen.

Jemand wie Brandt reizte folglich zum Widerspruch – auch und gerade in den eigenen Reihen. Die Stärke des Buches liegt vor allem darin, diese Konfliktlinien sehr deutlich herauszuarbeiten. Die Partei wusste, was sie an ihm hatte, und für ihn, der nach heutigen Maßstäben in einer Patchwork-Familie aufwuchs, erfüllte die Partei eine Ersatzfunktion familiärer Art. Sein Redetalent, seine Schreibbegabung (als gelernter Journalist), seine Fähigkeit, „mit Menschen zu können“, brachten ihm viele Sympathien und anfänglich auch den Rückhalt von Wehner ein, der immer mehr von ihm ließ, als vermeintliche Schwächen sich bemerkbar machten. Zu einer echten Versöhnung sollte es auch später nicht mehr kommen, anders beim innerparteilichen Kontrahenten Helmut Schmidt, mit dem er sich in den letzten Lebensjahren zumindest aussprach.

Schwieriges Verhältnis zur SPD

Das Verhältnis zwischen Brandt und der SPD war längst nicht durchgängig entspannt. Beispielhaft steht dafür die Haltung des Vorsitzenden zum Nato-Doppelbeschluss und die Proteste Anfang der 80er Jahre.
Partei hin oder her, sind mit dem Namen Willy Brandt aber nicht viel mehr Ereignisse wie der Kniefall von Warschau, der Tag von Erfurt oder sein Slogan „Mehr Demokratie wagen“ verbunden? Wo bleiben sein Engagement als Vorsitzender der Sozialistischen Internationalen oder der Nord-Süd-Kommission? Das alles sind, daran lässt Schöllgen keinen Zweifel aufkommen, Marksteine im politischen wie auch persönlichen Leben des Sozialdemokraten.

Wer Brandt aber verstehen möchte, der muss seinen Werdegang von Beginn an nachvollziehen. Dazu gehört die kleinbürgerliche Welt in der Geburtsstadt Lübeck, was keineswegs despektierlich zu verstehen ist, dazu gehört vor allem auch sein Exil in Norwegen und Schweden, als er vor den Nazis flüchtete. Die Jahre sollten Stoff liefern für Diffamierungen und Verleumdungen, unter anderem machte man ihm zum Vorwurf, mit der Sowjetunion kollaboriert zu haben. Verbindungen hätten zwar in Ansätzen existiert, aber nach dem Überfall Hitlers auf die UdSSR sei er da keineswegs allein gewesen, unterstreicht der Autor. Die immer wiederkehrenden Anwürfe gegen den Sozialdemokraten lassen nach den Worten von Schöllgen vor allem übersehen, dass Brandt sich politisch gegen die Nazis engagierte und der Widerstand in Deutschland sehr wohl den Kontakt zu ihm gesucht habe.

Frauengeschichten nur Nebensache

Widersacher, die ihm das Leben schwer machen, hat Brandt zur Genüge erlebt, doch auch er wusste auszuteilen, beispielsweise, als die Teilung Deutschlands überwunden war. Von Oskar Lafontaine, den er zunächst protegierte, wandte er sich enttäuscht ab, als der die Einheit Deutschlands mit großer Skepsis betrachtete.

Ist Brandts Biographie eigentlich unvollständig erzählt, wenn man die Frauengeschichten weglassen würde? Wurden sie ihm nur angedichtet, um ihn zu Fall zu bringen? Schöllgen stellt hier eher Aussage gegen Aussage und lenkt, und da ist man als Leser auch nicht befremdet, den Blick auf die Lebensleistung des Sozialdemokraten.

Sein eigenes Leben hat Willy Brandt vor allem durch Schreiben verarbeitet und so viele Bücher veröffentlicht wie kaum ein anderer Politiker des 20. Jahrhunderts. Es wurde aber auch über kaum einen anderen so viel geschrieben wie über den Mann, mit dem die SPD erstmals einen Kanzler stellte, der zwei Mal in dieses Amt gewählt wurde, der drei Mal verheiratet und Vater von vier Kindern war. Schöllgen gibt einen Überblick über die Literatur und ordnet sie ein – auch das ist eine lesenswerte Orientierungshilfe.

Gregor Schöllgen: „Willy Brandt. Die Biographie“. Berlin Verlag. 336 Seiten. 19,99 Euro.




Der Wahlabend im Fernsehen: Diese gut geölte Maschinerie könnte ewig laufen

Ganz ehrlich: Ich mag jetzt erst einmal keine Balken-, Torten- und sonstigen Diagramme mehr sehen. Wer sich gleichfalls ab 17 Uhr den ganzen Abend mit der Wahlberichterstattung im Fernsehen um die Ohren geschlagen hat, der weiß, wovon ich rede.

Es waren schon prägnante Nachrichten, die dabei herauskamen: CDU/CSU bundesweit zumindest in Reichweite der absoluten Mehrheit, die FDP erstmals seit 1949 nicht mehr im Bundestag. Doch ob und wie es zu Koalitionen kommt, ist sowohl im Bund als auch in Hessen (die Landtagswahl ging im Trubel beinahe unter) einstweilen unklar. Wird es Schwarz-Grün, gibt es eine Große Koalition? Wir werden es erleben.

In der Obhut von ARD und ZDF

An solchen Tagen bin und bleibe ich in der Wahl der TV-Programme konservativ und begebe mich – wie seit jeher – vor allem in die Obhut von ARD und ZDF. Von etwaigen Sympathien oder Abneigungen mal ganz abgesehen, haben die einfach die meisten Leute im Einsatz (was freilich nicht unbedingt in Qualität umschlagen muss).

Für die ARD im Einsatz: Ulrich Deppendorf und Caren Miosga (Archivbild: © ARD-Hauptstadtstudio/Axel Berger)

Für die ARD im Einsatz: Ulrich Deppendorf und Caren Miosga (Archivbild: © ARD-Hauptstadtstudio/Axel Berger)

Tatsächlich machten die Teams unter Leitung von Caren Miosga, Ulrich Deppendorf und Zahlenjongleur Jörg Schönenborn (ARD) sowie Bettina Schausten und Theo Koll (ZDF) ihre Sache nach den üblichen Maßstäben recht ordentlich. Größere Pannen waren nicht zu verzeichnen. Ironie hin, Sarkasmus her – da sind schon routinierte Profis am Werk. Im akuten Stress eines solchen Wahlabends muss man erst einmal dermaßen die Übersicht behalten.

Die Grenzen der Vergnügungssucht

Übrigens wirkte auch Peter Kloeppel (RTL) diesmal, anders als kürzlich beim Merkel-Steinbrück-Duell, ziemlich souverän und locker. Freilich schaltete sich sein Sender später ins Geschehen ein und verließ die Wa(h)lstatt auch deutlich früher. Schon bald verlegte man sich zudem aufs leicht schrill angehauchte „Menscheln“. Das Zappen zu Phoenix, N-TV und N24 habe ich mir denn doch erspart. So vergnügungssüchtig war ich nun auch wieder nicht.

Allerdings ist die Routine auch allseits das Problem. Man absolviert die immergleichen Rituale. Ein paar neue Formen täten sicherlich gut. Außerdem zeigten sich auch bei den Öffentlich-Rechtlichen wieder die ebenfalls üblichen, ziemlich grundsätzlichen Schwächen: Immerzu lockt die Versuchung, das politische Geschehen gnadenlos zu personalisieren und auf ziemlich simple Begriffe herunterzudimmen. Bei ARD und ZDF war man sich immerhin bewusst, dass man es mit griffigen Formeln wie „Stinkefinger“, „Raute“, Halskette und „Veggie Day“ zuletzt etwas übertrieben hat. Doch man kann nicht ganz davon lassen.

Als die Hochrechnungen sich erst einmal stabilisiert hatten, schnurrte bei den großen Anstalten die volle Routine der gut geölten Maschinerien ab. Das Ganze geriet in einen Selbst- und phasenweise auch Leerlauf, als hätte es (selbst noch nach „Elefantenrunde“ und Jauch-Talk) schier endlos so weitergehen sollen.

„Erst einmal in Ruhe analysieren“

Auch die Politiker sagen halt das, was sie bei solcher Gelegenheit immer sagen: Erst einmal Dank an alle Helfer und Wähler. Erst einmal das Endergebnis abwarten. Erst einmal mit den Gremien sprechen. Erst einmal in Ruhe analysieren. In den nächsten Tagen werden wir mehr wissen. Gottlob wird die eigentliche Politik nicht im Fernsehen gemacht.

Derweil gieren die Fernseh-Journalisten (nicht minder eitel als manche Politiker) stets nach neuen Personalien und hätten am liebsten schon heute verkündet, dass ab morgen Jürgen Trittin als Vizekanzler antritt oder Christian Lindner neuer FDP-Chef wird. Doch auch diese Herrschaften lassen sich natürlich nicht aus der Reserve locken. Warum auch?

(Der Beitrag ist zuerst bei www.seniorbook.de erschienen).




Eine stolze Partei feiert ihren 150. Geburtstag – ein Geschichtsbuch gehört dazu

In diesem Jahr feiert die deutsche Sozialdemokratie ihren 150. Geburtstag. Stolz erklären ihre Anführer, die älteste demokratische Partei Europas zu sein, und die SPD sei nie – wie andere – gezwungen gewesen, ihren Namen ändern zu müssen. Am Gründungstag, dem 23. Mai, wird es in Leipzig einen pompösen Festakt geben. Möglicherweise beehrt ja sogar die Bundeskanzlerin ihre politischen Gegner mit ihrer Anwesenheit.

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Passend zu diesem Jubiläum ist im parteieigenen Vorwärts-Buchverlag ein neues Buch über die Geschichte der SPD erschienen: Peter Brandt, Sohn des ehemaligen Parteivorsitzenden und Bundeskanzlers Willy Brandt und Professor für Geschichte an der Fernuniversität Hagen, hat es zusammen mit Detlef Lehnert, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, verfasst. „Mehr Demokratie wagen – Geschichte der Sozialdemokratie 1830-2010“ heißt das Werk mit dem wissenschaftlichen Anspruch, das aber dennoch leicht lesbar geworden ist.

Das Anfangsjahr mag irritieren, aber natürlich entstand die Partei der Arbeiterbewegung nicht im luftleeren Raum. Vom Frühsozialismus in den Auslandsvereinen der Handwerksgesellen schreiben die Autoren ebenso wie über den Verlauf und das Scheitern der Revolution 1848/49, bevor sie auf Ferdinand Lassalle und den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein kommen – die Keimzelle der späteren Partei SPD. Über die Bismarckjahre und die Kaiserzeit geht es weiter in die Weimarer Republik und zur Beschreibung der standhaften Weigerung der Sozialdemokraten, die Machtübergabe an Hitler und die Nationalsozialisten zu akzeptieren. Verfolgung und Exil waren das zwangsläufige Ergebnis.

Interessanterweise nennen die beiden Autoren ihr letztes Kapitel „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts oder neue Umbruchzeit 1980-2010?“ Vom „stufenweisen Machtverlust“ und der „Suche nach dem SPD-Milieu“ ist da die Rede. Ihr Fazit? „Die Zukunftsaussichten der SPD als einer Partei eigener Prägung hängen letztlich davon ab, ob die herrschende Variante des finanzmarktdominierten Kapitalismus sich immer weiter durchsetzen wird.“

Wissenschaftlich will diese Geschichtsschreibung sein, fast 600 Anmerkungen und eine ausführliche Literaturliste finden sich im Anhang, aber natürlich – das zeigt schon der herausgebende Verlag – werden die Sympathien für den Gegenstand der Untersuchung nicht verheimlicht. Von Willy Brandts Sohn hätte man wohl auch nichts Anderes erwartet.

Peter Brandt/Detlef Lehnert: „Mehr Demokratie wagen“. Geschichte der Sozialdemokratie 1830-2010. Vorwärts buch Verlag, Berlin. 296 Seiten. 20 Euro.




Ein knappe Skizze zur NRW-„Wahlarena“

Das politische Spiel (WDR-Fernsehen, 20.15 bis 21.45 Uhr) in der „Wahlarena“, übertragen aus Mönchengladbach, hat 90 Minuten gedauert. Und was ist da rund gewesen?

Das Publikum ist von infratest/dimap nach repräsentativen Gesichtspunkten ausgewählt worden. Immer wieder werden Befragungsergebnisse eingeblendet. Volkes Stimme. Pflichtschuldigst zelebriert und rasch abgehakt.

Einstiegsfrage nach dem Umgang mit den Benzinpreisen.

„Wir müssen weg vom Öl“, sagt Sylvia Löhrmann (Grüne). Ein schöner Satz. Sagt sich schnell.

Arena = Gladiatoren? Ach was! Es bleibt so zahm.

Mal wieder ein grausliches Studiodesign. Und eine wahrhaft fahrige Kameraführung. Bloß nirgendwo verweilen.

Norbert Röttgen (CDU): „Unsere Antwort heißt Elektro-Mobilität.“ Folgt eine kleine Fensterrede gegen die Ölkonzerne. Den kleinen Pendler dürfe man nicht – na? na? – „im Regen stehen lassen“.

Hannelore Kraft (SPD): „Ölkonzerne in den Griff bekommen.“ Auch das sagt sich flott. Wie denn überhaupt in dieser Sechserrunde (Arena) noch ungleich holzschnittartiger argumentiert wird als bei einem Duell. Doch früher hat es noch mehr gestanzte Sätze und betonierte Meinungen gegeben.

Joachim Paul (Piraten): Zur Pendlerpauschale wird eine Position „noch entwickelt…“ – „Wir Piraten kopieren gerne“ (z. B. Ideen aus anderen Ländern). Ein wohlfeiler Lacher.

Mehr oder weniger sprechen sich alle für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs aus, die Piraten wollen auf Fahrscheine verzichten. Und wer bezahlt’s?

Freie Farbenwahl (Foto: Bernd Berke)

Freie Farbenwahl (Foto: Bernd Berke)

Thema Haushalt/Schulden

Christian Lindner (FDP): „Der Staat soll bescheiden sein.“ Die Wirtschaft muss schneller wachsen als der Staat. Ach, es gibt sie noch, die alte Tante FDP.

Kraft: Nicht zu Lasten der Kommunen sparen. Nicht zu Lasten der Kinder sparen. Und bloß nicht sagen, auf wessen Kosten man sparen will (gilt für alle).

Hier reden, so könnte man meinen, wandelnde Wahlplakate. Talking Heads.

Röttgen (CDU): Sparen mit uns ginge weitgehend schmerzlos. 2 Prozent der Subventionen einsparen, das täte nicht weh. Rotgrün geht euphorisch mit Steuereinnahmen um = verprasst das Geld. Vier Ausnahmen beim sparen: Familie, Schule, Kultur… (juchhu! Es hat einer Kultur erwähnt). Da vergisst man glatt die vierte Option. Röttgens traditionelle Suggestion: Sozis können mit Geld nicht umgehen.

Schwabedissen (Linke): Privaten Reichtum abschöpfen. Keine Kürzungsorgien im Haushalt.

Paul (Piraten): Bedingungsloses Grundeinkommen prüfen (auch fahrscheinfreies Fahren sollte just „mal ausprobiert“ werden). „Es gibt Überlegungen in Richtung Vermögenssteuer“… Aha. Und wohin führen die wohl eines fernen Tages?

Lindner: Rotgrüne Verschuldungspolitik wird zur Staatsphilosophie erklärt. „Legende der guten Schulden“ beenden…

Thema Arbeit/Löhne

Lindner (FDP): Bloß keinen Überbietungswettbewerb in Sachen Mindestlohn, etwa zwischen Gabriel und Gysi. Das führt nur zur höheren Arbeitslosigkeit.

Löhrmann (Grüne): Unterste Linie 8,50 Euro pro Stunde.

Kraft (SPD): „Auch da gilt es, klare Kante zu zeigen.“ (SPD-Wahlplakat „Klare Kante Kraft“)

Röttgen (CDU): Tarifparteien haben Vorrang.

Schwabedissen (Linke): 10 Euro Mindestlohn. Gewonnen! Ihr Lieblingswort: „absurd“.

Paul (Piraten): Für bedingungsloses Grundeinkommen. Kostet den Staat keinen Euro mehr = Nullsummenspiel. Es sollte wenigstens „mal untersucht“ werden. Dann übt mal schön.

Kraft (SPD): Arbeit ist wichtig für die Würde des Menschen. Wer könnte da widersprechen?

Der unvermeidliche Moderator Jörg Schönenborn würgt die laufende Debatte nach Minutenschema ab.

Thema Bildung/Kinder

Löhrmann (Grüne): Für Ausbau der Kitas und Verbesserung der Kitas. Das unsägliche „Betreuungsgeld“ einsparen und in Kitas stecken. Gegen aufgezwungene Kita-Pflicht. Doch wenn die Kitas gut sind, wären die Eltern schlecht beraten, wollten sie ihre Kinder nicht hinschicken. Statements wie aus dem Wahlomaten.

Lindner (FDP): Gegen Betreuungsgeld (hat aber im Bundestag dafür gestimmt).

Schwabedissen (Linke, zweifache Mutter): Für 150 Euro „Herdprämie“ lässt sich kein Kind erziehen. Kita sollte generell gebührenfrei sein. Auch für Millionäre?

Röttgen: 60-70% der Eltern lassen ihre Kinder in den ersten zwei Jahren ohnehin zu Hause. Die sollten gefördert werden – bei völliger Wahlfreiheit zwischen den Lebensmodellen. Ansonsten ist alles „in der Diskussion“ (hört sich in der faserigen Offenheit fast nach Piraten an).

Kraft (SPD): Wer Betreuungsgeld zahlt, glaubt wohl, er müsse keine weiteren Kita-Plätze schaffen…

Lindner (FDP): Erhalten Leute, die nicht in die Oper gehen, dann auch einen Scheck? (Juchhu, noch einer hat Kultur erwähnt – wie grinsbereit auch immer)

Paul (Piraten): Wir müssen erst mal kompetente Menschen befragen… Wir haben nicht auf alles eine Antwort, stellen aber die richtigen Fragen.

Lindner: Rotgrün trocknet Gymnasien in punkto Ganztagsbetreuung und Klassengrößen aus.

Löhrmann, Kraft & Röttgen (!) widersprechen gemeinsam. Oh, einsame FDP.

Schwabedissen (Linke): „Eine Schule für alle“ statt dieser chaotischen Schullandschaft.

Paul (Piraten): „Wir sind keine Linke mit Internet-Anschluss.“ Ein bis zwei Dutzend Schulen sollen neue Modelle erproben… Verwaltungskräfte einstellen, um Lehrer zu entlasten. Alle Lerninhalte digital vorhalten.

Schlussrunde/Koalitionsaussagen

Lindner (FDP): Wahrscheinlich ist eine große Koalition. Wir sind dann Opposition. Prinzip Hoffnung.

Kraft (SPD): Es wird wohl für Rotgrün reichen. Kann trotz vieler Nachfragen die Piraten nicht so recht einschätzen.

Paul (Piraten): Wir würden gern auf der Oppositionsbank lernen. Darüber hinaus jetzt keine Aussage.

Röttgen (CDU): Dies ist kein Lagerwahlkampf. Auch überraschende Koalitionen sind denkbar. Die Demokratie wird bunter.

Löhrmann (Grüne): Rotgrün bevorzugt.

Schwabedissen: Wer will, dass die SPD sozialdemokratisch ist und die Grünen ökologisch sind, muss die Linke wählen. Gut auswendig gelernt.

Und das Fazit? Diffus. Um das Mindeste zu sagen. Röttgen und Lindner rhetorisch gar nicht mal übel, aber mit ihren Positionen z. T. auf verlorenem Posten. Auch die Vertreterin der Linken gewandter als so manche ihrer NRW-Kollegen. Piraten bitte ein paar Jahre lang hinten anstellen und erst mal Positionen klären. Themen, bei denen die Grünen gern volkserzieherisch werden (Ökologie, Rauchverbot etc.), kamen kaum zur Sprache. Ich persönlich weiß immer noch nicht recht, was und wen ich am 13. Mai wählen soll. Zwischenzeitlich hatte ich schon erwogen, dem Wahllokal erstmals gänzlich fernzubleiben. Aber das darf ja wohl nicht wahr sein.




„Politische Verbrecher, Sozialdemokraten und Anarchisten“

Im kommenden Jahr will die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ihr 150-jähriges Bestehen groß feiern. Sie ging aus dem am 23. Mai 1863 gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) hervor und war zunächst großen Anfeindungen ausgesetzt – auch im „Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet“, wie man damals das Ruhrgebiet noch nannte.

Die Erfolge der SPD bei der Wahl 1903 ängstigten die Bürgerlichen

Damals, zu Kaisers und zu Bismarcks Zeiten, rückte der Staat die Sozialdemokraten noch in die Nähe der „politischen Verbrecher“. Allerdings standen bis 1918 alle politischen Parteien unter Beobachtung der Sicherheitspolizei. Im Stadtarchiv Ennepetal zum Beispiel lagern noch heute die Akten, in denen die entsprechenden Anweisungen gesammelt sind: „Sozialdemokratie und unerwünschte Personen“ hieß das Kapitel im damaligen Amt Milspe, aber auch die Akten mit den Sammelbezeichnungen „Überwachung von Personen“ und „Tumultschäden“ gehören zu diesem Komplex. Im benachbarten Amt Voerde bezeichnete man den gleichen Vorgang mit dem Aktentitel „Politische Verbrecher, Sozialdemokraten und Anarchisten“.

Die Sicherheitspolizei in den Gemeinden musste jeweils über die Bezirksregierung genaue Berichte an das preußische Innenministerium liefern. Diese Berichte sind allerdings, da man noch keine Kopierer kannte, fast nie in den Akten enthalten. Lediglich über eine Wahlversammlung in einer Voerder Gaststätte aus dem Jahre 1903 ist ein Bericht überliefert. 400 Personen drängten sich in dem kleinen Saal, doch alles sei „in ruhigem Maße“ verlaufen. Das war neun Tage vor der Reichstagswahl 1903, bei der die SPD – zum Schrecken der Bürgerlichen – 82 Mandate erringen konnte. Das hatte die Ennepesträßer Polizei aber wohl so nicht erwartet, denn sie hatte noch kurz vorher an die Regierung berichtet: „Von einem Fortschritt oder Rückschritt der sozialdemokratischen oder anarchistischen Bewegung ist nichts zu berichten. Von den Sozialdemokraten hört man hier kaum noch etwas, da die allgemeine Geschäftslage auch den bisher unzufriedenen Arbeitern den Mund schließt, da sie sonst ihre Stellung verlieren.“

Reichskanzler Bismarck

Eine eigene sozialdemokratische Presse sei an der Ennepe nicht vorhanden: „Der Vertrieb sozialdemokratischer Schriften beschränkt sich auf das Halten der sozial-demokratischen Zeitschriften ‚Volkstribüne’ und ,Wahrer Jacob’.“

Die Beobachtung, aber auch das Bemühen der Parteien um Wählerstimmen richtete sich jedoch ausschließlich auf Männer. Frauen durften in Deutschland erst nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wählen – erstmals bei der Reichstagswahl am 19. März 1919.




Kunstpreis Ruhrgebiet an Bildhauer Heinz Kleine-Klopries – Bemerkenswerte Festrede des SPD-Kultursprechers Eugen Gerritz

Von Bernd Berke

Im Westen. Stilvoller Rahmen für die Verleihung des zweiten Kunstpreises Ruhrgebiet: Im renovierten Herrenhaus von Gut Opherdicke (Holzwickede) erhielt gestern der Bildhauer Hcinz Kleine-Klopries (40) die mit 10.000 DM dotierte Auszeichnung des Vereins „pro Ruhrgebiet“. Gekürt wurde er von derselben Jury, die bereits die Teilnehmer der Kunst-Biennale Ruhrgebiet 1988 in Oberhausen ausgewählt hatte.

Heinz Kleine-Klopries, gebürtiger Mülheimer und jetzt in Xanten lebend, wurde besonders durch Skulpturen aus bunten Plastikbausteinen und aus Pappe bekannt, mit denen er traditionelle Themen aus Mythos und Religion verfremdend, aber immer erkennbar figürlich aufgriff.

Der Künstler bemerkte in einer knapp gehaltenen Dankrede, viele seiner Arbeiten seien auch im übertragenen Sinne „von Pappe“, drückten also eine Flüchtigkeit aus, die sich mit Motiven von mythischer Dauer in empfindlicher Balance befinde. Kleine-Klopries, der sich kurz faßte, weil er sich nicht „als Hochseilartisten“ anpreisen wolle, blieb im Bild, als er über den Kunstpreis Ruhrgebiet sagte: „Diese Auszeichnung ist kein Pappenstiel“.

Der Preisträger, „Nachfolger“ des 1988 geehrten Jiri Hilmar (Gelsenkirchen), studierte ab 1971 Bildhauerei an der Folkwang-Schule in Essen. 1981 und 1982 bekam er durch Arbeitsaufenthalte in Florenz und New York auch Kontakte zur internationalen Kunstszene. In den letzten Jahren stellte er u. a. bei den Kunstvereinen in Unna, Schmallenberg und Schwelm aus.

Eine bemerkenswerte, in kritisch-solidarischem Ton gehaltene Festrede über Entwicklungen im Ruhrgebiet hielt Dr. Eugen Gerritz, kulturpolitischer Sprecher der SPD im Düsseldorfer Landtag. Gerritz kritisierte einen Mangel an Selbst- und Geschichtsbewußtsein im Revier sowie eine vorherrschende „Techniker-Mentalität“, die das Machbare zu hoch bewerte. Als Beispiel nannte Gerritz den Konflikt um den Bergbau unter Schloß Cappenberg.

Gerritz erwähnte auch die nach seiner Meinung kleinkariert-provinziellen Verfahrensweisen bei der Besetzung mehrerer Kulturdezernate in der Region. Auch „Eifersuchtsdramen“ zwischen einzelnen Ruhrgebietsstädten drückten erschwerten sinnvolle Veränderungen der hiesigen Kulturlandschaft. Gerritz machte sich besonders für die Gründung einer Ruhr-Philharmonie stark: „Wir haben den Gedanken nicht aufgegeben; die Gründung eines solchen Orchesters im Ruhrgebiet steht an“. Schließlich brach Gerritz eine Lanze für die Sprache des Reviers und mahnte eine menschlichere Architektur an.




Künstler werben für Europa – auf Einladung der Straßburger SPD-Abgeordneten

Von Bernd Berke

Bonn/Dortmund. Mit der bundesweiten Aktion „Künstler malen ihr Bild von Europa“, will die SPD im Herbst für den europäischen Gedanken werben. In zwölf Großstädten, darunter Dortmund, werden Künstler Plakatwände mit europäischen Themen gestalten.

Start des Kunstspektakels, zu dem die SPD-Europa-Abgeordneten aufgerufen haben, ist am 18. September in Kassel (zwei Tage vor Schluß der „documenta“). In Dortmund werden am 21. September die Künstler Hanno Otten (Köln) und Henning Eichinger (Dortmund) auf dem „Alten Markt“ zwei eigens aufgestellte Wände zu Euro-Plakaten umfunktionieren.

Organisator der Malaktion, die in Städten aller Bundesländer und in Berlin stattfinden wird, ist Paul Pauly, ehedem Bonner Fraktionsmitarbeiter der „Grünen“ (speziell Joschka Fischers) und 1983 für deren vielbeachtete Kultur- und Wahlkampfaktion „Grüne Raupe“ sowie für Anti-Atom-Konzerte in Wackersdorf verantwortlich. Pauly, der 1984 aus den Diensten der Umweltpartei ausschied: „Bei den ,Grünen‘ gibt es immer noch Defizite in Sachen Kultur, deshalb mache ich das jetzt für die SPD.“

Pauly will den Künstlern, die u. a. durch Vermittlung des Deutschen Künstlerbundes zusammenkamen und je 2000 DM Honorar erhalten, größtmögliche Freiheiten lassen. So müsse es durchaus nicht beim bloßen Plakatmalen bleiben; auch andere Aktionen und die Einbeziehung der Bevölkerung seien möglich. Pauly setzt hierbei auf Künstler wie Ben Wargin (in München) oder Timm Ulrichs (in Hannover), die schon des öfteren für öffentlichkeitswirksame Auftritte gut waren.

Finanziert wird das Ganze aus jenem 50-Millionen-Etat, den das Europaparlament sich für „Reklame in eigener Sache“ genehmigte und der auf alle dort vertretenen Fraktionen verteilt wird. Die SPD, so Pauly („Die Bevölkerung weiß noch viel zu wenig über Europa“), werde ihren Anteil vornehmlich in Kultur investieren. Die Malaktion soll dabei nur eine von vielen Veranstaltungen sein.

Unter anderem ist auch ein großes Nordsee-Musikfestival für August 1988 im Gespräch, an dem alle Anrainerstaaten beteiligt sein sollen. „Ganz nebenbei“ will man so auf die drohende Umweltkatastrophe (Wasserverschmutzung) aufmerksam machen. Als möglichen Veranstaltungsort peilt Pauly das „Motodrom Halbemond“ bei Norden/Ostfriesland an, in dem rund 70 000 Zuschauer Platz finden und in dem sonst Speedway-Fahrer ihre Runden drehen. Auch eine europaweite Theatertournée schwebt Pauly vor. Die Bilder der herbstlichen Kunstaktion sollen übrigens der Nachwelt erhalten bleiben. Paul Pauly hat sich dazu ein Rahmensystem ausgedacht, mit dem die fertigen Bilder von den Plakatwänden genommen werden und zu Ausstellungen geschickt werden können.

Ganz ohne Politik geht’s bei der Kunstaktion nicht ab: Sie soll Auftakt zu einer größeren Informationskampagne sein, bei der man bereits jetzt die Europawahlen (Juni 1989) im Visier hat.




Muß Peymann Bochum verlassen?

Von Bernd Berke

Bochum. Die Vertragsverlängerung zwischen dem Direktor des Bochumer Schauspiels, Claus Peymann, und der Stadt Bochum ist stark gefährdet.

Wie gestern bekannt wurde, hat sich die SPD-Fraktion mit der denkbar knappen Mehrheit von 20:19 Stimmen gegen eine Fortführung des Vertragsverhältnisses ausgesprochen. Bochums Kulturausschußvorsitzender Hans-Dieter Kaulfuß meinte gegenüber der WR, er sehe „gewisse Möglichkeiten, die Fraktionsmitglieder noch umzustimmen“.

Peymanns Vertrag läuft, falls er nicht doch verlängert wird, am 31. August 1984 aus. Die endgültige Entscheidung fällt am 10. Februar im Rat.

Der Bochumer CDU-Pressesprecher Paul Schrader glaubt angesichts der Stimmungslage in seiner Fraktion, daß jetzt kaum noch Chancen für eine Vertragsverlängerung bestehen. Vermutlich am 7. Februar wird in der CDU-Fraktionssitzung abgestimmt. Die CDU verfügt im Rat über 27 Stimmen, die SPD über 44, die F.D.P, hat eine Stimme, die „Liberale Fraktion“ drei.

Bestandteil von Peymanns Vertrag ist eine beiderseitige Mitteilungspflicht darüber, ob der Vertrag verlängert werden soll. Eine solche Mitteilung muß eineinhalb Jahre vor Vertragsende erfolgen, hier also bis Ende Februar 1983.

Das genaue Abstimmungsergebnis in der SPD-Fraktion lautete: 20 Stimmen gegen Vertragsverlängerung, eine Enthaltung und die schriftliche Äußerung eines abwesenden Fraktionsmitglieds, das für Peymanns Verbleib votierte. Kulturausschuß-Vorsitzender Kaulfuß konstatiert „eine Art Patt-Situation“ und hofft auf einen Sinneswandel. Dadurch, daß vier SPD-Fraktionsmitglieder nicht an der Abstimmung teilnahmen, gibt es noch eine geringe Aussicht.

Peymann wurde noch nicht offiziell über das Abstimmungsergebnis in der SPD-Fraktion informiert und war bis gestern Abend auch nicht zu erreichen. Es hieß, er sei nach einer Probe direkt nach Düsseldorf gefahren.

Kürzlich hatte Peymann vergleichsweise maßvoll auf inzwischen aufgegebene Erwägungen reagiert, die Kammerspiele zu schließen.