Traumreise zum müden Monarchen – „Insel des König Schlaf“
Von Bernd Berke
Wuppertal. Manuel lebt in einem kleinen Fischerdorf, irgendwo im Süden Europas. Seine Tante drängt ihn keifend, er solle sich den Realitäten selten, vor allem aber Schularbeiten machen. Alles, was den Jungen beschäftigt, tut sie als „spinnert“ ab.
Er aber braucht nicht einmal Phantasie, um Phantastisches zu erleben. Ein Boot wird ihm geschenkt, das ihm als „Traumschiff“ dient. Und ab geht die Reise zur „Insel des König Schlaf“. Das gleichnamige Stück des Portugiesen Norberto Avila hatte am Samstagmorgen in Wuppertal Premiere. Für die von Gerhard Kelling erstellte deutsche Fassung war es sogar eine Uraufführung.
Besagte Insel ist ein Schlaraffenland. Nur einige Probleme, die der pfiffige Gast Manuel (Boris Voland) nach und nach löst, gibt es: Der König (Heinz Voss) hat seit Monaten nicht geschlafen, dem Dr. Scharlatanski (Tjaart Potgieter) will es nicht gelingen, ein Schlafmittel zu kreieren. Dafür wird er von einer roboterhaften „Kitzelmaschine“ bestraft. Dem Flötisten Liebton (Gregor Höppner) ist eine Melodie abbanden gekommen, „Dienstag“ und „Donnerstag“ (groteskes Duo: Alexander Pelz und Hans Richter) streiten über die Zeitspanne, in der die gebratenen Tauben in die Mäuler der Insulaner zu fliegen haben – dienstags oder donnerstags. Nach Schluß der Vorstellung bilden sich rasch Kindergruppen, die lautstark der einen oder anderen Auffassung Ausdruck verleihen…
Überhaupt geht der Nachwuchs, gut vorbereitet durch das Wuppertaler Bühnen-Projekt „Kinder erzählen ihre Träume“, so richtig mit. Beispielsweise, als der König – er hat endlich eine volle Woche durchschlafen können – der unterdessen liegengebliebenen Arbeit überdrüssig ist und Staats-Depeschen in Form von Papier-Schwalben ins Publikum wirft. Klar, daß jeder eine ergattern will und das Gerangel auf den Rängen groß ist. Und wenn, nach Manuels Rückkehr ins Dorf, die Tante seinen abenteuerlichen Bericht bezweifelt, ergreifen alle empört Partei für ihn.
Regisseurin Sylvia Richter richtete das Stück konsequent als „Traumspiel“ ein, das die von der Tante (Sabine Schwanz) vertretene, platte Realität übel aussehen läßt. Vielleicht hat ihr Carrolls „Alice im Wunderland“ als leuchtendes Beispiel vorgeschwebt. Entsprechende Freude an hintersinnigen Absurditäten vermittelt jedenfalls diese Inszenierung. Bühnenbild und Kostüme (laut Programmzettel von „Rosalie“) zeugen von greller Phantasie, die üppig ins Kraut schießt. Die Schauspieler agieren durchweg überzeugend.