In den Teich gesetzt…

Einst war's ein Teich, heute ist es eine Art Steppe im Becken. (Foto im Dezember 2018: Bernd Berke)

Einst war’s ein Teich, heute ist es eine Art Steppe. Im Hintergrund die imposanten Bauten im Eingangsbereich des Dortmunder Hauptfriedhofs. (Foto, Dezember 2018: Bernd Berke)

Zu berichten ist von einer schier endlosen Geschichte des Missvergnügens. Nein, bewahre, wir meinen nicht etwa den „Fortgang“ der Arbeiten am Berliner Flughafen BER. Aber auch etwas, das nicht und nicht fertig werden will.

Es geht um den einst recht schmucken Teich im Eingangsbereich des Dortmunder Hauptfriedhofs, welcher übrigens nach Hamburg-Ohlsdorf der zweitgrößte der Republik * sein soll. Aber das nur lokalpatriotisch nebenbei.

Schon gegen Ende 2016 wurde der bei Friedhofsbesuchern (nicht zuletzt wegen der schwarzen Trauerschwäne) beliebte Teich trockengelegt, weil er zusehends Wasser verloren hatte. Nanu?

Als der Trauerschwan noch übers Wasser glitt. (Foto, Dezember 2015: Bernd Berke)

Als der schwarze Trauerschwan noch übers Wasser glitt. (Foto, Dez. 2015: Bernd Berke)

Langwierig gestaltete sich die Suche nach den Ursachen, einige Zeit kostete auch die vermeintliche Abhilfe, nämlich die Abdichtung von Rissen.

Und tatsächlich. Eines Tages schien es vollbracht zu sein. Ende 2017 ließ man frohen Mutes neues Wasser einlaufen. Doch wieder versickerte es. Wie lautet doch die alte Weisheit: Ein bisschen Schwund ist immer. Jedenfalls war abermals Ursachenforschung angesagt.

Wie die Ruhrnachrichten zwischendurch aufgeregt vermeldeten, rann das Wasser doch nicht – wie bis dato gedacht – durch die Seitenwände, sondern durch Risse im Boden. Aber wo waren die genau?

Und wieder durften Experten ‚ran… Mehr noch: Die Friedhofsverwaltung ließ sogar einen Wünschelrutengänger tätig werden, der prompt eine Wasserader entdeckte, mit deren Hilfe man den Teich irgendwann neu zu befüllen gedenkt. Irgendwann.

Jetzt haben wir Ende 2018. Und noch immer sieht das, was früher ein Teich gewesen ist, erbärmlich aus. Es hat sich im Becken eine ziemlich unansehnliche Vegetation ausgebreitet. Nun verstehen wir auch recht konkret, was die Redewendung bedeutet, man habe etwas „in den Teich gesetzt“.

Dass dort eines Tages wieder Schwäne über einen Wasserspiegel gleiten, vermag man sich kaum noch vorzustellen. Aber wer weiß: Vielleicht schaffen sie es ja sogar noch vor Fertigstellung des Berliner Airports.

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  • * andere Quellen nennen als zweitgrößte deutsche Grabesstätte Stahnsdorf bei Berlin.

Ein Bild aus besseren Tagen. (Foto, Dezember 2015: Bernd Berke)

Ein Bild aus besseren Tagen. (Foto, Dezember 2015: Bernd Berke)

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The times, they are a-changin': Im Juli 2019 ist wieder Wasser drin... (Foto: Bernd Berke)

The times, they are a-changin‘: Im Juli 2019 ist wieder Wasser drin… (Foto: Bernd Berke)




Wenn die Idylle in Gefahr gerät – John Cheevers Roman „Ach, dieses Paradies“

Sind es zwei, drei oder vielleicht sogar vier Geschichten, die John Cheever in seinem knapp 120 Seiten umfassenden Roman „Ach dieses Paradies“ miteinander verknüpft? Diese Frage stellt man sich als Leser unweigerlich, will man doch irgendwie die Handlungsstränge verstehen und ordnen.

Aber vollkommen unabhängig davon, auf welche Zahl man sich verständigt: Das Buch, das 1982 (im Todesjahr des Autors) erstmals im amerikanischen Original erschien, besticht durch eine einmalige Erzählkunst. Ihr ist es letztlich zu verdanken, dass die einzelnen Geschehnisse ein Gesamtbild ergeben, mit dem der Autor wohl auch eine Botschaft vermitteln will.

Cheever

Dabei beginnt der Roman eher lapidar, stellt Cheever doch einen älteren Mann vor, der leidenschaftlich gern Schlittschuh läuft. Doch als der Senior eines Tages feststellen muss, dass der Lieblingsort für seinen Lieblingssport, ein idyllisch gelegener Teich, zu einer Mülldeponie verkommen ist, schaltet er sich in die politische Debatte ein. Er holt einen Umweltexperten herbei, der die Gefahren des Vorhabens für Mensch und Umwelt drastisch vor Augen führt, kämpft selbst an vorderster Front, um die Halde wieder verschwinden zu lassen.

Doch dieser Mann namens Lemuel Sears wird nicht nur in seiner Rolle als Umweltaktivist, wie man ihn heute wohl nennen würde, beschrieben, Cheever breitet auch das durchaus verstörende Liebesleben vor dem Leser aus. Dabei überrascht weniger, dass sich der Witwer zu einer jüngeren Frau hingezogen fühlt, die auch gut ohne ihn leben könnte, wie sie offenherzig zu verstehen gibt. Vielmehr ist es die Episode mit einem Fahrstuhlführer, mit dem sich der Naturfreund mir nichts, dir nichts auf ein homosexuelles Abenteuer einlässt.

Sein eigenes Handeln verwirrt Sears derart, dass er einen Psychiater aufsucht, der ihm auf der Suche nach den Beweggründen aber nur wenig weiterhelfen kann. Sears bleibt mit mehr Fragen als Antworten zurück, was sich zunächst auch auf sein Engagement gegen die Deponie übertragen lässt. Das Vorgehen der Behörden findet er befremdlich und unverständlich. Je mehr er sich jedoch in die Entscheidungsprozesse vertieft, umso deutlicher treten die Machenschaften und Intrigen zu Tage, die den Umweltfrevel überhaupt erst entstehen ließen.

Die ohnehin schon komplexe Erzählung erfährt aber noch mehr überraschende Wendungen: ein Barbier, der aus vermeintlicher Geldnot seinen Hund erschießt, die Ehefrau , die mit der Drohung, Lebensmittel zu vergiften, gegen die zu befürchtende Verseuchung des Teiches zu Feld zieht und schließlich das Baby, das auf einem Parkplatz zurückgelassen wird…

Was mag den Schriftsteller wohl motiviert haben, solche vollkommen unterschiedlichen Erzählstränge miteinander zu verknüpfen? Der Titel des Buches bietet dazu durchaus eine Spur an: Das Paradies, das Sears beispielsweise gefunden zu haben glaubt, ist durch die Müllhalde ebenso verschwunden wie die glückliche Zeit, die der Barbier in wirtschaftlich besseren Phasen genießen konnte.

John Cheever: „Ach, dieses Paradies“. Roman. DuMont Verlag. Aus dem amerikanischen Englisch von Thomas Gunkel. Mit einem Nachwort von Peter Handke. 128 Seiten, 17,99 Euro.