Die Welt der Pilger – Ausstellung im Museum für religiöse Kultur in Telgte

Auf der Falkenburg bei Detmold gefunden: Ein "vera icon", ein Pilgerzeichen aus Rom aus dem 13./14. Jahrhundert mit dem Antlitz Christi. Leihgabe und Foto: Lippisches Landesmuseum Detmold.

Auf der Falkenburg bei Detmold gefunden: Ein „vera icon“, ein Pilgerzeichen aus Rom aus dem 13./14. Jahrhundert mit dem Antlitz Christi. Leihgabe und Foto: Lippisches Landesmuseum Detmold.

Was Telgte und seine Marienkapelle schon sind, kann das „Religio“ in diesem Jahr werden: eine Pilgerstätte. Jetzt ist im Westfälischen Museum für religiöse Kultur in Telgte die Ausstellung „Pilgerwelten“ zu sehen.

Die Ausstellung begleitet die Eröffnung eines neuen Teilstücks des Jakobswegs von Bielefeld bis Wesel. Die Federführung dieses Projekts hat die Altertumskommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Die Deutsche St. Jakobus-Gesellschaft e.V. firmiert als Schirmherrin für die „Pilgerwelten“.

Für die Kuratorinnen Anja Schöne und Lena Mengers ist das Pilgern auch eine Reise zu sich selbst. Dementsprechend haben sie nicht nur Leihgaben aus dem Stiftungsbestand Preußischer Kulturbesitz, dem Jüdischen Museum Berlin, dem Kölner und dem Essener Domschatz zusammengetragen, wie etwa eine Handschrift mit dem Pilgerbericht des Ritters Arnold von Harff vom Ende des 15. Jahrhunderts aus dem Kloster Maria Laach.

Arnold von Harff kniet vor den Heiligen Drei Königen. Aus dem Pilgertagebuch des Arnold von Harff, Niederrhein, Handschrift von 1554. Leihgabe und Foto: Bibliothek der Abtei Maria Laach.

Arnold von Harff kniet vor den Heiligen Drei Königen. Aus dem Pilgertagebuch des Arnold von Harff, Niederrhein, Handschrift von 1554. Leihgabe und Foto: Bibliothek der Abtei Maria Laach.

Die Ausstellung fragt auch nach den Motiven, warum sich Menschen auf Pilgerfahrt begeben – weltweit sind es jährlich 350 Millionen –, wie sie pilgern und was das Pilgern mit ihrem Körper und ihrer seelischen Verfassung macht.

Für den umfangreichen Katalog haben die beiden Ausstellungsmacherinnen Pilger aller Weltreligionen nach ihren Motiven, Erfahrungen und Erlebnissen befragt. „Dabei lag der Fokus stets auf Westfalen“, unterstreicht Mengers.

Der Schwerpunkt liegt auf der Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela. Diese Reise zum Grab des Apostels Jakobus in den äußersten Westen der iberischen Halbinsel entwickelte sich seit dem 9. Jahrhundert und zog bereits zwei Jahrhunderte später viele Pilger aus ganz Europa an. Die Ausstellung folgt ihren Spuren. Zudem beleuchtet sie die praktische Seite des Pilgerns, so dass man sich anschließend gleich auf den Weg machen könnte. Denn: Zur besseren Anschaulichkeit ist der Herdfeuerraum im alten Teil des Museums zu einer echten Pilgerherberge mit echten Stockbetten umfunktioniert.

Der Weg der Jakobspilger von Bielefeld nach Wesel wird mit einer ökumenischen Andacht und einer gemeinsamen Begehung am Freitag, 8. Mai, ab 14 Uhr, eröffnet. Info: www.jakobspilger.lwl.org

Info zur Ausstellung und zum umfangreichen Rahmenprogramm, u. a. mit Radpilgern und einem Musical: www.museum-telgte.de

 




Den Papst in der Tasche: Warum Paderborn (wahrscheinlich) in die Bundesliga aufsteigt

Aus fußballerischen Gefilden ist Bemerkenswertes zu vermelden: Nicht nur, dass überwiegend katholisch geprägte Städte die Schlussrunde der Champions League weitgehend unter sich ausmachen (Madrid, München); auch beim Aufstieg in die Erste Bundesliga sind sie führend.

Dass der 1. FC aus der rheinischen Domstadt Köln dabei ist, durfte man erwarten. Nun aber klopft auch die Mannschaft aus der westfälischen Domstadt Paderborn ans Tor des Oberhauses, um mal kreuzbrav im Jargon der landläufigen Sportberichterstattung zu bleiben. „Stand jetzt“ (auch so eine Floskel) müssen sie sich nicht einmal durch die Relegation quälen, um sich zu qualifizieren.

Tabellen lügen nicht

Tabellen lügen nicht

Zu dieser gelinden Sensation fallen einem schnell diverse Sprüchlein ein. Sicherlich haben demnach die Kölner und Paderborner Kicker „den Papst in der Tasche“. Leute, die ihnen weniger wohl gesonnen sind, mögen spotten: „Mit die Doofen is’ Gott.“ Und was dergleichen gackernder Spontanblödheit mehr wäre.

Auffällig ist es jedenfalls, dass zwei solch ausgeprägt katholische Kommunen in die höchste deutsche Spielklasse vordringen. Eigentlich fehlt jetzt noch Preußen Münster, doch die dümpeln irgendwo derart weit unten herum, dass wir lieber nicht genauer nachschauen wollen. Hält der gegenwärtige Trend an, so darf man aber wohl fest damit rechnen, dass sich statt dessen segensreiche Teams aus Altötting und Telgte einen Weg nach ganz oben bahnen werden.

„Geld schießt keine Tore!“ heißt es (meist fälschlich), wenn Missgunst auf die reichsten Vereine mit den teuersten Stars sich Luft schaffen will. Wer aber netzt für Paderborn ein? Wir wollen da lieber nicht weiter spekulieren, sonst wär’s am Ende noch lästerlich. Vielleicht hat ja die Flügelzange, äh, die parallele Heiligsprechung zweier Päpste noch einmal die letzten Reserven mobilisiert, hat somit mehr Doppelpässe und Flanken gelingen lassen als sonst. So rein mental jetzt.

P.S.: Bliebe noch nachzutragen, dass die Protestanten aus Hamburg, Braunschweig und Nürnberg aufs Högschte abstiegsbedroht sind. Noch Fragen?




An der Krippe hat Kritik kaum Platz – Schau in Telgte erstreckt sich nun über zwei Museen

Von Bernd Berke

Telgte. Was haben Krippen mit Krimis gemeinsam? Mindestens dies: Ein relativ enges Schema von Figuren und Handlungen reizt zur Variation. Begrenzung regt die Phantasie an. Beweise in Hülle und Fülle bietet die nun auf mehr als verdoppelter Fläche ausgebreitete Sammlung des Heimathauses/Krippenmuseums im Wallfahrtsort Telgte bei Münster.

Das zweifache, weit und breit einzigartige Museum erweist sich als Publikumsmagnet: Schon fast 30000 Besucher waren seit der Eröffnung des Neubaus da – und die liegt erst zwei Wochen zurück.

Als sie gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Deutschland gebräuchlich wurden, waren Weihnachtskrippen eine kirchliche Werbeaktion. Schlaue Jesuiten entdeckten im Zuge der Gegenreformation (als der Katholizismus wieder die Oberhand gewinnen wollte) die Wirksamkeit emotionaler Bibel-Inszenierung. Hatte es zuvor praktisch nur Tafelbilder zum Thema Jesu Geburt gegeben, so waren die dreidimensionalen Krippen damals ein fortschrittliches Medium – so, als würde man heute religiöse Videoclips oder Computerspiele kreieren.

In seinem schönen Neubau aus Ibbenbürener Sandstein (Architekt: der renommierte Josef-Paul Kleihues) kann man die Entwicklung der Krippe jetzt breit auffächern. Besonders liebevoll werden kostbare Stücke aus Westfalen präsentiert, so etwa nach Art von Buddelschiffen in Flaschen hineinpraktizierte Krippenszenen aus dem Sauerland.

Übrigens: Die Heiligen drei Könige (Kaspar, Melchior, Balthasar) gehörten nicht von Anfang an zum festen Personal, sie fanden erst im Lauf der Zeit ihren Platz – und sind neuerdings wieder auf dem Rückzug, denn Krippenbauer konzentrieren sich heutzutage meist ganz auf die Kleinfamilie aus Maria, Joseph und Jesus. Ja, manchmal tritt Maria gar schon als „Alleinerziehende“ auf.

Viel Schnitzwerk fürs wohlige Gefühl

Die Fülle der Exponate rundet sich jedenfalls zu einer Geschichte des Weihnachtsfestes überhaupt, das erst gegen Ende des bürgerlichen 19. Jahrhunderts seine uns bekannte Form annahm – samt Familienseligkeit, aber auch Konsumzwang.

Während im Neubau die alten Sachen gezeigt werden, sieht man im Altbau – na, logisch – die neuen: Seit 1934 dokumentiert man in Telgte auch das jeweils aktuelle Krippenschaffen in Sonderausstellungen. Heuer sieht man (neben dem umfangreichen Dauerbestand) bis zum 28. Januar 1995 die 54. Schau. Nachdem zuletzt öfter provozierende Arbeiten gezeigt wurden (etwa Punker-Figuren nebst Ochs und Esel oder Messer, Gabel und Löffel statt der biblischen Gestalten), so bequemt sich die große Mehrzahl der Künstler nun wieder zur Konvention. Eine mit Wohlstandsmüll absichtlich verunzierte Öko-Krippe ragt schon als einsames Mahnmal heraus.

Ansonsten gibt es viel bemühtes Schnitzwerk, auf daß einem schön heimelig zumute werde. Redlich-gemütvolle Gebrauchskunst wollen wohl die meisten Besucher sehen – und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Ist ja auch wahr: „Kritische Krippen“ oder Abstraktionen haben nur im Umfeld braver Darstellungen ihren Sinn. Wenn sie überwiegen würden, wär’s fad.

Die ganze Vielfalt der Krippenproduktion zeigt sich in der internationalen Abteilung. Jedes denkbare Material wird verwendet. In Südafrika entstand die Muschelkrippe, in Alaska eine aus Walfischknochen. In Peru treibt man’s so bunt und üppig wie im Barock. Und der Krippenbauer aus Tansania läßt die Könige nicht mit Weihrauch, Gold und Myrrhe dem Jesuskind huldigen, sondern mit Feldfrüchten. Ein Medizinmann, der gleichfalls dazugehört, sieht’s mit Wohlgefallen. Ein friedsames Gruppenbild.

Museum Heimathaus Münsterland und Krippenmuseum. 48291 Telgte bei Münster, Herrenstraße 1. (Tel.: 02504/931 20). Geöffnet Di.-So. 10-18Uhr (24., 25., 31. Dez. geschlossen). Eintritt 4 DM, Kinder u. Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt.