Gespräche über Wirtschaftsethik: Neue Wertekonferenz zur Zukunft der Region

Symbolcharakter hatte das Bild von großen Pfeilern einer Ruhrbrücke, das den Blickfang des Flyers bildete, mit dem der Initiativkreis „Mitten in Westfalen“ und die Katholische Akademie Schwerte zur Wertekonferenz einluden. Theo Körner sprach mit Akademiedirektor Dr. Peter Klasvogt, Leiter der Dortmunder Kommende (Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn), über Ziele und Perspektiven der Veranstaltung.

Woher stammt die Idee für eine Wertekonferenz?
Peter Klasvogt: Die Wertekonferenz in der Katholischen Akademie Schwerte geht auf den Initiativkreis „Mitten in Westfalen“ zurück, ein Scharnier zwischen den Regionen Südwestfalen und Ruhrgebiet. Heute boomt die Wirtschaft im Sauerland, und der Strukturwandel im Großraum Dortmund hat eine Wissens- und Kulturlandschaft hervorgebracht, die ihresgleichen sucht. Doch viele gute Einzelplayer bilden noch kein schlagkräftiges Team. Da braucht es mehr als professionelle Wirtschaftsinitiativen und eine pfiffige Marketingstrategie. Dazu bedarf es einer zündenden Idee und überzeugender Konzepte, vor allem aber der Besinnung auf gemeinsame Werte und verbindende Ziele.

Dr. Peter Klasvogt, Leiter der Katholischen Akademie (Foto: Privat)

Dr. Peter Klasvogt, Leiter der Katholischen Akademie (Foto: Privat)

Was sind die Vorstellungen und Ziele einer Veranstaltung, die den durchaus anspruchsvollen Titel „Wertekonferenz“ trägt?
Klasvogt: Wettbewerb belebt zweifellos das Geschäft, doch auf lange Sicht gehört nicht dem die Zukunft, der am meisten für sich rausholt und die anderen aussticht, sondern dem, der das Ganze im Blick hat und über partikulare Interessen hinweg Verantwortung übernimmt. Diesem Ziel weiß sich die Wertekonferenz dieser Region verpflichtet, die in der Besinnung auf den gemeinsamen Grund den Boden bereiten will für eine verantwortungsvolle Gestaltung der Zukunft.

Wer gehört zu den Akteuren bzw. den Beteiligten, und was lässt sich über deren Motive sagen?
Klasvogt: Den Anstoß zu dem Initiativkreis gaben der Regierungspräsident in Arnsberg, Dr. Gerd Bollermann, sowie der Vorsitzende des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte, Egbert Neuhaus. Beiden war es wichtig, dass von Anfang an auch die Akademien der christlichen Kirchen in Schwerte und Villigst an dieser Initiative beteiligt wurden; daneben sind Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Kultur und Sport vertreten.

Schauplatz der nächsten Wertekonferenz im November: die Evangelische Akademie in Schwerte-Villigst. (Bild: Bernd Berke)

Schauplatz der nächsten Wertekonferenz im November: die Evangelische Akademie in Schwerte-Villigst. (Bild: Bernd Berke)

Was ist bislang schon gelaufen?
Klasvogt: Den Auftakt machte die Erste Schwerter Wertekonferenz in der Katholischen Akademie unter dem Motto: „Was trägt – und was bleibt?“. Mit dem langjährigen WDR-Intendanten Fritz Pleitgen, der in seinem Statement gemeinsame Werte, verbindende Ziele und gesellschaftliche Verantwortung herausarbeitete („Was unsere Welt zusammenhält…“), und dem Trainer des Deutschland-Achters, Ralf Holtmeyer, zu Fragen von Teamgeist, Leistung, Erfolg („Was uns zusammen weiterbringt…“) hatten wir hochkarätige Referenten und Gesprächspartner, die die inhaltliche Auseinandersetzung zu Fragen von Führungsethik, Leitbildprozessen, Unternehmensführung etc. sehr bereichert haben. Das setzte sich in der Folge in In-House-Gesprächen fort, in denen sich einzelne Unternehmer in ihren Betrieben über die Schulter schauen ließen, fokussiert auf die Frage der Wertebasis und Unternehmenskultur.

Welche Erfahrungen und Erkenntnisse haben Sie bisher gewonnen?
Klasvogt: Die ersten Treffen und Begegnungen geben den Initiatoren Recht: Es gibt ein breites Interesse, jenseits der Fragen wirtschaftlicher Wertschöpfung und unternehmerischen Erfolges über gemeinsame Wertvorstellungen, unternehmerische Leitbilder und persönliche Erfahrungen ins Gespräch zu kommen, Ideen auszutauschen, Gemeinsamkeiten auszuloten. Wirtschaftlichkeit und Finanzen sind zweifelsohne von zentraler Bedeutung, aber sie dürfen niemals alleiniges Kriterium sein. Vielleicht liegt der Reiz dieser Wertekonferenzen gerade in dem Aufeinandertreffen von Wirtschaftsethik und Unternehmenspraxis. Es ist für alle Beteiligten spannend und inspirierend, wenn Vision auf Wirklichkeit trifft. Insofern ist es ein Glücksfall für unsere Region, wenn Verantwortungsträger aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft neu über ihre gesellschaftliche Verantwortung nachdenken und jenseits des persönlichen Vorteils nach dem Bonum Commune (Gemeinwohl) fragen. Dass hier explizit auch die Kirchen und die Christliche Sozialethik gefragt sind, stimmt mich sehr zuversichtlich.

Welche weiteren Schritte sind geplant?
Klasvogt: Die nächste Wertekonferenz findet im November in der Evangelischen Akademie Villigst statt, dann zum Thema „Hat der ehrbare Kaufmann ausgedient? Von alten und neuen Werten der Unternehmensführung“. Planungen für 2014 sind auch bereits angelaufen.




Kunst gefällig? Museen verleihen Meisterwerke – Mit Leasing könnten Institute den Etat aufbessern

Von Bernd Berke

Im Westen. Das „Phantom der Oper“ treibt seit Jahren in den Musical-Palasten der Welt sein Unwesen. Jetzt scheint es auch ein „Phantom der Museen“ zu geben – und es betätigt sich vorzugsweise im Ruhrgebiet. Die Rede ist von einem eigentlich pfiffigen Kunst-Leasing-Projekt, dessen Früchte aber noch nicht so recht sprießen wollen.

Zwei Frankfurter hatten die Idee: Ulrich Schanda und Reinhold Brunner (beide 35) dachten sich, es sei doch schade, daß so viele Kunstschätze in Depots vor sich hin dämmern. Statt dessen könne man sie (gegen Gebühr) an zahlungskräftige Kundschaft ausleihen. Beispiel: Ein Bild hat einen Versicherungswert von 100 000 DM. Will z. B. ein Unternehmer es in seine Geschäftsräume hängen, sind davon jährlich 10 Prozent Leihgebühr fällig, macht also 10 000 DM – je 5000 DM würden an die Vermittler Schanda/Brunner und ihre „ulyssis art broking GmbH“ sowie an das Geber-Museum fließen. Die Transportkosten gehen zu Lasten der Frankfurter Broker.

Eine verlockende Sache, besonders für Kunsthäuser des Ruhrgebiets, die so ihre schmalen Etats etwas aufbesgern könnten. Denn die Gebühren würden als Spenden oder Beiträge deklariert, so daß keine Stadt die Extra-Erlöse ohne weiteres vom Budget abziehen könnte. Kein Wunder also, daß man hierzulande besonders aufgeschlossen war und daß fast die Hälfte der beteiligten Museen im Revier zu finden ist: Das Städtische Museum Gelsenkirchen ist ebenso dabei wie die Kunsthalle Recklinghausen, das Märkische Museum Witten und das Osthaus-Museum in Hagen. Renommierte Häuser in Nürnberg, Mannheim, Hannover und Ludwigshafen vervollständigen die Liste der Interessenten.

Doch die ganze Sache „hakt“. Dr. Michael Fehr, Chef des Hagener Osthaus-Museums: „Die Idee ist ja ganz gut. Doch wir haben seit einem halben Jahr nichts mehr davon gehört. Das Projekt ist offenbar ,gestorben‘.“ Kein einziges Bild habe den Weg zu einem UNternehmen gefunden.

Die gleiche Auskunft bekam die WR bei der Kunsthalle Recklinghausen: „Die Industrie spielt wohl nicht mit.“ Das Sprengel-Museum in Hannover ist sogar „vorübergehend“ aus dem Verleiher-Pool ausgestiegen. Erst wenn sich Erfolge einstellen, will man wieder mitmachen.

Immerhin, hört man aus Hagen, will das „heute-Journal“ im ZDF über das Projekt berichten. Bis jetzt ist der Beitrag zwar noch nicht gelaufen, doch schöpft man neue Hoffnung, nachdem endlich auch der erste Bild-Transfer geklappt hat. Reinhold Lange vom Städtischen Museum Gelsenkirchen meldete Vollzug: Aus „seinem“ Fundus trat das Bild „Fliegende Formen“ des (nicht am Erlös beteiligten) 86jährigen Konstruktivisten Anton Stankowski die Reise nach Berlin an. Es schmückt nun einen Geschäftsraum der Firma Eternit. Lange: „Ein willkommener Zuschuß für uns.“

Vielleicht bleibt es also doch kein „Phantom“. Über 150 Kunstwerke sind mittlerweile im Angebot – mit Versicherungswerten zwischen 15 000 und 900 000 DM (Spitzenpreis: ein Bild von Max Pechstein). Die Quote der Leihgebühren bewegt sich zwischen 7 Prozent für die teuersten und 15 Prozent für die preiswertesten Arbeiten.

Kunst-Makler Reinhold Brunner beteuert unterdessen im Gespräch mit der WR die seriöse Geschäftsgrundlage. Vor einer eventuellen Leih-Aktion schaue man sich die Geschäftsräume der Unternehmer sehr genau an. Man überprüfe Klima-, Licht und Sicherheits-Bedingungen und ermittle, ob in den Zimmern geraucht wird und wann die Sonne durch welches Fenster scheint. Bei ausgesprochen teuren Werken rede man ausführlich über Bewachung und Alarmanlagen. Natürlich werde aus eine Extra -Versicherung abgeschlossen. Brunner: „Und falls die Museumsleute Bedenken haben, bekommen sie Zutrittsrecht“.