Familienfreuden auf Reisen: Von Bergziegen und Meerschweinchen

Kein Wunder, dass wir uns Meerschweinchen gekauft haben. Wir sind selbst welche. Also glücklicherweise nicht ganz so kugelrund wie unsere drei Damen vom Südamerika-Grill. Und auch weniger schreckhaft. Aber das Meer, das könnte auch vor unseren Namen stehen. Meer-Nadine. Meer-Normen. Meer-Fi. Dieses Jahr aber haben wir uns als Bergziegen versucht.

Wo bitte geht es zum Meer? Wenn Meerschweinchen sich als Bergziegen versuchen. (Bild: Albach)

Urlaub und Corona, das klang vielleicht früher mal gut, als jeder noch an das Bier und niemand an ein Virus gedacht hat. Seit 2020 aber ist Urlaub für uns mit vielen Fragen verbunden. Können wir überhaupt Urlaub machen? Wohin? Wie sind dort die Inzidenzen? Und wenn doch etwas passiert: Wie weit wollen wir von Zuhause weg sein?

Die Welt war plötzlich sehr klein

Letztes Jahr fiel die Antwort sehr schreckhaft aus (Meerschweinchen-Panik!). Wir wollten, aber nicht weit. Ich hatte tatsächlich ein Haus im Münsterland gebucht. Sagenhafte 50 km von Zuhause entfernt. Die Welt war plötzlich sehr klein. Es regnete viel. Und das Gewässer vor unserem historischen Gemäuer war eher ein Tümpel mit vielen Fischen. Aber hey: Wir waren gesund. Wir konnten wegfahren. Das war zu diesem Zeitpunkt sehr viel.

Dieses Jahr wollten wir trotzdem mutiger sein. Fliegen trauten wir uns noch nicht (Meerschweinchen-Panik!). Aber weiter wegfahren. Österreich, Kleinwalsertal, ließ die Augen der Nachbarn beim Erzählen leuchten. Und sollte uns doch das innere Meerschweinchen übermannen, wir wären in 20 Minuten wieder in Deutschland.

Wer hat die Fototapete vergessen?

Uns erwartete eine neue Welt. Immer, wenn ich in den ersten Tagen das Wohnzimmer unserer Ferienwohnung betrat, fragte ich mich, wer vergessen hatte, die Fototapete wieder einzurollen. Berge! Majestätisch, schön, beeindruckend – und hoch. Das hätte uns ja mal jemand sagen können!

Trotzdem machten wir uns todesmutig an die erste Gipfelbesteigung. Ok, ein bisschen geschummelt mit Seilbahn-Support. Aber den Rest umso stürmischer allein. Und dabei lernten wir die erste Lektion des Bergziegen-Daseins: Never leave the house without ordentlich viel Blasenpflaster. An dieser Stelle noch einmal danke an die Drei-Generationen-Wanderdamen, die Fis kleine Zehen liebevoll beklebten und damit vor weiterem Ungemach durch ahnungslose Eltern retteten.

Die Bergziege im Pfeffer

Nach dieser Erfahrung ahnte Fi recht schnell, wo der Hase, ähm, pardon die Bergziege im Pfeffer liegt. „Wie viele Stunden wandern wir heute?“, fragte sie morgens bang.

Deswegen haben Normen und ich in diesem Urlaub ganz nebenbei eine Weiterbildung zu Animateuren gemacht, die eines 5-Sterne-Resorts würdig wären. Wir liefen durch die Breitachklamm und sprudelten über bei der Bejubelung der Wasserfälle. Wir machten auf einer steinigen Talwanderung die Alp mit dem besten Kaas-Press-Knödel der Welt ausfindig. Wir betörten Eichhörnchen, die uns die Nüsse aus den Händen klaubten. Wir fanden jeden Wanderstein und hoben alle Geocaches (inklusive 100 Ohrenkneifern, die es sich in einem von ihnen gemütlich gemacht hatten). Fiona bedachte unsere Mühe mal mit höflicher Zustimmung, mal echter Begeisterung. Letztere vor allem dann, wenn uns die vielen Schritte zu kühlen Bergseen führten.

Es war ein schöner Urlaub. Wir haben ungeheuer viel erlebt. Und doch hat mich Fionas Resümee nicht überrascht: „Wie hat es Dir gefallen?“ fragten wir sie. Sie antwortete mit unserem Familien-Bewertungsschema, indem sie den Daumen nach oben reckte. „Und im Vergleich zu Kreta?“, fragte Normen weise mit Blick auf unsere Strandurlaube vor Corona. Fiona zögerte kurz. Ihr Daumen zeigte auf Viertel vor – gut, aber nicht gigantisch. Wir nickten.

Bergziegen sind wirklich tolle Tiere. Aber nächstes Jahr, da lässt uns Corona hoffentlich wieder ausleben, was wir im Herzen sind. Eben Meerschweinchen.




Kultur hat Ruh‘ – ein sommerliches Idyll

Die Theaterferien sind ausgebrochen, die großen Konzertzyklen sind vorerst vorbei und in den Museen beginnen einstweilen keine neuen Ausstellungen. Kultur hat sommerliche Ruh’.

Man kann es an den Kulturteilen der Zeitungen und überhaupt an kulturgeneigten Publikationen – so schließlich auch an den Revierpassagen – ablesen, dass bis auf ein paar routiniert gezimmerte Sommerreihen (vorzugsweise Comedy sowie Rock & Pop) derzeit nicht viel Nennenswertes anliegt. Jaja, ein paar schüttere Gegenbeispiele gibt es immer, doch die bestätigen die Regel.

Postkartenreifer Sonnenuntergang in Egmond, Holland (Foto: Bernd Berke)

Postkartenreifer Sonnenuntergang in Egmond, Holland (Foto: Bernd Berke)

So zynisch das klingen mag: Wahrscheinlich waren manche Redaktionen insgeheim froh, dass sie jüngst wenigstens einige Nachrufe auf verstorbene Kulturgrößen bringen konnten. Irgendwie muss das Blatt ja gefüllt werden, irgend etwas muss es geben zum gepflegten Versenden. Nur mit Bayreuth und Salzburg geht die Chose nicht.

Kleiner Themenschwenk: Seit dem Ende der WM wird uns jetzt nicht einmal ein Fitzelchen „Fußballkultur“ zuteil, die Bundesliga liegt noch in monatsweiter Ferne.

Die Leute sind halt auf Urlaubsreisen oder an diversen heimischen Wassern. Nur ein versprengtes Häuflein leistet noch die bittersüßen Frondienste der Erwerbsarbeit. Für wen also soll man da spielen?

Wir aber versuchen uns – wenn schon die anderen Künste weitgehend brachliegen – vielleicht in Lebenskunst. Wir entdecken zudem, dass da noch ein paar ungelesene Bücher liegen. Und diese oder jene Musikkonserve haben wir auch noch nicht richtig gehört. Alsdann.




Familienfreuden auf Reisen: Die Visitenkarte des Weihnachtsmannes

Ach ja, die Sonne scheint, ich sitze im T-Shirt vor dem Laptop, die Blumen blühen – da kann man schon mal in Weihnachtsstimmung geraten. Zumindest suggeriert mir das mal wieder unser Supermarkt um die Ecke, bei dem es schon Lebkuchen und Spekulatius gibt. Das zumindest passt hervorragend zu unserem Reiseabschluss – denn Fi ist dem Weihnachtsmann begegnet.

Der Weihnachtsmann - der Spannung halber hier anonymisiert.

Der Weihnachtsmann – der Spannung halber hier anonymisiert.

Wenn ich an den Weihnachtsmann denke, ist neben dem üblichen Bart und der roten Kleidung eigentlich immer auch irgendwo Schnee im Bild, auch Tannengrün und ein paar leuchtende Weihnachtsbaumkugeln gehören dazu.

Die Realität sah anders aus, ganz anders. Wir stießen die Tür unseres Campingwagens auf und da stand er: Santa Claus – und bändigte unser Grillfeuer! Mit einem Pusterohr, ganz entspannt. Auch sonst stimmte einiges nicht an dem Bild: Santa trug ein gemütliches Karohemd und Jeans. Und er war mit Freunden da, die allesamt nicht wie Kobolde aussahen. Das, was allerdings am meisten von meiner Vorstellung abwich, war die Tatsache, dass der Weihnachtsmann Harley Davidson fuhr.  Die stand da, blitzblank leuchtend, und war nicht einmal rot.

Trotzdem gab es keinen Zweifel, dass es sich bei dem Mann an unserem Grill um den echten Weihnachtsmann handelte. Fi muss das sofort gespürt haben, denn sie war mucksmäuschenstill und schaute den bärtigen Herrn nur mit großen Augen an und ließ sich sogar von ihm den Kopf streicheln. „Ich habe etwas für Eure Tochter“, sagte der Mann verschwörerisch, „und Ihr müsst mir versprechen, dass Ihr es so lange aufbewahrt, bis sie groß genug ist, um es selbst zu lesen.“ Wir nickten gespannt.

Er kramte in seiner Hemdtasche. Und zog etwas Kleines hervor.

Eine Visitenkarte! Vom Weihnachtsmann!

Damit war auch bei uns Erwachsenen jegliches Misstrauen weggepustet. Zumal auf der Karte auch eine Liste mit seinen Lieblingssachen stand, die ich Euch hier nicht vorenthalten will. Also:

Lieblingsgetränk: Milch
Lieblingsjahreszeit: Winter
Lieblingstier: Rentier
Lieblingshobby: Kunst und Handwerk
Lieblingsfarben: Rot und Braun

Informationen, die Gold wert sind!

Santa lächelte uns freundlich an. „Ich sage den Kindern immer: So lange Ihr an mich glaubt, komme ich auch zu Euch.“ Wir nickten und prägten uns jedes Wort für Fi ein. Trotzdem schaute er uns prüfend an und meinte seufzend: „Wisst Ihr, manchmal ist es so, dass man nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt. Dann dauert es sehr lange, bis der Glaube zurückkehrt – meistens dann, wenn so ein Wunder geschieht, wie die Geburt eines Kindes.“

Wir schluckten und nickten erneut. Als er weg war, sahen wir noch lange in die glimmenden Kohlen.

Wir hatten den Weihnachtsmann wiedergefunden. Und Fi können wir eines Tages sogar seine Visitenkarte geben.




Alles ist ermattet, doch Elvis lebt!

Elvis als Automaskottchen (Bild: Bernd Berke)

Elvis als Automaskottchen (Bild: Bernd Berke)


Die Mehrheit der „Revierpassagen“-Autorinnen und Autoren ist derzeit auf Reisen, weite Bereiche des Kulturbetriebs haben jetzt eh geschlossen. Ohnehin hat der Müßiggang seine unwiderstehlichen Reize…

Aber das ist ja das Schöne am Bloggen. Während Zeitungen im Druck und mit ihren Ablegern im Netz sich abquälen müssen, trotz alledem täglich ihre Seite(n) zu füllen (ein bis auf weiteres unvergängliches Motto dabei: „Große Bilder sind schnell geschrieben“), können wir es zuweilen geruhsamer angehen lassen.

Aus gutem Grund haben wir niemandem tägliche Lieferungen versprochen, erst recht kassieren wir nicht für Abo oder Einzelverkauf, auch erheben wir keinerlei Gebühren, stecken ferner null Subventionen oder sonstige Zuschüsse ein.

Doch wenn auch die hiesige Kulturkritik ein wenig ermattet darnieder liegt und sich allenfalls zum sommerlichen Kriechgang aufrafft, so steht doch eines felsenfest: Elvis lebt! Auch unser bei typischem Sommerwetter entstandenes Fotos beweist es wieder.