Was wollt ihr: Kreuzfahrt oder nach Wanne-Eickel radeln?

Inkognito beim Fahrradfahren – aber nicht nach Wanne-Eickel. (Schattenriss-Selfie: BB)

Inkognito beim Fahrradfahren – aber nicht nach Wanne-Eickel. (Schattenriss-Selfie: BB)

Heute steht in der FAZ-Sonntagszeitung (FAS) ein Beitrag über Klassenfahrten, die im Schnitt zusehends teurer geworden sind.

Warum das so ist? Weil u. a. Agenturen eingeschaltet werden, die kostspielige Erlebnistouren zu Komplett-Paketen schnüren, damit die geplagten Lehrer organisatorisch entlastet werden und verwöhnte Schüler halbwegs zufrieden sind. Die Eltern bezahlen den Aufwand ja, wenn auch wohl vielfach mit Murren.

Mit dem Fahrrad nach Wanne-Eickel? Dann aber auch mit der richtigen Klingel! (Foto: BB)

Mit dem Fahrrad nach Wanne-Eickel? Dann aber auch mit der richtigen Klingel! (Foto: BB)

Aber darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus. Es kommt im selben Artikel nämlich noch besser. Dieser Tage gab’s Zoff und allfälligen Shitstorm, weil ruchbar wurde, dass zwei Leistungskurse eines Frankfurter Gymnasiums nach Oslo und Kopenhagen aufbrechen werden, und zwar per Kreuzfahrtschiff… Ein beteiligter Lehrer begründete das enorm klimaschädliche Vorhaben laut FAS im Gespräch mit dem Hessischen Rundfunk so: „Mit dem Fahrrad nach Wanne-Eickel fahren – das wollen die Schüler nicht.“

Da sagen wir mal: „Setzen! Sechs!“

Nun hätte der Lehrer auch die seinem Standort viel näher liegenden, pulsierenden Metropolen Offenbach oder Darmstadt-Wixhausen als Beispiele nehmen können, aber nein: Der studierte Mann hat sich wohl gedacht, größtmöglichen Abscheu vor Piefigkeit mit einer Ortsbezeichnung aus dem Ruhrgebiet ausdrücken zu können. Und also gibt’s mal wieder dümmliches Revier-Bashing – ausgerechnet noch, um völlig unnötige Kreuzfahrten zu verteidigen. Ob zu den Leistungskursen wohl auch Schülerin(innen) gehören, die bei „Fridays for Future“ mitmachen? Sehr wahrscheinlich.

Und jetzt? Damit der besagte Lehrer auch mal was lernt, gibt’s noch eine kostenlose Lektion mit einem uralten Kalauer: Wie heißt Wanne-Eickel auf Lateinisch? – Na, Castrop-Rauxel natürlich!

Der weiß aber auch nix.

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Hier noch ein Ruhrgebiets-Quiz für Hessen, Schwaben, Bayern etc.: Zu welcher Revierstadt gehört eigentlich Wanne- Eickel?

a) Essen
b) Bottrop
c) Herne
d) Gelsenkirchen




Bedauernswerte Promis leiden an Provinzstädten – und erst recht am Ruhrgebiet

…und ich dachte schon: Alle Achtung, diesmal mokieren sie sich nicht übers Ruhrgebiet. Doch weit gefehlt.

Die FAZ-Sonntagszeitung (FAS) lässt seit jeher kaum eine Gelegenheit aus, den „Pott“ unentwegt hochwitzig zu brandmarken. Darin konkurrieren sie gelegentlich im weniger edlen Wettstreit mit der „Süddeutschen Zeitung“. Wahrscheinlich zahlen diese Metropolen-Fuzzis (drastischere Bezeichnungen auf Anfrage) gern so hohe Mieten und Kaufpreise, wenn sie sich anschließend nur aufs hohe Ross setzen können.

Hand aufs Herz: Einen solchen Städteanblick kann man doch einem Model oder Sternchen nicht zumuten! (Foto, vom Dortmunder Florianturm herab: Bernd Berke)

Hand aufs Herz: Einen solchen Städteanblick kann man doch einem Model oder Sternchen nicht zumuten! (Innenstadt-Foto, vom Dortmunder Florianturm herab: Bernd Berke)

So auch diesmal in einer Kolumne, die ich von Zeit zu Zeit recht gern lese. „Herzblatt“ heißt sie, befindet sich im FAS-Zeitungsbuch „Leben“, wird zumeist von Jörg Thomann geschrieben und greift aberwitzige Fehlleistungen der „gelben“ Klatschpresse auf. Was „Bunte“, „Frau im Spiegel“, „Das Neue Blatt“, „In“, „Gala“, „Closer“ und Konsorten so abliefern, spottet oft jeder journalistischen Beschreibung. Da wird zuweilen so dreist geflunkert und manipuliert, dass es nur so seine Art hat. Nicht selten ist’s zum Brüllen komisch.

Diesmal knöpft sich Thomann Beziehungsgeschichten von Fußballstars vor. Bei André Schürrles „Liebes-Aus“ (wie es in derlei Blättern stets heißt) wird gemutmaßt, dass seine Ex-Partnerin mit dem Wechsel von London nach Wolfsburg nicht einverstanden gewesen sein könnte. Aus der Weltstadt in die tiefste Provinz – da schmollen halt die verwöhnten Models, die in aller Regel an der Seite prominenter Kicker auftreten. Klar. Möglich wär’s.

An der Stelle dachte ich: Die werden doch jetzt nicht den Supergag verschenken, dass Schürrle just von Wolfsburg nach Dortmund gewechselt ist? Nur ruhig Blut. Thomann nimmt lediglich einen kleinen rhetorischen Umweg. Er erwähnt die Soap-Darstellerin Sila Sahin, die mal mit dem vormaligen BVB-Spieler Ilkay Gündogan liiert war und jüngst einen Spieler von Hannover 96 geheiratet hat, aber lieber weiter in der phantastischen Weltstadt Berlin wohnen will.

Zitat Sila Sahin: „Ich war ein Jahr in Dortmund. Und das war nicht so eine schöne Erfahrung…“ Das muss als Begründung reichen. Worauf Jörg Thomann zusammenfasst: „Wolfsburg, Dortmund, Hannover: Wer erzählt die Geschichten junger Fußballspieler, die mit ihren kreuzunglücklichen Partnerinnen in deutschen Provinzstädten festhängen?“ Ja, wer erzählt die?

Merke: (Promi)-Beziehungen nehmen naturgemäß nur einen glamourösen und somit glücklichen Ausgang, wenn sie in Berlin, Hamburg, München oder bestenfalls noch Frankfurt oder Düsseldorf sich entfalten dürfen. Von London, Paris, Madrid oder Barcelona ganz zu schweigen. Wollen Paparazzi etwa in Bochum oder Gelsenkirchen auf der Lauer liegen? Sagt selbst!

Damit hat FAS-Thomann für diesmal sicherlich sein Pulver in Richtung Revier und sonstiger Graumaus-Städte verschossen, oder? Keineswegs. Er legt noch mal genüsslich nach. Häufig höre man Bezeichnungen wie „Wahl-Pariser oder Wahl-Berliner, Wahl-Wanne-Eickeler eher nicht so.“ Mensch, Jörg. Das war ein Volltreffer! Womit des Schenkelklopfens über die doofen Menschen, die freiwillig im Ruhrgebiet leben, kein Ende mehr sein dürfte.