
Uwe Obier (rechtes Bild), Leiter der Städtischen Galerie Lüdenscheid, im Porträt – und im Kreise von Rundschau-Redakteuren. (WR-Bilder: Alfred Koch)
Eigener Bericht
Dortmund/Lüdenscheid. (bke) „Lüdenscheid ist ein völlig anderes Piïaster für die Kunst, als das Ruhrgebiet“. Uwe Obier, Leiter der landesweit renommierten Städtischen Galerie Lüdenscheid und jetzt zu Besuch im Dortmunder Rundschau-Haus, kann die Situation im Revier und Südwestfalen aus eigener Erfahrung gut vergleichen. Vor seinem Wechsel in den Märkischen Kreis (Herbst 1979) war er Mitbegründer und ehrenamtlicher Leiter des Kunstvereins Gelsenkirchen. Er hält bis heute engen Kontakt zu Revier-Museen.
Obier blickt ohne Zorn zurück: „In Lüdenscheid mußte ich anfangs gegen große Widerstände kämpfen“. Einige Politiker und Bürger standen damals mißtrauisch bis fassungslos seinen Ambitionen gegenüber, Kunst in Lüdenscheid durchzusetzen, die sich eben nicht auf den ersten Blick erschloß. Vorurteile, zumal gegen Abstraktes („Das kann mein kleiner Sohn auch“ usw.), kochten immer mal wieder hoch.
Obier, Jahrgang 1937, Ex-Sozialarbeiter und als Autodidakt zum Kunstexperten geworden, nahm die Herausforderung an: „Ich mußte halt manchen Strauß ausfechten“. Solcher Streit sei mitunter produktiv: „Zu viel Friede ist auch nicht gut. Es muß Reibungspunkte geben“.
Mit der Zeit, vorangetrieben durch die Gründung der Märkischen Kulturkonferenz (1979) und ihrer Stipendien, dann auch durch die Neuformierung des örtlichen Kulturausschusses (1985), habe sich das Blatt gewendet. Obier kann sich heute auf sehr aufgeschlossene Politiker stützen, die ihm bei der Ausstellungsplanung freie Hand lassen. Auch hätten kunstsinnige Unternehmer das Ortsklima verbessert. Doch Obier läßt kein Mißverständnis aufkommen: „Von einer Kunst-Schickeria kann man in Lüdenscheid bestimmt nicht sprechen“.
Inzwischen nehme sich die Stadt fast schon wie eine Schutzzone der Kunst aus. Jedenfalls sieht Obier manche Anzeichen einer Kulturbedrohung im Ruhrgebiet, während es in Lüdenscheid kontinuierlich aufwärts gegangen sei. Er müsse keine Abstriche von seinem Konzept machen. Leitlinie: „Kunst kommt nicht nur von Können; das ist lediglich die Voraussetzung. Kunst hat immer mit neuen Elementen, mit Erfindung zu tun“. Durchs strenge Qualitätsraster fallen sowohl kunsthandwerkliche Arbeiten als auch z. B. kommerziell hochgejubelte Epigonen der „Jungen Wilden“. Wie schätzt er die Lage in anderen Gemeinden Südwestfalens ein? „Beim Kunstverein Arnsberg gibt es gute Ansätze, auch beim Kunstverein Siegen; aber dort sind sie schon wieder gefährdet“. In Siegen herrsche eine Situation wie er, Obier, sie zu Beginn in Lüdenscheid vorgefunden habe.
Obier, der auf den früheren Beamtenstatus verzichtete und die Lüdenscheider Galerie als Stadt-Angestellter im „Einmannbetrieb“ betreut, bekommt bald noch mehr Arbeit. Im November wird das für 9,2 Mio. DM hergerichtete neue Lüdenscheider Museum eröffnet. Dort kann Obier endlich die ständige Sammlung präsentieren, die bislang im Depot schlummerte. Ausgehend von der Nachkriegs-Gruppe „Junger Westen“, umfaßt die Kollektion exemplarische Beispiele deutscher Kunst nach 1945. Arbeiten auf Papier bilden einen Schwerpunkt. Clou wird eine Abteilung mit von Künstlern gestalteten Stühlen sein.
Die ständige Sammlung der Stadtgalerie (für Wechselausstellungen stehen die Räume in der Alten Rathausstraße weiter zur Verfügung) wird sich das neue Museum mit der stadtgeschichtlichen Sammlung teilen. Sinnfällig sollen zur Eröffnung beide Bereiche verknüpft werden: Die historische Abteilung wird einschlägige Produkte aus der einstmaligen „Stadt der Knöpfe“ zeigen, Obier steuert künstlerische Knopf-Arbeiten (Titel: „Ein Knopf für Lüdenscheid“) bei. Kurz darauf werden die Bürger der Stadt einbezogen – gleichfalls mit kreativen Umsetzungen des Knopf-Themas.