Schlagwort-Archive: Theater Dortmund

Unermüdliche Suche nach Benachteiligung – „Cherchez la FemMe“ im Dortmunder Studio

Von links: Linda Elsner, Sarah Yawa Quarshie und Iman Tekle (Bild: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Angekündigt wird die Begegnung mit drei sehr unterschiedlichen Frauen, mit Claude Cahun, Josephine Baker und Eartha Kitt. Doch wenn das Spiel beginnt, läuft es ganz anders als geplant. Offenbar ist das Publikum zu früh gekommen, die auf der Bühne sind noch nicht fertig. Und das Licht ist auch noch nicht an.

Witzig? In Grenzen schon. „Cherchez la FemMe“ heißt das 75-minütige Spektakel im Studio des Dortmunder Theaters, das nach seinem verstolperten Anfang bald an Fahrt gewinnt. Und natürlich ist die orthographisch fragwürdige, selbstverständlich vieldeutige Schreibung des Titels absichtsvoll erfolgt.

„Kochshow“ mit (von links): Linda Elsner, Iman Tekle, Sarah Yawa Quarshie und Christopher Heisler (Bild: Birgit Hupfeld/Theater

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Hier gibt es für Künstler nichts zu lachen – Milan Peschels „Das Vaudeville der Verzweiflung“ im Theater Dortmund

Szene mit Marlena Keil (liegend), Alexander Dakow, Linus Ebner, Anton Andreew, Bettina Engelhardt und Ekkehard Freye (von links). (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Leicht zugänglich ist dieses Stück nicht, trotz seines munteren Aufspiels. Vieles geht hier durcheinander, Zeitebenen und Rollenzueignungen bleiben unscharf, der Text trägt eher zu weiterer Verwirrung bei, als daß er die erklärenden Bezüge schaffte. Das Dortmunder Theater zeigt „The Head in The Door oder Das Vaudeville der Verzweiflung“; Milan Peschel hat das Stück geschrieben und führt nun auch Regie.

Das Theater steht im Dortmunder Fredenbaumpark

Die Bühne: Ein Vorhang hinter dem Vorhang und dort, auf der Drehbühne, ein holzlattiges Gebilde mit einem weiteren Vorhang. Dies soll das Vaudeville-Theater sein, das die Inszenierung, köstlicher Scherz, nach Äußerungen der Darsteller … Weiterlesen

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Alles so schön bunt hier – „Das Spiel ist aus“ nach Jean-Paul Sartre in Dortmund

Pierre und Eve (Adi Hrustemović und Sarah Yawa Quarshie) sind fast ein Traumpaar. (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dotmund)

Bunte Neonröhren an Wänden und Decke illuminieren in rhythmisch getaktetem Aufleuchten die Bühne, Wandflächen konturieren sich in pulsierenden Lichtrahmen, harte, schnelle Beats wummern durch den Raum.

Endlich betreten die beiden Hauptpersonen die Bühne. Sie sind, das wird bald klar, durch Farb-, Licht- und Klangwirren hindurch im Totenreich angelangt, wo nun Nummern aufgerufen werden, mit denen die Neuen sich zur Registratur zu begeben haben. Ordnung muß schließlich sein. Man prüft, man sieht: etwas ist hier nicht in Ordnung, ein Fehler der Verwaltung, der korrigiert werden muß. Das ganze nimmt Fahrt auf, und nur am Rande irritiert, daß das Stück „Das Spiel ist aus“ heißt. … Weiterlesen

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Sozialer Aufstieg hat seinen Preis – Theater Dortmund zeigt „Der Platz“ nach dem Roman von Annie Ernaux

Marlena Keil, Antje Prust, Mervan Ürkmez, Linda Elsner, Lola Fuchs, Raphael Westermeier (Foto: Theater Dortmund/Birgit Hupfeld)

Was, so könnte man zu Beginn vielleicht fragen, macht den Wert einer Biographie aus? Bei Herrschern, Künstlern oder Verbrechern, beiderlei Geschlechts sie alle natürlich, fielen uns schnell Antworten ein; stets gilt es von der Lebensleistung zu berichten, von großen Taten oder großen Irrtümern, von Wahnsinn oder tragischer Verstrickung.

Macht und Reichtum begünstigen fraglos die Entstehung von Biographien, doch auch arme Leute können ein interessantes – und somit berichtenswertes – Leben geführt haben. Wenn aber nur ein zu jeder Zeit ausgesprochen durchschnittliches Leben gelebt wurde, es bis zum etwas frühen Tod mit 68 keine dramatischen Brüche und Wendungen gab – ja was soll man da … Weiterlesen

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Vom IT-Campus zum „Theatermacher“ – eine kleine Dortmunder Betrachtung in Zeiten des Home-Office

Dort, wo jetzt noch ein markanter Hallenbau am Ufer der Emscher das Bild beherrscht, soll der neue IT-Campus entstehen. (Bild: p)

„Hoesch-Spundwand“, abgekürzt HSP, war viele Jahre ein Sorgenkind unter den Dortmunder Industriebetrieben, bis es dann 2015 endgültig zumachte – keine profitablen Aufträge und keine Aussicht auf Besserung. Was blieb, war im Westen der Stadt ein großes Industrieareal entlang der Emscher mit einer imposanten Halle, von der Emscherallee aus in ganzer Schönheit zu bestaunen. Und dann kamen die Planer.

„Wie das Google-Hauptquartier“

Im Lokalteil der Dortmunder Zeitungen – ja, für die, die nicht von hier sind und es nicht wissen: es gibt nur noch einen Lokalteil in Dortmund, der von den Ruhr-Nachrichten produziert und den die Funke-Titel WAZ und Westfälische … Weiterlesen

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Manchmal sind die Alternativen im Leben bestürzend gering: „Konstellationen“ von Nick Payne im Dortmunder Schauspiel

Was das real gelebte Leben nicht kann, kann das Theater: verschiedene Möglichkeiten des Kennenlernens und des Zusammenlebens durchspielen, alles noch einmal auf Anfang setzen, Dinge geschehen lassen oder eben auch nicht. In seinem Stück „Konstellationen“ wählt der britische Autor Nick Payne einen solchen Ansatz. Das deutschsprachige Ergebnis seiner dramatischen Bemühungen hatte nun im Studio des Dortmunder Schauspiels mit dem Titel „Konstellationen“ in der Regie von Péter Sanyó Premiere.

Louisa Stroux, Frank Genser (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Ob es sich wirklich um Konstellationen (Mehrzahl) oder doch nur um eine Konstellation handelt, wäre allerdings schon zu fragen. Denn eigentlich wird die Geschichte von Roland und Marianne – er Imker, sie Quantenphysikerin – linear durcherzählt. Zwar gibt es kritische Momente in … Weiterlesen

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Becketts Klassiker in Dortmund: Das „Warten auf Godot“ könnte ein schwerer Fehler sein

Weite Landschaft, ein mickriges Bäumchen, zwei abgerissene Landstreicher – von der Grundausstattung für Samuel Becketts Theaterstück „Warten auf Godot“ hat man doch recht feste Vorstellungen. In der Inszenierung Marcus Lobbes’, die am Samstag in Dortmund Premiere hatte, werden solche Erwartungen nicht erfüllt. Und bang fragt der Betrachter sich, ob die Vorlage das wohl verkraften wird.

Wladimir (Andreas Beck, links) und Estragon (Uwe Rohbeck) in der Dortmunder Inszenierung von „Warten auf Godot“. (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Bedeutende Menschen im Mittelpunkt

Wladimir und Estragon, denen in Dortmund der füllige Andreas Beck und der zierliche Uwe Rohbeck aufs das unterhaltsamste Gestalt verleihen, treten auf in roten Phantasiekostümen und mit federbesetzten Mützen, denen neben der clownesken Anmutung auch eine gewisse Feierlichkeit eigen ist. Spielort … Weiterlesen

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„Helden wie wir“ – Andreas Beck erklärt im Dortmunder Studio, wie er die Mauer zum Einsturz brachte

Andreas Beck (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Dieser Abend im Studio des Dortmunder Theaters gehört der Vortragskunst. Andreas Beck spricht, spielt, erleidet den Text „Helden wie wir“, dessen Bühnenfassung Peter Dehler nach dem gleichnamigen Roman des DDR-Schriftstellers Thomas Brussig verfaßte.

Steile These des Stücks ist die Überzeugung des Titelhelden, er habe vor 30 Jahren die Berliner Mauer geöffnet. Mit seiner Posaune. Klaus Uhltzsch heißt die Figur, und der Name spricht sich genau so schwierig aus, wie er sich schreibt.

Das Glied schwillt

Aber das mit der Mauer kommt erst ganz am Schluß. Der Großteil von Andreas Becks beeindruckendem Vortrag (eine Stunde 25 Minuten) beschreibt die Nöte des männlichen Heranwachsenden, dem bedrohlich sein Glied schwillt, was er kaum verbergen kann. … Weiterlesen

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Monströse Erkenntnisse: „Der Widersacher“ von Emmanuel Carrère im Dortmunder Studio

Szene mit Alida Bohnen und Max Ranft (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Szene mit Alida Bohnen und Maximilian Ranft (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Offenbar hat es sich wirklich so abgespielt: Jean-Claude Romand, ein geachteter Mediziner in Diensten der WHO, bringt 1993 Frau, Kinder, Eltern und sogar deren Hund um, bevor er sein Haus anzündet und eine große Menge Schlaftabletten nimmt. Den Selbstmordversuch überlebt er, weil die Tabletten alt sind und deshalb kaum wirken. Fassungslos fragt das gutbürgerliche Umfeld der Romands nach Gründen, und was in der Folge an Erkenntnissen zu Tage tritt, ist monströs.

Romand führte seit vielen Jahren ein Doppelleben, war gar kein Arzt und auch nicht bei der WHO in Genf beschäftigt. Freunde und Familie hatte er glauben lassen, er studiere Medizin, während er tatsächlich längst schon mit … Weiterlesen

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Im hitzigen Aktionismus verpufft – Dostojewskijs „Dämonen“ enttäuschen in Dortmund

Szene mit Annou Reiners, Jakob Benkhofer, Frank Genser (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Szene mit Annou Reiners, Jakob Benkhofer und Frank Genser (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Nein, das leicht verdauliche Zwei-Stunden-keine-Pause-Format hat Sascha Hawemann für seine Dortmunder Bühnenfassung von Dostojewskijs Roman „Die Dämonen“ nicht gewählt. Deutlich mehr als vier Stunden (plus eine Pause) werden dem Publikum bis zum Ende der Unruhen und des Protagonisten Werchowenskij abverlangt – vorausgesetzt, es hält bis zum Ende durch. Viele Besucher der Premiere taten dies nicht und verschwanden in der Pause, manche auch schon vorher. Verdenken kann man es ihnen nicht.

Szene mit (v.l.) Christian Freund, Annou Reiners, Alexandra Sinelnikova, Jakob Benkhofer (Foto: Birgit Hupfeld / Theater Dortmund)

Dekonstruktion

Charakterisierungen und Spannungsbögen fehlen weitgehend, dafür sind Deklamationen in den Zuschauerraum hinein zahlreich. Die Akteure werden mit … Weiterlesen

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Alles anders am Dortmunder Schauspiel? Neue Intendantin Julia Wissert kündigt deutlichen Kurswechsel an

Dortmunds neue Schauspielchefin Julia Wissert (2. v. li.) und die Dramaturgin Sabine Reich, flankiert vom Kulturdezernenten Jörg Stüdemann (links) und dem Geschäftsführer des Fünf-Sparten-Theaters, Tobias Ehinger. (Foto: Bernd Berke)

Im Rathaus der Stadt: Dortmunds neue Schauspielchefin Julia Wissert (2. v. li.) und die Dramaturgin Sabine Reich, flankiert vom Kulturdezernenten Jörg Stüdemann (links) und dem Geschäftsführer des Fünf-Sparten-Theaters, Tobias Ehinger. (Foto: Bernd Berke)

Fürs Dortmunder Sprechtheater brechen offenbar ganz neue Zeiten an. Zwar weiß man noch nichts Genaues, doch ließ die künftige Schauspielchefin Julia Wissert (34) heute bei ihrer Vorstellung in Dortmund bereits generell durchblicken, dass sie manches anders zu machen gedenkt als das bisherige Team unter Kay Voges.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Dortmund sei schon lange vor ihrer Berufung eines der ganz wenigen Theater gewesen, für deren Inszenierungen sie eigens aus Berlin angereist sei. Hier sei ein großartiges, ja „sensationelles“ Ensemble zusammengewachsen, befand Julia Wissert, deren Berufung der Dortmunder … Weiterlesen

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Jonathan Meese mit „Lolita“ – und manches mehr: Theater Dortmund stellt sein Programm für die nächste Spielzeit vor

Die Optik betont die Unterschiede. Hier die neuen Programmhefte von Philharmonikern, Schauspiel und Ballett (Foto: Pfeiffer)

Was hat Jonathan Meese mit Dortmund zu tun? Nun, bisher eigentlich nichts. Allerdings hätte sich das in diesem Jahr ja ändern sollen, weil Edwin Jacobs – noch, aber nicht mehr lange Chef des „Dortmunder U“ – den Künstler eingeladen hatte, die Sammlung nach seinem Geschmack neu zu hängen. Daraus wird jedoch nichts.

 

Den Meese soll es aber auf jeden Fall geben, wenn auch im Theater und erst im nächsten Jahr. Für den 15. Februar 2020 plant das Schauspiel die Uraufführung des Stücks „Lolita (R)evolution (Rufschädigendst) – Ihr Alle seid die Lolita Eurer Selbst!“ aus der Feder des nämlichen Artisten. Man ahnt: Das wird … Weiterlesen

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Burleskes Puppentheater – Henrik Ibsens Drama „Hedda Gabler“ auf der Bühne des Dortmunder Schauspiel-Studios

Hedda Gabler (Bettina Lieder) in Video-Projektion auf Kulisse (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Hedda Gabler (Bettina Lieder) in Video-Projektion auf Kulisse (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Wenn eine veritable Hedda Gabler den Weg auf den Dortmunder Theaterspielplan findet, dann weckt das Interesse. Ibsens grundwütige, die Konventionen mißachtende, todunglückliche und dramatisch starke Frauenfigur in den Händen eines 27jährigen Jungregisseurs – was muß man da befürchten? Nun, bald merkt man schon: nichts. Hedda Gabler interessiert ihn anscheinend kaum. Gewiß, sie ist allemal gut dafür, die qualvolle, allseitig begrenzte norwegische Gutbürgerlichkeit am Ende des 19. Jahrhunderts zu entlarven, aber damit hat es dann auch sein Bewenden.

Wenn es also intensiv wird, wenn etwa Hedda Gabler in höchstem Zorn verkündet, keinen Kinderwunsch zu haben und gewiß zukünftig auch keinen zu entwickeln, dann muß lautes Geschrei für die Dramatisierung … Weiterlesen

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Die Spitze eines grausamen Eisbergs: Der Japaner Tomo Sugao inszeniert Puccinis Oper „Turandot“ in Dortmund

Die eisumgürtete Prinzessin Turandot (Stéphanie Müther). (Foto: Björn Hickmann)

Die eisumgürtete Prinzessin Turandot (Stéphanie Müther). (Foto: Björn Hickmann)

Einem großen Dilemma musste Giacomo Puccini bei der Komposition seiner Oper „Turandot“ ins Auge sehen. Wie sollte er die Verwandlung einer Männer mordenden, unerbittlich grausamen Prinzessin in eine liebende Frau glaubhaft machen? Das Problem war ungelöst, als Puccini am 29. November 1924 starb. Seine „Märchenoper“ blieb Fragment und wurde auf Bitte des Dirigenten Arturo Toscanini von Franco Alfano zu einer Fassung ergänzt, die bis heute aufgeführt wird.

Von der Eiskalten angezogen wie die Motte von der Flamme, singt Prinz Calaf unentwegt von Liebe. Indessen glaubt ihm der japanische Regisseur Tomo Sugao kein Wort. Das zeigt seine Neuinszenierung am Theater Dortmund, in der Turandot dem Prinzen letztlich nicht mehr ist als der … Weiterlesen

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Schrill, schnell, schlau: „Im Studio hört Dich niemand schreien“ – und zwei weitere Stücke auf Dortmunds kleiner Bühne

Szene mit Ekkehard Freye und Marlena Keil (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Man könnte sagen, daß er ihnen verfallen ist: den frommen katholischen Jugendbüchern, die Heranwachsende mit Drastik vor den Gefahren der fleischlichen Lust zu bewahren suchen, zum einen, den bunten Heftchen mit den immer ähnlichen blutrünstigen Horror-geschichten zum anderen. Und natürlich ist Jörg Buttgereit (Jahrgang 1963) längst auch dem verfallen, was das Kino aus den Heftchen-Vorlagen machte: Slasherfilme mit schlichter Handlung, schrillen Schreien, Blut und sexualisierter Gewalt, gefragte Unterhaltung eben. Im Italien der 70er Jahre waren die „Schundhefte“ (ein Begriff von früher, sagt man heute noch so?) vorwiegend gelb, und das italienische Wort für Gelb gab der Gattung den Namen: Giallo.

Giallo

Giallo – Trash von gestern, wenn man so … Weiterlesen

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Abgründige Liebesgeschichten einer Dienstmagd – Marlena Keil als „Zerline“ im Theater Dortmund

Wenn das Publikum den Raum betritt, steht sie schon da: Marlena Keil, Rock und Bluse unvorteilhaft eng. Schließlich stellt sie sich vor. Sie sei die alte Magd Zerline, die beim verstorbenen Herrn Baron und seiner Gattin in Diensten war und einst eine leidenschaftliche Affäre hatte.

Marlena Keil als Magd Zerline (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Der schneidige Herr von Juna

Es sei eine, wenn man so will, vertrackte Vierecksgeschichte zwischen dem schneidigen Herrn von Juna, der Baronin, einer weiteren, weitgehend ungezeichnet bleibenden Geliebten von Junas und eben ihr, Zerline, gewesen. Das Kind Hildegard sei aus dieser Beziehung hervorgegangen, das die Baronin zu ihrem machte. Und Zerline weiß, daß das Kind ein Bastard ist und erzählt dies und alles andere mit grimmiger … Weiterlesen

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Parallelwelt, Schwanensee, Taubensuppe – Theater Dortmund stellt sein Programm für die kommende Spielzeit vor

Auch wenn es auf diesem Foto nicht so scheint – im Dortmunder Opernhaus tobt in der kommenden Spielzeit wieder das Leben (Foto: Philip Lethen / Theater Dortmund)

Gabriel Feltz fehlte. Ein wichtiger Termin auf dem Balkan hinderte den Orchesterchef  daran, an der Programmpressekonferenz des Theaters Dortmund teilzunehmen. Doch Feltz hatte ein sehr nettes Video mit Musikumrahmung vorbereitet, in dem er seine Pläne schilderte. „Krieg und Frieden“ sei das Leitthema des Orchesters in der kommenden Spielzeit, verkündete er, und deshalb gelangt nun viel Musik zur Aufführung, die auf die eine oder andere Weise damit zu tun hat – von Beethovens „Eroica“ bis zu Schostakowitschs „Leningrader“.

Thorsten Schmidt und Philip Pelzer in „Tschick“. Das Stück wird auch in der Spielzeit 2018/2019 im

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Suche nach dem sicheren Ort: „Maxim“ von „Stücke“-Gewinnerin Anne Lepper für Kinder ab 9 in Dortmund

Das Bett ist zum Expreßballon geworden. Szene mit (von links) Philip Pelzer, Ann-Kathrin Hinz, Andreas Ksienzyk und Rainer Kleinespel (Foto: Edi Szekely/Theater Dortmund)

Das Stück heißt „Maxim“ und ist jetzt im Dortmunder Kinder- und Jugendtheater uraufgeführt worden. Geschrieben hat es Anne Lepper, und weil sie im letzten Jahr in Mülheim mit ihrem („Erwachsenen“)-Stück „Mädchen in Not“ den Stücke-Wettbewerb gewonnen hat, war von Interesse, wie nun ihr erstes Kinderstück (für Kinder ab 9 Jahre) geworden ist.

Mobbing und Anderssein

Mehrere Zeitungs- und Rundfunkkritiker hatten sich eingefunden, und überhaupt saßen mehr Erwachsene als Kinder im Zuschauerraum – ein Umstand, der im Kinder- und Jugendtheater nachdenklich stimmt. Möglicherweise waren besonders viele Lehrer zugegen, die prüfen wollten, ob das Stück für ihre Klassen geeignet … Weiterlesen

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„Memory Alpha“ und „Schöpfung“ – digitale Überlegenheit und die Schönheit des Gehirns im Dortmunder Theater

Hirn, Schöpfung, Erinnerung, digitale Zukunft – mit großer Anstrengung arbeitet sich das Dortmunder Theater in seinen jüngsten Produktionen an den allerletzten Menschheitsfragen ab, die hier nicht mehr jenseitiges Sein oder Jüngstes Gericht zum Thema haben, sondern die Existenz in der Informationsgesellschaft, mit all ihren Ungeheuerlichkeiten, vielleicht aber auch Chancen und Verheißungen.

Nach Unfall im Schlüpfer: Institutsleiter Dr. Gerd Stein (Uwe Schmieder) (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Großes Rad

Den Anfang machte am Freitag das Stück „Memory Alpha oder Die Zeit der Augenzeugen“ von Anne-Kathrin Schulz auf der Studiobühne. Am nächsten Tag folgte im Großen Haus eine „Schöpfung“, die in der Tat Joseph Haydns Oratorium (samt Text) mit einer Art Handlung verbindet, inklusive ein machtvoller, aber doch etwas unvermittelter Monolog zum Ende … Weiterlesen

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Wie sag ich’s meinem Publikum? – Dortmunder Annäherungsversuche an Bernhards „Theatermacher“

Theatermacher Bruscon (Andreas Beck, links) und Wirt (Uwe Rohbeck) (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Kay Voges, Dortmunder Schauspielchef, hat Thomas Bernhards grandioses Stück „Der Theatermacher“ wohl nicht gänzlich ironiefrei ausgesucht, um sich mit einer Inszenierung im renovierten Dortmunder Schauspielhaus zurückzumelden.

Der schwergewichtige Andreas Beck spielt die Titelrolle, Uwe Rohbeck ist sein quirliger Widerpart, im Textbuch nur „der Wirt“ geheißen. Und natürlich nicht brav von Anfang bis Ende nach Vorlage auf die Bretter gestellt, sondern, nun ja, bearbeitet.

Andreas Beck als Theaterdespot

Doch hält diese Produktion dem Sprachberserker Bernhard bemerkenswert lange Zeit die Treue. Mit Verve und Besessenheit wütet Beck sich durch die redundanten Obsessionen des Theatermachers Bruscon, schwadroniert das Blaue vom Himmel herunter, verletzt und entwertet Frau und Kinder (sein einziges … Weiterlesen

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Gruselig und wie gemalt – Theater Dortmund zeigt „Das Internat“ von Ersan Mondtag in eindrucksvoller Kulisse

(Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Das Bühnenbild ist beeindruckend. Da steht, so muß man wirklich sagen, eine machtvolle Ritterburg auf der Drehbühne, ein gruseliges gotisches Gemäuer mit Playmobil-Anklängen. Im bildbeherrschenden unteren Bereich ein Schlafsaal mit grotesken Hochbetten, ein Duschraum, ein Speiseraum, ein Raum fürs Foltern und anderes mehr, oben auf dem Burggebilde eine verwunschene Landschaft mit Zäunen und toten Bäumen. Im bedrohlichen Halbdunkel der meisten Szenen wirkt diese Bühneninstallation wie eine materialisierte Graphic Novel (das Wort „Comic“ würde es nicht treffen), gothic, zum Fürchten.

Rotierende Gotik

Die Personen, die namenlos bleiben und meistens in Gruppen zu sehen sind, vervollständigen in ihren wilhelminischen (könnte man vielleicht sagen) Uniformen und in grobstrichiger Überschminkung den Eindruck der zeichnerischen Stilisierung, die in ihrer Radikalität an … Weiterlesen

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Das Schöne muß sterben: „Übergewicht, unwichtig: Unform“ von Werner Schwab im Dortmunder Theater

Leichenschmaus. Szene mit (von links) Christian Freund, Andreas Beck, Marlena Keil, Frank Genser, Amelie Barth und Uwe Rohbeck. (Foto: Theater Dortmund/Birgit Hupfeld)

„Übergewicht, unwichtig: Unform“: Das alliteriert sehr schön und sollte einen auf keinen Fall zu einem Deutungsversuch verleiten. Was nicht bedeutet, daß diesem Stück und seinem Titel kein Sinn innewohnte, doch der erschließt sich besser im Zusammenhang, und dann auch eher assoziativ. Am Sonntag war Premiere von Werner Schwabs „Übergewicht…“ auf der Dortmunder Studiobühne.

Schwab, der 1994 mit gerade einmal 36 Jahren starb, schrieb Erfolgsstücke wie „Die Präsidentinnen“, „Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“ und eben „Übergewicht…“ in seinen letzten Lebensjahren. Er galt unter den Theaterautoren als Enfant terrible, Provokateur und Punk, in seinen Stücken wird viel gekotzt, geprügelt, … Weiterlesen

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Zwei magere Jahre sind vorbei – nach Renovierung spielt das Theater Dortmund endlich wieder im angestammten Haus

Das Leben kehrt zurück. Nach fast zweijähriger Umbaupause wird im Dortmunder Theater endlich wieder Theater gespielt, auf großer und auf kleiner Bühne, und einen leichten Anflug von Freude darüber kann der Verfasser dieser Zeilen nicht verhehlen. Der Mensch braucht eben sein Stadttheater, das auch deshalb so heißt, weil es in der Stadt ist (und nicht im Gewerbegebiet).

Ansicht des Dortmunder Schauspielhauses - Aufnahme von 2009. (Foto: Bernd Berke)

Ansicht des Dortmunder Schauspielhauses – Aufnahme von 2009. (Foto: Bernd Berke)

Trotzdem darf natürlich auch an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, daß sich das Theater in seiner Ausweichspielstätte „Megastore“ wacker behauptet hat und daß dem Intendanten Kay Voges dort mit der „Borderline Prozession“, die Inszenierung ebenso wie Rauminstallation und Video-Arbeit war, definitiv Außergewöhnliches gelungen ist.

Doch im „eigenen Haus“ mit aufgefrischter Technik und … Weiterlesen

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Fünf Sparten des Dortmunder Theaters präsentieren für 2017/18 ein üppiges Programm – Personalkarussell dreht sich

Das Programm ist üppig, das Programmbuch ein Schwergewicht. Wenn das Theater Dortmund seine Pläne für die neue Spielzeit vorstellt, mangelt es an Masse nicht. Trotzdem aber wohnt der munteren Zusammenkunft im Opernfoyer, wo die fünf Sparten Oper, Ballett, Philharmoniker, Schauspiel sowie Kinder- und Jugendtheater ihre Pläne dartun, etwas Passageres, Flüchtiges inne. Das ist auch kein Wunder, denn das Personalkarussell dreht sich.

Wie berichtet, wechselt Opernchef Jens Daniel Herzog nach der kommenden Spielzeit 2017/18 als Intendant an das Nürnberger Staatstheater, und wenige Stunden vor der Konferenz wurde bekannt, daß die langjährige Dortmunder Verwaltungschefin Bettina Pesch bereits zur kommenden Spielzeit nach Magdeburg geht. Verwaltungsdirektorin und stellvertretende Generalintendantin ist sie dann dort. Ihre Nachfolge ist noch nicht geregelt, während der Nachfolger Herzogs feststeht. … Weiterlesen

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Liebe versinkt im Bühnengeschrei – „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ im Dortmunder Schauspiel

Frank Genser, Friederike Tiefenbacher (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Würde man die Machart des Stücks beschreiben wollen wie das Cuvée eines französischen Rotweins, könnte man vielleicht sagen: 40 Prozent 70er-Jahre-Botho-Strauß, 40 Prozent Yasmina Reza, 20 Prozent Loriot.

Kurze, kleine Beziehungsszenen reihen sich aneinander, denen eigen ist, daß die Protagonisten stets auf die eine oder andere Weise scheitern. Dargeboten werden sie als munteres Gesellschaftstheater, was an die eingangs aufgezählten prominenten Autoren denken läßt, ohne indes deren dramatische Produktionstiefe jemals auch nur annähernd zu erreichen. „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ heißt das Stück von Joël Pommerat, das nicht mehr ganz neu auf dem Markt ist und jetzt auch, unter der Regie von Paolo Magelli, im Dortmunder Theater eingeübt wurde, aufgeführt in der Ausweichspielstätte … Weiterlesen

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Ein neuer Opernchef, der nicht Regie führt – Heribert Germeshausen wird 2018 Intendant in Dortmund

Heribert Germeshausen tritt sein Amt als Intendant der Oper Dortmund mit der Saison 2018/19 an. (Foto: Annemone Taake)

Heribert Germeshausen redet schnell. Er wirkt freundlich, energisch, als ein Mensch voller Tatendrang, versehen mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein. Gleichzeitig strahlt der 46Jährige eine nahezu jungenhafte Neugier aus. Wie einer, der sich mit Lust großen Herausforderungen stellt. Dazu hat er jetzt alle Gelegenheit: Germeshausen wird ab der Spielzeit 2018/19 neuer Intendant der Dortmunder Oper. Er erhält, so hat es der Rat der Stadt beschlossen, zunächst einen Fünfjahresvertrag und löst damit Jens-Daniel Herzog ab, der nach Nürnberg wechselt.

Germeshausen also ist bei seinem ersten öffentlichen Auftritt, flankiert von Oberbürgermeister Ullrich Sierau und Kulturdezernent Jörg Stüdemann, kaum zu bremsen. Die neuen Impulse, mit denen … Weiterlesen

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Ein Herz für Hassende im Internet – „Flammende Köpfe“ von Arne Vogelsang im Dortmunder Theater

Arne Vogelgesang, Autor, Regisseur und Darsteller von „Flammende Köpfe“ (rechts), neben Videoprojektion (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Theater ist das eigentlich nicht. In der „Video-Lecture“ mit dem Titel „Flammende Köpfe“ von und mit Arne Vogelsang, jetzt zu sehen im Dortmunder „Megastore“, sitzt der Nämliche in Bühnenraummitte hinter seinem Schreibtisch am Computer, erzählt (bzw., es ist ja eine lecture, liest sein Manuskript vor) und bespielt zwei große Projektionswände links und rechts von sich mit Ausschnitten aus YouTube-Videos, in denen Haß-Menschen Haß-Reden halten.

Vogelsang ist, wie er selbst beschreibt, fasziniert von diesen oft wutschnaubenden, manchmal mahnenden, manchmal larmoyanten Selbstdarstellern aus der, wie man wohl sagen kann, rechten bis ganz rechten Ecke. Mit ihnen und ihresgleichen verbringt er (am Computer) mehr Zeit als mit … Weiterlesen

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Das Elend hat ein Ende: Ab 16. Dezember 2017 spielt das Dortmunder Theater wieder im Schauspielhaus

Kein sehr einladender Ort: Der „Megastore“, bevor die Theaterleute kamen. (Foto: Theater Dortmund)

Am 16. Dezember 2017, einem Samstag, spielt das Theater Dortmund nach fast zweijähriger Umbauzeit erstmalig wieder im Schauspielhaus.

Der Umzug aus der Ausweichspielstätte „Megastore“ in Dortmund-Hörde beginnt am 1. August 2017.

Im „Megastore“ spielt das Theater am 22. Oktober 2017 zum letzten Mal. Das Gebäude bleibt bis 18. Februar 2018 angemietet, damit ein zeitlicher Puffer nach hinten bleibt und der Auszug ohne zusätzlichen Streß erfolgen kann.

Dortmunds Schauspiel-Intendant Kay Voges kann jetzt planen. (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Büro- und Funktionsräume im Theater werden aufgehübscht und instand gesetzt, so daß die geschundene Schauspieltruppe um Intendant Kay Voges in ein wirklich voll funktionsfähiges Schauspielhaus einziehen kann.

So weit die … Weiterlesen

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Kaputte Theater, alte Säcke – eine betrübliche Wanderung durch die NRW-Theaterlandschaft

Um die nordrhein-westfälische Theaterlandschaft steht es nicht gut. In Köln und Dortmund werden die Gebäude saniert, und in beiden Städten dauert das länger als geplant. Doch wenigstens stellt hier noch keiner die Häuser als solche in Frage. In Düsseldorf hingegen, der Landeshauptstadt, ist nichts mehr sicher. Ebenfalls wird hier das Haus saniert, die Kosten der Sanierung laufen davon, und ein „kunstsinniger“ Oberbürgermeister stellt sich und seinen Genossen laut die Frage, ob das denn wirklich alles sein müsse.

Ab 2018 für die RuhrTriennale verantwortlich: Stefanie Carp und Christoph Marthaler beim Pressetermin in der Bochumer Jahrhunderthalle. (Foto: Bernd Berke)

Auch nicht mehr die Allerjüngsten, doch ab 2018 für die RuhrTriennale verantwortlich: Stefanie Carp und Christoph Marthaler. (Foto: Bernd Berke)

Man könne das Filetgrundstück, auf dem das Theater derzeit noch die Stirn zu stehen hat, doch viel besser vermarkten. Und wenn man die … Weiterlesen

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Schrilles Styling, graue Würste – „Kasimir und Karoline“ im Dortmunder Megastore

Ekkehard Freye Christoph Jšde Bettina Lieder

Schrilles Outfit, graue Würste (von links): Ekkehard Freye, Christoph Jšöde, Bettina Lieder (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Die Bühne groß, die Musik laut, das Licht grell und die Figuren so unwirklich bunt und künstlich, als seien sie einem Videospiel entsprungen. Gordon Kämmerer inszeniert im Megastore „Kasimir und Karoline“ von Ödön von Horváth – oder das, was er noch davon übrigläßt. Doch das ist gar nicht wenig, man lasse sich durch den furiosen Anfang nicht täuschen, in dem die brave Exposition, wer mit wem und warum und so weiter ersetzt worden ist durch wütend in Richtung Publikum geschleuderte Statements.

Diese Jugend, die älter aussieht als sie ist, ist hart, weil man hart sein muß in schweren Zeiten. Und der Rummelplatz ist das … Weiterlesen

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Mit einem Fest im „Megastore“ startet das Dortmunder Theater in die neue Spielzeit

Sie geht zu Ende, die theaterlose Zeit. In den Häusern regt sich wieder künstlerisches Leben. Überall kündigen sich die Spielzeiteröffnungsfeste an, mit denen die Schauspielhäuser sich und ihr buntes Schaffen in Erinnerung bringen wollen. Dortmund ist ziemlich weit vorne mit dabei, jedenfalls kalendarisch. Am Samstag, 3. September, wird das Fest gefeiert, rund um den „Megastore“, die Ausweichspielstätte an der Nortkirchenstraße.

Julia Schubert Frank Genser

„Die Show“ hat Chancen auf einen Publikumspreis und ist weiter im Programm. Szene mit Julia Schubert und Frank Genser. (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Das Grillo-Theater Essen, zum Vergleich, feiert am 10. September, das Bochumer Schauspielhaus am 22. September.

Gutes Wetter

Das gute Wetter, alter Veranstalterscherz, ist bestellt und war ziemlich teuer. Start des „Kulturprogramms“, wenn man in Unterscheidung zu einigen … Weiterlesen

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Vieles von allem: Das Theater Dortmund präsentiert sein Programm für 2016/2017

Schauspielhaus Dortmund

Hier wird derzeit renoviert – und alle hoffen, daß es pünktlich sein Ende hat: Das Theater Dortmund (Foto: Laura Sander/Theater Dortmund)

Die längste Theaterveranstaltung in der kommenden Spielzeit ist ein „54 Stunden Night Club“ im Megastore. Beginnend Freitag, 21. Oktober, und endend am Sonntag, 23. Oktober, will das Dortmunder Schauspiel – hoffentlich! hoffentlich! – Abschied nehmen von seiner provisorischen Spielstätte im Gewerbegebiet an der Nortkirchenstraße.

Das setzt natürlich voraus, daß dann die Renovierungsarbeiten im Großen Haus beendet sind. Dort, im Großen Haus, soll sich erstmalig wieder am 10. Dezember der Vorhang für Bert Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ heben, Regie führt der 1967 geborene Sascha Hawemann, von dem in Dortmund bereits als Regiearbeit das Familiendrama „Eine Familie (August: … Weiterlesen

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Penner, Huren, Säufer: Dortmund zeigt mit „Peter Grimes“ erstmals eine Britten-Oper

Am Boden: Peter Grimes (Peter Marsh), Sonderling und Raubein, wird Opfer eines Hetzmobs (Foto: Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Schuldig oder unschuldig? In Dortmund ist das Urteil über den Fischer Peter Grimes (Peter Marsh) rasch gesprochen (Foto: Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Grandiose Stimmungsbilder vom Meer, eng mit der abgründigen und unbeständigen Psyche eines Außenseiters verzahnt, machen den Erfolg der Oper „Peter Grimes“ von Benjamin Britten aus. Der Titelheld, ein armer Fischer, ist ein Visionär, der von einem besseren Leben träumt, seine raubeinige, zu Gewalt neigende Natur indes nicht unter Kontrolle hat.

Ob er den Tod seines Lehrjungen auf dem Gewissen hat oder nicht, ist nicht nur für die Bewohnter des englischen Fischerdorfes „The Borough“ rasch beantwortet. Auch Regisseur Tilman Knabe, der die Oper jetzt in Dortmund neu in Szene setzt, lässt uns nicht lange im Ungewissen. Wo … Weiterlesen

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Islam im Blut – Theater Dortmund zeigt „Geächtet“ von Ayad Akhtar im Megastore

Amir (Carlos Lobo), Emily (Bettina Lieder) (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Auf den ersten Blick eint sie die Eigenschaftslosigkeit. Amir, Emily, Isaac und Jory sind in der Dortmunder Inszenierung von Kay Voges farblos-weiße Gestalten mit roten Albino-Augen (Kontaktlinsen), frei von störenden Eigenschaften (des Blutes?) oder Hypotheken einer ungemäßen Herkunft. Wechselseitige Wertschätzung speist sich aus der Höhe sechsstelliger Jahresgehälter, rhetorische Nähe zum Islamismus hier und larmoyantes Judentum dort werden bestenfalls als folkloristische Apercus empfunden, die die lockeren Gespräche eines entspannten Abends zu viert ein wenig zu würzen versprechen. Kleine Provokationen unter guten Freunden, harmlose, gut gemeinte Späße: Was soll da schon passieren?

Bettina Lieder Merlin Sandmeyer

Emily (Bettina Lieder), Abe (Merlin Sandmeyer) (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Nun gut; wenn jemand wie der 1970 geborene amerikanische Autor … Weiterlesen

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Aus dem Leben eines Trinkers – „Die Reise nach Petuschki“ im Dortmunder Schauspiel

Uwe Rohbeck

Wenja (Uwe Rohbeck). (Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Man weiß sofort, was mit Wenja los ist. Er ist ein Trinker, immer auf der Suche nach dem nächsten Schluck; einer, der in Hausfluren schläft und klaffende Gedächtnislücken hat. Wenja macht keinen Hehl aus alledem, sondern erzählt (wie man hier vielleicht nicht mehr sagen sollte) frei von der Leber weg.

Wenja hat auch Stil. Und Kultur. Die Abfolge der Getränke, des Wodkas, des Bieres, des Rosés, will bemessen und durchdacht sein. Auch wenn längst schon klar ist, daß nicht Wenja über den Alkohol, sondern der Alkohol über ihn gebietet. Besonders dann, wenn er nach Moskau reist; dann richtet sich sein Pfad nach den Kneipen und Restaurants, die geöffnet haben, weshalb er den Kursker … Weiterlesen

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Trashiger Kirchen-Trip – Wenzel Storchs „Maschinengewehr Gottes“ in Dortmund

Thorsten Bihegue Leon MŸller Finnja Loddenkemper

Drei Meßdiener suchen einen Priester: Egon (Thorsten Bihegue, vorn), Lutz (Leon MüŸller) und Erika (Finnja Loddenkemper). Foto: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund)

Die Geschichte muß man nicht glauben, aber sie erzählt sich gut: Nesselrodes Kaplan Buffo ist komplett ausgeflippt, hat sich in der Dorfkneipe betrunken, auf den Tischen getanzt und schließlich die Gemeinde samt Kirche und Schäfchen beim Knobeln an Bauer Hümpel verloren.

Jetzt fehlt von ihm jede Spur, zurück bleiben im Beichtstuhl der Oberministrant, die Meßdienerin und der Meßdiener in ihren roten Gewändern. Am nächsten Morgen kommt Bauer Hümpel mit dem Trecker und pflügt die Kirche erstmal unter, um Erbsen anzubauen. Es sieht nicht gut aus für den örtlichen Katholizismus in Wenzel Storchs neuem Stück „Das Maschinengewehr Gottes“, das jetzt im … Weiterlesen

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Erste Premiere im „Megastore“: Jelineks NSU-Drama „Das schweigende Mädchen“

Frank Genser Bettina Lieder Marlena Keil Friederike Tiefenbacher Uwe Schmieder

Theater für ein stehendes Publikum im „Megastore“ mit (von links) Frank Genser, Bettina Lieder, Marlena Keil, Friederike Tiefenbacher und Uwe Schmieder (Foto: Birgit Hupeld/Theater Dortmund)

Die Ankündigung der Angeklagten Beate Zschäpe, auszusagen, verhalf dem Stück zu ungeahnter Aktualität. Doch eingeplant worden war „Das schweigende Mädchen“ von Elfriede Jelinek schon vor Monaten, als erste Premiere im „Megastore“, der neuen temporären Spielstätte des Dortmunder Schauspiels. So richtig aktuell geriet die Produktion daher letztlich auch nicht.

Trotz einiger kleiner textlicher Anpassungen an jüngste Entwicklungen im sogenannten NSU-Prozeß blieb der nachrichtliche Stand September 2014 (oder noch ein bißchen früher), als das Stück seine Uraufführung in München erlebte. Es ist, wie man hier wieder sieht, das Los aktueller Themen, daß sie sehr schnell verblassen.

Indes: … Weiterlesen

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Einsam unter Hedonisten: Tina Lanik inszeniert Verdis „La Traviata“ am Theater Dortmund

Violetta (Eleonore Marguerre) und Alfredo (Ovidiu Purcel. Foto: Thomas M. Jauk, Stage Picture)

Violetta (Eleonore Marguerre) und Alfredo (Ovidiu Purcel. Foto: Thomas M. Jauk, Stage Picture)

Der Morgen nach der Party schmeckt bitter. Violettas Kopf schmerzt, ihr Husten steigert sich zu einem schlimmen Anfall. Der Mann, neben dem sie aufwacht, steigt eilends aus dem Bett, zieht sich rasch an und verlässt grußlos das Haus. Violetta Valéry, allseits bekannte Edelhure von Paris, ist mehr als nur allein. Sie ist buchstäblich von allen verlassen.

Nicht von Menschen, sondern höchstens von Tabletten darf diese „Traviata“ Hilfe erhoffen. Die vom Wege abgekommene Frau, Titelheldin aus Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper, begegnet uns im Theater Dortmund als lebenshungrige und zugleich todkranke Person, die von einer hedonistischen Gesellschaft wie ein Spielzeug benutzt wird. Dortmunds Opernintendant Jens-Daniel Herzog vertraute die Regie … Weiterlesen

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„Eine Familie“ und „Besessen“ – zwei alptraumhafte Stücke in Dortmund

Wenn die Familie im Mittelpunkt des Stückes steht, wenn das Stück gar „Eine Familie“ heißt, dann weiß der erfahrene Theaterbesucher: Es wird dramatisch. Und es geht bestimmt nicht gut aus.

Da grüßen amerikanische Handlungsreisende und russische Dorfschullehrer in (könnte man fast sagen) reicher Zahl. Nun hatte Tracy Letts Stück im Großen Haus des Dortmunder Schauspiels Premiere. Und das auf Katastrophe eingestellte Publikum kann sich bestätigt sehen.

Frank Genser Bettina Lieder Janine Kre§ Friederike Tiefenbacher Merle Wasmuth

Leichenschmaus mit (von links) Frank Genser, Bettina Lieder, Janine Kreß, Friederike Tiefenbacher und Merle Wasmuth (Foto: Theater Dortmund/Birgit Hupfeld)

Drei Schwestern

Wenngleich: So viel Schreckliches passiert eigentlich gar nicht, sieht man vom Suizid des Patriarchen Beverly Weston ab, der dessen Nachkommenschaft im elterlichen Haus – und in der brütenden Augusthitze des amerikanischen Mittelwestens – … Weiterlesen

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Unter dem Joch der Militär-Junta: „Tristan und Isolde“ in der Dortmunder Oper

König Marke (Karl-Heinz Lehner, links) behandelt Tristan (Lance Ryan) als Verräter (Foto: Thomas M. Jauk/Theater Dortmund)

König Marke (Karl-Heinz Lehner, l.) und Tristan (Lance Ryan). (Foto: Thomas M. Jauk/Theater Dortmund)

Ein bekanntes Zeichen warnt uns, ein gelbes Dreieck mit einem markanten Pfeil. Vorsicht, Hochspannung. Der Aufkleber ziert einen Stromkasten, den Brangäne und Isolde umklammern. Dann holt Isolde ein Beil hervor, schwingt es, als wäre sie Elektra, und schlägt auf den Kasten ein. Sie löscht das Licht, ruft Tristan herbei.

Was dann geschieht, ist mehr als ein Ausbruch rausch- und wahnhafter Liebe. Richard Wagner propagiert im zweiten Aufzug seiner Oper „Tristan und Isolde“ die radikale Abkehr von einer verhassten Welt. Bewusstseinsauslöschung und Todestrunkenheit sind die Ideale, die in dieser Nacht gedeihen.

Im Orchestergraben der Dortmunder Oper, die jetzt mit Wagners Meisterwerk in die Spielzeit startete, heizt Generalmusikdirektor … Weiterlesen

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