Ürzung für Ürzung

Mit Abkürzungen hat man oft seine liebe Not. Erläuterungen füllen dickleibige Speziallexika. Einiges hat sich ja eingebürgert, doch vor allem Fachleute aller Art verstehen einander mit Kürzeln. Wenn umständliche Wörter häufig vorkommen, so empfiehlt sich halt eine knappe, möglichst prägnante Buchstabenfolge. Zum Exempel sagen sie beim Westdeutschen Rundfunk intern „Nami“ statt „Nachrichtenminute“. Warum auch nicht? Klingt doch putzig.

Eine spezielle Sorte von Abkürzungen zielt allerdings gerade nicht auf Experten, sondern eher auf unbedarfte Endverbraucher: Es sind jene furchtbar bemühten, sprachlich arg überstrapazierten Fügungen, deren ausgewählte Initial-Buchstaben mit Ach und Krach ein ganzes Wort ergeben, das man sich im Idealfalle leichter merken kann. Um einigermaßen Deckungsgleiche zu erzielen, denkt man sich irrwitzige Wortketten mit „passenden“ Anfangslettern aus. Für trockene bürokratische Akte darf dann schon mal gern ein Frauenname herhalten, der geradezu verführerisch klingt. Oder es wird ein womöglich heikler Sachverhalt verniedlicht. Fast immer kommt das Resultat gequält daher.

Beispiele gefällig? Bitte:

PFIFF = „Programm zur Förderung und zum Erhalt intellektueller Fähigkeiten für ältere Arbeitnehmer“ (Fortbildung älterer Arbeitnehmer bei Opel)

EGON = Erziehungsgeld online

IGEL = Individuelle Gesundheitsleistungen (Klartext: zusätzliche Einnahmequelle für Ärzte)

ELSTER = Elektronische Steuererklärung (hehe, was sagt man diesem Vogel nur nach?)

VerDi = Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (mit peuso-kultureller Attitüde)

ZOPF = Zentrales OP- und Funktionszentrum (an den Dortmunder Kliniken)

ELENA = Elektronischer Entgeltnachweis

DAKOTA = „Datenaustausch und Kommunikationen auf der Basis Technischer Anlagen“… (müsste eigentlich Dakobata heißen).

Na, und so weiter, bis zum erschöpften Abwinken.

In schwachen Stunden habe ich schon einmal gedacht, man müsse derlei Beispiele systematisch sammeln, um daraus eine Typologie zu gewinnen. Doch dann hat sich die Vernunft gemeldet und mir zugeflüstert: „Es gibt Wichtigeres im Leben.“ Recht hat sie!

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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