Hach! Hihi! Huch! – Mal wieder ein Buch zur putzigen Dingwelt der 70er und 80er

Von dieser Buchsorte gibt es schätzungsweise 123 Editionen, jetzt mal bewusst niedrig geschätzt. Immer wieder erinnern sich Leute, die gerade etwas älter zu werden drohen, der Dingwelt ihrer Kinder- und Jugendtage. Hach! Hihi! Huch!

Sie finden die Signaturen der eigenen Vergangenheit wahlweise ein klein wenig bedeutsam oder auch putzig, Mischformen inklusive. Heftiges Augenzwinkern ist dabei ein Muss. Bloß nichts wirklich ernst nehmen, bloß keine Kulturkritik. Schmankerl sind gefragt. Auch Wehmut sollte, falls vorhanden, stets flott ironisiert werden.

Dinge die es so nicht mehr gibt von

Im Prinzip werden immer wieder dieselben Dinge aufgestöbert und launig durchgehechelt, vorzugsweise Gegenstände wie Wählscheiben-Telefon, Telefonzelle, Super-8-Kamera, Diskette, Flipperautomat, Audiokassette, zeitgeistige Süßigkeiten, dazu kultige Werbespots und TV-Serien.

So auch im neuen Band „Dinge, die es (so) nicht mehr gibt“, in dem auch all die genannten Sächelchen vorkommen, immer hübsch alphabetisch gelistet. Das Team, das am Buch gewerkelt hat, umfasst viele Köchinnen und Köche. Sie haben den Brei nicht verdorben, aber etwas wahllos verrührt. Aus dem Prestel-Verlag kamen schon mal ambitioniertere Bücher.

Der Fokus liegt vorwiegend auf den halbschrägen 1970er Jahren, die auch die zwischendurch eingestreuten Tapetenmuster geprägt haben. Immerhin erspart man uns die 179. Wiederbegegnung mit Schlaghosen.

Dafür gibt es jedoch manche Redundanz: Da werden sowohl TV-Apparate als auch Testbilder bekakelt, und es werden Kassette und Kassettenrekorder getrennt abgehandelt, dazu noch die – in den 80ern zu verortenden – Phänomene Videokassette, Walkman und Game Boy. Gehört ihr vielleicht auch zur etwas unscharf angepeilten Zielgruppe?

Etwas origineller mutet die Aufnahme von Mobiltelefonen („Knochen“ der älteren Bauart) und Fernsehgeräten an, die damit als hoffnungslos gestrig gekennzeichnet werden. Tja, wenn man sich selbst ganz vorn wähnt…

Einzelne Mini-Kapitel, wie etwa übers Trockenshampoo, das fiese 70er-Gesöff Persico oder den einstigen Führerschein-„Lappen“, vermögen gar kurz zu entzücken. Doch das gibt sich rasch. Mangels Masse liest man sich nirgendwo fest. Blättern genügt.

„Dinge, die es (so) nicht mehr gibt. Ein Album der Erinnerungen“. Prestel Verlag. 132 Seiten, zahlreiche Abbildungen. 21,95 €.

image_pdfPDF öffnen / Open PDFimage_printDrucken / Print
Visited 139 times, 1 visit(s) today

Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
Dieser Beitrag wurde unter Alltag, Buchmarkt & Lesen, Design, Gesellschaft, Stilfragen abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

7 Antworten zu Hach! Hihi! Huch! – Mal wieder ein Buch zur putzigen Dingwelt der 70er und 80er

  1. Pa Blösl sagt:

    Putzig passt wiederum zu Lappen. Clever. Und das mit dem Dings, äh, ja, das sollte auch möglich sein.
    (Ich liebe diese Pop-up-Kinderbücher … meine Kinder haben sie immer nur kaputt gemacht … hätte ich in ihrem damaligen Alter vermutlich auch gemacht, hätte ich welche gehabt.)

  2. Michaela sagt:

    Es könnte ein Pop-up werden – öffnet man eine Seite, springt einem ein diffizil gefaltetes R4-Modell aus Pappe entgegen, vielleicht noch mit einem Schieberchen versehen, das eine winkende Hand (evtl. mit Joint … ähemm, Zigarette, meine ich! versehen?) aus dem Fenster kommen und dort hinein wieder verschwinden lässt. Da träfe doch auch das Qualitätsmerkmal „putzig“ zu!

  3. Bernd Berke sagt:

    Ja, ich sehe es schon vor mir, das schwergewichtige, opulent bebilderte Coffee Table Book für ca. 68 Euro.

  4. Pa Blösl sagt:

    Sollen wir ein Buch draus machen?

  5. Michaela sagt:

    Ha! Meiner ist nicht grau, sondern dunkelgraublau – der hat schon damals Erstaunen ausgelöst! Verschiedene Bemerkungen, etwa bzgl. der zu tragenden Augengläser, sind kaum noch zu entziffern, deswegen fürchte ich immer, ich würde zu tauschen gezwungen, geriete ich einmal in eine Kontrolle. Aber ich fahre ja immer sooo zivilisiert … Zum Photo sage ich vorsichtshalber nichts.

  6. Bernd Berke sagt:

    So ein Ding habe ich auch noch. Ebenfalls grau und gepappt. Mit einem Foto, dass Gott erbarm, geeignet für jede Fahndungskartei. Aus ästhetischen Gründen werde ich den Lappen hier nicht als Ablichtung zeigen.

  7. Pa Blösl sagt:

    Hey, ich hab den Führerschein-„Lappen“ noch im Original. Musste ihn glücklicherweise die letzten 20 Jahre nicht vorzeigen (Problem: zusammengepappt). Würd ich nie tauschen (freiwillig).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert