Nashorn oder Fuchs: Städtische Symboltiere auf der Straße

Mit dem Bau des Konzerthauses in Dortmund fing es an: Überall in der Stadt wurden bunte Nashörner mit Flügeln aufgestellt.

Die wundersamen Fabelwesen sollten für den neuen Kulturtempel werben, und weil sie so zahlreich auftraten, wirkte ihr Erscheinen auch. Das Konzerthaus gilt als eine der Erfolgsgeschichten Dortmunds, und die Flügelhörner stehen immer noch in der Stadt herum – manche beschädigt oder beschmiert, aber sie sind da.

Der Fuchs als Symbolfigur in der Stadt Ennepetal. (Foto: HH Pöpsel)

In ähnlicher Weise hat sich die viel kleinere Stadt Ennepetal südwestlich von Dortmund eines Symboltiers erinnert, und dieser bunte Fuchs steht nun in Überlebensgröße in allen Stadtteilen auf Betonsockeln, und zwar nicht nur im öffentlichen Raum. Auch Privatleute, Vereine und Unternehmen haben jeweils einen der knapp zwei Meter großen Füchse erworben und aufgestellt. Eine Autolackiererei hat ihren Fuchs sogar aufs Firmendach gestellt und schmückt ihn dort je nach Jahreszeit als Nikolaus, Osterhase oder Karnevalsprinz.

Wie aber kam Ennepetal auf den Fuchs? Seit mehreren hundert Jahren gibt es die Sage, dass sich ein Wanderer in die Ennepetaler Kluterthöhle wagte und sich dort verirrte. Hilfe fand er nur in einem Fuchs, an dessen buschigen Schwanz sich der Mann klammerte, und weil der Fuchs entfliehen wollte, zog er den Wanderer mit sich zum Ausgang der Höhle in Hohenlimburg.

Vor dem Höhleneingang aber saß ein Riese, der das Menschenfleisch schon gerochen hatte. Als aber nun der freigelassene Fuchs in den Wald flüchtete, hetzte der Hüne – sich irrend in der Beute – hinter dem Fuchs her, und unser Wanderer konnte dadurch frohgemut seines Weges ziehen. Diese Sage lernt natürliches jedes Grundschulkind in Ennepetal und Umgebung kennen, und so hat auch jeder Einheimische sofort eine Beziehung zu den Fuchsfiguren.

Aril 2006, im Vorfeld der Fußball-WM: Die Dortmunder Nashörner gab's damals in den Farben aller Teilnehmerländer. (Foto: Bernd Berke)

April 2006, im Vorfeld der Fußball-WM: Die Dortmunder Nashörner gab’s damals in den Farben aller Teilnehmerländer. (Foto: Bernd Berke)

Zwar ist die Kluterthöhle in Ennepetal mit fast sechs Kilometern Ganglänge die größte Naturhöhle Deutschlands, aber bis Hohenlimburg im Lennetal reicht sie natürlich nicht. So ist das eben mit den Sagen. Die Menschen waren schon immer fasziniert von Höhlen und fürchteten gleichzeitig ihre Gefahren, und diese Kombination findet ihren Niederschlag in Erzählungen unserer Vorfahren wie der Fuchs-Sage, die es seit mehr als 150 Jahren auch in schriftlicher Form gibt, zum Beispiel in den „Westphälischen Volkssagen in Liedern“ aus dem Jahre 1841. In dieser gereimten Version hat der Wanderer sogar einen typisch deutschen Namen bekommen: Hans nennt ihn der Dichter.

image_pdfPDF öffnen / Open PDFimage_printDrucken / Print
Visited 160 times, 1 visit(s) today

Über Hans Hermann Pöpsel

Historiker und Germanist. Pensionierter Redakteur
Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Region Ruhr, Stadt Land Fluss abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

5 Antworten zu Nashorn oder Fuchs: Städtische Symboltiere auf der Straße

  1. Bernd Berke sagt:

    Habe eine Übersicht gefunden, demnach hat wohl 1998 Zürich den Vorreiter gemacht: https://de.wikipedia.org/wiki/Tierparaden
    Der gesuchte Künstler war übrigens Andreas Siekmann, hier im einschlägigen Interview mit der „Zeit“: http://www.zeit.de/online/2008/14/interview-siekmann

  2. Bernd Berke sagt:

    Mh. Diese Kilometerbären sind wohl die Vorfahren der späteren Stadtmarketing-Bären und des sonstigen Kommunal-Getiers. Ein Künstler hat sich in Münster über diese Symboltiere lustig gemacht, warum will mir sein Name nicht einfallen?

  3. Matta sagt:

    Ich meinte unproportioniert.

  4. Matta sagt:

    Einen Berliner Bären samt Kilometerangabe (623,5 km bis Berlin) gibt es seit 1964 an einer Aachener Autobahnauffahrt (vorher gab ’s nur einen „Meilenstein“, seit 1958). Ich weiß nicht, wie oft ich – schon als Kind, damals natürlich im Auto meiner Eltern – daran vorbeigefahren bin. Später habe ich meine eigenen Kinder immer auf die Figur aufmerksam gemacht. Sie war irgendwie etwas ganz Besonderes.
    Die 60er-Jahre-Ausgabe gab/gibt es viermal im Bundesgebiet, neben Aachen noch in Gummersbach, Bad Helmstedt und Neuburg an der Donau. Nach welchen Gesichtspunkten die Standorte ausgewählt wurden, weiß ich nicht.
    Der Aachener Bär ging leider mit der Zeit kaputt. 1998 wurde er durch einen Bronzebären ersetzt, der vollkommen unproportional und extrem hässlich ist. Bedauerlicherweise wird der wohl länger durchhalten.

  5. Bernd Berke sagt:

    Wer hat eigentlich bundesweit damit angefangen: die Berliner mit ihren Bären, die Münchner mit den Löwen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert