Exzentrisches Leben eines Pianisten: Steven Soderberghs Kinofilm über „Liberace“

Der Inhalt – gebündelt.

„Liberace – Behind the Candelabra“, so heißt dieses Bio-Pic im Original, das in Deutschland unter dem Namen „Liberace – Zuviel des Guten ist wundervoll“ angelaufen ist. Ein umständlicher Titel, aber nicht abwegig.

Der Film behandelt im Wesentlichen die fünf Jahre seiner Beziehung mit dem jungen Tierpfleger Scott Thorson (Matt Damon) und basiert auf dem Buch „My life with Liberace“, das Thorson über diese Zeit geschrieben hat.

Plakat zum Film „Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll“ – mit Michael Douglas (li.) und Matt Damon. (© dcm 2013)

Als Liberace, genannt Lee, zufällig den 17jährigen Scott kennenlernt, verliebt sich der 30 Jahre ältere sofort in das schüchterne, hübsche Kerlchen. Scott bekommt eine volle Breitseite des überaus extravaganten Lebensstils des Pianisten. Scott ist glücklich, Lee ist glücklich. Lee kann dem Jungen alles und mehr bieten, wovon der je geträumt haben mag. Genau, zuviel des Guten ist eben wundervoll. Scott wird mitgerissen in den Strudel von Prunk, Pomp, Protz und Bombast. Er erlebt den liebevollen, fürsorglichen und den zickigen Lee. Sie leben zwischen überbordendem Privatleben und grandiosen Auftritten, zwischen Champangner und Drogen. Alles geht. Und wenn man grad mal denkt, mehr geht nicht, dann geht doch noch was, und mehr, und mehr.

Irgendwann ist aber auch Scott, der sein Gesicht auf Lees Wunsch liberacesk herrichten ließ, bedient. Sie zoffen sich wie die Kesselflicker, und der mit dem Geld hat das Sagen. Und das letzte Wort. Es kommt zur Trennung. Es folgt eine Klage, in der es um eine Abfindung für Scott (palimony bei unverheirateten Lebenspartnern) in Millionenhöhe geht, die der Stärkere, der Reichere, der Mächtigere gewinnt. Wie auch sonst?

Unter diesen Umständen kann der Film auch nur ein trauriges Ende haben. Allerdings gibt es auch eine nicht zu unterschätzende, versöhnliche Note.

Schöner Film.
Spannender Film.
Wundervoll bunt, exzentrisch und manchmal auch ein bisschen hysterisch.
Hingehen.

Steven Soderbergh ging betteln

Es grenzt an ein Wunder, dass es diesen Film überhaupt gibt. Hollywood zögert nach wie vor, das „heiße Eisen“ Homosexualität anzupacken, und so fand sich auch lange kein Studio, das dieses Risiko eingehen wollte. Es ging nur um fünf Millionen Dollar, vergleichsweise low budget.

„Zu gay“, sagten die Studiofürsten: „Wir wissen nicht, wie wir den vermarkten sollen.“ Eigentlich unverständlich, nachdem doch „Brokeback Mountain“ ein Riesenerfolg war. Und der war nicht mal witzig. Vielleicht passt es nicht in die gegenwärtig so kontrovers geführte Diskussion über same-sex-marriages, die erst in 13 von 50 Staaten legal sind.

Wir haben es Herrn Soderberghs Anstrengungen und dem Pay-TV Sender HBO (der uns auch „Boardwalk Empire“, „The Newsroom“ und „Six Feet Under“ bescherte) zu verdanken, dass dieser Film doch noch gedreht wurde.

Wer war Liberace?

Der Mann, der Valentino Liberace hieß und unter dem Namen „Liberace“ bekannt wurde, war Sohn eines italienischen Einwanderers. Er war ein musikalisches Wunderkind, das schon im Alter von sechs Jahren klassische Werke auswendig spielte. Mit 12 war er Solist beim Chicago Symphony Orchestra, später studierte er Musik. Er trat hin und wieder öffentlich auf. Das Fernsehen wurde auf ihn aufmerksam und er bekam seine eigene Fernsehshow.

Nach etwas zähem Beginn bekam er ein Engagement in Las Vegas. Damals fing er damit an, seine Auftritte flashy, prunkig und bombastisch zu zelebrieren. Seine reich verzierten Konzertflügel schmückte er seitdem immer mit protzigen Kandelabern.
Liberace war vermutlich Vorbild für einige Künstler des showbiz, aber selbst Prince, Jackson, Moshammer oder Glööckler scheinen Waisenkinder im Vergleich.

Liberace war eher der König Ludwig des Entertainment.

Kennt man hierzulande diesen Liberace eigentlich noch, oder hat ihn je gekannt?

Vielleicht die über 40jährigen. Und auch die nur vom Hörensagen. Aber wahrscheinlich eher nicht. In Kommentaren der US-Medien wurde er meistens lächerlich gemacht („Aber er hat seine Mami sehr lieb“) und seine Beteuerungen, nicht schwul zu sein, wurden mit vielsagendem Lächeln bedacht.

Oscarwürdige Darsteller – Maske und Ausstattung.

Die Maske hat Wunder vollbracht, als sie den 42jährigen Matt Damon (der mir gut gefiel in seiner Rolle) auf den 17jährigen Hänfling Scott zurechtmachte. Michael Douglas gibt einen außerordentlich glaubhaften Lee. Sehr dezent schwul in Gestik und Mimik, denn es galt ja damals, den prüden amerikanischen Fans seine wahre sexuelle Orientierung zu verheimlichen. Liberace hatte seinerzeit jeden, der öffentlich über seine Homosexualität spekulierte, sofort verklagt und immer gewonnen.

Generell gibt es viel schöne Musik, teilweise original Playbacks. Die Ausstattung ist an Glamour kaum zu überbieten.

Übrigens hat Douglas einige der Musiknummern selbst gespielt (und sehr viel dafür geübt, wie er gestand).

Außer Douglas und Damon spielen auch Dan Aykroyd, Debbie Reynolds, Rob Lowe und Scott Bakula mit.

Ich mochte den Film und empfehle ihn als sehr gute Unterhaltung. Amüsant und ohne Slapstick, lustig und heiter, ohne platt zu sein.

Von mir 5 von 5 Punkten.

Ach ja – und Oscars für alle!

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