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Archiv der Kategorie: Alltag
Erzählstoff überall – Judith Kuckarts „Die Welt zwischen den Nachrichten“
Jede(r) möge es für sich bedenken: Welche – mehr oder weniger vagen – Berührungspunkte hatte mein Leben mit der Sphäre der Nachrichten? Und was folgt womöglich daraus? Judith Kuckart schneidet derlei Fragen in ihrem neuen, autobiographisch grundierten Roman „Die Welt zwischen den Nachrichten“ keineswegs umweglos an, sondern vielschichtig, hintergründig, zuweilen auch irrlichternd.
Staunenswert, welche Zeitlinien bis in die westfälische Provinzstadt Schwelm reichten, in der Judith Kuckart am (west)deutschen Einheits-Feiertag (17. Juni 1959) geboren wurde. Da war etwa die Schwelmer Apothekertochter Ina, die öfter auf die kleine Judith aufgepasst hat und sich Jahre später in Berlin (im Gefolge des Attentats auf den Studentenführer Rudi Dutschke) links radikalisiert hat. Noch etwas später war sie auf Plakaten der RAF-Terrorfahndung zu sehen und dürfte … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Familie, Geschichte, Gesellschaft, Kinderzeiten, Lebenswege, Literatur, Politik und so, Tanz, Theater
Verschlagwortet mit Berlin, Die Welt zwischen den Nachrichten, Judith Kuckart, Schwelm
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Dies und das in Wuppertal
Wuppertal denke ich mir immer etwas abseits, im Windschatten des Ruhrgebiets, meinetwegen auch im toten Winkel von Düsseldorf liegend. Das mag ungerecht sein. Es ist halt nur so ein Gefühl. Und so geht’s auch weiter, nämlich vorwiegend assoziativ.
„Zuckerpuppe“ und Blankenese
Wie es mir jetzt wieder in den Sinn kam, hat es mit der Stadt u. a. folgende, durchaus ulkige Bewandtnis: Sie kam in zwei sehr populären Stimmungs-Schlagern vor – 1961 als Schlussgag in Bill Ramseys „Zuckerpuppe (aus der Bauchtanzgruppe)“, wo jene „Suleika“ gar nicht so orientalisch ist, sondern Elfriede heißt und offenbar just aus Wuppertal kommt. Außerdem zählte die Stadt 1981 zum Zielgebiet in Gottlieb … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Architektur & Städtebau, Region Ruhr, Stadt Land Fluss
Verschlagwortet mit Bill Ramsey, Else Lasker-Schüler, Friedrich Engels, Gottlieb Wendehals, Johannes Rau, Schwebebahn, Wuppertal
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Der betonierte Horror asiatischer Ballungsräume, oder: Warum das Ruhrgebiet gar nicht so übel ist
Ich bin in Asien gewesen. Kreuzfahrtschiff. Hong Kong und Shanghai, Südkorea und Taiwan, vor allem aber Japan. Mit wenigen Ausnahmen immer in Städten, in großen Städten, Megastädten – Großräume, nüchterner ausgedrückt, in die das Ruhrgebiet drei-, vier-, fünfmal hineinpassen würde. Hochstraßen auf mehreren Etagen, Hochbahnen, Hochhäuser und bei letzteren der unübersehbare Wettbewerb, wer den Größten hat, den größten Wolkenkratzer.
Das, was man sonst in Fernost so sucht, Gärten, Schreine, Historie, mickert irgendwo in der Ecke oder wird von der Stadtautobahn überdonnert. Deprimierender Gedanke des ersten Tages und vieler folgender: Hier möchtest du nicht leben.
Wahrnehmungen eines europäischen Touristen
Natürlich sind diese meine touristischen Wahrnehmungen, gelinde gesagt, ausschnitthaft und oberflächlich. Aber wie … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Architektur & Städtebau, Geschichte, Weite Welt
Verschlagwortet mit Asien, Ballungsraum, China, Hochhäuser, Honig Kong, Japan, Korea, Metropole, Metropolen, Ruhrgebiet, Taxi, Toilette, Tokio, WC
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Freiheit, Albtraum und Erschöpfung – Theresia Enzensbergers Gedanken übers Schlafen
Hanser Berlin bringt derzeit und bis zum Frühjahr 2026 sukzessive 10 Bände über die wichtigsten Dinge des menschlichen Daseins heraus (Liste am Schluss dieses Beitrags). Theresia Enzensberger, 1986 geborene Tochter von Hans Magnus Enzensberger, Romanautorin („Blaupause“, 2017 – „Auf See“, 2022), außerdem Mitarbeiterin etlicher Premium-Medien, ist dabei schreibend fürs Schlafen zuständig.
Ein Hauptstrang ihres Essays handelt vom Schlaf unter kapitalistischen Bedingungen. In dieser Hinsicht diene er lediglich dazu, die Arbeitskraft wiederherzustellen. Dabei könnte er doch – mitsamt den Träumen – ein unkontrollierbares, unverfügbares Reich der Freiheit sein. Prinzipiell stehe der Schlaf außerhalb der sonst so universellen kapitalistischen Verwertbarkeit. Theresia Enzensberger ergreift die Gelegenheit, in solchen Zusammenhängen wieder einmal Karl Marx zu zitieren – ehedem flächendeckend üblich, heute eher selten.
Die … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Buchmarkt & Lesen, Gesellschaft, Krankheit & Gesundheit, Lebenswege, Literatur, Psychologie
Verschlagwortet mit Schlafen, Theresia Enzensberger
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Erlittenes Leben, betrübliches Altern – Didier Eribons Buch „Eine Arbeiterin“
Vor allem mit seinem Buch „Rückkehr nach Reims“ war Didier Eribon – u. a. nach und neben Nobelpreisträgerin Annie Ernaux – einer derjenigen, die das autobiographische („autofiktionale“) Erzählen neuerer Prägung enorm beeinflusst haben. Selberlebensbeschreibungen, zumal von hernach mühsamst aufgestiegenen Kindern aus dem Arbeitermilieu, hatten jüngst geradezu Konjunktur. Auch jetzt wendet sich Eribon nicht von diesem Themenkreis ab, er fokussiert seinen Blick aber anders, und zwar aufs Leiden am Altern.
Sein neues Buch „Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben“ setzt ein, als der Ich-Berichterstatter (unverhüllt Eribon selbst) in der nordfranzösischen Provinz ein passendes Altenheim für seine hinfällige Mutter sucht. Dies erweist sich als außerordentlich schwieriges Unterfangen.
Was als Schilderung aus dem misslichen Alltag beginnt, verzweigt sich in Reflexionen zu gesellschaftlichen Zuständen … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Familie, Frauen & Männer, Gesellschaft, Lebenswege, Literatur, Politik und so, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit Didier Eribon, Eine Arbeiterin
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Die etwas andere Laden-Kette (keine weihnachtliche Geschichte)
Leute, ich erzähle Euch mal eine kleine Geschichte, mit der ich mich womöglich als „Spießer“ zu erkennen gebe. Sei’s drum.
Nein, die Chose spielt nicht in härteren Ecken von New York, London oder Berlin, auch nicht in der Dortmunder Nordstadt, sondern im vergleichsweise biederen Stadtteil Dortmund-Körne – und daselbst in einer harmlosen Tedi-Filiale, einer jener Resterampen für Deko-, Zeichen-, Bastel-, Haushalts- und Büro-Bedarf. Die Zentrale dieser Laden-Kette (!) befindet sich übrigens just in Dortmund. Warum ich das Ausrufezeichen hinter „Laden-Kette“ gesetzt habe? Abwarten.
Da betritt also ein nicht mehr ganz junger Mann (cirka 60 … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Gesellschaft, Stilfragen
Verschlagwortet mit Herr, Herrschaft, Ketten, Sklave, SM
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Immer wieder „Alles gut“
Zugegeben, es wird im deutschen Sprachraum schon seit einigen Jahren gesagt, allerdings mit der Zeit immer und immer öfter. Inzwischen ist es längst eine feste Formel, ja ein Passepartout geworden, eigentlich immer und überall zu gebrauchen:
„Alles gut.“Soll man’s schriftlich und stimmlich mit oder ohne Punkt ausklingen lassen, mit Ausrufezeichen oder gar mit drei Auslassungs-Punkten? Das bleibt jedem Menschen selbst überlassen. Wichtig ist nur: Es soll beruhigend wirken, lindernd und beschwichtigend (Achtung, auch darin verbirgt sich das Wort „wichtig“), es soll an sich schon harmlose Situationen weiter entschärfen, die sowieso gar nicht allzu … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Gesellschaft, Sprache, Stilfragen
Verschlagwortet mit Alles gut
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Mit „Normalos“ durch die Hölle – Heinz Strunks Geschichtenband „Der gelbe Elefant“
Claudia und Andi treffen Olli und Melli „beim Griechen“. Ach, wie putzig das schon klingt. Es geht in dieser Auftaktgeschichte um zwei „Pärchen“ in Lübeck. Bekanntschaft aus dem Korfu-Urlaub. Nun sondern sie beim arg misslingenden Wiedersehen dermaßen belangloses Zeug ab („super“ und „toll“ sind fast noch die klügsten Einlassungen), dass es einen beim Lesen recht ordentlich quält.
„Bitte! Jetzt nicht auch noch das!“ So möchte man den Autor anflehen. Doch ein Heinz Strunk gibt kein Pardon. Er zieht die Sache mal wieder gnadenlos durch und beleuchtet seelische Trümmerhaufen gerne grell. Schmerzlich nahe kommt er dabei einem landläufigen „Normalo“-Sound.
Auch im weiteren Verlauf seines Erzählbandes „Der gelbe Elefant“ spürt er mit Vorliebe das Normale im Bizarren und das Bizarre im Normalen … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Literatur
Verschlagwortet mit Der gelbe Elefant, Heinz Strunk
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Diese oft bizarre Republik – Robert Lebecks Fotoband „Hierzulande“
Es beginnt 1955 mit Momenten einer (nachträglichen) „Geburtsstunde“ der Bundesrepublik Deutschland, die den Krieg „endgültig“ hinter sich zu lassen glaubte. Der Fotograf Robert Lebeck (1929-2014), damals gerade 26 Jahre alt, lieferte für die Zeitschrift „Revue“ Aufnahmen der letzten deutschen Kriegsgefangenen, die aus russischen Lagern zurückkehrten.
Ausgemergelt, sichtlich erschöpft, in einheitliche Wattejacken gekleidet, so kamen sie mit notdürftigen Holzkoffern ins fremd gewordene Heimatland. Und nun schaue man, wie sie ihre Familien wiedersehen, welche Freudentränen da fließen, welches Befremden sich jedoch auch allseits zeigt und wohl nicht offen zu zeigen wagt. Schließlich: … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Buchmarkt & Lesen, Fotografie, Geschichte, Gesellschaft, Kunst & Museen
Verschlagwortet mit Bonner Republik, Deutschland, Fotografie, HIerzulande, Robert Lebeck, Westdeutschland
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Nicht schön, aber viel besser als früher – Bilder aus der „Eulenkopf“-Siedlung
Das kann man wohl teilnehmende Beobachtung nennen: Rund zwei Jahre lang ist die in Düsseldorf lebende Dokumentar-Fotografin Merle Forchmann immer und immer wieder nach Gießen gefahren – und dort stets zur „Eulenkopf“-Siedlung. Mit der hat es seine spezielle Bewandtnis.
In den frühen 1950er Jahren wurde diese Siedlung in erbärmlicher Schlichtheit so errichtet, dass vormals Wohnungslose zwar ein notdürftiges Dach über dem Kopf hatten, aber ganz bewusst vom Rest der Stadt separiert und damit als „sozial Schwache“ oder gar „Asoziale“ gebrandmarkt … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Architektur & Städtebau, Fotografie, Gesellschaft, Lebenswege
Verschlagwortet mit Dortmund, Eulenkopf, Fotografie, Gießen, Merle Forchmann, Verlag Kettler, Wohnsiedlung
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Seele der ganzen Region – Fotoschau über Fußball im Ruhrgebiet (verlängert bis 20. Mai ’24)
Das kann doch wohl kein Zufall sein: Zwischen 1952 und 1957 erreichte die Steinkohleförderung im Revier ihre Gipfelpunkte. Just in dieser Phase machten Ruhrgebietsvereine die deutsche Fußballmeisterschaft hauptsächlich unter sich aus: 1955 war Rot-Weiß Essen an der Reihe, 1956 und 1957 folgte Borussia Dortmund, 1958 schließlich Schalke 04.
In einer gemeinsamen Ausstellung auf Zeche Zollverein erzählen das dort ansässige Ruhr Museum und das (auch nicht von ungefähr) in Dortmund angesiedelte Deutsche Fußballmuseum die Geschichte(n) des Revierfußballs anhand … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Fotografie, Gesellschaft, Kunst & Museen, Leibesübungen, Region Ruhr
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Schlechtes Gewissen im Wohlstand – „Geld spielt keine Rolle“ von Anna Mayr
Nach ihrem bitteren Armutsbericht „Die Elenden“ (2020) legt Anna Mayr nun ein Buch über ihren und anderleuts (letztlich doch begrenzten) finanziellen Aufstieg vor: „Geld spielt keine Rolle“.
Der Titel ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Im Gegenteil. Geld spielt immer und überall eine Rolle, so lautet der unumstößliche Befund. Über Geld redet „man“ nicht? Oh, doch! Hier schon. Jedes einzelne Kapitel ist mit einem konkreten Geldbetrag überschrieben: „600 Euro für einen Umzug“. – „200 Euro für Falafel“. – „225 Euro für eine Katzentherapeutin“ – „149 Euro für einen Elektrogrill“. Und so weiter, aus etlichen Lebensbereichen. Das Buch enthält somit (bestürzend) viele und genaue Proben des bundesdeutschen Alltags.
Als Frau, die in ärmlichen Verhältnissen am Ostrand des Ruhrgebiets aufgewachsen ist, „genießt“ … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Buchmarkt & Lesen, Gesellschaft, Lebenswege, Luxus & Moden, Politik und so, Wahnwitz, Warenwelt & Werbung, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit Anna Mayr, Geld spielt keine Rolle
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Von Unna bis Bangkok – Unbewohnbarkeit der Städte im fotografischen Langzeitprojekt
Der 1961 in Wolfsburg geborene Fotograf Peter Bialobrzeski ist ein kreativer Unruhegeist. Wenn der Foto-Künstler keine Uni-Seminare hält, ist er mit seiner Kamera unterwegs, erforscht die Geheimnisse der deutschen Kleinstädte und die Abgründe der globalen Mega-Metropolen. Seine Arbeiten werden weltweit ausgestellt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Seit einiger Zeit widmet er sich einem Langzeitprojekt: Die Stadt zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist das Thema seiner „City Diaries“, mit denen er der Frage nachgeht, ob unsere Vorstellung vom Bild einer Stadt, gespeist aus Vorurteilen, Vorgefundenem und medial Vermitteltem, in ein spezifisches Bild überführt werden kann. Die Bibliothek der „City Diaries“ umfasst inzwischen 19 Bücher.
Die Reiseroute seiner Foto-Safaris scheint keinem Muster zu folgen, ein Auswahl-Prinzip ist nicht erkennbar. Manche Stadterkundung mag … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Architektur & Städtebau, Fotografie, Weite Welt
Verschlagwortet mit City Diaries, Fotografie, Peter Bialobrzeski, Städte, Verwahrlosung
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Nähe, Alltag und Wirrnis – Andreas Maiers Roman „Die Heimat“
1970er Jahre in der hessischen Provinz (und eigentlich nicht nur dort): In der Grundschulklasse sitzen gerade mal zwei „Ausländer“-Kinder, ein Italiener und ein Mädchen aus Bulgarien, das im gnadenlosen Urteil der Mitwelt als „wilde Zigeunerin“ gilt. Wie lange scheint das her zu sein und wie unbegreiflich fern scheint es zu liegen! Andreas Maier muss es in seinem neuen Roman „Die Heimat“ geradezu archäologisch hervorholen. Dann aber kommt es uns doch verdammt bekannt vor.
Es folgen weitere zeittypische Szenarien: bezeichnende Vorkommnisse auf dem Schulhof; eine Schwester Adelheid, die nahezu obszön in die Kreuzigung Jesu vernarrt ist und auf entsprechend drastische Weise katholischen Religionsunterricht erteilt. Das erste italienische Restaurant im Städtchen, die Fernsehserie „Holocaust“ und der bleierne Herbst des RAF-Terrorismus sind andere … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Literatur
Verschlagwortet mit Andreas Maier, Die Heimat
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Furchtlosigkeit, Demut und Liebe – Helga Schubert über den Alltag mit ihrem demenzkranken Mann
„Darum sorgt nicht für den andern Morgen“, heißt es bei Matthäus (Kapitel 6, Vers 34), „denn der morgende Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe.“
Diese Bibel-Zeilen stellt Helga Schuber ihrem neuen Buch voran: „Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe“ konzentriert sich ganz auf das Hier und Jetzt, das Schöne und das Schreckliche des Moments. Es ist ein Buch, das furchtlos und bewegend beschreibt, wie Liebe und Leid Hand in Hand gehen, wie qualvoll es ist, seinen schwer an Demenz erkrankten Ehemann zu pflegen, einen ehemals starken Kerl und klugen Kopf, der jetzt ans Bett gefesselt ist und sich einnässt, der seine Frau oft nicht wieder erkennt und seltsame … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Frauen & Männer, Krankheit & Gesundheit, Lebenswege, Liebesleben, Literatur
Verschlagwortet mit Demenz, Der heutige Tag, Helga Schubert
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Raus aus dem ärmlichen Dortmunder Dreck: Jörg Thadeusz‘ Nachkriegs-Roman „Steinhammer“
Vorab eine persönliche Anmerkung, die mit dem vorliegenden Buch zu tun hat: Vor allem die erste Hälfte dieses Romans habe ich mit fliegendem oder angehaltenem Atem gelesen, weil – ich den anfänglichen Haupt-Schauplatz aus frühester Kindheit „kenne“ oder wenigstens genau dort gelebt habe, bis ich sechs Jahre alt war. An den durchgehenden Lärm der Bahnstrecke und an den Güterbahnhof kann ich mich jedenfalls noch erinnern. Da haben wir Kinder einmal Rüben aus Waggons geklaut und es gab „eine Tracht Prügel“. Ein ähnlicher Vorfall aus demselben Jahrzehnt kommt auch im Roman vor…
Gemeint ist die Dortmunder Steinhammerstraße im Schatten der damals noch mächtig aktiven Zeche Germania. Just dort hat der Roman „Steinhammer“ sein Gravitations-Zentrum. Verfasst hat ihn der TV-bekannte, 1968 in … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Dortmund, Jörg Thadeusz, Norbert Tadeusz, Ruhrgebiet, Steinhammer, Steinhammerstraße, Zeche Germania
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Ruhrgebiet – Traumgebiet: „Urbane Künste Ruhr“ wollen ab Mai wieder Orte der Region verwandeln
Noch ist alles im Wachsen und Werden, doch es lässt sich schon im Ungefähren darüber reden: Bei einer Online-Pressekonferenz gab es jetzt einen ersten Überblick zu neuen Projekten von „Urbane Künste Ruhr“. Sie befassen sich vom 5. Mai bis zum 25. Juni mehr oder weniger direkt mit dem Generalthema „Schlaf“.
Damit wird die 2019 gestartete und 2021 fortgesetzte Trilogie „Ruhr Ding“ enden, deren erste Ausgaben „Territorien“ und „Klima“ in den Blick genommen haben. Allesamt dehnbare Themenfelder, fürwahr.
„Schlaf“ also. Unter diesem Losungswort sollen sich diverse Orte im Ruhrgebiet als … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Architektur & Städtebau, Gesellschaft, Kultur an sich, Kunst & Museen, Region Ruhr, Utopien
Verschlagwortet mit Britta Peters, Essen-Steele, Mülheim, Ruhr Ding, Schlaf, Urbane Künste Ruhr, Witten
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Wie ich dann doch kein Sargträger wurde
Okay, ich will hier nicht das Lamento anstimmen vom Selbstausbeuter im Kulturjob, der als Ruheständler mit karger Rente zu kämpfen hat. Scheiß drauf, Schwamm drüber. Andererseits bleibt so einem wie mir nichts anderes, als beide Augen offen zu halten nach einem 520-Euro-Job, der auf Altersbezüge nicht angerechnet werden darf. Ansonsten hätte man vielleicht noch die Wahl, den Kopf in den Gasherd zu legen, solange einem das Gas noch nicht abgesperrt wurde.
Erfreulicherweise aber sprang sie mich tatsächlich an, diese Kleinanzeige aus den Stellenangeboten: „Sargträger (m/w/d) für Bestattungsunternehmen gesucht. Einsätze nach Absprache Mo.-Sa. vormittags. Minijob-Basis. Führerschein erforderlich.“
Hm…, gestorben wird immer, wie man zurzeit überall sehen muss. Vielleicht könnte ich das Unangenehme mit … Weiterlesen
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Wenn das Ungeheuerliche alltäglich wird, gewöhne dich (nicht) daran…
„Gewöhn dich nicht. Du darfst dich nicht gewöhnen.“
So lauten zwei Gedichtzeilen Hilde Domins. Doch liest man die Gazetten, hier im Ruhrgebiet vor allem die der Funke Mediengruppe, oder sieht fern (also weder weit noch tief), dann lautet der einem jetzt überall entgegenschlagende Imperativ: „Gewöhn dich endlich. Du sollst dich gewöhnen!“
Unter dem Deckmantel journalistischer Objektivität (meist also: fehlender Haltung) werden die Welt-Erklärungen aus den oberen Etagen einer sich selbst zur Elite stilisierenden Geld- und Machtkaste an das Wahlvolk durchgereicht. Nur wenige Journalisten/Formate versuchen, der Meinungsmache in oder außerhalb medialer Blödmaschinen etwas entgegenzusetzen. Lieber bleibt die Journaille im Mitläufer-Pulk, gebiert unaufhörlich neoliberale Kopflanger, jene Tuis, die Brecht einst so beschrieb: „Der Tui ist der … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Bekenntnisse, Familie, Gesellschaft, Krieg & Frieden, Lebenswege, Politik und so, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit Aktienrente, Aktionäre, Armut, Bürgergeld, Gaspreisbremse, Inflation, Krieg, Subventionen, Ukraine, Waffen, Wohnungsnot, Zeitenwende
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Wo Bürokraten bräsig walten, pflanzt sich das Unvermögen fort
Wer hat in letzter Zeit ähnliche Erfahrungen mit der kläglichen Unzulänglichkeit gewisser Unternehmen gemacht; besonders mit den Abkömmlingen früherer Staatsbetriebe: Post, Bahn, Telekom? Blöde Frage: natürlich wir alle.
Die Älteren erinnern sich: Post und Bahn hatten – bei aller Gängelung und piefigen Beschränkung – einst auch etwas Wohliges und ziemlich Verlässliches an sich. Heute aber bedeutet Bürokratie längst nicht mehr Ordnung und Sicherheitsgefühl, sondern es hat sich eine gewaltige Brems- und Verhinderungs-Maschinerie herausgebildet, die die gesamte Gesellschaft immer wieder fesselt und zurückwirft. Bizarre Beispiele lassen sich täglich … Weiterlesen
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Familienfreuden XXX: Das leuchtende Fest
Rituale – das klingt mit dem rollenden „R“ vorneweg ein wenig altbacken. Und trotzdem gibt es für mich gerade zur Weihnachtszeit ein paar, die mir lieb sind. Nicht von ungefähr wünsche ich auf meinen Weihnachtspostkarten oft ein „leuchtendes“ Fest.
Der erste Advent ist so etwas wie der Weckruf für mich. Dieses Jahr, das muss ich zugeben, hätte ich ihn allerdings beinahe verschlafen. Der 27. November erschien mir innerlich irgendwie zu früh. Aber als mir die Menschen im Supermarkt unisono ein schönes Adventswochenende wünschten, wusste ich, was die Stunde geschlagen hatte. Schnellen Schrittes und mit entschlossener Miene … Weiterlesen
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Alles so schön aufgeräumt – die Welt im Kinderduden von 1970
1970? Ganz schön lange her. Über ein halbes Jahrhundert. Andererseits haben die Älteren unter uns jenes Jahr schon bei recht wachen Sinnen erlebt. Insofern gehört es zum überschaubaren biographischen Bestand, frei nach Peter Rühmkorf waren es „Die Jahre, die ihr kennt“.
Warum die Vorrede? Nun, mir ist ein just 1970 erschienener „Kinderduden“ in die Hände gefallen, der vorwiegend als (ziemlich ungelenk gezeichnetes) Bildwörterbuch mit 28 Schautafeln aus etlichen Lebensbereichen angelegt ist. Die zweite Hälfte besteht aus einem alphabetisch sortierten Lexikonteil. Dabei handelt es sich um eine – nach den Maßstäben der Zeit „kindgerechte“ – Auswahl aus dem damaligen „Großen Duden“ (Band 1, Rechtschreibung).
Gleich die erste Tafel heißt „In der Küche“ und beginnt so: „Ganz modern ist Mutters Küche. Alles … Weiterlesen
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Familienfreuden XXIX: Ohren bohren
„Ohrlochen stechen GRATIS!“, stand in verschnörkelten Lettern auf roséfarbenem Grund am Eingang des Modeschmuck-Ladens, an dem ich vorbeieilte. Ohrlöcher stechen? Gratis? Das klingt ja vertrauenerweckend, dachte ich bei mir und musste grinsen. Es gab eine Zeit, da hätte Fi ihre Füße in den Boden gerammt und versucht, mich in den Laden zu zerren.
Fi gehört wahrlich nicht zu den Kindern, die, kaum dass sie einen geraden Satz herausbringen konnten, schon nach Löchern in den Ohren verlangten. Und auch ich betrachtete Babys, bei denen nicht nur ihr Lächeln, sondern auch Schmucksteine strahlten, eher mit Argwohn. Als die Grundschulzeit sich aber dem Ende näherte, drehte der Wind. Als hätte jemand den Schmuckschalter umgeworfen, gab es für … Weiterlesen
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„Geh nicht durchs Gewischte!“ – Torsten Sträters „Heimspiel“ in der großen Westfalenhalle
Torsten Sträter war spürbar und eingestandenermaßen richtig gerührt, als er jetzt vor Tausenden in der Dortmunder Westfalenhalle 1 (also in der „Großen“) aufgetreten ist. Beim „Heimspiel“ ließ er sich nicht lumpen und stand solo beachtliche zweieinhalb Stunden auf der Bühne, Pause nicht mitgerechnet. Allein das war schon eine reife Leistung.
Die veranstaltungslose Zeit der Pandemie, so bekannte der Comedian, habe ihn in wirkliche Depressionen gestürzt. Und überhaupt: Für den gebürtigen Dortmunder (Jahrgang 1966, aufgewachsen im stark vom Bergbau geprägten Ortsteil Eving) war gerade dieser Abend etwas Besonderes. In jungen Jahren sei ihm Dortmund immer wie die „große … Weiterlesen
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Familienfreuden XXVIII: Adieu, Grundschule!
Morgen ist es vorbei, vier Jahre Grundschule – ade. Eine kleine Ära im Leben von Fi endet.
Ich frage mich jetzt schon, wie viele Packungen Taschentücher ich mitnehmen soll. Und ob ich am besten eine Sonnenbrille aufsetze, damit es nicht ganz so offensichtlich ist, dass ich Rotz und Wasser heule. Fis Grundschule ist nämlich in Sachen Abschied das, was Steven Spielberg für das Kino ist: ein Meister der Inszenierung. Als die Grundschule startete, sind die Erstklässler:innen durch bunte Blumenbögen in das Schulgebäude eingezogen. Morgen – man ahnt es – ziehen sie durch eben jene Bögen wieder aus. Der Kreis schließt sich, die Symbolik passt. Pech, wenn man da nah am Wasser gebaut ist.… Weiterlesen
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„Nichts ist, das ewig sei“: Bewegender Film über Detroit, Bochum und die Vergänglichkeit
Kaum zu glauben, aber offenkundig: Das anno 1643 in deutscher Sprache verfasste, barocke Vergänglichkeits-Gedicht „Es ist alles eitel“ von Andreas Gryphius scheint sich staunenswert genau zur desolaten Situation in der einstigen US-Autometropole Detroit zu fügen. „Seems like he got it“, sagt einer von denen, die vor der Kamera ein paar Worte aus der englischen Übersetzung vorgelesen haben. Ja, er hat’s im Grunde wohl schon damals verstanden, dieser Herr Gryphius, der solche gültigen Zeilen geschrieben hat:
„Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden. Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein. Nichts ist, das ewig sei, kein … Weiterlesen
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Historie in der Horizontale: „Was im Bett geschah“
Wenn man nur lange genug über ein Thema nachsinnt, scheint der Stoff schier uferlos zu werden. Beispielsweise das Bett und alles Drumherum. Was lässt sich da nicht alles erzählen! Es lassen sich damit zahllose Bücher füllen, beispielsweise das im Titel etwas anzüglich klingende „Was im Bett geschah“ (im Original noch eine Spur aktiver: „What We Did in Bed“), das als „Eine horizontale Geschichte der Menschheit“ firmiert.
Nadia Durrani und Brian Fagan kommen aus der Archäologie und fangen zwar nicht bei Adam und Eva, wohl aber bei unseren frühen Vorfahren vor einigen Tausend Jahren an, die verwertbare Funde hinterlassen haben. In der Vorzeit, so erfahren wir, haben Menschen wohl auf Bäumen geschlafen, andere wiederum in Hockstellung auf dem Erdboden. Wir lernen … Weiterlesen
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Teures Mini-Päckchen nach „nebenan“
Mit der EU ist das so eine Sache. Großbritannien ist bekanntlich schon draußen, Polen und Ungarn tun manches dafür, um vielleicht bald ebenfalls draußen zu sein. Noch dazu gibt es etliche Nickeligkeiten, die kontinentalen Alltagsärger hervorrufen. Beispielsweise das Porto-Problem(chen).
Vom Ruhrgebiet aus gesehen, sind die Niederlande nun mal das allernächste Nachbarland, sozusagen gleich um die Ecke gelegen. Doch wehe, man will ein Päckchen hinüber oder herüber schicken. Dann werden Preise verlangt, wie sie eher für Ferntransporte fällig sein müssten.
So habe ich dieser Tage in einer Ferienwohnung zu Noord-Holland ein Schnellladekabel vergessen; fürs Smartphone, Marke angebissenes Obst, daher nicht ganz so billig. Reinigungskräfte der Vermietungs-Agentur haben das Kabel tatsächlich gefunden. Danke dafür, dank u wel. Obwohl ich erst auf Nachfrage … Weiterlesen
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Vom IT-Campus zum „Theatermacher“ – eine kleine Dortmunder Betrachtung in Zeiten des Home-Office
„Hoesch-Spundwand“, abgekürzt HSP, war viele Jahre ein Sorgenkind unter den Dortmunder Industriebetrieben, bis es dann 2015 endgültig zumachte – keine profitablen Aufträge und keine Aussicht auf Besserung. Was blieb, war im Westen der Stadt ein großes Industrieareal entlang der Emscher mit einer imposanten Halle, von der Emscherallee aus in ganzer Schönheit zu bestaunen. Und dann kamen die Planer.
„Wie das Google-Hauptquartier“
Im Lokalteil der Dortmunder Zeitungen – ja, für die, die nicht von hier sind und es nicht wissen: es gibt nur noch einen Lokalteil in Dortmund, der von den Ruhr-Nachrichten produziert und den die Funke-Titel WAZ und Westfälische … Weiterlesen
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In 10 Minuten geliefert – Wozu die Hetze?
Ich hab’s nicht ausprobiert und möchte das sowieso nicht. Seit relativ kurzer Zeit sind auch in Revier-Breiten diese wahnwitzigen Lieferdienste unterwegs, die versprechen, einen online vorbestellten Supermarkt-Einkauf bereits binnen 10 oder 15 Minuten zu bringen. Warum? Wozu? Weshalb?
So rasen sie denn durch Bochum, Dortmund oder Essen – Gorillas, Flink und Konsorten. Wer noch einen Dienst gründen möchte: „fix“, „flugs“ oder „schnurstracks“ heißt wohl noch keiner, oder?
Dermaßen riskant sind manche dieser Radfahrer unterwegs, dass man das Fürchten lernen kann. Zumal in Gemengelagen mit den allgegenwärtigen E-Rollern bringen sie sich und andere in Gefahr – und alles nur, damit ein paar Hanseln (oder Greteln) in Windeseile ihr Zeug … Weiterlesen
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Zwischen Pfandflaschen, Wildpinklern und Chronotopos: „Die Raststätte. Eine Liebeserklärung“
Rund 450 Autobahn-Raststätten gibt es in Deutschland. Rund eine halbe Milliarde Mal pro Jahr machen Menschen dort Halt, meistens kurz und flüchtig: zwecks Tanken, Toilette und Imbiss. Ein solch allgegenwärtiges Alltags-Phänomen verdient es zweifellos, in Buchform dargestellt zu werden. Erst recht, wenn es mit Sinn und Verstand geschieht.
Florian Werner war gut beraten, nicht landauf landab möglichst viele Raststätten abzuklappern, sondern sich fast gänzlich auf eine einzige zu konzentrieren: Garbsen Nord bei Hannover. Dennoch hat er einen weiten Themenkreis ausgeschritten, um nicht zu sagen: ein Panorama entworfen. So skizziert er zunächst die faschistisch geprägte (Vor)-Geschichte der Raststätten zur Mitte der 1930er Jahre (allererste Einrichtung: Nähe Chiemsee, nach Bauernhof-Vorbild) bis hin zum Niedergang in den 1970ern – Stichwort „Ölkrise“ – und … Weiterlesen
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Die Leute sind oft anders, als wir meinen – Juli Zehs neuer Roman „Über Menschen“
Dora muss raus. Einfach weg von allem. Irgendwo neu beginnen. Raus aus dem hysterisch überdrehten Berlin, der Endlosschleife immergleicher Gespräche über gesunde Ernährung und korrekte Mülltrennung. Weg von ihrem Freund Robert, der sich vom Klima-Aktivisten zum Corona-Schamanen gewandelt hat und Gefolgschaft erwartet.
Seit die Pandemie da ist und die Menschen Masken tragen, kommt alles ins Rutschen. Beziehungen und Gewissheiten lösen sich auf. Die Werbe-Agentur, in der sie eben noch als Star-Texterin verehrt und gut bezahlt wurde, verdonnert Dora zum Homeoffice und wird ihr später per Mail die Kündigung aussprechen. Da ist Dora aber längst schon abgehauen, hat die Café-Latte-Schickeria, die Cancel-Culture- und Gender-Sternchen-Debatten abgeschüttelt wie lästige Fliegen, hat schnell ein paar Sachen und ihren Hund eingepackt und ist nach Bracken … Weiterlesen
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Endlich: „Dittsche“ ist wieder da!
Endlich, endlich! Er ist wieder da. Etwas über ein Jahr ist es her, dass „Dittsche“ zuletzt seine abgründig tiefgründelnde Bademantel-Philosophie verbreiten durfte. Dann kam die lange Corona-Pause. Und jetzt ist Ingos Imbiss-Stube wieder geöffnet – freilich nur zum Außer-Haus-Verkauf. Ganz wie im wirklich wahren Leben…
Dittsche ist jetzt berufstätig. Darauf legt er großen Wert. Hin und wieder fegt er nämlich die besagte Imbiss-Stube aus. Immerhin. Nach getaner Tat bringt er die lang vermissten Worte hervor: „Mach mal’n Hobel klar!“ (d. h. „Gib mir mal’n Bier!“) … Weiterlesen
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Polar! Wirbel! Split!
Es gab einmal Zeiten – nein, ich meine nicht „ohne Handy und Computer“, sondern: mit einfachem Wetter. Oder auch: einfach mit Wetter.
Es waren Zeiten, in denen nicht wegen jeder mittelprächtigen Schneeflocken-Ansammlung medial panisch aufgeschrien und „General Winter“ an die Eiger-Nordwand gemalt wurde. Zeiten, in denen es schlichtweg hieß, es werde in den kommenden Tagen kälter werden; vielleicht noch garniert mit ein paar Temperatur-Angaben. Es hat vollauf genügt. Daraus konnte man schon die entsprechenden Schlüsse ziehen. Pullover an, Mantel an, Mütze auf. Und so weiter. (Sicherlich gibt’s heute -zig YouTube-Videos, die das im Zuge deppenhafter Alltags- und Lebenshilfe erläutern: „Jetzt vorsichtig den Arm durch den Ärmel schieben… bis du die Hand wieder sehen kannst.“).… Weiterlesen
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Corona-Lotto: Das ärgerliche Glücksspiel um einen Impftermin für die 87jährige Mutter
Unser Gastautor Thomas Schweres, TV-Reporter und Verfasser von Kriminalromanen, über vergebliche Bemühungen um die Buchung eines Corona-Impftermins:
Kurz vor Weihnachten wurde bekannt, dass es jetzt einen zugelassenen Impfstoff gibt und es bald losgeht. Am 27.12.2020 wurde die erste Person in NRW geimpft: eine 95jährige Bewohnerin eines Altenheims in Siegen. Dass Impftermine für selbständig in eigenen Wohnungen lebende Menschen über 80 noch weit weg waren, konnte sich jeder ausrechnen. Zumal es für unsere Ruhrgebiets-Stadt mit knapp 600.000 Einwohnern zu Anfang gerade mal Impfdosen für 750 Personen geben soll. „Muss ich meine 87jährige Mutter erst ins Heim einweisen, damit sie zügig geimpft wird?“ habe ich dazu bei facebook bereits am … Weiterlesen
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Medium oder blutig? Gelsenkirchener, gegrillt! – Notizen aus der Inneren Coronei (4)
Samstag, 2. Januar 2021. Der erste Blick aus dem Fenster bietet wenig Vergnügliches: der Himmel, die kleine Straße in Gelsenkirchen-Buer wie gewohnt Grau in Grau. Bis halb neun habe ich geschlafen, würde am liebsten als Bär überwintern, zurück in die Schlafhöhle und frühestens Mitte April wieder aufwachen. Ausreichend Speck dafür habe ich mir angefressen.
Meine Frau aber mault, ich solle besser einmal duschen. Ehehygiene, ihr Befehl wird mir zum Wunsch. Danach frühstücke ich, blättere in der Notausgabe der WAZ, die sich von der gewöhnlichen Ausgabe kaum unterscheidet. Es fehlt ihr bloß ein bisschen an Platz, da, wo sonst die Chefetagen aus Wirtschaft, Politik und Kirche ihre Wünsche ans Volk weiterreichen lassen. Ausnahmsweise kaum etwas zu lesen … Weiterlesen
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Wie Heimat zu erfahren und zu schildern sei: Judith Kuckarts Dortmunder Hörfilm „Hörde mon Amour“
Dortmund vergibt bekanntlich (und endlich) ein Literaturstipendium. Das temporäre Amt, das andernorts meist Stadtschreiber(in) heißt, nennt sich hier Stadtbeschreiber*in. Die literarisch etablierte Judith Kuckart hat den Anfang gemacht. Ihr Dortmunder Aufenthalt begann im August und dauert bis Ende Januar 2021. Leider wurde auch ihre Tätigkeit von Corona eingeschränkt. Anders als vorgesehen, hat sie keine theatrale Umsetzung ihrer Ortserkundungen verwirklichen können, sondern einen rund einstündigen „Hörfilm“ produziert. Es ist ein „Heimatfilm“ ganz eigener Art.
Die 1959 in Schwelm geborene Judith Kuckart hat als Kind – aus traurigen familiären Gründen – „vier oder fünf Sommer“ im Dortmunder Ortsteil Hörde verbracht und kennt also … Weiterlesen
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Es steht ’ne Waschmaschine vor der Tür – und: Der Ein-Mann-Schwertransport. Zwei kurze Geräte-Geschichten
Kultur is‘ ja leider auf Schwundstufe, also lasst uns mal eben über andere Sachen reden. Beispielsweise über Waschmaschinen. Vor einigen Tagen wurde eine bestellt, just am 16. Dezember sollte sie geliefert werden. Die bisherige war schlichtweg „hinüber“. Warum, das erfahrt ihr nachher.
Prima: Die Neue sollte nicht nur zum Bestimmungsort getragen, sondern auch angeschlossen und eingerichtet werden. Der Rundum-sorglos-Service eines deutschen Versandhauses.
Das galt bis gestern.
Jetzt aber! 16. Dezember! Erster Tag im gehärteten Lockdown! Und schon soll auch auf diesem Gebiet so gut wie nichts mehr gehen. Kurz vor der Lieferung kommt die Mail, dass sie die über 75 Kilogramm schwere Maschine mitsamt der Verpackung lediglich v o r die Tür stellen werden … Weiterlesen
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Familienfreuden XXVII: Die Drei-Minuten-Lern-Biene
Zähne putzen ist ja so eine Sache, über die man als Erwachsener nicht mehr viel nachdenkt – es gehört einfach zum Tag dazu. Für Fiona hingegen gibt es viele Wege zu sauberen Zähnen. Der jüngste ist: die Drei-Minuten-Lern-Biene.
Vor einiger Zeit brachte ich den Müll raus. Plötzlich macht es „Platsch“. Eine dicke, weiße Pampe landete unmittelbar neben mir auf den Steinen. Erst hatte ich die Taube im Verdacht, die regelmäßig in unserem Baum nistet. Als ich aber nach oben blickte, sah ich keineswegs ein graues Federtier – sondern meine kichernde Tochter, die oben an der Brüstung des Badezimmerfensters lehnte. Im Schlafanzug, die Zahnbürste in der Hand, eine irgendwie für die Zahnpasta-Werbung verdrehte Version … Weiterlesen
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Selbstgeißelung eines vierfachen Vaters: Tillmann Prüfers Kolumnen-Buch „Jetzt mach doch endlich mal das Ding aus!“
Das Phänomen ist schon einige Jährchen alt. Etliche Journalistinnen und Journalisten sehen sich bemüßigt, das Aufwachsen ihrer Kinder publizistisch mit Kolumnen zu begleiten oder es (böswillig ausgedrückt) „auszuschlachten“.
Die schwer zu übertreffenden Musterbeispiele für dieses Genre hat Axel Hacke („Der kleine Erziehungsberater“ u. a.) von der Süddeutschen Zeitung verfasst. Er dürfte einige Leute zumindest indirekt inspiriert haben, es ihm gleichzutun; so wohl auch Tillmann Prüfer (Leitender Redakteur beim „Zeit-Magazin“, wo die meisten Kolumnen zuerst erschienen sind), der schon mal darauf verweisen kann, Vater von vier Töchtern zu sein: Juli ging zum Zeitpunkt der Niederschrift noch zur Grundschule (2. Klasse), Greta war 13, Lotta 15 und Luna 20 Jahre alt. Ein gehöriges Spektrum, fürwahr. Da macht man(n) was mit. Und da … Weiterlesen
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