Schlagwort-Archive: Rainald Goetz

„Johann Holtrop“ und das große Geld – Uraufführung nach Rainald Goetz‘ Roman in Düsseldorf

Szene aus „Johann Holtrop“ nach dem Roman von Rainald Goetz. (Foto: Tommy Hetzel)

„Die Zeit liegt fern wie hinter einem Rauch“, heißt es in Bertolt Brechts Dreigroschenoper. So seltsam nebelverhangen und entrückt kommt sie einem vor, die Zeit des Turbokapitalismus und der Finanzkrise, die Zeit der gierigen und verantwortungslosen Manager, die einfach mal eine Firma in den Abgrund reißen, mit den Schultern zucken und sich das nächste Opfer suchen. Die Zeit der Wendegewinnler und Thomas Middelhoffs, die jetzt in Stefan Bachmanns Inszenierung von „Johann Holtrop“ nach dem Roman von Rainald Goetz am Düsseldorfer Schauspielhaus (Koproduktion mit dem Schauspiel Köln) wiederauflebt.

Der Egomane wirkt gar nicht mehr so krass

Seitdem ist einfach zu viel passiert: Coronakrise, Krieg in der Ukraine, Erde … Weiterlesen

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Künstlers Erdenwallen zwischen Porno und Designer-Droge – Mülheimer Stücketage begannen mit Rainald Goetz‘ „Jeff Koons“

Von Bernd Berke

Mülheim. Auf der Bühne zappeln „Adam und Eva“ unter lautem Lustgestöhne. „Sie poppen, sie ficken, sie tun es“, kommentiert einer ungerührt übers Mikrofon. Und dann, vollends gelangweilt: „Mein Gott, ist das geil“.

Drastischer Auftakt zum Mülheimer Dramatikerwettbewerb „stücke 2000″: Mit Adam und Eva sind hier Jeff Koons und Ilona Staller („La Cicciolina“) gemeint. Wir erinnern uns: Der US-Trivialkünstler wurde grell berüchtigt, als er seine Orgasmen mit Italiens Porno-Queen zu grässlichen Kitsch-Skulpturen gefrieren ließ. Auch sonst hat er alle Untiefen, der Banalität durchwatet. Inzwischen ist er ziemlich „out“…

Der Dramatiker Rainald Goetz hat sich freilich noch einmal vehement auf den Mythos gestürzt und ihn – in seinem Stück „Jeff Koons“ – unter Wortkaskaden pompös beigesetzt. Goetz (Jahrgang 1954 … Weiterlesen

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Im Vollrausch durch die Techno-Szene – Rainald Goetz‘ wildwüchsiger Frontbericht „Rave“

Von Bernd Berke

Worum geht s eigentlich im Kern bei den Raves, jenen Endlos-Parties zu gewitternder Techno-Musik? Hören wir den 44-jährigen Veteran Rainald Goetz, der sich offenbar immer noch tapfer auf der Szene rumtreibt: „Mädchen kennenlernen. Drogen nehmen. Musik hören.“ Kommt einem bekannt vor.

Goetz weiß natürlich genau, wovon er redet, denn: „Ich ging hin und tanzte mit. Das Gefühl war toll.“ Geht’s vielleicht präziser? Aber ja: Es war – so Goetz – „schon hart. Aber irgendwie eben auch geil“.

Ist das der zeitgemäße literarische Sound der späten 90er Jahre? Oder stammelt da einer, der ein nahezu religiöses Erweckungs-Erlebnis gehabt haben muß und dem nun versierte Plattenaufleger („DJs“) wie Sven Väth oder Westbam als göttliche Wesen erscheinen? Jedenfalls durfte sich … Weiterlesen

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Langes Ringen um Stückepreis: Knapper Mülheimer Jury-Entscheid für Tankred Dorst mit Pfuirufen quittiert

Von Bernd Berke

Mülheim. Abgekämpft betraten die acht Herren der Jury gegen 0.15 Uhr die Mülheimer Stadthallen-Gaststätte und ließen ihr Urteil hören: Nach sechsstündiger, kontroverser Diskussion hatten sie Tankred Dorst für sein Stück „Korbes“ den Mülheimer Dramatikerpreis 1989 verliehen.

Die unter Zeitdruck unglücklich formulierte Begründung (Dorst behaupte in seinen „holzschnittartigen“ Szenen „das Böse als unveränderbare Macht“) ging beinahe in Pfiffen und „Pfui“-Rufen unter. Fünf zu vier lautete das denkbar knappe Abstimmungsergebnis; die neunte Stimme kam vom Publikum und ging (einmal mehr) an Botho Strauß, für dessen Stück „Besucher“.

Es war eine wirklich schwere Entscheidung. Keines der sechs vorgeführten Stücke drängte sich ohne weiteres auf, wie auch Jury-Mitglied Guido Huonder (Dortmunds Schauspielchef) betonte. Doch mit dem Votum für Dorst kann man, … Weiterlesen

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Das Theater zertrümmert sich selbst – Drei Stücke beim Mülheimer Dramatikerwettbewerb

Von Bernd Berke

Mülheim. Da kann man nicht hadern: Die bisherigen vier Inszenierungen beim Mülheimer Dramatikerwettbewerb waren durchweg hochklassig. Doch die Texte , um die es hier ja geht, sind von recht unterschiedlicher Qualität. Nach dem Auftakt mit Botho Strauß‘ „Besucher“ (die WR berichtete) waren jetzt Stücke von Tankred Dorst, Rainald Goetz und Gisela von Wysocki zu sehen.

Passionsspiel zwischen Bibel, Kroetz und Beckett: Tankred Dorsts „Korbes“ ragt wie ein einsamer Findling in die Stücke-Landschaft. Der Text überspringt kühn die Zeiten: Ein zylindrisches Halbrund, mit kargem Stubenmobiliar schief in ein steinzeithaftes (und apokalyptisches) Bühnen-Universum gestellt, ist passender Spielort der Aufführung des Münchner Residenztheaters (Regie: Jaroslav Chundela).

„Korbes“ (großartig: Wolfgang Hinze) ist ein gottloser Hiob in einer gottverlassenen Welt. Das Stationenstück … Weiterlesen

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