Künstler werden für 320 Mark

Wer möchte nicht ein Künstler sein? Dieser Beruf kann unter Umständen viel Prestige einbringen. Wird nämlich ruchbar, daß man’s ist, steht man womöglich sofort im Mittelpunkt jeder Party.

Mancher, der es vielleicht noch nicht ist, kann es nun werden. Er/sie kann sogar ein entsprechendes Diplom erhalten, einen Künstler-Ausweis dazu und den Kunstpreis „La Musa dell’Arte“ gleich obendrein. Wie das?

Eine neue Organisation mit dem blumigen Namen „Albo professona!e degli artisti europei“ (nüchtern übersetzt: Berufs-Album europäischer Künstler), ansässig im italienischen Calvatone, verspricht Rat und Hilfe.

Per Rundbrief wird einem europaweiten Interessentenkreis der Beitritt schmackhaft gemacht. Nicht nur bildende Künstler könnten Mitglieder werden, nein, willkommen seien z. B. auch: Arzte, Architekten, Rechtsanwälte, Schauspieler, Tänzer, Journalisten, Musiker „sowie alle übrigen, die sich auf humanistischem Gebiet einsetzen“. Ein breites Spektrum, fürwahr.

Jedenfalls: Wer beitritt, soll ins Berufsalbum eingetragen werden und ein Vorzeige-Exemplar desselben erhalten, Mitgliedsausweis und Diplom inklusive. Außerdem möge man doch folgenden Satz ankreuzen und mit Unterschrift besiegeln: „Nehme die Verleihung des großen Preises von Europa ,La Musa dell’Arte‘ an und erwarte, daß ich diesen großen Preis zugesandt bekomme“. Wer kann da schon Nein sagen? Schließlich bestehe die Auszeichnung aus einer Messingskulptur mit 24 Karat Gold („einzig auf der Welt“) .

Übrigens: Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 320 Mark. So „preiswert“ kann es sein, Künstler zu werden.                                                                                          Bernd Berke

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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