Engelmann übt friedlichen Widerstand im Trainingscamp – Aktionen gegen Nachrüstung: Volker W. Degener rät zur Vorsicht

Von Bernd Berke

Im Westen. Verschiedene Meinungen über die ratsamste Haltung westdeutscher Autoren im „heißen Herbst“ der NATO-„Nachrüstung“ haben der Bundes- bzw. der NRW-Landesvorsitzende des Schriftstellerverbandes (VS) auf Anfrage der WR geäußert. Während Nordrhein-Westfalens VS-Vorsitzender Volker W. Degener sich „gegen jede gesetzwidrige Handlung“ im Zusammenhang mit einer Pershing-2-Stationierung wendet und auch Blockade-Aktionen dazu zählt, will sich Bundesvorsitzender Bernt Engelmann selbst an Blockaden beteiligen.

Zugleich kündigt Engelmann effektreiche „Aktionen im Verlauf der Frankfurter Buchmesse“ (11-17. Oktober) an, die sich mit der bundesweiten „Friedenswoche“ (ab 15. Oktober) überschneidet. Details werden nicht verraten, denn: „Seit den Krefelder Ereignissen sind wir vorsichtiger. Wir wollen nicht, daß Gewalttäter sich uns anschließen.“

Volker W. Degener, hauptberuflich bei der Bochumer Polizei, gibt sich zurückhaltender. Mit Engelmann sowohl einig im strikten Nein zur „Nachrüstung“ als auch in der grundsätzlichen Ablehnung gewaltsamen Widerstands, setzt er doch andere Akzente: Prominente wie Heinrich Böll und Günter Grass stellten Degener zufolge ihre Teilnahme an Blockade-Aktionen vor allem deshalb in Aussicht, „weil das sin aufsehenerregender Appell ist. Ob sie wirklich mitmachen werden, ist fraglich.“

Bernt Engelmann hingegen verweist auf den „einstimmigen Beschluß des deutschen PEN-Zentrums“, der deutlich in Richtung eines gewaltfreien Widerstands ziele und – anders als etwaige Resolutionen des der IG Druck und Papier angegliederten VS – für die Mitglieder (darunter Böll und Grass) „zumindest moralisch bindend“ sei. Degener wiederum beruft sich auf den VS-Landesverbandstag vor zwei Monaten in Hagen, der jedem Mitglied die persönliche Entscheidung freigestellt habe. Die Mehrzahl der Delegierten sei dabei deutlich von Engelmanns Position abgerückt. Degener: „Herr Engelmann kann uns nichts vorschreiben. Wir sind ein eigenständiger Landesverband“.

Bernt Engelmann hat unterdessen die rein theoretischen Vorüberlegungen hinter sich gelassen. Man wolle das friedliche Verhalten bei Blockade-Aktionen sorgfältig einüben. Er selbst werde sich in einem Camp in der Nähe eines möglichen Stationierungsortes entsprechend schulen lassen. Verstärkt arbeite man mit US-Autoren zusammen. Antiamerikanismus sei gerade nicht beabsichtigt. Seine Kollegin Ingeborg Drewitz habe jetzt in den Vereinigten Staaten sondiert und gefunden, daß dort bei vielen Schriftstellern Interesse an gemeinsamen Aktionen bestehe. Man werde für weitere Überraschungen sorgen. Engelmann: „Eines haben wir reichlicher als unsere Regierung, nämlich Phantasie!“

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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