Finanzknappheit: Dunkle Wolken über den NRW-Freilichtbühnen

Von Bernd Berke

Im Westen. „Allmählich stellt sich die Frage, ob den Behörden die Laienkunst noch etwas wert ist!“ Karl Voss (59), Vorsitzender des Verbands der NRW-Freilichtbühnen, sieht dunkle Wolken am Horizont. Das bis Ende Juni von ihm geleitete „Bildungswerk zur Förderung des Freilichtspiels“ (BWF, mit Sitz in Hamm) geht schweren Zeiten entgegen.

Beliefen sich die Landeszuschüsse 1980 noch aufvergleichsweise stattliche 280 000 DM, so verfügt man in diesem Jahr nur noch über 120 000 DM. Folge: Die Zahl der Kursstunden (z. B. Bewegungs-, Sprech- und Atemübungen), in denen sich Laiendarsteller schauspielerisch fit machen sollen, sank im gleichen Zeitraum von 9000 auf 4000 pro Jahr. Das jetzt erschienene NRW-Kursheft geriet merklich schmaler als frühere Ausgaben.

In der Bildungswerk-Außenstelle Dortmund (Naturbühne Hohensyburg) beispielsweise, wo 1982 immerhin 366 Kursstunden abgehalten wurden, sind in diesem Jahr nur noch 192 Stunden im Angebot – ganze zwei Kurse furs zweite Halbjahr. Seufzt Ingo Mallée, ehrenamtlicher Leiter der Dortmunder Freilichtbühne: „Wenn das so weitergeht, müssen wir die Weiterbildung in unserer Außenstelle ganz aufgeben. Der bürokratische Aufwand ist für das dürftige Restprogramm zu groß.“

Geradezu absurd erscheint ein weiterer Sachverhalt. Obgleich 14 NRW-Freilichtbühnen das bundesweit einmalige Bildungswerk eingerichtet haben, darf in dessen Kurstiteln das Wort „Freilicht“ nicht mehr auftauchen. Eine Stelle beim Regierungspräsidenten in Arnsberg wacht streng über die Einhaltung dieser Vorschrift. Grund: Da das BWF als „Einrichtung der Erwachsenenbildung“ firmiert, muß es – gleichsam eine VHS im Kleinformat – jedermann offenstehen und darf niemanden durch Themen-Spezialisierung abschrecken. Da ersetzt denn der unverfängliche Nähkurs auch schon mal die theatralische Übung.

Bedenklicher sind freilich die Auswirkungen der Finanzknappheit. Kursleiter müssen für immer geringere Honorare tätig werden. Da etliche Stunden ganz wegfallen, geht ein wichtiges Rekrutierungsinstrument für den Nachwuchs verloren. Ingo Mallée: „Viele sind erst durch die Kurse zu uns gestoßen und haben dann angefangen, Theater zu spielen.“ Somit sind – auf indirektem Wege – langfristig sogar eine Ausdünnung des Spielbetriebs bzw. ein sinkendes Niveau zu befürchten. Karl Voss, der sich sparsamkeitshalber kürzlich selbst seines Postens als hauptamtlicher BWF-Leiter entheben mußte: „Dabei wird heute gerade den Amateurtheatern eine höhere Leistung abverlangt als früher“.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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