Sprachpanscher, Plauderstündchen und Windmühlenflügel – der Kampf des Dortmunders Professors Walter Krämer

Der Dortmunder Professor Walter Krämer hat offenbar seinen Lebensinhalt gefunden: Unerbittlich zieht er zumal gegen englische Wörter zu Felde; die sich in die deutsche Sprache einschleichen.

Zum Zeichen der nationalen Aufgabe prangt in schwarz-rot-goldenen Lettern das Logo des „Vereins zur Wahrung der deutschen Sprache e. V.“ (VWDS). Vorsitzender: Walter Krämer. Mitgliederzahl: rund 5000. Ein zackiges Häkchen, vielleicht ein stilisierter Schutzzaun gegen fremde Spracheinflüsse, verunziert den Briefkopf des Vereins.

Nachdem die wackeren Wortwächter vordem Telekom-Chef Ron Sommer und die Hamburger Modeschöpferin Jil Sander zu „Sprachpanschern des Jahres“ gekürt haben, liegt nun die neue Vorschlagsliste auf dem Tisch. Hohe Tiere stehen mitsamt ihren Sünden darauf: Bahnchef Johannes Ludewig („Inter City Night“), Lufthansa-Boß Jürgen Weber („Check-in“), der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Ralf Breuer („Private Banking“), und VW-Lenker Ferdinand Piëch („Volkswagen foundation“). Ertappt hat man auch den Dortmunder RTL-Reporter Heiko Waßer, der sich bei Formel-1-Berichten Ausdrücke wie „warmup“ und „speed“ zuschulden kommen ließ. Schäm‘ er sich!

Niemand ist gegen die Sprachpolizei gefeit: „Verhört“ wurden auch Ilona Christen und Arabella Kiesbauer. Doch ausgerechnet diese Talk-Damen, denen sonst ihre ,Schmuddelthemen“ vorgehalten werden, sprechen laut Krämer „ein recht gutes Deutsch“. Na, dann ist ja alles in Ordnung. Übrigens: Ob Krämer und seine Mitstreiter wohl einen deutschen Begriff für Talkshow parat haben? „Sprechschau“? Plauderstündchen? Es gab Zeiten, in denen Sprachbewahrer gar Worte wie Motor („Zerknalltreibling“) und Nase („Gesichtserker“) eindeutschen wollten…

Gewiß ist es löblich, sich für den Erhalt deutscher Sprachkultur einzusetzen. Die Franzosen (die geschichtlich allerdings anders dastehen) sind auch nicht zimperlich, man kann dort für öffentlich verbreitete Anglizismen sogar belangt werden. Doch viele Dinge, die Krämer finster anprangert, erledigen sich durch pure Lächerlichkeit von selbst. Und manche seiner eifernden Bemühungen erinnern arg an Don Quijotes Kampf mit den Windmühlenflügeln. Wie ist der noch mal ausgegangen?

                                                                                                                 Bernd Berke

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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