Von „Pooh’s Corner“ bis zur „Lindenstraße“ – Gespräch mit dem Autor und Übersetzer Harry Rowohlt

Von Bernd Berke

Mit seiner Nonsens-Kolumne „Pooh’s Corner“ in der „Zeit“ hat sich Harry Rowohlt (52) eine treue Fangemeinde erschrieben. Die Beiträge liegen in zwei Büchern gesammelt vor (beide im Haffmans-Verlag). Doch der Sohn des berühmten Verlagsgründers Ernst Rowohlt gilt auch als einer der besten Übersetzer aus dem Englischen. Er war es, der Frank McCourts Bestseller „Die Asche meiner Mutter“ ins Deutsche übertrug. Druckfrisch liegen Padgett Powells „Edisto“-Romane (Berlin-Verlag) vor. Ein Gespräch mit Harry Rowohlt auf der Frankfurter Buchmesse:

Herr Rowohlt, den McCourt-Roman haben die meisten Leser geradezu verschlungen. Was machen Sie besser als andere Übersetzer?

Harry Rowohlt: Tja, ich weiß nicht. Eine gute Voraussetzung ist, daß Autor und Übersetzer wesensverwandt sind. Frank McCourt hab ich mal in New York angerufen, dort war es Vormittags elf Uhr. Und da war er, sehr zu meinem Entzücken, bereits besoffen. Man kann also von einer gewissen Wesensverwandtschaft ausgehen.

Haben Ihnen alle Bücher gefallen, die Sie übersetzt haben?

Rowohlt: Nein. Die ersten 40 waren ziemlicher Mist. Ich bin noch nicht lange in der Lage, mir die Sachen auszusuchen. Ich war mit dem Nachteil des Namens Rowohlt behaftet. Hätte ich früher etwas abgelehnt, hätte es gleich geheißen: Ja, das ist eben der Rowohlt, dieser arrogante Arsch. Vorteile hatte ich von dem Namen nicht. Ich war früher ziemlich arm, aber manche dachten, ich sei Millionenerbe. Von wegen!

Was bringt Ihnen die Frankfurter Buchmesse? Viele neue Aufträge?

Rowohlt: Bei dieser Messe habe ich zwei selbstgeschriebene Bücher, vier Übersetzungen und vier Tonträger mit Lesungen aus A. A. Milnes „Puh, der Bär“ und aus Texten von Flann O’Brien. Wenn also jemand ein Recht hat, sich auf der Messe rumzutreiben, dann doch wohl ich.

Wenn man Ihre Kolumne „Pooh’s Çorner“ liest, könnte man glauben, sie nähmen nichts auf der Welt ernst.

Rowohlt: Naja, wenn man in einem so hehren Umfeld wie der „Zeit“ seinen normalen Quatsch abdröselt, kann es passieren, daß man als etwas unernst verkannt wird. Im übrigen kenne ich keinen Schreibzwang. Ich muß nicht schreiben.

Also ist kein eigener Roman in Arbeit?

Rowohlt: Schon deshalb nicht, weil mein Kollege Eckhart Henscheid mir gedroht hat, wenn ich mit Romanen anfange, bricht er mir den rechten Arm. Und Robert Gerhardt hat den Unterschied zwischen „Ernstlern“ und „Spaßlern“ mal sehr klar gemacht: Die Ernsten brauchen in Deutschland viel weniger zu können als die, die über eine gewisse Leichtfertigkeit verfügen. Die Ernsten kriegen auch sehr viel mehr Geld. Sarah Kirsch liest 40 Minuten und kriegt 4000 Mark. Das krieg ich nicht, dabei les‘ ich viel länger als sie.

Besteht ihr Publikum eher aus jüngeren Leuten?

Rowohlt: Inzwischen ja. Es fing an mit diesen „Pinker-Elsen“, die immer zu Dichterlesungen gehen, aber die habe ich hoffentlich für alle Zeiten vergrault.

Allein schon durch Ihr äußeres Erscheinungsbild?

Rowohlt: Tja. Man tut halt, was man kann.

Stimmt es, daß Sie mal zu Ihren eigenen Lesungen nicht reingelassen wurden?

Rowohlt: Ja, früher mehrfach. Da hieß es: Nee, Sie kommen hier nicht rein, wir haben heute Abend eine Dichterlesung…

Damit wären wir bei Ihren Auftritten als „Penner“ in der „Lindenstraße“.

Rowohlt: Drei neue Folgen mit mir werden demnächst gesendet. Die Rolle habe ich mir übrigens selbst geschrieben. Einen Filialleiter wollte ich halt nicht spielen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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