Schlagwort-Archive: Nicole Heesters

„Gespenster“ des verfehlten Lebens – Andrea Breth inszeniert Ibsen in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Henrik Ibsens „Gespenster“ gehen nicht in Leintüchern über den Friedhof, sie geistern durch die Seelen. Verdrängtes oder ungelebtes Leben wirkt aus der Tiefe nach und taucht Gegenwart in Unwirklichkeit.

Transparente Wände aus hauchfeinem Stoff (Bühnenbild: Susanne Raschig) machen die Bochumer Kammerspiele in Andrea Breths Inszenierung zum flirrenden Auftrittsort geisterhafter „Wiedergänger“. Behutsame Lichtwechsel lassen allmählich immer wieder andere Schattierungen hervortreten; zu leisen, fernen, glaszarten Klängen gleitet das Geschehen sanft wie zwischen Traum und Erwachen. Auch die Figuren wirken hier gleichsam durchsichtig, hinter ihrem gründlich falschen Leben scheint momentweise ein anderes auf, das vielleicht glücklicher gewesen wäre.

Ibsens Stück, 1882 uraufgeführt, ist immer noch spannend. Analytischer Seelen-„Krimi“, enthüllt es nach und nach die Vergangenheit der Familie Alving: Der … Weiterlesen

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Totentanz und Trauermarsch – Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“ in Bochum

Von Bernd Berke

Rostrote Häuserwände, Fenster wie Totenaugen; darüber ein fahlgelber Himmelsausriß. Die freudlose Gasse (Bühnenbild: Susanne Raschig) ist in Bochum Schauplatz von Ödön von Horváths Totentanz „Glaube Liebe Hoffnung“.

Zu Chopins Trauermarsch zieht eine aus, die Hoffnung zu verlernen: Elisabeth (Martina Krauel) betritt die Bühne voller Zuversicht, mit „Kopfhoch-Mentalität“. Doch sofort bricht sie zusammen. Ein stummer Prolog, der ihr Schicksal vorzeichnet.

Von bedrohlicher Unwirklichkeit die nächste Szene: Dem anatomischen Institut will Elisabeth ihre Leiche im voraus vermachen – und sofort 150 Mark kassieren. Im Elend der Wirtschaftskrise (das Stück wurde 1932 geschrieben) ist Elisabeth auf einen Wandergewerbeschein angewiesen. Aber die Gebühr dafür bekäme sie nur durch Arbeit, die dieser Schein ja erst ermöglichen soll – Teufelskreis der Gesetze, in … Weiterlesen

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Die Banalität des Bösen zwischen Pathos und Witz – Andrea Breth inszeniert Edward Bonds „Sommer“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Der deutsche Jugoslawien-Tourist salbadert selbstgerecht von NS-Massenerschießungen im Zweiten Weltkrieg, an denen er hier selbst beteiligt war – und mampft dazu ein Sandwich. So abgründig banal kommt in Edward Bonds „Sommer“ und in Andrea Breths Bochumer Inszenierung des Stücks das Böse, kommt die vielzitierte „Unfähigkeit zu trauern“ daher.

Sommerurlaub. Wie in vielen Jahren zuvor, so sind auch diesmal Xenia (übersetzt: „Die Fremde“) und ihre Tochter Ann aus England gekommen. Xenia ist hier aufgewachsen, ihrem Vater gehörte einst die halbe Gegend samt Fabriken und Zeitungen. Im Krieg spielte er, sich immer liberal und freundlich gebend, eine Doppelrolle: Kollaboration mit den mörderischen Nazi-Besatzern und gleichzeitig Tipps an die Partisanen.

Xenia besucht Marthe, die ehemalige Haushälterin der Familie, die … Weiterlesen

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