Ohne Schweiß kein Trick – Ausstellung in Velbert erzählt die Geschichte des gezeichneten Films

Von Bernd Berke

Velbert. Wenn 140 Zeichner rund 200.000 Bilder herstellen. was kommt dann heraus? Der neue „Asterix“-Zeichentrickfilm beispielsweise, gut 90 Minuten lang. Was hinter solchen Streifen steckt, zeigt eine Ausstellung im Forum Niederberg zu Velbert.

In der kleinen Schau wird auch die Vorgeschichte des Zeichentricks aufgeblättert. Eine einfache Vorform kennt jedes Kind: Schattenspiele mit bloßen Händen bei Kerzenschein. Naja, Sie wissen schon: der Hase an der Wand, der mit den Ohren wackelt usw. Auch das Daumenkino zum raschen Durchblättern ist noch denkbar simpel.

Doch dann wird es schon technischer. Man sieht z. B. ein Motoskop. Das ist eine Art Diabetrachter, bei dem die Bilder mit einer Kurbel bewegt werden können. Gleich daneben: ein Praxinoskop. Darunter versteht man ein Rundum-Panorama für den Wohnzimmertisch, das man wie ein Karussell drehen kann. Blickt man durch eine verspiegelte Öffnung ins Innere, lernen die Einzelbilder laufen.

Mit derlei Geräten, die um die Jahrhundertwende der familiären Unterhaltung dienten, konnte man nur ganz simple Vorgänge darstellen: Vögel, die sich gerade mal schwerfällig zum Flug erhoben, oder seilchenspringende Figuren. Auf und ab, auf und ab. Mehr war nicht möglich.

Über sogenannte Schiebebilder, die berühmte „Laterna Magica“ und sekundenkurze Phasenfilme arbeitet sich der Besucher zum eigentlichen Trickfilm vor. Der erste derartige Streifen wurde am 28. Oktober 1892 in Paris vorgeführt, dauerte eine Viertelstunde und hieß „Der arme Pierrot“.

Einzelbilder werden in Galerien gehandelt

Dieses Ur-Exemplar kann man in Velbert zwar nicht bewundern. Für die Trick-Abteilung haben die Museumsleute jedoch zahlreiche Plakate und vor allem Original-Folienzeichnungen aufgetrieben, die heute zu erklecklichen Beträgen in Spezial-Galerien gehandelt werden. Oft werden sie schon bei der Filmproduktion kopiert und dann in geringen Stückzahlen gehörtet, um die Preise hoch zu halten.

Wir begegnen einer Phalanx s von niedlichen oder grotesken Trickgestalten: Zwei Geier ei- len mit einer Bahre herbei – Krankenpfleger, die uns wenig Vertrauen einflößen. Eine Maus wankt betrunken durchs Bild, vermutlich verträgt sie bei ihrem Körpergewicht nicht viel. Und dann die Prominenz: Mickey Mouse und Asterix samt Anhang, „Bernard und Bianca“, Brösels „Werner“ und „Lucky Luke“. Auch kurze Werbefilmchen in Tricktechnik zählen zum Repertoire.

Wie kompliziert die Sache ist, kann man besonders gut am Beispiel der aufwendigen TV-Trickserie „Als dieTiere den Wald verließen“ nachvollziehen. Wie viele Zeichnungen sind allein erforderlich, um den Fuchs eine kurze Wegstrecke durch den Forst ziehen zu lassen! Noch schlimmer wird’s, wenn Reineke andere Tiere trifft. Dann müssen die Bewegungsabläufe haargenau koordiniert werden. Nichts bleibt dem Zufall überlassen: Dreh- und Szenenpläne, die auch zur Ausstellung gehören, listen ebenso penibel wie für den Laien verwirrend jede szenische Sekunde auf. Immerhin: Koloriert wurde früher von Hand, heute macht es der Computer.

Wer die Einzelbilder gesehen hat, kann per Video den fertigen Film begutachten. Man sieht die Streifen nun wohl mit anderen Augen. Jeder komische oder rührende Moment hat bei der Herstellung viele Stunden Arbeit gekostet. Selten so bewußt gelacht.

„Zwölf Stunden für eine Sekunde“ – Geschichte und Herstellung des Zeichentrickfilms. Forum Niederberg, Velbert, OstStraße 20 (02051/26 22 97). Bis 26. September. Di-Fr 10-17, Sa 10-13, So 10-13 und 14-16 Uhr. Eintritt 1,50 DM. Kinder 0,50 DM. Es gibt keinen Katalog, aber ein Zeichentrick-Themenheft des Deutschen Filmmuseums (Frankfurt) für 5 DM.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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