
Hier wissen Schüler und Eltern (hoffentlich) Bescheid: die schulspezifischen Apps Google Classrooom und Untis auf einem iPad-Bildschirm. (Screenshot: BB)
Wenn die Dortmunder Stadtelternschaft (d. h. vor allem: die Schulpflegschaftsvorsitzenden) mit der Schuldezernentin Daniela Schneckenburger (Grüne) eine Videokonferenz abhält, dann kann man schon mal interessiert kiebitzen. Und was soll ich euch sagen: Da lernt man ein wenig die oft zitierten Mühen der Ebenen kennen.
Beim Online-Treff mit rund 40 Leuten ging’s heute Abend wahrlich nicht um den „großen Wurf“, sondern um recht kleinteilige, teilweise ziemlich knifflige Fragen, etwa zur Bildungsgerechtigkeit und zur Digitalisierung der Schulen.
Auf den immer dringlicheren Ruf nach Klassenteilungen, Wechsel- und Distanz-Unterricht in Corona-Zeiten konnte die Schuldezernentin nur ansatzweise eingehen, denn diese Themenbereiche fallen hauptsächlich in die Verantwortung des Landes NRW. Die Gemengelage scheint sehr unübersichtlich zu sein. Da gab es zwar kürzlich einen Landeserlass, der es örtlichen Schulen bzw. Gesundheitsämtern bei entsprechender Infektionslage freistellte, für Distanzunterricht zu sorgen. Dieser Erlass aber wurde wieder zurückgerufen. Daniela Schneckenburger musste bekennen, sich mit der „Distanzlernverordnung“ (man lasse sich das Wort auf der Zunge zergehen) des Landes nicht sonderlich gut auszukennen. Sowohl politisch als auch juristisch ist die Angelegenheit offenbar kompliziert. Wer wollte sich anmaßen, hierin Expertise zu besitzen?
Man sollte doch, man müsste mal…
Anke Staar, Vorsitzende der Stadteltern Dortmund (und auch der Landeselternschaft), sagte, sie habe den Eindruck, auf diesem Felde gehe es oft nicht um die Sache, sondern vielfach um „parteipolitisches Geplänkel“. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) mache sich dabei schon mal „einen schlanken Fuß“.
Geradezu quälend war sodann das Gespräch über Fragen der Information und Transparenz in der Schulpolitik, sprich: Erreichen die Botschaften aus der Landes- und Kommunalpolitik die Schul- und Klassen-Pflegschaftsvorsitzenden überhaupt in ausreichendem Maße? Als säße man in dieser Frage erst jetzt endlich einmal beisammen, machte Daniela Schneckenburger schwierige Datenschutz-Regelungen geltend. Immerhin einigte man sich darauf, dass es möglich sein müsse, die Elternvertretungen nicht unter privaten Mailadressen, sondern unter neutralen Schuladressen anzuschreiben. Man sollte doch, man müsste mal…
Ein ganzer Schwall von Zahlen
Noch so ein leidiges Thema: die Digitalisierung der Schulen und die Ausstattung mit entsprechenden Geräten – sowohl für (bedürftige) Schüler(innen) als auch fürs Lehrpersonal. Hier zeigte sich Schuldezernentin Schneckenburger präpariert, um jeder etwaigen Kritik am angeblich langsamen Vorgehen der Stadt zu begegnen. Sie wartete mit einem wahren Schwall von Zahlen auf. Wie viele Millionen Euro für diese Zwecke bereitstünden, was davon bereits abgerufen sei, wie viele Tausend Geräte jetzt und demnächst ausgeliefert werden könnten. Und so weiter, und so fort. Wie schnell die Geräte jetzt zur Verfügung stünden, hänge allerdings nicht zuletzt davon ab, „wie schnell die Menschen in China arbeiten.“ Sprach’s – und musste dann flugs erst einmal ihr eigenes iPad ans Stromnetz anschließen, damit der Akku nicht leerlief.
Apropos iPad: Die Stadt Dortmund, finanziell bekanntlich nicht gerade auf Rosen gebettet, gönnt sich und ihren Schulen die vergleichsweise teuren Apple-Apparaturen, also vor allem iPads. Familien, die daheim mit Android-Geräten arbeiten, müssen diese folglich selbst einrichten und warten. Ob immer alles kompatibel ist, wird sich zeigen. Unklar zudem, ob in weniger begüterten Haushalten überall flächendeckendes WLAN bereitsteht.
Kostspielige iPads per Leihvertrag
Fragen über Fragen: Was geschieht im Falle von Diebstahl oder Beschädigung? Da die Geräte sonst nicht zu vernünftigen Preisen versicherbar sind, werden sie per Leihvertrag ausgegeben. Einrichtung und Wartung übernimmt – bei jedem einzelnen der vielen Tausend iPads – das „Dortmunder Systemhaus“. Ein gar mühseliges und langwieriges Unterfangen. Kein Wunder, dass die meisten Geräte nicht morgen oder übermorgen nutzbar sein werden. Aber die Digitalisierung ist eben nicht erst mit Corona, sondern schon lange vorher verschlafen worden; in ganz Deutschland, beileibe nicht nur in Dortmund.
Schließlich noch die Frage nach einer Entzerrung des Unterrichtsbeginns, um auch die Verkehrsströme zu entlasten. Derzeit wäre es möglich, die Schule zwischen 7.30 und 8.30 beginnen zu lassen. Die Stadt, so Daniela Schneckenburger, habe die Schulen gebeten, entsprechende Möglichkeiten zu sondieren. Eine Weisungsbefugnis habe man indes nicht. Ein neuer Erlass sieht vor, dass der Unterricht künftig sogar zwischen 7 und 9 Uhr anfangen kann. Das mag vernünftig und flexibel klingen, aber Daniela Schneckenburger ließ schon mal etwas Luft heraus: Es könne passieren, dass Familien mit mehreren Kindern und diversen elterlichen Arbeitszeiten sich plötzlich auf drei oder vier verschiedene Anfänge einrichten müssten. So hat eben alles seine Licht- und Schattenseiten.
Wir aber blicken gleichermaßen froh und bang den Weihnachtsferien entgegen – und dem, was danach kommen mag.