Archiv der Kategorie: Familie

Wenn das Ungeheuerliche alltäglich wird, gewöhne dich (nicht) daran…

Einbahnstraße zum Pfandhaus. (Foto: Bernd Berke)

„Gewöhn dich nicht. Du darfst dich nicht gewöhnen.“

So lauten zwei Gedichtzeilen Hilde Domins. Doch liest man die Gazetten, hier im Ruhrgebiet vor allem die der Funke Mediengruppe, oder sieht fern (also weder weit noch tief), dann lautet der einem jetzt überall entgegenschlagende Imperativ: „Gewöhn dich endlich. Du sollst dich gewöhnen!“

Unter dem Deckmantel journalistischer Objektivität (meist also: fehlender Haltung) werden die Welt-Erklärungen aus den oberen Etagen einer sich selbst zur Elite stilisierenden Geld- und Machtkaste an das Wahlvolk durchgereicht. Nur wenige Journalisten/Formate versuchen, der Meinungsmache in oder außerhalb medialer Blödmaschinen etwas entgegenzusetzen. Lieber bleibt die Journaille im Mitläufer-Pulk, gebiert unaufhörlich neoliberale Kopflanger, jene Tuis, die Brecht einst so beschrieb: „Der Tui ist der … Weiterlesen

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Familienfreuden XXX: Das leuchtende Fest

Familie zu Weihnachten

Weihnachten – ein leuchtendes Fest für die Familie. Zu diesem besonderen Anlass gibt es einen künstlerischen Gastauftritt von Fi, die dieses Bild gemalt hat.

Rituale – das klingt mit dem rollenden „R“ vorneweg ein wenig altbacken. Und trotzdem gibt es für mich gerade zur Weihnachtszeit ein paar, die mir lieb sind. Nicht von ungefähr wünsche ich auf meinen Weihnachtspostkarten oft ein „leuchtendes“ Fest.

Der erste Advent ist so etwas wie der Weckruf für mich. Dieses Jahr, das muss ich zugeben, hätte ich ihn allerdings beinahe verschlafen. Der 27. November erschien mir innerlich irgendwie zu früh. Aber als mir die Menschen im Supermarkt unisono ein schönes Adventswochenende wünschten, wusste ich, was die Stunde geschlagen hatte. Schnellen Schrittes und mit entschlossener Miene … Weiterlesen

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Alles so schön aufgeräumt – die Welt im Kinderduden von 1970

1970? Ganz schön lange her. Über ein halbes Jahrhundert. Andererseits haben die Älteren unter uns jenes Jahr schon bei recht wachen Sinnen erlebt. Insofern gehört es zum überschaubaren biographischen Bestand, frei nach Peter Rühmkorf waren es „Die Jahre, die ihr kennt“.

Warum die Vorrede? Nun, mir ist ein just 1970 erschienener „Kinderduden“ in die Hände gefallen, der vorwiegend als (ziemlich ungelenk gezeichnetes) Bildwörterbuch mit 28 Schautafeln aus etlichen Lebensbereichen angelegt ist. Die zweite Hälfte besteht aus einem alphabetisch sortierten Lexikonteil. Dabei handelt es sich um eine – nach den Maßstäben der Zeit „kindgerechte“ – Auswahl aus dem damaligen „Großen Duden“ (Band 1, Rechtschreibung).

Gleich die erste Tafel heißt „In der Küche“ und beginnt so: „Ganz modern ist Mutters Küche. Alles … Weiterlesen

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Familienfreuden XXIX: Ohren bohren

Nix einfacher als Ohrlochstechen. (Bild: Albach)

„Ohrlochen stechen GRATIS!“, stand in verschnörkelten Lettern auf roséfarbenem Grund am Eingang des Modeschmuck-Ladens, an dem ich vorbeieilte. Ohrlöcher stechen? Gratis? Das klingt ja vertrauenerweckend, dachte ich bei mir und musste grinsen. Es gab eine Zeit, da hätte Fi ihre Füße in den Boden gerammt und versucht, mich in den Laden zu zerren.

Fi gehört wahrlich nicht zu den Kindern, die, kaum dass sie einen geraden Satz herausbringen konnten, schon nach Löchern in den Ohren verlangten. Und auch ich betrachtete Babys, bei denen nicht nur ihr Lächeln, sondern auch Schmucksteine strahlten, eher mit Argwohn. Als die Grundschulzeit sich aber dem Ende näherte, drehte der Wind. Als hätte jemand den Schmuckschalter umgeworfen, gab es für … Weiterlesen

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Der Heimkehrer ist nicht willkommen – „Einfach das Ende der Welt“ nach Jean-Luc Lagarce im Bochumer Schauspielhaus

Familienaufstellung mit Benjamin Lillie (links, von hinten), Maja Beckmann (Mitte) und Wiebke Mollenhauer (Foto: Diana Pfammatter/Schauspielhaus Bochum)

Es war dann doch gut, nicht in der Pause gegangen zu sein. Wenn der Rest des Abends in der Pause absehbar gewesen wäre – und bei einer angekündigten „Familientrilogie“ konnte man ja fast davon ausgehen – hätte man sich den Rest möglicherweise schenken können. Aber diese Inszenierung, und das ist wirklich ein Alleinstellungsmerkmal, schafft es bis zur Pause, mit einem einzigen Darsteller auf der Bühne auszukommen.

Keine Maja Beckmann, keine Ulrike Krumbiegel; der Rezensent gibt gerne zu, daß er vor allem wegen den beiden großartigen Schauspielerinnen ins Bochumer Schauspiel gekommen war. Nun denn: Der (im Stück namenlos bleibende) Hauptdarsteller heißt im wirklichen Leben … Weiterlesen

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Familienfreuden XXVIII: Adieu, Grundschule!

Ein Hoch auf die Grundschule! (Bild: Albach)

Morgen ist es vorbei, vier Jahre Grundschule – ade. Eine kleine Ära im Leben von Fi endet.

Ich frage mich jetzt schon, wie viele Packungen Taschentücher ich mitnehmen soll. Und ob ich am besten eine Sonnenbrille aufsetze, damit es nicht ganz so offensichtlich ist, dass ich Rotz und Wasser heule. Fis Grundschule ist nämlich in Sachen Abschied das, was Steven Spielberg für das Kino ist: ein Meister der Inszenierung. Als die Grundschule startete, sind die Erstklässler:innen durch bunte Blumenbögen in das Schulgebäude eingezogen. Morgen – man ahnt es – ziehen sie durch eben jene Bögen wieder aus. Der Kreis schließt sich, die Symbolik passt. Pech, wenn man da nah am Wasser gebaut ist.… Weiterlesen

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Familienfreuden auf Reisen: Von Bergziegen und Meerschweinchen

Kein Wunder, dass wir uns Meerschweinchen gekauft haben. Wir sind selbst welche. Also glücklicherweise nicht ganz so kugelrund wie unsere drei Damen vom Südamerika-Grill. Und auch weniger schreckhaft. Aber das Meer, das könnte auch vor unseren Namen stehen. Meer-Nadine. Meer-Normen. Meer-Fi. Dieses Jahr aber haben wir uns als Bergziegen versucht.

Wo bitte geht es zum Meer? Wenn Meerschweinchen sich als Bergziegen versuchen. (Bild: Albach)

Urlaub und Corona, das klang vielleicht früher mal gut, als jeder noch an das Bier und niemand an ein Virus gedacht hat. Seit 2020 aber ist Urlaub für uns mit vielen Fragen verbunden. Können wir überhaupt Urlaub machen? Wohin? Wie sind dort die Inzidenzen? Und wenn doch etwas passiert: Wie weit wollen wir von Zuhause weg … Weiterlesen

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Unterwegs fast nichts erlebt – Andreas Maiers Anti-Reise-Roman „Die Städte“

Zählen wir mal kurz auf: Wer Andreas Maiers kompakte Romane wie „Das Zimmer“, „Das Haus“, „Die Straße“, „Der Ort“, „Der Kreis“, „Die Universität“ und „Die Familie“ (puh!) goutiert hat, meint vielleicht, im Leben des Autors quasi heimisch geworden zu sein. Doch das ist wohl ein Trugschluss. Wer weiß schon, welchen Anteil Findung und Formung an all dem haben.

Und überhaupt hat ja vieles seine Kehrseite – wie auch im neuen, abermals wortkarg benannten Buch „Die Städte“. Gewiss, da kommen einige Orte namentlich vor, doch falls man markante Reiseerlebnisse erwartet, wird man düpiert – oder auf andere Fährten geführt. Andreas Maier hält bei all dem einen lakonisch registrierenden Tonfall, der das Groteske an äußerer Mobilität bei innerer Unbeweglichkeit erst recht hervortreten … Weiterlesen

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Lebensbild mit Leerstellen: Monika Helfers Familienroman „Vati“

Als wenn es das nicht schon länger gegeben hätte: Vielfach scheint Lesenden seit einiger Zeit das zum Trend ausgerufene „autofiktionale Erzählen“ zu begegnen, also Autobiographisches mit mehr oder weniger prononcierter literarischer Dreingabe. Oder eben umgekehrt: große Literatur, basierend auf Selbsterlebtem, mit erfundenen Einsprengseln. Und was der Mischungsverhältnisse mehr sind. Wie schwer es doch ist, sich im Ureigenen zur allgemeineren Gültigkeit durchzuringen! Nur den Besten gelingt es zu erzählen, was jede(r) erzählen könnte, aber eben nicht kann.

Die famose Französin Annie Ernaux (Jahrgang 1940 – „Die Scham“, „Die Jahre“, „Eine Frau“) wäre beispielhaft zu nennen, neuerdings auch eine noch frühere Vorläuferin, die just „wiederentdeckte“ Dänin Tove Ditlevsen (1917-1976), die schon seit den späten 1960er Jahren ihre Kopenhagen-Trilogie („Kindheit“, „Jugend“, „Abhängigkeit“) vorgelegt … Weiterlesen

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Familienfreuden XXVII: Die Drei-Minuten-Lern-Biene

Zähne putzen ist ja so eine Sache, über die man als Erwachsener nicht mehr viel nachdenkt – es gehört einfach zum Tag dazu. Für Fiona hingegen gibt es viele Wege zu sauberen Zähnen. Der jüngste ist: die Drei-Minuten-Lern-Biene.

Zähneputzen wird zur existentiellen Begegnung. (Bild: Albach)

Vor einiger Zeit brachte ich den Müll raus. Plötzlich macht es „Platsch“. Eine dicke, weiße Pampe landete unmittelbar neben mir auf den Steinen. Erst hatte ich die Taube im Verdacht, die regelmäßig in unserem Baum nistet. Als ich aber nach oben blickte, sah ich keineswegs ein graues Federtier – sondern meine kichernde Tochter, die oben an der Brüstung des Badezimmerfensters lehnte. Im Schlafanzug, die Zahnbürste in der Hand, eine irgendwie für die Zahnpasta-Werbung verdrehte Version … Weiterlesen

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Digitalisierung, Anfangszeiten, Distanzunterricht – die Mühen der Ebenen in der lokalen Schulpolitik

Hier wissen Schüler und Eltern (hoffentlich) Bescheid: die schulspezifischen Apps Google Classrooom und Untis auf einem iPad-Bildschirm. (Screenshot: BB)

Wenn die Dortmunder Stadtelternschaft (d. h. vor allem: die Schulpflegschaftsvorsitzenden) mit der Schuldezernentin Daniela Schneckenburger (Grüne) eine Videokonferenz abhält, dann kann man schon mal interessiert kiebitzen. Und was soll ich euch sagen: Da lernt man ein wenig die oft zitierten Mühen der Ebenen kennen.

Beim Online-Treff mit rund 40 Leuten ging’s heute Abend wahrlich nicht um den „großen Wurf“, sondern um recht kleinteilige, teilweise ziemlich knifflige Fragen, etwa zur Bildungsgerechtigkeit und zur Digitalisierung der Schulen.

Auf den immer dringlicheren Ruf nach Klassenteilungen, Wechsel- und Distanz-Unterricht in Corona-Zeiten konnte die Schuldezernentin nur ansatzweise eingehen, denn diese Themenbereiche fallen hauptsächlich in die Verantwortung … Weiterlesen

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Welthaltige Selbsterkundung: „Die Scham“ von Annie Ernaux

„An einem Junisonntag am frühen Nachmittag wollte mein Vater meine Mutter umbringen.“ Erschütternder kann ein Buch wohl kaum beginnen.

Es ist der Anfangssatz von Annie Ernaux‘ Selbsterkundung unter dem Titel „Die Scham“. Bereits 1997 erschien „La Honte“ (Originaltitel), dessen übertragene Wortbedeutung zwischen Scham und Schande oszilliert, bei Gallimard in Paris. Jetzt liegt das Buch, das so recht zu keinem Genre passen mag, auf Deutsch vor, offenkundig kongenial übersetzt von Sonja Finck. Dankenswert auch, dass dieses Werk für uns noch nachträglich „entdeckt“ worden ist.

„Die Scham“ umfasst gerade einmal 111 Textseiten – und rekonstruiert doch einen ganzen Weltausschnitt rund um jenen Junitag des Jahres 1952, als die Erzählerin (recht unverhüllt die Autorin selbst) beinahe 12 Jahre alt war und jene furchtbare … Weiterlesen

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Selbstgeißelung eines vierfachen Vaters: Tillmann Prüfers Kolumnen-Buch „Jetzt mach doch endlich mal das Ding aus!“

Das Phänomen ist schon einige Jährchen alt. Etliche Journalistinnen und Journalisten sehen sich bemüßigt, das Aufwachsen ihrer Kinder publizistisch mit Kolumnen zu begleiten oder es (böswillig ausgedrückt) „auszuschlachten“.

Die schwer zu übertreffenden Musterbeispiele für dieses Genre hat Axel Hacke („Der kleine Erziehungsberater“ u. a.) von der Süddeutschen Zeitung verfasst. Er dürfte einige Leute zumindest indirekt inspiriert haben, es ihm gleichzutun; so wohl auch Tillmann Prüfer (Leitender Redakteur beim „Zeit-Magazin“, wo die meisten Kolumnen zuerst erschienen sind), der schon mal darauf verweisen kann, Vater von vier Töchtern zu sein: Juli ging zum Zeitpunkt der Niederschrift noch zur Grundschule (2. Klasse), Greta war 13, Lotta 15 und Luna 20 Jahre alt. Ein gehöriges Spektrum, fürwahr. Da macht man(n) was mit. Und da … Weiterlesen

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Kindheit im Ruhrgebiet – Erinnerung an versunkene Zeiten

Diese Fotografie aus dem Jahr 1958 ist zugleich ein Plakatmotiv der Schau: „Zwei Milchholer in Buer“ (Gelsenkirchen). (© Fotoarchiv Ruhr Museum, Foto: Herbert Konopka)

Oh ja, so war es. Wirklich und wahrhaftig: Genau solche kurzen Lederhosen haben wir Jungs („My Generation“) damals Tag für Tag getragen. Robuster ging’s nimmer. Und ja: Das Tischfußballspiel aus Blech kennt man so auch noch. Ebenso grüßen die viele Jahrzehnte alte Spielesammlung und die Märklin-Eisenbahn aus versunkenen Zeiten herüber. Oder jene zerbeulten Kannen, mit denen man ins Milchgeschäft ging. Und, und, und.

Diese Ausstellung weckt Erinnerungen noch und noch, für und für. Überdies macht die Schau „Kindheit im Ruhrgebiet“ im Essener Ruhr Museum deutlich, wie sich auch hier die frühen Lebensjahre verändert haben. Nach dem … Weiterlesen

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Vor jeder Haustür ein Paket mit Erinnerungen – auf Kurzbesuch in der alten Heimat Dortmund

Auch mit Erinnerungen verbunden: Impression der von Hilde Hoffmann-Schulte gestalteten Glasfenster einer Dortmunder Kirche. (Foto: © Marlies Blauth)

Unsere Gastautorin, die Künstlerin und Lyrikerin Marlies Blauth, die seit vielen Jahren bei Düsseldorf lebt, über einen Besuch in ihrer Heimatstadt Dortmund:

Mein Steuerberater wundert sich, lächelt, weil ich immer – also einmal im Jahr – mit dem Bus komme. Er hat nämlich sein Büro ganz in der Nähe meines Elternhauses (in dem längst jemand Anderes wohnt), also knapp 100 Kilometer von meinem aktuellen Wohnort entfernt. Ziemlich aufwändig, das alles.

Diese Fahrt „nach Hause“ genieße ich aber jedesmal, zelebriere sie fast.

Die Sonne scheint auf das Dach des Hauses, in dem meine erste riesengroße Liebe wohnte. Ich winke, in Gedanken oder … Weiterlesen

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Corona-Wortsammlung – weitgehend ohne Definitionen, aber fortlaufend aktualisiert

Wohl unter „M“ einzuordnen: in diesen Tagen ratsame bzw. pflichtgemäße Mund-Nasen-Bedeckungen. (Update: Achtung, Achtung! Solche Stoffexemplare sind mittlerweile durch medizinische Masken zu ersetzen). (Foto: BB)

Hier ein kleines Corona-„Lexikon“, darinnen etliche Worte, Wendungen, Zitate, Namen und Begriffe, von denen wir zu Beginn des Jahres 2020 nicht einmal zu träumen gewagt haben; aber auch bekannte Worte, die im Corona-Kontext anders und häufiger auftauchen, als bislang gewohnt. All das zumeist ohne Definitionen und Erläuterungen, quasi zum Nachsinnen, Ergänzen und Selbstausfüllen. Und natürlich ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, aber von Zeit zu Zeit behutsam ergänzt. Vorschläge jederzeit willkommen.

Dazu ein paar empfehlende Hinweise: Die Gesellschaft für Deutsche Sprache hat sich einige Wochen lang in einer Serie mit den sprachlichen Folgen der Corona-Krise befasst, … Weiterlesen

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Zahnfee, Du Verräterin!

Weihnachten liegt hinter, Ostern vor uns – und beide Feste sind ganz anders als zuvor. Vorbei ist es mit Wispern, Raunen und Fabulieren: Unsere Tochter glaubt nicht mehr. Weder an den Weihnachtsmann noch an den Osterhasen. Und wer ist schuld? Die Zahnfee!

Weihnachtsmann! Ostern! Zahnfee! Alles ihr! (Zeichnung: Nadine Albach)

Ich muss diesen Text mit einem kurzen, nostalgischen Seufzer anfangen.

Hach.

Als Fiona noch an Weihnachtsmann & Co. glaubte, lag ein bisschen Magie in der Luft. Wir konnten zehn gefärbte Eier so oft verstecken, dass es eigentlich 50 waren. Und als wir per Fernbedienung Glockengeläut von Spotify aktivierten und eher ungeplant eine tiefe Männerstimme ansagte „Die Glocken des Kölner Doms“, rief Fi mit weit aufgerissenen Augen: „Der Weihnachtsmann! Ich habe … Weiterlesen

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„Der vergessliche Riese“: David Wagner schildert das Leben mit einem demenzkranken Vater

Dieses Buch hat viele berührende Momente, wobei man sich als Leser hin- und hergerissen fühlt zwischen Lachen, Schmunzeln und Nachdenklichkeit. In „Der vergessliche Riese“ erzählt der preisgekrönte Autor David Wagner – autobiografisch gefärbt – über (s)einen demenzkranken Vater.

Wer allein schon bei dem Thema meint, das Buch besser nicht anrühren zu wollen, weil er ohnehin nur ein Horrorszenario geboten bekomme, sollte bedenken, dass dem Verfasser ein durchaus schwieriger Spagat gelingt. Er beschreibt zwar äußerst anschaulich, wie die Krankheit die Persönlichkeit eines Menschen verändert, kommt aber ohne grauselige Szenen aus. Und auch das gesamte Umfeld betrachtet den Mann keineswegs nur als eine reine Belastung.

Vielmehr wirken manche Situationen eher skurril. Beispiel: Auf der mehrstündigen Fahrt zur Beisetzung einer verstorbenen Tante erwähnt … Weiterlesen

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„Vaterschaftstest“ – In Markus Behrs märchenhaft optimistischem Roman blüht ein Hagestolz auf

Eigentlich hält der Mittdreißiger Fabian Weinert sich selbst für eine männliche Jungfrau. Bis die eineiigen Zwillinge Ronja und Leonie ihm telefonisch eröffnen: „Wir sind wahrscheinlich mit Ihnen verwandt.“ In einer Ruhrpott-Eisdiele wird das kesse Duo präziser und verblüfft mit ihrer Version eines Glückskeks-Zettels, dessen Botschaft lautet: „Sie sind unser Vater.“

Dabei schien Fabian Weinerts Leben so wohlgeordnet. Weinert ist Single, Lehrer an einem Berufskolleg; seine oft neugierigen Eltern mögen ihn, versuchen beharrlich, den früher überbehüteten Sohn mehr ins Offene zu locken. Immer noch geplagt, aber eben durchaus gewöhnt an leichte Neurodermitis, gelegentliches Asthma und seine Kiel- sprich: Hühnerbrust, macht Fabian als gesellig-sympathischer Einzelgänger dennoch sein Ding.

Gegen seine Neigung zu „Sicherheitsverhalten“ und „Verkrampftheit“ treten an: Jugendfreund Uwe, das befreundete Pärchen … Weiterlesen

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„Alles, was von außen kommt, ist schädlich…“ – Andreas Maier setzt seinen Romanzyklus mit „Die Familie“ fort

Das Zimmer. Das Haus. Die Straße. Der Ort. Der Kreis. Die Universität. So hießen die bisherigen sechs kurzen Romane, in denen der 1967 geborene Andreas Maier Facetten (s)eines recht normalen, aber in den Einzelheiten besonderen Lebens aufgegriffen hat. Ein insgesamt groß angelegtes, jedoch kleinteiliges und kurzweiliges Projekt.

Die Fortsetzung trägt nun den Titel „Die Familie“ und es will scheinen, als zögen sich die Kreise, die sich vordem zusehends erweitert haben, allmählich wieder in sich zusammen. Wird einst der letzte Teil „Das Ich“ heißen? Oder gar: „Das Nichts“?

Gemach. Das sind ebenso wildwüchsige wie müßige Spekulationen. Schauen wir lieber, was sich diesmal im Rückblick aufs Tagtägliche begibt:

Da geht’s anfangs um die immergleichen Absurditäten beim schulischen Schwimmunterricht, sodann (noch viel weiter … Weiterlesen

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Als Frauen aus der Rolle fielen – ein Abend mit Super-8-Filmen der 60er und 70er Jahre beim Frauenfilmfestival in Dortmund

Hoch die Tassen! Auch Alkohol half beim temporären Abschied von gewohnten Rollenbildern. (Screenshot aus dem Film „Feier 197576")

Hoch die Tassen! Auch Alkohol wirkte beim temporären Abschied von gewohnten Rollenbildern mit. (Screenshot aus dem Super-8-Film mit dem Archivtitel „Feier 197576″)

Allenthalben befasst sich die Kultur mit Fakes, Lügen und Täuschungen, so auch das Internationale Frauenfilmfestival IFFF in Dortmund (und Köln). „Bilderfallen“ heißt das Schlagwort zum Schwerpunkt. Natürlich sollen wir (und namentlich Frauen) möglichst nicht in derlei Fallen tappen, sondern allzeit wachsam bleiben oder werden. Nun denn!

Das größte deutsche Filmfestival seiner Art beginnt am 9. April und steht – nach Jahrzehnten mit Silke Räbiger an der Spitze – unter neuer Leitung: Maxa Zoller (44), auf nahezu abenteuerlichen Lebenswegen über die Eifel, London und Kairo ins Revier gekommen, trägt erstmals die Verantwortung. Das Programm, das sie mit ihrem Team … Weiterlesen

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Größter Holzhandel weit und breit: Grabstätte führt auf die Spuren einer Dortmunder Wirtschafts-Dynastie

Grabstätte der Bürgermeister- und Industriellen-Familie Brügmann auf dem Dortmunder Ostfriedhof. (Foto: Bernd Berke)

Grabstätte der Bürgermeister- und Industriellen-Familie Brügmann auf dem Dortmunder Ostfriedhof. (Foto: Bernd Berke)

Muss man denn immer gnadenlos recherchieren, bis man an die Grenzen des Wissbaren stößt? Nicht doch! Manchmal darf man einfach frühzeitig oder mittendrin aufhören und den großen Rest den Fachleuten überlassen, in diesem Falle Wirtschaftshistorikern.

Deshalb hier nur die Bruchstücke einer gerade mal angefangenen Recherche. Mögen kundige Lokalhistoriker mich gerne in dem oder jenem Punkt korrigieren.

Wie komme ich überhaupt aufs Thema? Es begann mit einem geführten Historien-Rundgang über den schönen Dortmunder Ostfriedhof, wo fast alle der einst mächtigen Industriellen-Dynastien der Stadt beigesetzt sind – von Hoesch bis Klönne und Jucho. Doch auch die Kult-Köchin Henriette Davidis hat dort ihre letzte Ruhestätte gefunden; ebenso wie der umtriebige … Weiterlesen

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Große Ernüchterung, doch Freude am Chaos: Enzensberger erzählt „Anekdoten“ aus seiner Kindheit und Jugend

Ja, so glaubt man Hans Magnus Enzensberger zu kennen – nicht gerade als Mann des ehernen Wortes, sondern als allzeit wendigen Geist des Flüchtigen und Flüssigen, wenn nicht des quasi Gasförmigen. Und so leitet er auch sein neues Buch „Eine Handvoll Anekdoten“ mit zwei recht vagen Erklärungen ein, als wolle er sich lieber nicht festlegen oder gar festlegen lassen.

Bei Anekdoten, so teilt er vorab mit, handele es sich um „eigentlich etwas aus Gründen der Diskretion noch nicht schriftlich Veröffentlichtes, bisher nur mündlich Überliefertes.“ Den Untertitel „Auch opus incertum“ erläutert er so: „… lateinisch = unregelmäßiges Werk, römischer Mauerbau aus Fundsteinen.“ Ja, woran soll man sich da halten, auf was kann und soll man sich verlassen?

Im Familienalbum blättern

Auf … Weiterlesen

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Von der „Spieluhr“ bis zum „Ohrenbär“: Die Entwicklung des Kinderrundfunks mit Dortmunder Impulsen

Gastautor Heinrich Peuckmann über die Entwicklung des Kinderrundfunks, zu der auch einige Ideen und Konzepte aus Dortmund beigetragen haben:

Als Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts der WDR-Lokalsender Radio Dortmund an der Lindemannstraße eingerichtet wurde, gab es unter Kulturschaffenden große Vorbehalte. Das wäre ein trojanisches Pferd, wurde geurteilt, denn erst käme der harmlose öffentliche Rundfunk und in seiner Nachfolge der Privatsender mit seinen oberflächlichen und verdummenden Programmen.

Screenshot der „Ohrenbär"-Homepage www.ohrenbaer.de

Screenshot der „Ohrenbär“-Internetseite www.ohrenbaer.de

Ich war damals Sprecher des Schriftstellerverbandes und die Autoren beschlossen, nachzuhaken, was denn der Dortmunder WDR-Sender für uns zu bieten hätte. Hintergrund vor allem meines Optimismus war die Information, dass Erdmann Linde Sendeleiter des Lokalfunks werden würde, und den kannte ich schon lange als großen Freund der Literatur.… Weiterlesen

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Traumatische Familiengeschichte: Maxim Billers Roman „Sechs Koffer“ als Geflecht aus Fakten und Fiktionen

Wir müssen uns Maxim Biller als ebenso verletzenden wie verletzlichen Menschen vorstellen: Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust.

Als Kolumnist und Kritiker gibt der 1960 in Prag geborene Autor gern den ungehobelten Rüpel und geht lustvoll an die Schmerzgrenze fieser Beleidigungen und übler Nachrede. Als Erzähler dagegen schafft er es immer wieder, uns mit nachdenklichen Skizzen, zärtlichen Tönen und poetischen Porträts zu überraschen. Vor allem dann, wenn er sich dem unverarbeiteten Trauma seiner eigenen Familiengeschichte widmet und in einem Geflecht aus Fakten und Fiktionen in die dunklen Geheimnisse seiner weit verzweigten jüdischen Herkunft vorwagt.

Das Schweigen durchbrechen

Sein neuer Roman, „Sechs Koffer“, ist ein geglückter Fall verzweifelter literarischer Erinnerungsarbeit und humorvoller Rekonstruktion dessen, worüber man in der Familie Biller … Weiterlesen

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Soziale Miniaturen (20): Der Junge mit der Goldfolie

Die betreffende Bucht am besagten Tage, etwa zur Zeit des beschriebenen Vorfalls. (Foto: BB)

Die betreffende Bucht am besagten Tage, etwa zur Zeit des beschriebenen Vorfalls. (Foto: BB)

Allenthalben liest man von den stets überbesorgten Helikopter-Mamis, die immerzu um ihre ach so bedrohten Kinder herumschwirren und sie vor jedem Kratzerchen bewahren wollen.

Früher nannte man sie Glucken, eine männliche Variante kam damals kaum vor. Das hat sich geändert. Heute verortet man solche Eltern beiderlei Geschlechts bevorzugt in der Bionade-Bohème. Oder nennt man diese Mittelschichtler in ihren SUVs schon wieder anders?

Kürzlich kreuzte eine ganz anders aufgelegte Mutter auf. Das heißt: Zunächst begab sich durchaus Dramatisches. Ein kleiner, etwa siebenjähriger Junge war trotz Warnungen zu weit hinausgeschwommen und musste per Boot von DLRG-Kräften aus der Ostsee gerettet werden. Vor lauter nachwirkender Wasserkälte klapperte er noch … Weiterlesen

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„Familie Hauser“ als (un)heimlicher Internet-Hit: Viele Millionen Klicks für herzige Playmobil-Filmchen

Kürzlich war hier von der Spielzeugfirma Schleich die Rede, deren langer Arm in so manches Kinderzimmer reicht. Nun geht es um ein weiteres Universum, in dem sich wahrscheinlich noch weitaus mehr Kinder bewegen – um die Welt von Playmobil, genauer: um deren ebenso einfältige wie vielfältige Video-Präsenz bei YouTube, vornehmlich in Gestalt der „Familie Hauser“. Kein Vertun: Wir reden über einen Internet-Auftritt mit Abermillionen Klicks.

Playmobil-Familie „Hauser" mit beigefügtem Hund: links Michael und Anna, rechts Nicole und Lena. (Foto: Bernd Berke)

Playmobil-Familie „Hauser“ mit beigefügtem Hund: links Michael und Anna, rechts Nicole und Lena. (Foto: Bernd Berke)

Gewiss: Die hauptsächliche Zielgruppe sind Kinder so etwa zwischen 4 und 9 Jahren. Doch selbst aus der Perspektive von Sieben- oder Achtjährigen kommt manche Hauser-Geschichte schon so treuherzig und naiv daher, dass es zum Steinerweichen ist. Die dick … Weiterlesen

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Familienfreuden XXVI: Sozialismus beim Tornisterkauf

Wer geht hier mit wem spazieren? (Zeichnung: Albach)

Kinder zu haben, hat manchmal etwas vom real existierenden Sozialismus: Besser, man hat einen Fünf-Jahres Plan. Beispiel: Wir haben einen Tornister gekauft.

Ein bisschen hatte mich die Zeit der Schwangerschaft ja schon gewarnt. Dort hatte ich gelernt: Es gibt Menschen, die haben sich ihr ganzes Leben auf ein Kind vorbereitet. Kaum war der Strich auf dem Schwangerschaftstest zu erkennen, buchten sie schon Schwangerschaftsyoga -/- schwimmen /-gymnastik, luden ihre Hebamme zum Tee ein und parkten den Kinderwagen in der Garage. Ich gehöre nicht zu dieser Spezies und nahm, was übrig blieb.

Entsprechend war ich sensibilisiert, als sich eine wichtige Etappe für unsere Tochter ankündigte: der Schulbesuch. Durch Zufall bekam ich ein konspiratives Gespräch … Weiterlesen

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Mutter, Tochter, Spüli

Eben bei Edeka: eine Tante, entnervt, schwer beladen, aus ihrem Korb quillt schon sehr viel Wohlfeiles, auf den Armen balanciert sie auch noch Zeugs und angelt grad nochmal in die Kühltruhe nach Plastikcontainerchen mit Fleischlappen.

Spüli, Kuli auf Zettel, 9,5×9,5cm, 2018 (© Thomas Scherl)

Hinter ihr: das Töchterlein. Blühendstes Hormonchaos mit mürrisch-gelangweiltem Fluntsch (wie man halt so guckt in dem Alter, wenn man mit Muttern einkoofn muß). Latscht, die Hände in den Taschen und ich drauf&dran, daß ich sie anstupse und ihr ein »Mensch, jetzt hilf doch mal« zuraunze. ((Aber weil ich ein angenehmer Mensch bin, laß ich’s bleiben.) (Außerdem weiß man heut ja nie. Am End les ich dann so in zwanzig Jahren in der #meToo-Gazette meinen Namen. Neeneenee, … Weiterlesen

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Der Nikolaus und die Phantasie, die wir so dringend brauchen

Gastautor Heinrich Peuckmann über den Nikolaus und seine bleibende Bedeutung:

In letzten Jahr habe ich nach vielen Jahren Pause anlässlich des Besuches meiner Nichte und ihrer beiden kleinen Töchter das Nikolauskostüm aus dem Schrank geholt. Während meine Frau und einer meiner Söhne unsere Gäste im Wohnzimmer begrüßten, hielt ich mich versteckt.

Nicht der Verfasser dieses Beitrags, wohl aber der Blogbetreiber Bernd Berke in früheren Jahren mit dem Nikolaus. (Foto: Berke / Privat)

Besuch vom Nikolaus vor etwas längerer Zeit. (Foto: B. Berke / Privat)

In einem passenden Moment schlich ich mich in den Keller, zog mir das Kostüm an, schaute in einen Spiegel und erkannte mich selbst nicht mehr. Kein Zweifel, das war er, der mir da im Spiegelbild entgegen lächelte, der Nikolaus mit seiner Knollennase. Über die Terrasse ging ich offen auf unser Haus zu, die beiden Mädchen entdeckten mich … Weiterlesen

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Wenn Vater von der Zeche kam, sagte er nur „Na, Sohnemann“ – Kindheit im Revier, geprägt von Liebe und Begrenztheit

Unser Gastautor, der Schriftsteller Heinrich Peuckmann, mit einer Kindheitserinnerung aus dem Revier von damals:

Da ist ein Bild, ganz tief in mir gespeichert, das mich nicht loslässt mein Leben lang. Ich bin noch Kind, nicht mal zehn Jahre alt. Die Schule ist aus, wir spielen Fußball auf dem großen, freien Platz, dem Kamener Schützenhof, direkt vor unserer Haustür.

Wie aus einer anderen Zeit: in einer Wasserlache gespiegelter Zechenturm. (Foto: Christian Evertsbusch / pixelio.de)

Zeugnis einer anderen Zeit: in Wasserlache gespiegelter Zechenturm. (Foto: Christian Evertsbusch / pixelio.de)

Wir wollen Tilkowski werden, Fritz Walter oder dieser neue, dieser Uwe Seeler. Wir spielen selbstvergessen, eingetaucht in eine Welt, die ganz uns gehört und niemand sonst. Und wenn wir im Spiel auch erbitterte Gegner sind, sind doch vor allem eines, nämlich Freunde, teilweise bis heute.

Fußballbilder in Tüten … Weiterlesen

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„Wenn der Wind von Hörde kam, roch es wie Pech und Schwefel“ – Erinnerung an eine Kindheit im Dortmunder Süden

Unsere Gastautorin, die aus Dortmund stammende Malerin und Lyrikerin Marlies Blauth, ergänzt und erweitert mit diesem Beitrag die vor wenigen Tagen erschienene Dortmunder Kindheitsskizze von Bernd Berke:

Der Appetit der frühen Jahre. Unsere Gastautorin Marlies Blauth in einer anderen Zeit. (Bild: privat)

Der Appetit der frühen Jahre. Unsere Gastautorin Marlies Blauth in einer anderen Zeit. (Bild: privat)

Der Dortmunder Süden, jedenfalls Berghofen, war früher noch ziemlich ländlich. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sich was drauf einzubilden, dort zu wohnen – allenfalls wusste man zu schätzen, einen Garten zu haben und nutzen zu können. Es gab kaum einen, in dem nichts Essbares wuchs. Auch die „besseren“ Leute hatten immerhin ein Eckchen mit Johannisbeeren im Garten und zogen ein paar Kräuter und Salatköpfe.

War Erntezeit und diese ertragreich, wurde wild herumverschenkt oder getauscht: Birnen … Weiterlesen

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Der schnelle Wechsel von Satz zu Satz – Anmerkungen zur Mehrsprachigkeit in Kita und Grundschule

Was diese Kinder für Sprachen können, und zwar in fließender, so gut wie muttersprachlicher Ausprägung! Beneidenswert. Ja, ich weiß, die Hintergründe sind von Fall zu Fall schmerzlich. Aber längst nicht immer. Und so manches rüttelt sich zurecht.
(Foto: Bernd Berke)

(Foto: Bernd Berke)

Um nur mal eine Grundschulklasse als Muster zu nehmen: Da spricht ein Mädchen von Haus aus Arabisch und Kurdisch, nun auch schon recht gut Deutsch, eine aus China stammende Schulfreundin begnügt sich einstweilen „nur“ mit Chinesisch und Deutsch. Arabische und chinesische Schrift natürlich inbegriffen. Ja, das alles, auf Ehr‘, können sie und noch mehr… beispielsweise auch schon ein wenig Klavier spielen.

Vielfalt im Klassenzimmer

Andere reden z. B. Spanisch und Deutsch, Russisch und Deutsch, Polnisch und Deutsch, Lettisch und Deutsch,

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Vom Alltag einer Arbeiterfamilie zwischen Ruhrgebiet und Sauerland – Martin Beckers Roman „Marschmusik“

Sowohl der Buchtitel „Marschmusik“ als auch das Sujet, nämlich die Geschichte einer Arbeiterfamilie, sind auf den ersten Blick wohl nicht zugkräftig genug, um Leser für einen Roman zu gewinnen.

Marschmusik von Martin Becker

Was hat schon der Alltag von Menschen zu bieten, die erst vom Bergbau und später von anderer Industrie lebten? Eine solche Frage ist zweifellos berechtigt, doch wer einmal mit dem Buch von Martin Becker begonnen hat, der legt es so schnell nicht wieder aus der Hand. Denn der Autor beherrscht die Kunst des Erzählens. Auch wenn er im klassischen Sinn keine Spannungsbögen aufbaut, sorgt er für echten Lesegenuss.

Beckers Hauptdarsteller sind die Mitglieder seiner fünfköpfigen Familie, wobei man in der wichtigsten Nebenrolle noch einen Mann namens Hartmann … Weiterlesen

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Zur Not kann man auch am Gegner seine Freude haben – über solche und solche Fußballfans

In dieser „englischen“ Fußballwoche geht’s gleich zweimal rund in der Bundesliga: Heute (Dienstag, 4. April, 20 Uhr) trifft der BVB im heimischen Dortmunder Westfalenstadion * auf den Hamburger SV, am Samstag (8. April, 18:30 Uhr) geht’s zu den Bayern nach München. Anlass genug für diesen Beitrag: Unser Gastautor, der Schriftsteller Heinrich Peuckmann, schreibt über verschiedene Arten von Fußballfans:

Dortmunder Torjubel im Westfalenstadion beim 3:0-Sieg gegen Tottenham Hotspur. (Foto: Bernd Berke)

Dortmunder Torjubel im Westfalenstadion beim 3:0-Sieg gegen Tottenham Hotspur. (Foto: Bernd Berke)

Meine drei Söhne sind brav, sie sind ihrem Vater gefolgt und Fußballfans geworden. Und weil sie auch noch gut erzogen sind, haben sie die Vorliebe ihres Vaters übernommen. Sie sind Fans von Borussia Dortmund.

Zwei Dauerkarten haben wir und gehen in wechselnden Kombinationen ins Stadion. Und dabei stellen wir … Weiterlesen

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Soziale Miniaturen (17): Ich Vater. Hier. Jacke an!

Bei Playmobil ist alles ungleich idyllischer. (Foto: BB)

Im Miniatur-Kosmos von Playmobil ist alles ungleich idyllischer. (Foto: BB)

In einem Restaurant mittleren Anspruchs: Der Mann dürfte um die 30 Jahre alt sein. Er und seine Gefährtin (in dieser Reihenfolge) haben ein wenige Wochen altes Baby. Vielleicht sind sie das erste Mal wieder „draußen“ aus der vormals ungeahnten Elternschafts-Höhle. Nein, nicht „Hölle“.

Die Frau geht sehr natürlich und normal mit dem Kind um, als hätte sie es immer schon gehabt, sie macht kein Aufhebens. Doch dann erobert er die Szenerie. Er nimmt das Kind wie ein Handwerkszeug, demonstrativ fuhrwerkend. Er bleibt breitbeinig stehen und schwenkt es ausgiebig hin und her, als wollte er es allen mal so richtig zeigen. Betonter, gravitätisch ausagierter Vaterstolz. Potenzbeweis überdies.

Nun bringt die Kellnerin … Weiterlesen

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Familienfreuden XXIII: Schnipp-schnapp, Pony ab!

Haare sind bei uns im Moment ein höchst sensibles Thema. Fiona, die lange zu den Sinead O’Connors unter den Kleinkindern gehörte und mit schöner Regelmäßigkeit in der Stadt mit „Oh, was für ein süßer Junge!“ angesprochen wurde, hält – möglicherweise auch deswegen – jetzt ziemlich viel auf ihre Langhaarmähne. Was die Frage aufwirft, wer die guten Strähnen bearbeiten darf.

Salonzauber: Fiona beim Friseur (Bild: Albach)

Normalerweise ist das Ganze ziemlich einfach: Wir kennen unseren Coiffeur schon so lange, dass er im Grunde zur Familie gehört, zumal er zum Zwecke des Haarschnitts sogar zu uns nach Hause kommt. Eine weitaus bequemere Praxis als das, was eine gute Freundin mit ihrem Sohn erleben musste: Sie hatte ihn, als er noch sehr klein … Weiterlesen

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Der Schmerz und die Wut hinter den fröhlichen „Nanas“ – Frauenbilder von Niki de Saint Phalle in Dortmund

Ihre kunterbunten, drallen und prallen „Nana“-Figuren haben die Franko-Amerikanerin Niki de Saint Phalle (1930-2002) weltberühmt gemacht. Auf den ersten Blick vermitteln die monumentalen Skulpturen ungebrochene, beinahe kindliche Fröhlichkeit und betont weibliche Lebenslust. Doch ganz so simpel verhält es sich nicht.

Selbst solche Werke sind letztlich dem Leiden und dem Schmerz abgerungen, abgetrotzt. Das verdeutlicht jetzt eine Ausstellung im Dortmunder Museum Ostwall. Es ist die erste nennenswerte Präsentation dieser Künstlerin im Ruhrgebiet. Da merkt man mal wieder, dass beileibe nicht alles in dieser Region rechtzeitig ankommt, zumal auf dem Feld der schönen Künste. Aber besser spät als nie…

Moment der Befreiung: "Pink Nude in Landscape" (Rosa Akt in Landschaft), 1959. (© Niki Charitable Art Foundation / Foto Laurent Condominas)

Moment der Befreiung: „Pink Nude in Landscape“ (Rosa Akt in Landschaft), 1959. (© Niki Charitable Art Foundation / Foto Laurent Condominas)

Rund 120 … Weiterlesen

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„Phoenixsee“: WDR-Serie über zwei Familien im Strudel des Strukturwandels

Mit dem Dortmunder Phoenixsee ist das so: Das künstliche Gewässer erstreckt sich seit einigen Jahren da, wo früher einmal ein Hoesch-Stahlwerk gestanden hat. Restbestände der früheren Arbeiterhäuser bilden nun einen starken Kontrast zur massiven Ansiedlung Neureicher, die sich direkt am Seeufer breitgemacht haben.

Diese Gemengelage gab schon reichlich Stoff für den großartigen Dokumentarfilm „Göttliche Lage“ her, auch dient der See immer mal wieder als Kulisse für die Dortmunder „Tatort“-Folgen. Und jetzt heißt gleich eine ganze WDR-Spielserie so.

Die beiden ungleichen Familienväter am "Phoenixsee": Birger Hansmann (Stephan Kampwirth, li.) und Mike Neurath (Felix Vörtler). (Foto: © WDR/Frank Dicks)

Die beiden ungleichen Familienväter am Phoenixsee: Birger Hansmann (Stephan Kampwirth, li.) und Mike Neurath (Felix Vörtler). (Foto: © WDR/Frank Dicks)

„Phoenixsee“ (WDR, heute = 28. November, 20.15 bis 21.50 Uhr die erste Doppelfolge – komplette Serie derzeit auch in der Mediathek) dreht sich … Weiterlesen

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Ritual und Routine zu Halloween

Ganz nüchtern statistisch betrachtet, war es so: Zwischen 18 und 20 Uhr haben heute insgesamt 18 Kindergruppen bei uns geschellt und „Süßes oder Saures“ verlangt.

Die beiden größten Rudel waren 12 bzw. 10 Kinder stark, alles in allem standen da – wenn ich richtig notiert habe – 78 kleine Leute. Manche waren nur zu zweit unterwegs, zwei Kinder liefen (in Begleitung ihrer Eltern) sogar allein los. Das sah ein wenig traurig aus. Aber bitte, wer kennt die Gründe?

Ganz ohne Kürbis geht die Chose nicht... (Foto: BB)

Ganz ohne Kürbis geht die Chose nicht… (Foto: BB)

Vor Jahresfrist waren es im selben Zeitraum noch über 20 marodierende Grusel-Formationen gewesen. Manche Zeitungen würden jetzt atemlos hechelnd von einer Trendwende sprechen und solche Fragen aufwerfen: Hat „Halloween“ seinen Zenit überschritten?

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