Der König ist tot – Fußball-Zauberer Pelé starb mit 82 Jahren

Freudentränen nach dem Gewinn der Fußball-WM 1958 (Brasilien – Schweden 5:2): der damals 17-jährige Pelé (Mitte) mit Didi (li.) und Torwart Gilmar. (Wikimedia gemeinfrei / Aftonbladet) – Link zu Angaben bei Wikipedia: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:1958_VM-final_Sverige-Brasilien.jpg

Der König ist gestorben. Pelé (1940-2022), König des Fußballs, den sie (nicht nur) in Brasilien ehrfürchtig just so genannt haben: „O rei“! Als er sein 1000. Tor schoss, läuteten dort vielerorts die Kirchenglocken… Tatsächlich dürfte er jetzt im Fußballhimmel weilen und weiter „zaubern“. Mögliches Motto, sonst anderweitig vergeben: An Gott kommt keiner vorbei, außer Pelé…

Meine frühesten Erinnerungen an Fußball reichen in die Zeit zurück, als er zum weltweit besten Fußballspieler wurde – bis hin zu den Weltmeisterschaften von 1958 (nur noch ganz vage Eindrücke) und 1962, als lediglich per Radio nachts live aus Chile übertragen wurde. Beide Male gewann Brasilien mit dem unvergleichlichen Stürmer Pelé den WM-Titel. Seine dritte WM holte er dann mit der Seleção von 1970. Keinem anderen ist das gelungen. Na klar: Auch damals holten schon Teams die Trophäen, aber nicht ohne herausragende Protagonisten. Bis heute zergehen gereifteren Fußballanhängern die Namen von damals auf der Zunge: Didi, Vavá, Pelé, Garrincha…

Spätestens seit den frühen 60er Jahren war er natürlich auch bei uns im Ruhrgebiet ein Begriff, wie in jenen Zeiten sonst nur noch Uwe Seeler, wenn es um Ausnahme-Könner außerhalb des Revier-Fußballs ging. Nun gut, in den hiesigen Breiten sprach man ihn meist etwas anders aus, nämlich „Péle“ – mit Betonung auf dem ersten „E“. Klang auch gut und mächtig bewundernd; wobei sich sein bürgerlicher Name ohnehin nach höchstem Adel anhörte, zumindest für deutsche Ohren: Edson Arantes do Nascimento.

Zwar hat Neymar ihn mittlerweile eingeholt, was die Summe der Tore für die brasilianische Nationalmannschaft angeht, doch man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen: Nie wird dieser überkandidelte Kerl einen auch nur annähernd vergleichbaren Legendenstatus erlangen. Erstens hatte er viel mehr Spiele Zeit zum Rekord, vor allem aber eilt ihm der Ruf voraus und hinterher, häufig mit grotesken Verrenkungen darzustellen, wie schlimm er gefoult worden sei. Pelé hingegen war ein untadeliger Sportsmann.

Pelé durfte – quasi als Nationalheiligtum – nicht bei europäischen Vereinen wie Real Madrid spielen, sondern blieb dem FC Santos von 1956 bis 1974 erhalten, sozusagen per Dekret der damaligen brasilianischen Regierungen. Und jetzt mal Tacheles, da bin ich entschieden konservativ. Für mich ist und bleibt Pelé der größte Spieler der Fußball-Historie, trotz Maradona. Ohne Umschweife schließe ich mich Alfredo di Stefano an, der gesagt hat: „Der beste Spieler aller Zeiten? Pelé. Messi und Cristiano Ronaldo sind großartige Spieler (…), aber Pelé war besser.“

Pelé kam aus ärmlichen Verhältnissen. Als Kind hat er barfuß gekickt, weil die Eltern keine Fußballschuhe kaufen konnten. Als Bälle sollen anfangs zusammengeknüllte Socken oder Grapefruits gedient haben. Straßenfußballer halt. Das waren meistens die allerbesten. Siehe auch Maradona und Messi.

Ob Pelé auch in den heutigen Zeiten des athletischen Hochgeschwindigkeits-Fußballs mitgehalten hätte, sei dahingestellt. Die Ästhetik und die Raffinesse, die er verkörperte, sind jedenfalls weitgehend geschwunden. Wahrscheinlich würden eisenharte Verteidiger einen wie ihn heute mit allen (un)erlaubten Mitteln attackieren und er würde als Sportinvalide enden.

Jetzt aber verneigt sich die Welt, sofern sie den wirklich schönen Fußball noch zu würdigen weiß.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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