Fieberträume im Komödienstadl – Kinofilm „Wer früher stirbt, ist länger tot“

Von Bernd Berke

Eins muss man dem jungen Filmemacher Marcus Hausham Rosenmüller schon mal lassen: Seine Titel klingen prägnant.

Ein kürzeres Werk hieß vor Jahren „Nur Schreiner machen Frauen glücklich“. Jetzt absolviert er sein abendfüllendes Spielfilmdebüt mit „Wer früher stirbt, ist länger tot“. Wer wollte an der Wahrheit dieses Satzes zweifeln?

Hauptfigur ist der 11-jährige Sebastian, der in einem bayerischen Dorf lebt. Der Radius zwischen Schule und Bauernhof wird hier kaum je überschritten. Da fühlt man sich ein wenig an die seligen „Lausbubengeschichten“ eines Ludwig Thoma erinnert.

Zwischendurch wird’s allerdings ernst. Sebastians Mutter ist bei seiner Geburt gestorben. Nun fühlt er sich irgendwie schuldig an ihrem Tod. Es plagt ihn fortan eine Sorte von Alp- und Fieberträumen, die wirkt, als hätte sich der Schreckensmaler Hieronymus Bosch in den Komödienstadl verirrt. Das bayerisch-katholische Gewissen droht dem Kleinen in Form eines bizarren Jüngsten Gerichts. Jeder Bubenstreich wird ihm da dröhnend vorgehalten. Um dem angedrohten Fegefeuer zu entgehen, muss Sebastian entweder „unsterblich“ werden oder seine Sünden tilgen, indem er dem betrübten Vater endlich wieder eine fesche Frau verschafft.

Damit beginnen die halbwegs komischen Missverständnisse. Der Partner von Sebastians hübscher Grundschullehrerin ist droben am Berg Radiomoderator einer Rocksendung – im Studio kündet jedes Detail von den glorreichen 60er Jahren mit Woodstock, Marihuana & Co. Dieser Mann sagt Sebastian, mit Musik könne man just unsterblich werden – wie einst Jimi Hendrix. Der Junge nimmt die Ansage eins zu eins und will unbedingt Gitarre spielen lernen. Auch verschafft er einer alten Dame, die im Sterben liegt, eine allerletzte Freude. Und nebenher sorgt er auf Umwegen dafür, dass die Lehrerin seinen Vater kennenlernt. Noch Fragen?

Dieser sommerlich leichte Heimatfilm ergötzt sich an allerlei Anspielungen und Zufällen, es ist eine gar hübsch gehäkelte Geschichte. Mit Fleißer, Fassbinder oder Kroetz, die einst auch das Abgründige und Bösartige im Bajuwarischen aufspürten, hat das alles nichts zu tun. Dieses Dorf gebiert nur kleine, eher putzige Ungeheuer.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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