Im Land der schönen Stadttheater – Bildband präsentiert Spielstätten des Reviers

„Theaterszene Ruhr“ steht auf dem Buchdeckel, und „Einblicke in die Theaterwelt“. Das Fotobuch im A-4-Querformat zeigt den Zuschauerraum eines Großen Hauses, Festspielhaus Recklinghausen, Ruhrfestspiele. Dieses Foto ist, wenn man einmal so sagen darf, das einzig ehrliche an dieser Titelseite. Denn weder geht es um Theaterszene noch um Theaterwelt (was wäre übrigens der Unterschied?); es geht um die Theater, die real existierenden Bauwerke.

Titel des besprochenen Buches. (Foto: Fabian Linden / Repro rp)

Fabian Linden, Fotodesigner, Jahrgang 1959, hat zwischen Moers und Dortmund Spielorte fotografiert, Innenräume vorwiegend aus der Zentralperspektive, dazu stets ein, zwei Gebäudedetails und einzelne Menschen, die in diesen Theatern arbeiten: Garderobiere, Beleuchter, Dramaturgin, Puppenspielerin, Korrepetitor und so weiter. Ab und an ergänzen gut gesehene Details die Präsentationen der Häuser, Bochumer Schauspielhaus-Tütenlampen zum Beispiel oder Wandflächen im Yves-Klein-Blau im Gelsenkirchener Musiktheater. Lindens Architekturbilder und seine Industriefotografie (von Teilen der Theatertechnik zum Beispiel) sind handwerklich untadelig, die Portraits der Funktionsträger hingegen hätten gerne etwas lebhafter ausfallen können. Oft wähnt man sich im Paßbildstudio.

Kein einziges Inszenierungsfoto

Gleichwohl fragt man sich, wie ein Fotograf, ein Mensch des Sehens und der visuellen Inszenierung doch mithin, sein Bilderbuch „Einblicke in die Theaterwelt“ untertiteln kann, wenn er buchstäblich nicht ein einziges Inszenierungsfoto bringt. Von den Chefs und Intendanten hat es, sieht man von der freien Szene ab, gerade einmal Roberto Ciulli aus Mülheim an der Ruhr, der Dottore, in das Buch geschafft. Natürlich gehört er hier auch hin, das Revier verdankt ihm viel; aber es gäbe doch etliche mehr, die man ebenfalls vorstellen könnte, Männer wie Frauen. Auch wenn man sie persönlich nicht sämtlich in gleicher Weise schätzt.

Und dann wären da ja auch noch die Bühnenkünstler! Einer hat es immerhin geschafft, Martin Zaik, die Rampensau vom Mondpalast (was unbedingt als dickes Kompliment zu verstehen ist!). Auch er verdient es, welche Frage, doch nur er?

In diesen Stuhlreihen hat man oft gesessen

Nun gut, ein unbeackertes Feld. Schauen wir also auf das, was wir mit diesem Buch bekommen, nämlich eine relativ vollständige, professionell fotografierte Versammlung der schönen Stadttheater, der Schauspiel-, Opern- und Festivalhäuser des Reviers. Zunehmend verfestigt sich beim Durchblättern der Eindruck, daß wir hier wirklich viele großartige Spielstätten haben – schwungvoll Wiedererrichtetes aus den 50er Jahren, gestrengen Klassizismus, Beton-Brutalismus, die unbedingte Zweckmäßigkeit der Studiobühnen-Bestuhlung. In etlichen von ihnen hat man schon viel schöne – manchmal natürlich auch weniger schöne – Theaterkunst gesehen, da kann man fast schon sentimental werden.

Deshalb jetzt noch ein paar Nörgelpunkte zum Ende hin: Die Texte, die der pensionierte Gymnasiallehrer Hajo Salmen beisteuert, halten das Niveau der Fotografien und des fotografischen Konzeptes nicht; die thematische Auswahl zeigt auch Schwächen: Während kleine Spielstätten wie die „Volksbühne“ oder das „Rottstr 5 Theater“ in Bochum erstaunlich viel Zuwendung erfahren, fehlen Orte wie das traditionsreiche Dortmunder Fletch Bizzel ganz. Ebenso fehlen Theater ohne eigenes Ensemble, wie etwa Marl oder Lünen, was zumindest aus architektonischer Sicht schade ist. Ärgerlichstes Manko aber ist das Fehlen der Bochumer Jahrhunderthalle; nur Duisburg-Nord wird als Spielort der Ruhrtriennale präsentiert.

  • Fabian Linden, Hajo Salmen: „Theaterszene Ruhr – Einblicke in die Theaterwelt“
  • Eigenverlag. www.fotodesign-linden.de

 

 

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