Immanuel Kant – auch am Billardtisch der Beste

Manchmal höre ich in den inspirierenden Podcast „ZEIT Geschichte: Wie war das noch mal?“ hinein. Die neueste Folge vom 27. Januar befasst sich mit der philosophischen Übergröße Immanuel Kant – zum Jubiläumsjahr (300. Geburtstag des Denkers) wahrlich keine Überraschung.

Titelblatt von Kants „Kritik der reinen Vernunft“ aus dem Jahre 1781. (Wikimedia Commons / gemeinfrei)

Zwei Leute aus der ZEIT-Redaktion haben mit dem Kant-Spezialisten Prof. Marcus Willaschek (Frankfurt) gesprochen. Selbstverständlich ging es vor allem um Hauptgedanken aus Kants denkerischen Kraftakten „Kritik der reinen Vernunft“, „Kritik der praktischen Vernunft“ und „Kritik der Urteilskraft“. Natürlich kam der kategorische Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“) ebenso zur Sprache wie die Bewunderung und Ehrfurcht, die Kant zufolge von zweierlei Phänomenen ausgelöst werden und immer wieder das Gemüt erfüllen: „Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“.

Zwischendurch erhob sich die Frage, ob Kant etwa Rassist gewesen sei. Vorsichtiges Fazit: Er habe einige zweifelhafte Sätze geschrieben, was aber der überragenden Bedeutung seines Gesamtwerks keinen Abbruch tue. Freilich genüge es nicht, ihm als „Kind seiner Zeit“ Generalabsolution zu erteilen. Das Für und Wider wollen und können wir an dieser Stelle nicht vertiefen. Hierzu sei beispielsweise Marcus Willascheks Buch „Kant. Die Revolution des Denkens“ (Verlag C. H. Beck, 28 Euro) empfohlen. Einen etwas leichteren Einstieg ermöglicht das neue Heft von „ZEIT Geschichte“, das gleichfalls um Kant kreist. Damit genug der gar nicht so schleichenden, sondern fast polternden Werbung. Smiley.

Ansonsten hangelte man sich durch ein paar Episoden aus dem Leben des weltberühmten Königsbergers, der vor 300 Jahren (22. April 1724) als Kind einfacher Handwerksleute geboren wurde und die Philosophie „grundstürzend“ verändert habe, wie es hieß. Entgegen gängigen Klischees, muss es dabei  phasenweise auch schon mal feuchtfröhlich zugegangen sein. Doch in etwas reiferen Jahren soll Kant – nach dem Vorbild des engen Freundes Joseph Green – gelebt haben wie ein Uhrwerk, nach dem die Bürger angeblich sogar ihr Zeitempfinden justierten. Wenn er aus dem Haus ging, war es hohe Zeit, um zu… Allerdings sprach Willaschek von einer Art Anekdoten-Übertragung, wie sie häufig vorkomme. Demnach soll sich das ungeheure, stadtbekannte Regelmaß des Alltags damals auf Green bezogen haben. Erst später habe man es Kant selbst zugeschrieben. Auch sei die gängige Behauptung, Kant habe zeitlebens niemals Königsberg verlassen, etwas übertrieben. In der umgebenden Region habe er sich gelegentlich schon bewegt.

Doch nun kommt’s, was trivial anmuten mag, aber vielleicht dennoch von Bedeutung ist. Hand aufs Herz: Wem ist denn schon geläufig, dass Immanuel Kant ein höchst versierter Billardspieler gewesen ist? Zeitweise habe er gar seinen Lebensunterhalt damit verdient, dass er mit anderen um die Wette spielte. Er soll dabei so überlegen gewesen sein, dass irgendwann keiner mehr mit ihm spielen mochte – jedenfalls nicht um Geld. Ob man daraus folgern kann, dass Billard ein besonderes Maß an Intelligenz erfordert?

Wer schreibt nun die Abhandlung darüber, ob sich das raffinierte Spiel mit den Kugeln auch in Kants Gedankenwelt abbildet? Gibt es wohl so etwas wie „Gedankenbillard“, gleichsam a priori über die Bande gespielt?

 

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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