Wagner als Schenkelklopfer: „Mnozil Brass“ im Konzerthaus Dortmund

Kinderüberraschung: "Mnozil Brass" feiert den 200. Geburtstag von Richard Wagner mit dem humoristischen Programm "Hojotoho!" (Foto: Mnozil Brass/Cartsten Bunnemann)

Kinder Überraschung: „Mnozil Brass“ feiert den 200. Geburtstag von Richard Wagner mit dem humoristischen Programm „Hojotoho!“ (Foto: Mnozil Brass/Carsten Bunnemann)

Wagalaweia, wer schnappt sich die Wurst? Das Waldvögelein wird flugs zur diebischen Elster. Auch andere Tiere entwickeln mächtig Appetit ob der Leckerbissen, die Siegfried aus seinem Wanderrucksack kramt. Zum Glück braucht es nicht viel, um den tumben Trottel abzulenken.

So wild Siegfried auch mit dem Holzschwert fuchtelt: Eine Wurst nach der anderen wird ihm gemopst. Viermal staunt er hierüber Bauklötze, dann kratzt er sich vor Verlegenheit mit dem Schwert den Rücken. Aber ach, er gerät dabei an das Eichenblatt, das Wotan ihm zuvor aufs Schulterblatt gepappt hat. Da liegt er denn tot, der traute Tor. Und das Publikum johlt vor Vergnügen, während die Musiker des Blechbläser-Ensembles „Mnozil Brass“ einen Trauermarsch anstimmen.

Der humoristische Beitrag zum 200. Geburtstag von Richard Wagner, den die sieben Österreicher nach der Uraufführung in Bayreuth nun auch im Konzerthaus Dortmund vorstellten, bietet zwei Stunden lang Nonsens zum Schenkelklopfen. Unter dem Titel „Hojotoho!“, bekannt als Schlachtruf der Walküre, ist Wagner zum Totlachen angesagt. Um Leitmotive effektvoll durch den Stilmixer zu jagen, hampeln sich die Gralsritter des virtuosen Blechs durch eine dramaturgisch sinnfreie Abfolge von Szenen, die fern an die Hanswurstiaden des Alt-Wiener Volkstheaters aus dem 18. Jahrhundert erinnert. Dem Oberhanswurst Thomas Gansch (Trompete), mit Backenbart und Baskenmütze unschwer als Widergänger des Meisters zu erkennen, machen freilich sechs Nebenhanswürste Konkurrenz, die auch alle zeigen wollen, was sie drauf haben.

Das führt zu Clownerien wie aus der Roncalli-Manege. Regisseur Philippe Arlaud, der in Bayreuth einst einen quietschbunten „Tannhäuser“ inszenierte, macht aus dem tollen Treiben einen musikalischen Kindergeburtstag. Gefeiert wird mit Partytröten und spitzen Papier-Hütchen. König Ludwig streut Schwanenfedern (Roman Rindberger, Trompete), Siegfried träumt unter dem „holden Abendstern“ von Amerika (Robert Rother, Trompete), Wotan versucht mit dem Dirigentenstab einen Teddybären mit Augenklappe zu erstechen (Leonhard Paul, Posaune). Das Spiel mit solchen Symbolen bleibt indes oft unverständlich. Im Publikum, das sich ansonsten wie Bolle amüsiert, ist immer wieder auch Verunsicherung zu spüren. War das jetzt eine Pointe? Dürfen wir lachen? Dass die äußerst aufwändige Licht-Regie von Philippe Arlaud an diesem Abend nicht ohne Patzer funktioniert, trägt mit zur Verwirrung bei.

In der virtuosen Beherrschung ihrer Instrumente zeigen sich „Mnozil Brass“ aber über jeden Zweifel erhaben. Kein Ton ist den Musikern zu hoch, kein Arrangement zu schwer. Mühelos gleiten sie vom deutschen Leitmotiv-Dschungel in den Big-Band-Sound amerikanischer Großstädte, vom Meistersinger-Vorspiel in eine Tschaikowsky-Sinfonie und vom Tannhäuser zum Tango. Ihr komisches Talent und ihre Entertainer-Qualitäten verjuxen sie indes auf niederem Niveau. Es braucht einfach mehr als Blödelei und Stepptanz-Einlagen, um einem Genie wie Richard Wagner mit Humor beizukommen. Vicco von Bülow alias Loriot hat das gewusst, als er mit wenigen Worten den gesamten „Ring des Nibelungen“ aufspießte. Wo er auf feingeistigen Spott und Hintersinn setzte, macht sich heute breit, was als „Comedy“ über TV-Kanäle flimmert. Lustig? Billig? Ach, egal. Es ist eh’ alles Wurst.

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Informationen zu Mnozil Brass: www.mnozilbrass.at

(Der Bericht ist zuerst im Westfälischen Anzeiger erschienen).

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3 Antworten zu Wagner als Schenkelklopfer: „Mnozil Brass“ im Konzerthaus Dortmund

  1. Bernd Berke sagt:

    Lieber Herr Leopold Mayr,
    schon klar, es gibt da natürlich nur eine hochheilige Ansicht und keine zwei Meinungen. Und überhaupt werden die Deutschen die Österreicher nie verstehen.

    Liebe Piefke-Grüße aus Preußen

  2. Leopold Mayr sagt:

    liebe frau anke demirsoy,
    machen´s uns a freud´ und tun sie sich selber was gutes: geh´n sie in zukunft in den keller lachen und machen sie bitte zukünftig einen großen bogen um mnozilbrasskonzerte: sie werden das „brassiale“ wirken und werken von mnozilbrass auch in den nächsten 20 jahren net versteh´n!

    liebe grüße aus österreich

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