Immer der Geige nach: Auf den Spuren der wunderbaren Hilary Hahn

Hilary Hahn (Foto: Michael Patrick OLeary)

Hilary Hahn (Foto: Michael Patrick OLeary)

Menschen, die ihrem Star hinterher reisen, jedes Konzert besuchen oder die Tourdaten ihres Lieblingspianisten auf Jahre im Kopf haben, sind mir bisher immer etwas seltsam vorgekommen. Die haben wohl zu viel Zeit, habe ich gedacht, wenn sie Konzertsäle in ganz Europa aufsuchten, nur um ihren angebeteten Musiker zu hören.

Bei der Geigerin Hilary Hahn könnte ich selbst fast schwach werden. Vor Jahren begleitete ich eine Freundin zu einem ihrer Auftritte und er kam mir irgendwie überirdisch vor. Ich weiß nicht mehr, was gespielt wurde, ich weiß nur noch, dass ich dachte: Diese zierliche, fast scheue Person produziert Töne, die nicht mehr von dieser Welt sind. Als nun ein Konzert von Hilary Hahn in meiner Heimatstadt Düsseldorf angekündigt wurde, wusste ich gleich: Da muss ich unbedingt hin. Dabei war mir völlig gleichgültig, welches Programm Hilary Hahn in der Tonhalle beim Konzert der Freunde und Förderer spielen wollte, eine „Sternstunde“ würde es für mich bestimmt werden.

Ich bin keine Musikkritikerin und möchte hier auch keine Rezension verfassen. Ich konnte auch gar nicht mitschreiben, weil ich bereits nach drei Takten mit den Tränen kämpfte, da Hilary die Geige so hoch und klar und sehnsüchtig singen ließ. Dabei weine ich nicht einmal bei Kitschfilmen, höchstens bei „Vom Winde verweht“.

Es sei allerdings verraten, dass Hahn das Konzert für Violine und Orchester von Johannes Brahms spielte begleitet vom HR-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi. Das Stück dauerte 38 Minuten. Hilary Hahn und ihre Geige verschmolzen zu einem Wesen. Ihr Oberteil glitzerte und ihr Rock schwang mit der Melodie. In all ihrer musikalischen Perfektion wirkte sie unprätentiös, vergnügt und beinahe sportlich. Dort, wo Brahms „Zigeunermusik“ zitierte, hüpfte sie ein paar Schritte über die Bühne und man spürte ihr Temperament, das durch Disziplin geformt, eine zielgerichtete Kraft in den Saal verströmte. Die Geige sang, die Geige tanzte. Energie und Gefühl befanden sich genau im richtigen Mischungsverhältnis. Das Publikum war äußerst gespannt und still, es gab Momente, da blieben sogar die sonst unvermeidlichen Huster aus.

Doch plötzlich, viel zu schnell, war der Spuk wieder vorbei, die Tonhalle jubelte bravo und die Teufelsgeigerin bekam einen Blumenstrauß. Pause und Signierstunde. Im zweiten Teil brauste dann Bruckners dritte Symphonie (Ich habe nicht ganz verstanden, in welcher Fassung) über die Köpfe hinweg und die Bläser machten sich deutlich bemerkbar. Aber das übertönte nur die Leere vorne auf der Bühne, wo die Geigerin gestanden hatte. Denn Hilary war schon weg.

Aber zum Glück kann ich am 13. Mai ins Dortmunder Konzerthaus reisen: Dort gastiert Hilary Hahn, begleitet von dem Pianisten Cory Smythe, u.a. mit Werken von Schönberg, Schubert, Telemann.

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