Der alltägliche Sprachf*ck

Manchmal möchte man sich am liebsten aus allen Mail-Verteilern streichen lassen und sämtliche Newsletter abbestellen, Verzeihung: canceln. Man hat dann einfach keine Lust mehr auf den gängigen Sprachmüll, der sich jede schnellvergängliche Modenarrheit einverleibt und sie sogleich unverdaut ausspeit.

Nur ein paar Beispiele aus einer einzigen Stunde, man stelle sich das addiert oder gar potenziert über Tage und Wochen hinweg vor: Da faselt eine psycho- und soziologisch orientierte Vereinigung etwas von „transgenerationaler“ Weitergabe von Erfahrungen. Klingt schon mal ziemlich wichtigtuerisch und pseudo-wissenschaftlich.

Wie überaus stolz sind sie auf ihre paar Bröckchen Latein oder vor allem Englisch, dass sie immerzu damit um sich werfen müssen. Keine Einladung mehr ohne ein „Save the Date“ im Betreff, keine nochmalige Erinnerung, die nicht „Reminder“ hieße.

Aber es geht noch deutlich blödsinniger, wie denn überhaupt die hier zitierten Beispiele vergleichsweise nur halbwegs schlimm, ja nachgerade harmlos zu nennen sind. Sie fallen nur in der Häufung auf.

Kurz nach den Transgeneratoren hat sich ein renommiertes Museum zu Wort gemeldet – mit Erwägungen darüber, wie Gedanken in die Köpfe kommen. Und wie hieß der Vorgang im überaus geil angepunkten Jargon? Na, „Hirnfick“ natürlich. Um auf dem angesagten Niveau zu bleiben: Was habt ihr denn gedacht, ihr Wi**ser?

Ein anderes Kunstinstitut, nicht minder bekannt und ebenfalls im Ruhrgebiet angesiedelt, tat derweil im allerbesten Denglisch kund, man launche eine neue App. Und ein Verband lud großspurig zum Innovation Day. Wie wollen wir das verbale Gehabe nennen? Etwa Sprachfick?

P.S.: Mooooment! Soeben ereilt mich noch eine Nachricht mit der Überschrift: Festival „Innovative Citizen“ macht Gäste zu „Makern“. Auch nicht schlecht, oder? Ich mach‘ dich zum Maker…

 

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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1 Antwort zu Der alltägliche Sprachf*ck

  1. Gerhard Otto sagt:

    -> „Keine Einladung mehr ohne ein “Save the Date” …“

    Erhielt kürzlich eine Mail von einer nicht ganz kleinen politischen „JUgendorganisation“. (Keine Ahnung, wie ich in dem Verteiler gelandet bin. Freiwillig garantiert nicht.)

    Darin wurde zu einem (regionalen) Veranstaltungstag geladen, „der mit einem zünftigen bayerischen FrühSHoppen“ beginnt.

    Und ja, letzter Satz in der Mail war tatsächlich: “Save the Date”.

    Wie hieß/heißt es doch immer nach Ziehung der Lottozahlen:
    „Alle Angaben without Gun.“ 😉

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