Schlagwort-Archive: Jargon

Der alltägliche Sprachf*ck

Manchmal möchte man sich am liebsten aus allen Mail-Verteilern streichen lassen und sämtliche Newsletter abbestellen, Verzeihung: canceln. Man hat dann einfach keine Lust mehr auf den gängigen Sprachmüll, der sich jede schnellvergängliche Modenarrheit einverleibt und sie sogleich unverdaut ausspeit.

Nur ein paar Beispiele aus einer einzigen Stunde, man stelle sich das addiert oder gar potenziert über Tage und Wochen hinweg vor: Da faselt eine psycho- und soziologisch orientierte Vereinigung etwas von „transgenerationaler“ Weitergabe von Erfahrungen. Klingt schon mal ziemlich wichtigtuerisch und pseudo-wissenschaftlich.

Wie überaus stolz sind sie auf ihre paar Bröckchen Latein oder vor allem Englisch, dass sie immerzu damit um sich werfen müssen. Keine Einladung mehr ohne ein „Save the Date“ im Betreff, keine nochmalige Erinnerung, die nicht „Reminder“ … Weiterlesen

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Vernetzte Akteure der kulturbasierten Urbanität – ein paar Beispiele für den üblichen Subventions-Abgreifer-Jargon

Nein, man mag ihn manchmal wirklich nicht mehr hören, diesen immerwährenden, nur in Nuancen sich verändernden, angeblich kulturaffinen Subventions-Abgreifer-Jargon. Sollte er etwa spezifisch fürs Ruhrgebiet sein? Oder gibt es ihn so oder ähnlich überall?

Immer hübsch wolkig bleiben...

Immer hübsch wolkig bleiben…

Wenn man ordentlich Fördergeld abzapfen wollte, so müsste man in den Antrag vor allem einige Reizworte einstreuen. Von „Vernetzung“ müsste man schwafeln, über „Akteure“ der Szene psalmodieren. Selbstverständlich müsste auch „Urbanität“ raunend beschworen werden. Zusammensetzungen mit Inter- oder Trans- gehen sowieso immer. Interkulturell, transkulturell, international, transnational, intersexuell, transsexuell. Eigentlich egal. Multi geht natürlich auch. Und bunt sowieso.

Aber bloß nicht konkret werden. Lieber Nebelkerzen werfen. Immer in der umwölkten Schwebe lassen, was man eigentlich will und erstrebt (außer Fördergeld, hoho).

Den Mund … Weiterlesen

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Stand jetzt ziemlich „humorlos“ – Notizen zum TV-Fußballjargon

Über die gängigen Floskeln der Fußball-Kommentatoren im Fernsehen kann man sich – je nach Laune – immer wieder amüsieren oder echauffieren. Hier sind ein paar neuere Standard-Wendungen, die ich mir in letzter Zeit geflissentlich notiert habe:

"Der hat ein anderes Spiel gesehen als ich." (Verfremdeter Screenshot aus dem Dortmunder Stadion)

„Der Blindfisch hat ein anderes Spiel gesehen als ich.“ (Verfremdeter Screenshot einer Begegnung im Dortmunder Stadion)

Gilt es ein Foul zu bewerten, heißt es vom Reporterplatz aus gern: „Da gibt es keine zwei Meinungen“. Diese Verfügung im nahezu diktatorischen, jedenfalls keinen Widerspruch duldenden Gestus bedeutet, dass der Kommentator genau und unwiderleglich weiß, ob es regelwidrig zugegangen ist oder nicht. Könnte der Schiedsrichter ebenfalls Zeitlupen aus einem Dutzend Blickwinkeln begutachten, wäre er vielleicht ebenso oberschlau. Wenn’s denn überhaupt stimmt, was der rundum bildversorgte Fernsehmann gesehen … Weiterlesen

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Sprache lieben, Sprache hassen

Gerade wenn man Sprache lieben gelernt hat, so kann man sie auch hassen; jedenfalls einige ihrer Ausprägungen. Wenn einem Schriftsteller erst einmal das süße Gift trefflicher Worte eingeträufelt haben, so erschrickt man umso mehr bei falschen Klängen. Haben einen Hölderlin, Rilke, Robert Walser, Kafka, Gernhardt oder Genazino (etliche andere Namen bitte freihändig einsetzen) mit ihren Tonfällen betört, so behagt manches aus den täglichen Niederungen nicht mehr. Dann muss man sich zuweilen klarmachen, dass doch längst nicht immer im hohen Ton gesprochen werden kann. Was wäre das für eine Welt? Man möchte doch bitte auch recht oft lax und nachlässig sein dürfen. Das ist Menschenrecht.

Doch es kann geradezu körperlich quälend sein, bewusstloses Gestammel zu vernehmen. Jetzt bloß kein wohlfeiles Wort … Weiterlesen

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