Essenz des Reviers mit Kassenbrille: Herbert Knebel stellt seine neue CD „Live in Gelsenkirchen“ vor

Von Bernd Berke

Gelsenkirchen. Pressekonferenz mal anders: „Besorcht euch mal da drüben Schnittkes, dann könnter zwei Sachen zugleich tun: fressen und fragen“. So locker springt Herbert Knebel mit Journalisten um. Anlaß: Im Dunstkreis des Schalker Parkstadions will er Appetit auf seine neue CD wecken.

„Herbert Knebel – Live in Gelsenkirchen“ heißt das neue Werk des oft saukomischen Comedy-Mannes, der vor allem als ewig nörgelnder Frührentner den Ruhrgebiets-Humor bereichert hat. Die 13 Sketche tragen lakonische Titel wie „Zahnschmerzen“, „Hundescheiße“, „Spaßbad“ und „Vampire“. Bis zum 16. August müssen die Fans freilich auf die Scheibe warten.

Wenn Knebel (bürgerlich: Uwe Lyko, wohnhaft in Essen) seine Requisiten (Prinz-Heinrich-Mütze, Kassenbrille) absetzt, erkennt man ihn kaum. Sobald er aber verkleidet ist, wächst er von selbst in seine Rolle hinein. So auch gestern „auf Schalke“. Originalton Knebel: „Meine CD kannze so wechhören, da lachße dich scheckig, echt“.

Die „Knechte von Sony“ (Knebel), Leute von der Plattenfirma also, lassen eine kurze Kostprobe hören: Jener Frührentner begibt sich samt Enkeln ins Spaßbad zu Herne-Wanne („Wanne hattense also schon, mußte nur Wasser rein“), das ihm allerdings wie ein „Terrorbad“ vorkommt, denn ein kleiner Steppke klaut ihm die Brille. Knebel wankt blindlings aufs Dreimeterbrett – und dann beginnt das Chaos, das eben keiner so schräg erzählen kann wie er.

Warum Gelsenkirchen? Weil die Schalker (allen voran Fußballmanager Rudi Assauer, der Knebel zur Seite sitzt) so nett sind, „da können sich die Schwatzgelben aus Dortmund ’ne Scheibe von abschneiden“. Außerdem sei Gelsenkirchen „die Essenz des Reviers“.

Von Musicals („Jupp‘ m Essen – is doch Seh…“) hält Knebel ebenso wenig wie vom Strukturwandel im Revier, der sei vielfach das Werk seelenloser Technokraten. Und der Wandel entzieht, so mag man hinzufügen, seiner Rentnerfigur ein wenig den Wurzelboden.

Sportlicher Schlußpunkt: Fußballfan Knebel, als Jugendlicher bei Hamborn 90 am Ball („Ganz gemächlich im Mittelfeld – wie Effenberg“), tritt auf Schalke zum Torwandschießen gegen einen anderen Revier-Komödianten, Piet Klocke, an. Sie treffen beide nicht.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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