Mit dem KVR ins Revier-Theater

„Klappern gehört zum Handwerk“, heißt es. Wenn der „Kommunalverband Ruhrgebiet“ (KVR) jetzt in doppelseitigen Farbanzeigen – zum Beispiel im „Spiegel“ – das Theaterleben des Reviers anpreisen läßt, vernimmt man allerdings eher Poltern als Klappern.

Neben sanft violett unterlegten Spielplanauszügen des Monats September hat da ein profunder Kulturkenner machtvolle Zeilen gemeißelt. Da ist vom Ruhrgebiet als einer Theaterlandschaft die Rede, „die mehr Bühnen zählt als beispielsweise der Broadway“. Da haben wir ihn wieder, den beliebten Vergleich mit New York. Ob es nicht unfreiwillig komisch wirkt, zu behaupten, eine ganze Region habe mehr Theater als ein Straßenzug, ist Ansichtssache. Jedenfalls legt man uns nahe, daß „mehr“ automatisch auch „besser“ und „glanzvoller“ heißt, was wiederum eine gewisse Vergleichbarkeit voraussetzen würde. Nur: Im Uberschwang hat der KVR wohl die „kleinen“ Unterschiede zum Theatersystem des Broadway vergessen.

Eine richtig „dicke Lippe“ riskieren der Verband und die von ihm beauftragte Werbeagentur aber erst mit folgender Passage, da trägt es die Texter einfach aus der Kurve: Im Revier, so wörtlich, „haben Sie die Wahl zwischen aufsehenerregenden Inszenierungen, bei denen selbst die verwöhntesten Kritiker das Kritisieren vergessen“. Da schnappen wir erst einmal nach Luft und machen einen Absatz.

Mal ehrlich: Kein Theatermacher im Revier, der bei Trost ist, würde eine solch vollmundige Behauptung unterschreiben. Man tut den hiesigen Bühnen auch keinen Gefallen mit solcher Angeberei. Ihre Arbeit ist mal gut, mal besser, mal schlecht – wie überall.

Indes: Ein Körnchen Wahrheit ist sogar drin. Wenn wir mit Fug annehmen, daß „die verwöhntesten Kritiker“ in Hamburg, Frankfurt und München sitzen, stimmt es tatsächlich, daß sie das Kritisieren im Revier manchmal vergessen. Weil sie oft gar nicht erst herkommen.

                                                                                                                      Bernd Berke

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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