Monatsarchive: September 1987

„Romeo und Julia“: Die Liebe zwischen Schlafwandlern – Wolf Redls Inszenierung zum Saisonstart in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Ein gigantisches Viereck lastet schwer über der Szene. Es ist dunkelrostrot besprenkelt. Längst eingetrocknetes Blut? Zeichenspur einer Gewalt, die sich seit altersher eingerichtet und unüberwindbar verewigt hat? Dann wäre die Tragödie von „Romeo und Julia“ nur eine unter vielen und man müßte nicht gar so viel Aufhebens darum machen. In diese Richtung scheint denn auch Wolf Redls vierstündige Bochumer Inszenierung des Shakespeare-Klassikers zu zielen.

An „Romeo und Julia“ haben sich in den letzten Jahren kaum noch große Bühnen gewagt. Das wird wohl seine guten Gründe haben. Tatsächlich gibt es hier ja zahlreiche Klischee-Klippen. Über die Abfolge von Selbstmordmonologen und -vollzügen muß man sich erst einmal mit Anstand hinwegretten.

Für Bochumer Verhältnisse und Erwartungshaltungen ist es eine … Weiterlesen

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Zwischen Lyrismen und Kalauern – Lünen: Das Theaterpathologische Institut mit „Die Raupe versteht den Schmetterling nicht“

Von Bernd Berke

Lünen. Samtbedeckt die ganze Bühne, im Hintergrund ragt einsam ein Riesenkaktus auf. Doch die trostlose Einöde ist nicht unbelebt. Hierher hat es drei Frauen verschlagen, die unter heißer Sonne ihre bundesrepublikanisch-verkühlten Seelchen auslüften wollen.

Pseudophilosopische Bröckchen, hartnäckig-oberflächliehe „Beziehungs“-Analysen, viel Psycho-Geschwätz, eine kleine Portion Frauenpower, Aufschwünge in falsche Bedeutsamkeit, halblinker Muff und minimal-Reste von sozialem Gewissen vermengen sich da zu einer wohlvertrauten Mixtur. Roland Rebers Theaterprojekt „Die Raupe versteht den Schmetterling nicht“, neueste Produktion seines .„Theaterpathologischen Instituts“ (TPI) in Lünen und Saisonauftakt daselbst, läßt dieses Gemisch freilich nicht nur im Habitus seiner Figuren aufgehen, sondern ist selbst davon durchdrungen.

„Das Stück entstand in Südspanien im Sommer 1987″, verrät der Programmzettel. Wenn Reber und die Seinen Urlaub machen, dann … Weiterlesen

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Das Unbewußte wird erschreckend sichtbar – 75 Gemälde von Edvard Munch im Museum Folkwang

Von Bernd Berke

Essen. „Die Angst“, „Der Schrei“, „Die Verzweiflung“. Noch nie waren diese drei Bilder des Norwegers Edvard Munch (1863-1944), allesamt Schlüsselwerke moderner Zerrissenheit, außerhalb des Ursprungslandes so beieinander zu sehen, wie jetzt im Essener Museum  Folkwang.

Die drei Werke sind nur einer von vielen Höhepunkten der umfangreichsten deutschen Munch-Präsentation seit rund 15 Jahren. Museumsleiter Prof. Paul Vogt: „Eine solche Ausstellung habe ich mir schon seit 20 Jahren gewünscht.“ Vogt rechnet vorsichtig mit einer Besucherzahl um 80 000.

Es dürfte in der Tat die bedeutendste Ausstellung dieses Jahres einem Revier-Museum sein. Der Anlaß ist prosaisch: Vior genau 10 Jahren wurde erstmals norwegisches Erdgas (vom Ölfeld Ekofisk) in die Bundesrepublik geliefert. Zu diesem Jubiläum zeigte sich die Ruhrgas AG spendabel, … Weiterlesen

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Bob Dylan: Gebremste Legende

Von Bernd Berke

Dortmund. Was sagt man zu einem legendären Rockstar, der seinem zahlenden Publikum weder ein „Hello“ noch ein „Goodbye“ gönnt, der ohne jede Ansage sein Programm herunterspult und geht? Soll man sagen, er sei unhöflich, schlecht gelaunt, lustlos oder besonders innig auf sich konzentriert?

All das zu sagen, fällt schwer, geht es doch um Bob Dylans Auftritt in der Dortmunder Westfalenhalle, um seinen Deutschland-Tournee-Start, sein einziges NRW-Konzert, ja letzten Endes um nicht weniger als um ein ganzes Lebensgefühl, das viele der 7000 Zuschauer in der (halb gefüllten) Halle noch einmal spüren wollten.

Angesagt war ein Spitzenereignis, ein Wiedersehensfest. Den Autokennzeichen nach zu urteilen, kamen denn auch Fans aus dem Raum zwischen Bonn und Wilhelmshaven in die Westfalenhalle. Standhafte … Weiterlesen

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Im Zeichen des Realismus: Bonn zeigt Skulpturen aus der DDR

Von Bernd Berke

Bonn. Noch nie hat die DDR ihre eigene Bildhauerkunst so umfassend gezeigt wie jetzt in Bonn; auch nicht in Ost-Berlin oder Dresden. Schon das macht diese Ausstellung in Bonn zum Ereignis.

Bei uns sind zwar inzwischen die wichtigsten Maler aus dem anderen deutschen Staat bekannt, das skulpturale Schaffen jedoch kaum. Mit 130 plastischen Arbeiten und 60 Zeichnungen (aus der gesamten Nachkriegszeit) von über 50 DDR-Künstlern bringt das federführende „Zentrum für Kunstausstellungen der DDR“ nun einen ersten Überblick nach Bonn. Dietmar Keller, Stellvertreter des Ministers für Kultur der DDR, unterstrich zur Eröffnung die Bedeutung des deutsch-deutschen Kulturabkommens, das auch diese Schau erst ermöglicht habe.

„Menschenbilder“ hieß die letzte große DDR-Gemäldeausstellung bei uns (Bonn/ Münster, 1986). „Menschenbilder“ – so … Weiterlesen

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„Herrgott“ auf dem Verlegersessel – TV-Porträt des Siegfried Unseld

Von Bernd Berke

Der Schriftsteller Martin Walser schüttelt den Kopf. Wieder einmal mattgesetzt! Gegen seinen Freund und Verleger Siegfried Unseld, den Chef des Frankfurter Nobelhauses Suhrkamp, kann er im Schach fast nie gewinnen. Walser: „Nur nach Mitternacht, da ist er schlagbar.“

So war denn Unseld in dem Porträt „Der Verleger und die Lust am Buch“ (ARD) gleich als Gewinnertyp eingeführt. In diesem Stile ging es in dem Film von Hilde Bechert und Klaus Dexel weiter: Unseld, „ins Gelingen verliebt“; Unseld, der Mann auf der Sonnenseite des Lebens; Unseld, der kraftvoll „Ja“ sagt zu Dasein und Erfolg. Ein typischer Vertreter der „Wende-Zeit“, könnte man argwöhnen, wäre da nicht sein Buchprogramm, einst zu großen Teilen Pflichtlektüre der „APO“ – und auch heute … Weiterlesen

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