Monatsarchive: Juli 2000

Wild wuchernder Wahnsinn – Martin Kusej bringt in Salzburg „Hamlet“ auf die Bühne

Aus Salzburg berichtet Bernd Berke

Ein riesiges Treibhaus steht auf der Bühne. Darin werden in den nächsten vier Stunden die schlimmsten Dschungel-Pflanzen wuchern: Intrigen, Rachsucht, Wahnsinn, Mord. Zunächst hat hier noch wirkliches Grün gestanden, doch das wird gleich zu Beginn geschnitten, die schütteren Reste dienen bestenfalls noch als Tarnung für die zahlreichen Spitzel im Staate.

Später wird der gläserne Bau (Bühne: Martin Zehetgruber) nackt und kahl sein wie eine aufgelassene Industriehalle, gegen Schluss wird Schnee liegen. Auch sind die meisten Bodenbretter verschwunden, man kann nur über dem offenen Schlund der Hölle balancieren.

Es ist der zunehmend naturwidrige Schauplatz für Shakespeares große Tragödie „Hamlet“. Anfangs haben wir gesehen, wie das Areal von Soldaten umstellt war. Diese Wehrhaftigkeit soll einen perfiden Machtwechsel … Weiterlesen

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Nur noch Zerstreuung und Betäubung – Frank Castorf inszeniert in Salzburg Tennessee Williams‘ „Endstation Sehnsucht“

Aus Salzburg berichtet Bernd Berke

„Big Brother“ hat nun auch Tennessee Williams eingeholt, die allgegenwärtigen Kameras sind bis zur „Endstation Sehnsucht“ vorgedrungen. Lust auf heftige Eheprobleme? Eine Sekunde, wir schalten um von der Küche ins Badezimmer, sehen Sie selbst!

Regisseur Frank Castorf hat Williams‘ Nachkriegs-Klassiker von 1947 (George Orwells Roman „1984″ mit dem „Big Brother“-Motiv erschien übrigens 1948) für die Salzburger Festspiele in unsere Zeit gezerrt; in eine Zeit, die keine privaten Dinge mehr zulässt, in der jedes ordinäre Gezeter sogleich für schrille Talkshows zugespitzt wird. Und so übermittelt denn auch ein TV-Bildschirm in dieser Inszenierung mancherlei Szenen zwischen Dusche und Toilette. Anders als im Originaltext, quetschen sich die Beteiligten auch schon mal zu dritt oder sechst auf der Bettstatt … Weiterlesen

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Die Muster des Sichtbaren – Ein ganz Großer der Abstraktion: Ellsworth Kelly und seine Zeichnungen in Bonn

Von Bernd Berke

Bonn. Ein Amerikaner in Paris. Vielleicht hat er sich zwischendurch im Hotel schrecklich gelangweilt. Unentwegt hat er jedenfalls die Fensterkreuze des Zimmers gezeichnet, als gäbe es in dieser Stadt sonst nichts zu sehen. Doch aus solcher müßigen Selbstbegrenzung quillt oft das Ungeahnte in der Kunst.

Ellsworth Kelly, der 1948 aus Boston/USA nach Frankreich kam und dort bis 1954 lebte, gilt heute als einer der ganz großen Abstrakten der Nachkriegszeit. In Fensterformen, Schienenmustern der Pariser Metro, Spiegelungen auf dem Wasser der Seine oder denLinien- und Netzstrukturen von Tennisplätzen entdeckte er seinerzeit serielle Grundmuster oder „Module“, die sich trefflich variieren ließen – erst recht unter gezieltem Einsatz des Zufalls.

Etwa so: Einige Pinselhiebe vollführen, sodann das Bild zerteilen und … Weiterlesen

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Sanftes Licht aus paradiesischen Gefilden – Amsterdamer Rijksmuseum präsentiert „Das Goldene Zeitalter“

Von Bernd Berke

Amsterdam. Wichtig ist nicht nur wie, sondern auch wo man lebt. Für einen Maler gilt dies wohl erst recht. Da gibt es beispielsweise diese Sache mit dem „Delfter Licht“, das sich unvergleichlich mild ausbreitet und alle Dinge in eigentümlich beruhigender Klarheit hervortreten lässt.

Wer weiß: Vielleicht wäre Jan Vermeer als Künstler ein ganz anderer geworden, hätte ihn nicht dieses Licht umhüllt und ihm die Welt vor Augen geführt. Er musste es „nur“ noch malen…

So ist denn in der famosen Amsterdamer Ausstellung „Der Glanz des Goldenen Jahrhunderts“ ein Kapitel eben jenem Delfter Phänomen gewidmet, dessen Wirkungen auch bei Künstlern wie Pieter de Hooch und Gabriel Metsu zu gewahren sind. Man schaue nur, wie sich dieses Licht, als … Weiterlesen

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