Tagesarchive: 15. November 2020

Welthaltige Selbsterkundung: „Die Scham“ von Annie Ernaux

„An einem Junisonntag am frühen Nachmittag wollte mein Vater meine Mutter umbringen.“ Erschütternder kann ein Buch wohl kaum beginnen.

Es ist der Anfangssatz von Annie Ernaux‘ Selbsterkundung unter dem Titel „Die Scham“. Bereits 1997 erschien „La Honte“ (Originaltitel), dessen übertragene Wortbedeutung zwischen Scham und Schande oszilliert, bei Gallimard in Paris. Jetzt liegt das Buch, das so recht zu keinem Genre passen mag, auf Deutsch vor, offenkundig kongenial übersetzt von Sonja Finck. Dankenswert auch, dass dieses Werk für uns noch nachträglich „entdeckt“ worden ist.

„Die Scham“ umfasst gerade einmal 111 Textseiten – und rekonstruiert doch einen ganzen Weltausschnitt rund um jenen Junitag des Jahres 1952, als die Erzählerin (recht unverhüllt die Autorin selbst) beinahe 12 Jahre alt war und jene furchtbare … Weiterlesen

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